Sonntag, Dezember 31, 2006

Silvester


Es war kein Spiel für Ästheten, das Ligamatch zwischen Sheffield United und FC Arsenal gestern abend. Über der ganzen Insel lag eine Schlechtwetterfront, der Boden in Sheffield war tiefer als das Ibmer Moor (ein Ort, der in der Mythologie unserer Familie berühmt ist, weil unser Vater dort einmal fast versank), die Verletztenliste länger als die der Neujahrsvorsätze. Hinterher sagte Neil Warnock, der Trainer von Sheffield, den Satz, der die ganze Wahrheit enthielt: "Das war das größte Spiel meiner sieben Jahre bei diesem Team, vielleicht meines Lebens." Für Arsenal war es ein Ligamatch, aus dem irgendwie drei Punkte mitzunehmen waren - sie verloren 0:1 durch ein Tor kurz vor der Pause. Wieder einmal war ein Angriff im Gewimmel und im Erdreich irgendwie stecken geblieben, der Ball kam zurück, 30 Meter vor dem Tor fand sich Touré als einziger Gegner von Nadé. Der zumeist unfehlbare Verteidiger entschied sich für einen präventiven Bodycheck, für diese Sekunde ignorierte er den Ball. Nadé entschied sich dafür, den Bodycheck einfach einzustecken, er war nämlich schon in der Drehung begriffen, die ihn an Touré vorbei und hinter den von ihm auch, allerdings absichtlich und nur der Täuschung wegen ignorierten Ball brachte, nun schon in Richtung des Tors, das Lehmann weit davor hütete - er hatte dann gegen den Flachschuß von Nadé auch nichts zu bestellen. In der zweiten Halbzeit verlor Sheffield den Tormann Kenny wegen einer Muskelverletzung. Einen Ersatz-Keeper hatten sie nicht nominiert, deswegen mußte Jagielka aus dem Mittelfeld in das Trikot des Kollegen (unser Bild), er rettete später mit einer Parade vor van Persie, und Sheffield brachte den Vorsprung über die Zeit. Der Schiedsrichter hat das Match nicht entschieden, er hat es allerdings ein wenig geprägt, weil er ungewöhnlich viele Zweikämpfe als regulär wertete - auf einem fast irregulären Boden ist das natürlich ein deutlicher Vorteil für das kämpfende gegen das spielende Team. Insgesamt hat aber Sheffield kaum weniger gespielt, und Arsenal wacker gekämpft - sie mußten auch eine Menge Spieler vorgeben. Adebayor, der Henry vertritt in diesen Tagen, war auch verletzt. Er wurde zudem am Freitag von seiner Freundin Charity bei der Polizei angezeigt, weil er sie angeblich geschlagen hatte. Dies wenige Tage, nachdem er der "Sun" in einem Interview erzählt hatte, daß er, wenn er nicht Fußballer in London wäre, vermutlich ein Hustler in Lomé geworden wäre. Mit derlei Zeug unterhält uns die Premier League in diesen Tagen. Am Ende des Jahres 2006 liegen meine beiden Mannschaften jeweils auf Rang 5 in ihrer Liga. Fredi Bobic hat sich ein Haus in Dahlem gebaut, er hatte wohl die ganze Zeit noch einen Koffer in Berlin. Prosit!

Mittwoch, Dezember 27, 2006

Boxing Day


Weil wir unseren Freund Will zum Flughafen brachten, habe ich das gestrige Boxing-Day-Match von Arsenal beim FC Watford nicht von Beginn an, aber doch in den wesentlichen Passagen gesehen. Es war ein hartes Stück Arbeit beim Tabellenletzten. Es war Theo Walcott, der die Lösung fand: ein einziges Mal war Watford weit aufgerückt, das Spiel ging beim Stand von 1:1 schon dem Ende zu. Walcott spielte einen langen vertikalen Paß in den Lauf von van Persie, der rechts ging und dann den Ball am letzten Verteidiger vorbei auf links legte, der Abschluß war eine elegante Banane, unhaltbar für den guten Keeper Foster. Chelsea kam daheim über ein 2:2 gegen Reading nicht hinaus, wobei Michael Ballack von der Sun die Note 4 des demzufolge schwächsten Mannes auf dem Feld bekam. Am Samstag geht es schon weiter. Arsenal muß nach Sheffield, auch dort geht es um einen Pflichtsieg.

Sonntag, Dezember 24, 2006

Trautes Heim 2


Das 6:2 von Arsenal gegen Blackburn gestern im Emirates Stadium lief im Bezahlfernsehen nur in einer Konferenzschaltung. So habe ich nicht im Zusammenhang mitbekommen, wie meine Lieblingsmannschaft schon wieder ganz früh in Rückstand geriet (Elfmeter nach Touré-Gerangel), wie sie durch einen Kopfball von Gilberto Silva nach Ecke von van Persie schon in der zehnten Minute ausglich und dann rasch 3:1 davonzog (im Bild: das Tor von Hleb). Die Phase danach, das Kontrollieren des Spiels bei gleichzeitiger Schonung für das Antreten bei Watford am Dienstag, hätte mich interessiert - kann ich mir nur zusammenreimen. Nach zwei Dritteln dann überraschend der Anschlußtreffer, bei einer Flanke von rechts unterlief Lehmann den Ball, der vom weiten Pfosten zum nahen zurückgespielt wurde, von wo er eingesendet wurde. Clichy und Touré sahen da nicht so gut aus, danach aber gab es noch drei meist über Fabregas exzellent herauskombinierte Tore, die schließlich zum ersten "feast" im Emirates Stadium beitrugen, wie die britischen Zeitungen unter Anspielung auf die schwierige Gewöhnungsphase an das neue Stadion schreiben. Arsenal läßt Highbury nur allmählich hinter sich, das Emirates ist wohl kein trautes Heim, sondern eine große Maschine. Die erste Weihnachtsrunde in der Premier League brachte mich auch beim Fantasy Football nach vorne: in der vorwiegend aus Wien bespielten, passenderweise genau 18 Teams umfassenden Gruppe "Hanappi" stehe ich nun auf dem sechsten Platz, davor hauptsächlich Mannschaften, die mein Freund Hermann aufstellt. Er spielt aber schon länger, ich bin in meinem ersten Jahr als Fantasy Coach.

Samstag, Dezember 23, 2006

Trautes Heim

Seit Mittwoch bin ich ein verheirateter Mann. Die Zeremonie im Standesamt Friedrichshain-Kreuzberg war angemessen profan, aber von unserer Seite (ganz kleiner Kreis) mit viel Gefühl. Der Sache sicher nicht abträglich ist, daß A. dem Spiel, um das es in diesem Blog geht, eine Menge abgewinnen kann. Sie sieht es aber aus internationaler Perspektive, meine Passion für die Hertha kommentiert sie nachsichtig, gelegentlich sarkastisch. Über die Weihnachtstage bleiben wir in Berlin, die Signation der Premier League wird häufig bei uns zu hören sein - das ist es, was von Weihnachten in einem nachreligiösen trauten Heim geblieben ist: eine englische Woche. Great!

Sonntag, Dezember 17, 2006

Winterpause

Über den 1:0-Sieg gegen die Frankfurter Eintracht gestern nachmittag im Olympiastadion muß ich nicht viele Worte verlieren. Es war ein munter aussehendes, aber de facto mattes Spiel, bei dem es zwar hin und her ging, aber viel durcheinander lief. Frankfurt hatte seine Chancen, bei der Hertha war Pantelic gefährlich, er bereitete auch den Treffer durch Gimenez vor, der im Strafraum jene Ballkontrolle zeigte, die ihm beim schnellen Spiel über den Platz meist fehlt. Coach Götz ließ Fathi pausieren, zog Gilberto nach hinten und stellte Ede offensiv auf links. Dejagah und Boateng komplettierten das Mittelfeld, defensiv stand Dardai vor einer ungewohnten Innenverteidigung mit Simunic und Schmidt. Kapitän Arne spielte rechts. Es war also eine etwas unrunde Mischung aus ältester und neuester Hertha, weitgehend ohne Mittelbau, sieht man von Gilberto ab, der einige tolle Läufe hatte, und Pantelic, der längst zum Kern des Teams gehört und auch gestern seine Klasse immer wieder aufblitzen ließ. Dardai bereitete zwar den Treffer mit einer Flanke von rechts vor, er gab aber deutlich Hinweise darauf, daß er als nächster überwunden werden muß - offensiv ist er ein Schussel, defensiv ein Stolperer. Die Hertha hat jetzt einen sicheren 5. Platz, 27 Punkte und eine Tordifferenz von 28:24. Im Vorjahr hatte sie zum selben Zeitpunkt 26 Punkte und eine Tordifferenz von plus 3 (und kam am Ende über den 6. Platz nicht hinaus). In der Saison 2004/05, an deren Ende die Hertha beinahe den dritten Platz geschafft hätte, hatte sie 28 Punkte und eine Tordifferenz von 28:15, lag damit aber nur auf Rang 6 hinter den vier Mannschaften, die auch heuer das Spitzenquartett ausmachen (plus Wolfsburg, die zu diesem Zeitpunkt aber schon durchgereicht wurden). Die zwei Lehren daraus sind klar: Vor zwei Jahren war die Liga noch klarer differenziert, und Hertha konnte mit den besseren Teams vor allem einer guten Defensivleistung wegen mithalten - damals wie heuer erzielte sie 28 Tore, mußte damals aber neun Tore weniger zulassen. Das ist natürlich interessant, denn der Mannschaftsteil, am dem kaum umgebaut werden mußte, ist in den zweieinhalb Jahren kontinuierlich schwächer geworden - individuell (Simunic, Fathi) und im Verbund. Daran muß zu arbeiten sein, ich bin sicher, daß ein Wechsel von Kapitän Arne in das Abwehrzentrum hilfreich wäre, außerdem muß das Aufbauspiel aus der Zentrale verbessert werden, und das heißt, daß Dardai ersetzt werden muß. Ich hatte immer das Gefühl, daß Chahed auf dieser Position richtig begabt ist, leider bekam er in dieser Hinrunde nie die Chance, sich über einige Spiele (und Fehler) hinweg zu bewähren, weil Coach Götz eine konservative und unproduktive Lösung bevorzugte. Jetzt hat er folgende Baustellen: das Dreieck im defensiven Zentrum, die ganze rechte Seite, und die zentrale Offensivposition - um die Nachbesetzung der Bastürk-Position kann er sich nicht ewig durch Talentrochaden drücken.

Donnerstag, Dezember 14, 2006

Fünfjahreswertung

Wenn Bayer 04 Leverkusen heute daheim gegen Besiktas Istanbul gewinnt, können sie in der nächsten Runde des Uefacups noch einen Versuch machen, ein paar Punkte für Deutschland in der Fünfjahreswertung der Uefa zu machen. Ich habe mir die Sache einmal genauer angesehen: der direkte Konkurrent ist wohl Portugal, weil gegen Rumänien nicht mehr viel zu machen ist. Im nächsten Jahr, wenn die Saison 2002/03 gestrichen wird, verliert Rumänien nur 2.166 Punkte, während Deutschland 9.142 und Portugal 10.750 gestrichen werden. Damit fällt Deutschland auf jeden Fall auf den sechsten Platz zurück, und müsste vor allem im Uefacup eine perfekte Saison spielen, um wieder weiter nach vor zu kommen. Das ist aber im Grunde gar nicht notwendig, weil auch Position 6 in der Fünfjahreswertung noch die Möglichkeit der Qualifikation zur CL für den Tabellendritten vorsieht. Deutschland muß also Portugal auf Distanz halten, wofür die Chancen gar nicht so schlecht stehen, weil beide Länder jeweils ein Team in der Entscheidungsphase der CL haben (Bayern und Porto) und jeweils ein Team aus der CL in den Uefacup zurückgestuft wurde (Werder und Benfica). Von Leverkusen hängt also heute nicht arg viel ab, zum Glück.

Sonntag, Dezember 10, 2006

Stamford Bridge

Gerade haben sich Chelsea und Arsenal mit einem 1:1 getrennt - das Spitzenspiel der Premier League hatte alle Qualitäten eines "instant classics". Lange Zeit erinnerte mich das Match an den Auswärtssieg von Arsenal vor wenigen Wochen bei Manchester United, als es lange 0:0 stand, und Adebayor ganz spät den Siegestreffer erzielte. Heute war es Matthieu Flamini, der in der 78. Minuten eine Markenzeichenkombination von Arsenal erfolgreich abschloß: Markenzeichen wegen der Geduld, mit der hier ein Spielzug zweimal fast gleich vorgetragen wurde, beim zweiten Mal dann eben ein wenig präziser, sodaß der Abschluß kein Problem war. Chelsea muß man aber, wie man in Österreich ein wenig ruppig sagt, immer zweimal erschlagen. Das klappte heute nicht. Nach dem Führungstreffer brachte Arsenal den Ball nicht mehr hinaus, immer wieder gab es Ballverluste, und die eingewechselten Wright-Phillips und Robben zogen ein um das andere Mal über die Flügel nach vorn. Dem Tor durch Essien (ein Schuß, ein Strich, eine Naturgewalt) ging ein Foul an Hleb im Mittelfeld voraus - das wird Arsène Wenger nicht vergessen, zu erwähnen. Es gab aber auch kontroverse Situationen zwischen Senderos und Drogba, der Diva. Es gab dann in der Spätphase noch drei, vier so unglaubliche Chancen für Chelsea, daß Arsenal am Ende mit dem Remis zufrieden sein muß. Bis zum 1:0 aber war das eher ihr Spiel, weil die sehr junge Viererkette mit Eboue-Djourou-Senderos-Clichy weitgehend hielt, auch die Abseitsfalle funktionierte. Fabregas spielte erstmal auf der zentralen Offensivposition, im defensiven Mittelfeld spielte Flamini neben Gilberto. Aber diese Zuordnungen sind nur für das "chalk board": de facto kann Flamini jederzeit offensiv aktiv werden, und Hleb und van Persie an den Außenpositionen arbeiten defensiv ungeheuer diszipliniert. Adebayor war alleine vorne, er war enorm gefährlich, weil er so viel Platz für seine Läufe hatte. Arsenal ist auf jeden Fall moralisch rehabilitiert, sie waren auf Augenhöhe und oft darüber, aber sie mußten in der hektischen Schlußphase den Preis für ihre im Vergleich wesentlich geringere Erfahrung zahlen. Vom Ergebnis profitiert Manchester United, die nun acht Punkte und ein Spiel Vorsprung auf Chelsea haben. Arsenal steckt im Verfolgerfeld des Spitzenduos fest, hat aber gute Perspektiven und noch ein Spiel "in der Hand", wie die Engländer sagen.

Samstag, Dezember 09, 2006

Lernschwäche

Einen ähnlich schlagbaren Gegner wie am Freitagabend Bayer 04 Leverkusen in der BayArena wird Hertha in dieser Saison auswärts nicht mehr bekommen. Die Elf von Skibbe war am Ende, da hatte das Spiel noch gar nicht richtig begonnen. Pantelic versetzte Juan so, wie sich sonst nur Simunic versetzen lässt - auf dem Raum einer Telefonzelle, vier Beine, ein Ball, eine Lücke, Tor. Danach aber erinnerte die Hertha sich daran, dass sie ungern zwei Schritte auf einmal in die richtige Richtung macht, und liess Leverkusen erstarken. Malik Fathi trug mit einer typischen Aktion Marke "Machst du Fehler, kriegst du Pech" entscheidend dazu bei: er klärte in Tornähe zu dem ebenfalls tornahen Paul Freier, und lenkte dessen satten Flachschuß dann auch noch ins Tor ab. Der Ball wäre danebengegangen, was gut zum Spiel von Leverkusen an diesem Abend gepaßt hätte. Er ging aber hinein, was alles über die Rollenverteilung sagte: Sieg oder Niederlage lag bei Hertha allein, und sie entschied sich auch unter tatkräftiger Mithilfe von Coach Götz für die Niederlage. Der Aufsteller wollte die unproduktive Ballung im Mittelfeld nicht auflösen, er ließ Dardai und Schmidt viel zu lange gemeinsam im Spiel. Coach Götz sah wahrscheinlich selbst, daß dieses elende Ligamatch keinen Sieger verdient hatte - und er verließ sich drauf, allzu schnell ist er auswärts mit einem Punkt zufrieden. Babic setzte dann aber zehn Minuten vor Ende einen Freistoß in die Torwartecke, der Rest war Hektik und eine gelb-rote Karte für den wiederholt unglückliche agierenden Sofian Chahed. Der besonders erregbare Einwechselspieler Neuendorf beendete das Match mit einem indiskutabel getretenen Freistoß. Die Hertha bleibt sich treu, sie will sich nicht zu weit aus dem Fenster des Bummelzugs im Mittelfeld lehnen. Sie will auch dann noch immer nur "lernen", wenn sich eine einfache Möglichkeit ergibt, eine Prüfung zu bestehen. Deswegen steht sie immer noch auf dem Niveau, auf dem Götz sie vor zwei Jahren übernommen hat - der Fußball entwickelt sich weiter, die Bundesliga bleibt sitzen. Hertha zeigt immer wieder mal auf, mag dann aber doch nicht vortreten.

Donnerstag, Dezember 07, 2006

Nichtangriffspakt


Arsenal und Porto haben sich gestern torlos getrennt, in einem Match, bei dem die Wette auf ein torloses Remis eine negative Quote hatte, also de facto gar nicht zu plazieren war. Der HSV hat zur gleichen Zeit gegen ZSKA Moskau 3:2 gewonnen, wodurch das Ergebnis aus Porto weitgehend irrelevant wurde, sieht man davon ab, daß Deutschland gegenüber Portugal ein wenig Boden in der Fünfjahreswertung gewinnen konnte. Arsenal ist auf eine häßliche Weise hart an der Grenze zum Nichtangriffspakt in die nächste CL-Runde gekommen, hat sich aber wohl schon für das Spitzenspiel gegen Chelsea am kommenden Sonntag geschont. Thema der Woche war ohnehin nich Porto, sondern der Streit zwischen Thierry Henry und Arsène Wenger - der Stürmerstar kuriert jetzt offiziell eine Verletzung aus, beide Seiten bemühen sich um gute Miene zu einem undurchschaubaren Spiel. Schon beim ungefährdeten 3:0 von Arsenal gegen Tottenham letzten Samstag gab sich Henry ganz als Diplomat, und gratulierte seiner Zweitbesetzung Adebayor neidlos zum Führungstreffer. Sowohl Henry als auch Wenger waren zuletzt nicht ganz auf der Höhe - das Match gegen Chelsea wird der Saison die Richtung weisen.

Montag, Dezember 04, 2006

Komparatistik

Aus der Reihe "Der gelungene Vergleich" heute Christoph Kneer von der Süddeutschen Zeitung, der schreibt, daß Steven "Cherundulo ansonsten so torgefährlich ist wie eine Großleinwand" - gegen Cottbus hat er aber getroffen, und ging gleich auch in die Literatur ein.

Samstag, Dezember 02, 2006

Lehrgeld

Malik Fathi wird sich das gestrige 1:3 in Bremen wahrscheinlich nicht noch einmal anschauen wollen. Er sollte aber, denn er kann ja auch vom Gegner lernen, und die Dynamik, mit der Clemens Fritz immer wieder nach vorne kam und mit seinen Dribblings in den Strafraum für massive Probleme sorgte, sollte Fathis oft allzu risikoscheuem Spiel eine Inspiration sein. Gestern war die rechte Seite aber auch deswegen verwundbar, weil Gilberto nicht seinen stärksten Tag hatte, und das Spiel in der ersten Halbzeit weitgehend in der Hertha-Hälfte stattfand. Pantelic war verletzt, dadurch blieb Lakic als letzter Stürmer, hinter ihm die (zu viel) rochierende Offensivformation mit Boateng-Dejagah-Gilberto, dahinter defensiv Schmidt und der immer noch recht indisponiert wirkende Dardai, schliesslich die Viererkette in der Stammformation, wobei Simunic wieder einmal den "troubled hero" abgab, dessen Leistungen und Fehlleistungen allzu oft ein Nullsummenspiel ergeben. Hertha bekam anfangs kaum einen Fuß ins Spiel, nach dem Gegentor durch Diego (Handelfmeter nach Vergehen von Simunic) und dem schnellen Ausgleich durch Simunic (Gestocher im Strafraum nach Corner) wäre es angeraten gewesen, auf Konsolidierung zu dringen. Nicht mit unseren Boys. Das 2:1 gehört vermutlich Dejagah, der Womé über links kommen ließ, und Fathi, der seinen defensiven Kopfball schlecht zeitigte - Klose stand einen Schritt dahinter und war genau zum richtigen Moment in der Luft. Desaströs das 1:3, das Boateng mit einem Querpaß auf Jensen einleitete. Klose ließ dann noch Simunic blöd aussehen, das war´s. Wäre der Begriff Lehrgeld wörtlich zu nehmen, müßte Kevin-Prince Boateng nach den letzten Spielen wohl Privatkonkurs anmelden - er verliert allein so viele Bälle, wie gute Mannschaften oft über die ganzen 90 Minuten nicht. Dejagah hingegen zählt auch nach dieser Niederlage zu den Gewinnern der letzten Wochen: Er wird immer aktiver, agiert nicht mehr so schüchtern, er zeigt sich. Bastürk hat nach seiner Einwechslung angedeutet, warum er trotzdem gebraucht wird. Lakic könnte mittelfristig die Gimenez-Position erobern, eher jedenfalls als Okoronkwo. Hätte Referee Fandel nicht das Simunic-Tor in der zweiten Hälfte aberkannt (die meisten Experten halten es für regulär), wer weiß? Aber auch so war das ein Ergebnis, mit dem beide Teams leben können - es paßt zu ihren jeweiligen Perspektiven. Geradezu staatsmännisch wollten Coach Götz und Trainer Schaaf am Ende gar nicht mehr aufhören mit der Spielanalyse am Spielfeldrand - niemand konnte mithören, aber die Kameras hielten feste druff. So adelt man hinterher ein Ligamatch zu einem Gipfeltreffen. Der Satz zum Tag kam von Arena-Kommentator Hansi Küppers: "Wo Frings ist, ist Ballbesitz." Und wo Boateng ist ...

Freitag, Dezember 01, 2006

Fulham

Gestern war ich in London, um ein Interview mit Ken Loach zu führen. Deswegen konnte ich morgens im Gatwick Express druckfrisch die Zeitungen lesen, die natürlich auch über den Niedergang von Arsenal zu berichten hatten. 1:2 bei Fulham am Tag davor, ein Punkt aus zuletzt drei Spielen gegen Mittelmächte in England, und Arsène Wenger liess es sich am Tag danach nicht nehmen, wieder ein wenig zu jammern. Zu viele Spiele in kurzer Zeit, das verkraftet sein sensibles Spitzenteam nicht. Das Match gegen Fulham habe ich nicht gesehen, ich kann deswegen auch nicht einschätzen, ob der eventuelle Ausgleich von Thierry Henry zu Unrecht abseits gewertet wurde. Die Kommentatoren fanden den Sieg von Fulham jedenfalls durch die Bank verdient. Mir war schon bei der Aufstellung ein wenig unwohl: Fabregas wurde in der ersten Hälfte geschont, für ihn spielte Song, von dem ich wenig halte, und der auch seinen Teil zum Unglück beitrug. Clichy und Eboue wurden auch geschont. Chelsea spielt derweil fast täglich mit der gleichen Mannschaft, und jammert nicht. Wenn Wenger weiterhin so wehleidig bleibt, und die Schuld immer bei irgendwelchen Kleinigkeiten sucht, dann könnte es mit seinem Lebensvertrag bei Arsenal bald sein Bewenden haben: Die Mannschaft trägt im Moment mehr seinen (stolzen, aber allzu reizbaren) Charakter, als ihm lieb sein kann. Morgen spielt Arsenal daheim gegen die Spurs, und Hertha auswärts bei Bremen - schön hintereinander an einem für mich langen Nachmittag vor der Kiste.

Mittwoch, November 29, 2006

Max Merkel

Von Max Merkel, der heute verstorbenen Sprücheklopfer-Legende, habe ich vor allem ein Wort in Erinnerung: Management. Er sprach es nicht so aus, wie die BWL-Könner es naturgemäß betonen: Management, wie Kukident. Er sprach es mit französischem, in Wahrheit natürlich wienerischem Einschlag: Management, wie Ressentiment oder ähnliche Wörter, an denen die deutsche Zunge so scheitert, wie Claus Peymann sein Leben lang an dem Wort Chance, das bei ihm unweigerlich zu "Schangse" wird. Damit hatte er in Wien langfristig als Nationaltheaterindendant keine Chance. Ob man Management so oder so ausspricht, macht einen großen Unterschied, auf den es beim Fußball zwar nicht ankommt, wohl aber beim Sprücheklopfen, wo eine legere Einstellung immer hilft. Bei der Jahresversammlung der Hertha wurde Management sicher auch wie Kukident ausgesprochen, dafür verschluckte Buchhalter Schiller eine wichtige Zahl: heuer zum Halbjahr hatte die Hertha wohl für ein paar Tage 55 Millionen Euro Schulden. Dann kam wieder vor irgendwo Geld. Vermutlich aus meiner Hosentasche, denn genau damals kauften wir die neuen Dauerkarten. Keine Ursache, Herr Schiller!

Montag, November 27, 2006

Junge Wilde

Die Amateure haben am Sonntag in Bremen gegen Werder II mit 1:0 gewonnen. Christian Müller erzielte das Tor, er war schon einmal kurz ein Hoffnungsträger der Profis, bevor er sich schwer verletzte. Jetzt spielt Boateng meistens auf rechts im Mittelfeld, während Patrick Ebert, der zu Beginn dieser Saison dort auffiel, wieder in die Wartestellung zurückversetzt wurde. Er trat am Sonntag mit den Amateuren an, wie auch Neuendorf, der in der ersten Mannschaft nicht mehr viel bringt. Die Hertha hat heuer viel Presse bekommen für ihre neue Generation Berlin. Inzwischen ist das Label "Junge Wilde" wieder zum VfB Stuttgart zurückgewandert, und in Berlin werden sie heute bei der Mitgliederversammlung (die ich auslasse, weil es nichts zu besprechen gibt) das Bibelwort von Dieter Hoeneß ("In der Liga trennt sich nun die Spreu vom Weizen. Wir gehören zum Weizen.") akklamieren. Der Tagesspiegel hat heute ganz zu Recht einen Sack Skepsis in die Erntelaune gemischt: Bisher hat die Hertha keinen einzigen Profi hervorgebracht, der aussieht, als könnte er einmal eine Mannschaft prägen. Malik Fathi stagniert, weil er nichts riskiert; Sofian Chahed spielt vielversprechend, aber unbeständig, und bekommt auf der Position des "holding midfielders" auch nicht den Vorzug vor Dardai; Boateng verdribbelt sich. Die Reihe dahinter macht Andeutungen, wie die Hertha auch. Das 1:0 der Amateure gegen Bremen kam glücklich zustande, wie zu lesen war. Ich nehme es als ein Andeutung dessen, was die Profis kommenden Samstag zeigen könnten.

Sonntag, November 26, 2006

Fragile Dominanz

So ist Fußball: Die Hertha hat Alemannia Aachen gestern so halbwegs beherrscht, und dabei zwei Tore geschossen und nur eines bekommen. Heimsieg. Arsenal hat die Bolton Wanderers gestern phasenweise total dominiert, hat aber nur ein Tor geschossen und drei bekommen. Auswärtsniederlage. Beide Spiele hätten locker auch anders ausgehen können, und trotzdem sind die Ergebnisse "richtig". Die Hertha war natürlich die bessere Mannschaft, auch wenn sie es nur selten konsequent zu Ende gebracht hat. Ashkan Dejagah neuerlich in der zentralen offensiven Mittelfeldposition, links Gilberto und rechts Boateng, dessen sogenannte Eins-zu-Eins-Situationen zahlreich waren und praktisch immer mit einem Ballverlust endeten. Erst im Verlauf der Spiels verlegte er sich mehr auf Pässe. Pantelic und Lakic waren mit Zweikämpfen gut beschäftigt, wobei unser Star gestern ein wenig eigensinnig agierte. Das erste Tor ein Abstauber von Pantelic nach einem virtuosen Lakic-Kopfball nach einer Ecke. Das Gegentor ein satter Schuß nach Ableger an der Strafraumgrenze. Der Siegestreffer eine rare Flanke von Malik Fathi, die eigentlich kein Problem hätte darstellen dürfen, weil sie so lang und so krumm wie eine Kometenbahn war, vielleicht aber deswegen Torwart Nicht in eine Unschärferelation versetzte - er unterlief, und Dejagah hielt den Kopf hin. Das reichte, auch deswegen, weil ein schweres Foul von Simunic in der 81. Minute nicht zu dem Elfmeter führte, zu dem es durchaus hätte führen müssen. Die Hertha überzeugt selten daheim, aber sie gewinnt oft. Interessante Saison deswegen bisher. Als ich aus dem Stadion nach Hause kam, wurde in Bolton gerade das Match gegen Arsenal angepfiffen. Ich übernahm also live, und sah ein Spiel, das wie ein Schulbeispiel für taktische Kriegsführung fungieren könnte. Arsenal übernahm sofort die Initiative, alles sah gut aus, bis zu einem Corner von Bolton in der achten Minute, der scharf und niedrig auf den kurzen Pfosten kam - das muss einstudiert gewesen sein, denn da tanzte einer durch den ganzen Fünfer, und kam im entscheidenden Moment genau an diesen schwer zu treffenden und zu erreichenden Punkt. Frühes Gegentor - das ist Arsenal schon gewohnt, und nicht immer kommen sie danach noch zu drei Punkten. Schon gar nicht gegen Bolton, die einen Kult daraus gemacht haben, Arsenal zu ärgern. Die ganze restliche erste Halbzeit verging mit Streitereien über Entscheidungen des Schiedsrichters, der ungustiöse Sam Allardyce, Manager der Bolton Wanderers, sah sich die Sache mit Behagen an. Kurz vor der Pause bekam Nicolas Anelka einen weiten Pass nach rechts außen. Alle nahmen an, er würde den Ball verschleppen, das tat er auch, während er aber schleppte, brachte er sich in Position für einen genialen Distanzschuß, der Lehmann keine Chance ließ, während Eboue und Toure noch schleppten. Arsenal schaffte sechzig Sekunden später den Anschlußtreffer, und nach der Pause begann ein virtuoser Sturmlauf, bei dem vor allem Theo Walcott auf rechts tolle Dinge zeigte. Nur ein Tor kam nicht zustande, auch das ein Arsenal-Syndrom in dieser Saison. Den nächsten langen Ball auf Anelka bekam der ehemalige Arsenalista in den Lauf gespielt, er war vielleicht einen Fussballschuh im Abseits, mit diesem Schuh schoß er den Ball unter Lehmann hindurch flach in die Kiste. Arsenal kämpfte bis zur letzten Sekunde um die Ehre, aber die erste Hälfte, in der Bolton den psychologischen Krieg gewonnen hatte, war nicht mehr wettzumachen. Die fragile Dominanz von Arsenal ist schon jetzt meine Lieblingsgeschichte in diesem Herbst - heute folgt das Spitzenspiel zwischen MeanU und Chelsea.

Sonntag, November 19, 2006

Westfalenstadion


Respekt, wem solcher gebührt: Coach Götz hatte die Hertha gestern beim Auswärtsspiel gegen Borussia Dortmund deutlich interessanter aufgestellt, als es nach der Verletzten- und Gesperrtenliste zu erwarten gewesen war. Weil Gimenez an der Wade laboriert, und Boateng sich in fast jedem Spiel eine gelbe Karte holt (wodurch er dieses Mal gesperrt war), mußte die Offensivabteilung neu gedacht werden. Der Coup war die Nominierung des jungen Chinedu Ede auf links, wodurch Gilberto in die Zentrale und Ashkan Dejagah eher nach rechts - bei insgesamt ständigem Rochieren - ging. Schmidt und Chahed machten vor der Viererkette die Schwallmauer, und Pantelic sah sich in der eigentlich ungeliebten Rolle des Lone Strikers. Der perfekt geschlagene lange Flankenfreistoß zum 1:0 durch ein Kopfballtor von Andreas Schmidt kam von Ashkan Dejagah. Marcelinho war in diesem Moment endgültig vergessen. Das 2:0, das auch früh fiel, ließ mich vor dem Fernseher in die Knie gehen: Nach einer Standardsituation in eigenen Strafraum kam der Ball links hinaus, Ede startete und gab mit der Hand ein präzises Zeichen, wie er den Paß scharf entlang der Linie (vertikalst!) in die Beine wollte, wo er auch genau hinkam - in vollem Lauf sah der junge Mann weit rechts Gilberto nachkommen, und spielte an drei Gelben vorbei eine so großartige Querbanane, daß das Tor nur durch großes technisches Ungeschick zu verhindern gewesen wäre. Gilberto verwertete, er war überhaupt gestern eine Figur, an der sich die Mannschaft orientieren konnte. Das Chaos danach, der bald folgende Anschlußtreffer aufgrund zweier Blödheiten von van Burik und Fiedler, der Sturmlauf von Dortmund, der sich im Lauf der zweiten Halbzeit allmählich verlief, das ist eine eigene Geschichte. Einige Ballverluste vor allem von Dejagah waren schmerzhaft bis ins Mark, und die vielen nicht konsequent zu Ende gespielten Konter taten auch weh. Trotzdem würde mich dieses Experiment mit der Mannschaft post Bastürk (der ohnehin kaum zu halten sein wird) noch ein wenig interessieren: links zeichnet sich mit Gilberto und Ede eine Möglichkeit ab, die mittelfristig für Fathi ein Problem darstellen könnte. Dejagah würde ich gern noch ein paar Mal sehen, und Chahed hat gestern wieder tolle offensive Andeutungen gemacht. Dortmund hatte ja auch nicht unbedingt eine Seniorentruppe auf dem Platz, das Duell der jugendlichen Mittelmächte ging gestern verdient an die Hertha.

Donnerstag, November 16, 2006

Malerei heute

Beiläufiges über Dieter Hoeneß: "Neu war für viele (Besucher eines öffentlichen Gesprächs des Managers mit Wolfgang Thierse, Anm. M.) auch, dass der 53-Jährige gern malt. "Öl auf Leinwand, abstrakt, wie Klee, Kandinsky, Blauer Reiter", beschrieb Hoeneß seinen Stil. "Ohne dass ich mich mit ihnen vergleichen will", fügte er hinzu. Zur Zeit fehle ihm aber leider die Muße zum Malen." Dies berichtete Til Knipper für den Tagesspiegel in Berlin.

Mittwoch, November 15, 2006

Jogi Bonito

Der Bundestrainer Joachim Löw in einem aktuellen Interview: "Es klingt vielleicht anmaßend, aber manchmal sehe ich in der Bundesliga schon beim ersten Paß eines Innenverteidigers, daß das ganze Spiel einer Mannschaft krankt. Wenn der erste Paß falsch ist, ist das Aufbauspiel tot." Ob er dabei an die Hertha gedacht hat? Ich will auch nicht anmaßend sein, aber mir kommt es schon länger so vor, als wäre das Problem bei Hertha nicht so sehr die gegnerische Hälfte, sondern die zwanzig Meter von der Viererkette nach weiter vorn - bisher wurden dafür nur wenige Mittel gefunden: lange Bälle von Dick van Burik oder Energieanfälle von Arne Friedrich. Vermutlich hat der Bundestrainer aber an ganz andere Mannschaften gedacht. Mir fällt nur keine ein.

Sonntag, November 12, 2006

Arsenal - Liverpool 3:0

Mit einem überzeugenden Sieg gegen Liverpool hat Arsenal heute seine kleine Abschlußkrise (zu lesen war von sechzig Chancen und nur einem Tor) der letzten Wochen hinter sich gelassen. Interessant dabei die Schützen: Flamini (nach einer typischen Arsenal-Kombination über Hleb und Fabregas), Toure (nach einem steilen Lochpaß von van Persie durch die nun schon ziemlich weit vorgerückte Kette mit Carragher und Hyppiä) und schließlich Gallas aus einem Corner des unerhört scharf schießenden van Persie. Wichtig aber war eine Szene in der zweiten Minute: Da kam van Persie allein auf Reina zu, und er nahm den Ball mit den Fingerspitzen mit - klares Hand, und ich möchte mir nicht im Detail ausmalen, was über Arsenal hereingebrochen wäre, wenn der Treffer gezählt hätte. Arsène Wenger hat sich zuletzt mehrmals schwer benachteiligt gesehen, er ist auch ein Verfechter des Videobeweises - in diesem Fall hat der Referee zum Glück keine Zeitlupe gebraucht, das 3:0 hat keinen Makel, und van Persie wird sich die Sache hoffentlich zu Herzen nehmen. We don't like cheats!

Bochum

Im dritten Jahr unter Coach Götz wird das Muster immer klarer: Die Hertha hat keinen eigenen Charakter. Sie spielt nicht aus eigenen Stücken, sie macht ihr Tun von der Situation abhängig, und wenn sie gegen einen Abstiegskandidaten wie den Vfl Bochum mit 1:0 führt und ungefährdet erscheint, läßt sie es schon wieder bleiben. Gegen Bochum spielte die Hertha im Jahr 2004 das erste Götz-Match. Sie war unglaublich überlegen, führte irgendwann 2:0, und ging mit einem 2:2 aus diesem Heimspiel hervor. Gestern waren die Bedingungen sicher unwirtlich, und die 29000 Unentwegten, zu denen ich nicht gehörte, waren wenig Inspiration. Gewinnen wollten sie aber trotzdem, nur tun wollten sie nichts mehr dafür nach dem tollen Pantelic-Tor. Als sie plötzlich 1:3 zurücklagen (ich will dem zuständigen Chahed keinen großen Vorwurf machen, weil er offensiv viel mehr Potential zeigt als unser Nationaltalent Malik Fathi), legten sie noch einmal einen Zahn zu. Es reichte noch für ein 3:3. Vor zwei Jahren standen mit Fiedler, Friedrich, Gilberto und Dardai immerhin vier Führungsspieler im Team, die auch gestern noch dabei waren. Von allen Bundesligamannschaften hat die Hertha eine besonders hohe personelle Kontinuität, umso stärker wiegt, was sie daraus macht: einen sicheren Aufenthalt im oberen Mittelfeld, eine permanente Uefacup-Kandidatur (die im internationalen Bewerb dann immer durch ödes Spiel widerrufen wird). Im dritten Jahr unter Coach Götz ist da schon ein Muster zu erkennen, und es wäre naiv, dabei nicht auch an den Trainer zu denken. Das ist sein Team. Das ist es wohl, was er kann. Mehr nicht.

Donnerstag, November 09, 2006

Bielefeld














War sicher kein Spaß, gestern in der Schüco-Arena zu spielen, bei strömendem Regen und einem Gegner, der nicht viel besser und nicht viel schlechter ist als die Hertha, obwohl Arminia Bielefeld ganz andere Vorraussetzungen hat. Das Spiel war ein Murks, das Ergebnis von 2:2 verdient, und Manager Hoeneß sagte hinterher: "Die Mannschaft hat noch nicht begriffen, was sie leisten kann." Ich stimme zu. Vielleicht sollte man ihr im Training ein paar konstruktive Hinweise geben, vor allem, was das Spiel aus der Abwehr heraus betrifft. Vielleicht sollte man einfach ein paar Spiele lang der Viererkette den Rückpaß auf Fiedler verbieten. Damit sie ihn wieder schätzen lernt - als Variante, nicht als Standard.

Sonntag, November 05, 2006

Außenrist











Gestern hat meine Sitznachbarin im Stadion ein wenig verwundert gefragt, warum ich immer alles so negativ sehe. Immerhin hat die Hertha 2:1 gewonnen, gegen den bisher ungeschlagenen 1. FC Nürnberg, und zwar nach dem Schema, das schon beim Heimsieg gegen Gladbach galt: Führungstreffer, Rückschlag durch den Ausgleich, dann doch noch ein Siegestor durch Pantelic. Unser bester Mann erzielte das erste Tor mit einem sehenswerten Weitschuß mit dem Außenrist, nachdem Gilberto bei einem tollen Konter mit dem Ball in Schäfer hineingelaufen war - den Abpraller nahm Pantelic aus 20 Metern mit seiner ganzen Eleganz und Intelligenz. Das Spiel hat meinen grundsätzlichen Mißmut aber nicht widerlegt. Dabei muß ich konzedieren, daß es eine Notaufstellung war, mit Andreas Schmidt im defensiven Mittelfeld und Ashkan Dejagah in der offensiven Zentrale. Beide blieben unauffällig in positiver wie in negativer Hinsicht. Zwiespältig wie immer der Hoffnungsträger Kevin-Prince Boateng: er verstrickte sich oft in komplizierte Zweikämpfe, er spielte aber auch die entscheidenden, öffnenden Pässe, die zu den beiden Toren führten. Er hat das Auge, und den Fuß, für den von mir so genannten Fabregas-Ball: den langen, scharfen, genau in den Fuß gespielten beschleunigenden Paß. Chahed zeigt auf der rechten Außenbahn immer wieder, daß er damit etwas anfangen kann. Gilberto war wie immer bis knapp vor dem Tor ein Gefahrenherd. Pantelic war eigentlich die meiste Zeit mit Gezerre und Genöle beschäftigt, aber er war zur Stelle, als es einen Ball des ungeschickten Gimenez zu verwerten gab. Vielleicht sollte ich mir einfach einen anderen Sitzplatz suchen: Vom Oberring aus sieht man so viele Möglichkeiten auf dem Feld, daß es manchmal schwer zu verstehen ist, warum niemand sie nützt. Boateng sieht die Möglichkeiten auch von unten, das gefällt mir. Er wird dadurch aber auch ungeduldig, was ich nur zu gut verstehe. Pantelic sieht die Möglichkeiten auch, er bleibt aber unverdrossen, wenn nichts daraus wird. Von Beginn seiner Zeit bei Hertha an hat er jeder interessanten Aktion applaudiert - das zeugt von seiner theatralischen Natur, aber auch von seiner Einstellung. Er könnte der Mannschaft noch viel beibringen. Draußen regnet es, heute nachmittag zweimal Premier League, dann eine englische Woche in Deutschland. Toll!

Samstag, November 04, 2006

Leistungsbereitschaft

Herr Christian Wulff, Ministerpräsident aus Niedersachsen und Halbrechtsverbinder in der CDU, hat den Berlinern mangelnde Leistungsbereitschaft vorgeworfen. Er hat die rot-rote Koalition gemeint, und nicht die Hertha, die sich aber in der Invektive enthalten sehen darf. Es bleibt ja immer ein Rest von Rätsel bei der Frage, warum sich die Profis in Deutschland nicht in jedem Match gleichermassen engagieren, warum hier ein so anderes Ethos herrscht als in der Investorenliga in England, wo in jedem Spiel (zuletzt gesehen bei Manchester City gegen Middlesbrough) eine bemerkenswerte physische und taktische Intensität herrscht. Sie durchzieht die ganze Premier League, und eine Spitzenmannschaft wie Chelsea kann dann darauf zurückgreifen, wenn es - wie am Dienstag in der Champion's League bei Barcelona - darum geht, noch ein wenig nachzulegen. So ein (im besten wie im unangenehmen Sinn) umkämpftes Match habe ich selten gesehen, es wurde am Mittwoch allerdings durch ein nicht minder irres 0:0 zwischen Arsenal und ZSKA Moskau ergänzt. Diese Woche war viel zu hören von der Fünfjahreswertung der Uefa, in der Deutschland immer weiter zurückfällt. Portugal und Rumänien drängen nach vorn. Helfen könnte allein ein Perspektivwechsel: Wenn Hertha heute gegen Nürnberg antritt, dann kann es nicht einfach reichen, mit dem Gegner zurechtzukommen, und ihn nach Möglichkeit irgendwie zu schlagen. Es muss darum gehen, Bedingungen zu setzen, die über den Tag hinaus reichen. Es braucht eine innere Unabhängigkeitserklärung von der Bundesliga. Das sehe ich nur bei Werder Bremen. Hertha BSC im Jahr 3 unter Coach Götz mißt sich an den mäßigen Mitbewerbern um Platz 5 in Deutschland, den Uefacup hat die Mannschaft immer gehaßt, die CL ist weit außer Reichweite. Hannover 96 auch, die sehen den Abstiegskampf derzeit von unten. Dieser Unterschied ist aber wenig tröstlich. Vielleicht sollte man einfach keinen internationalen Fussball mehr zeigen, dann wären die Provinzduelle mit Nürnberg, Bielefeld, Aachen unsere Welt.

Montag, Oktober 30, 2006

Lutz Wagner

Der Coach und der Manager haben sich nach dem 0:2 gegen Cottbus über den Referee Lutz Wagner ausgelassen. Sie waren aufgebracht, als wäre das tatsächlich denkbar, daß ein Schiedsrichter etwas gegen die Hertha hat. Sie haben persönlich genommen, was in Wahrheit mit dem einzelnen Match nichts zu tun hat. Lutz Wagner pfeift häufig konfus, er läßt zuviel oder zuwenig durchgehen, während er doch ein Maß finden sollte, das beide Teams als fair empfinden können. Der Elfmeter gegen Boateng war ein typischer Pedantenakt, das versteckte Foul gegen Bastürk dagegen ließ er ungeahndet, wie auch mehrere Grätschen von hinten des Spielers Mitreski, und das Handspiel von Ziebig unterband einen Spielzug, der so aussichtsreich war, wie Hertha an diesem Tag auftrat (mäßig also). Das Heimspiel gegen Werder in der letzten Saison hat Wagner ärgerlich beeinflußt, einfach deswegen, weil er nicht spieldienlich arbeitet, sondern immer so, als müßte jeder Pfiff über die bloße Tatsache hinaus noch etwas bedeuten - einen Kommentar zum Match. Ich kann ihn auch nicht ausstehen, es sind aber wohl schon Spiele gegen Lutz Wagners Ermessensshow gewonnen worden.

Ostderby


Ich fürchte, die Hertha hat am Samstag gegen Cottbus zu erkennen gegeben, wo sie sich in dieser Liga sieht. Sie fuhr in die Lausitz nicht, um dort zu gewinnen, sondern um abzuwarten, wie sich das Spiel entwickeln würde. Die Initiative blieb beim Gegner, die Tore und die Punkte schließlich auch. Prinzipiell stehen die Mittel, die Energie Cottbus angewandt hat, ja auch der Gastmannschaft zur Verfügung: Sie könnte auch ein wenig fighten, könnte individuell ein Risiko eingehen, das die Kollegen absichern. Stattdessen gab es über weite Strecken den faden und mutlosen Fussball, der schon gegen BK Odense auswärts nichts gebracht hat, gegen Wolfsburg zur Saisoneröffnung ein torloses Remis und gegen Mainz ein 1:1, gegen Bayern ein 2:4 und nun gegen Cottbus ein 0:2 - dies die Auswärtsbilanz. Ich sehe nicht, worauf Coach Götz mit dem Team hinauswill: Die Hertha spielt vorhersehbar ihre Kombinationen, die der Gegner nicht einmal im Video studiert haben muß, um sie unterbinden zu können. Aus der Viererkette heraus kommt gar nichts, der zentrale Dardai stößt auch schon wieder an seine Grenzen, Boateng stagniert auf hohem technischem Niveau spielerisch, Cairo schusselt wenigstens ein paar Flanken in die Mitte, Bastürk wird getreten, Pantelic ist schon wieder einsam, weil Okoronkwo nichts tut. Ebert kauft sich ein schweres Auto und kommt damit gleich von der Fahrbahn ab - was für ein Bild! Ist aber wirklich passiert. Der Junge wurde so lange durch das Mittelfeld rochiert, bis er sich auch im richtigen Leben nicht mehr auskannte. Jetzt muß er sich wieder anbieten. Okoronkwo hat Pause wegen einer roten Karte. Das Spiel in Cottbus hätte auch auf die andere Seite fallen können, wenn die Hertha ein wenig daran gezerrt hätte. Sie war sich aber zu gut dazu, und spielte zu schlecht. Vielleicht nimmt sie sich ja an sich selbst ein negatives Beispiel.

Rückschläge

Das war kein gutes Wochenende. Während ich mit A. in Mailand und Turin die oberitalienische Luxusgesellschaft durchstreift habe, fiel Hertha in Cottbus mit 0:2 in die Grube, kam Arsenal daheim gegen Everton über ein 1:1 nicht hinaus, zudem fiel ich selbst mit meiner Mannschaft Hertha BSC Bearlin beim Premier League Fantasy Football auf den neunten Tabellenrang in der Gruppe Hanappi zurück - weil ich mich nicht ausreichend kümmern konnte, und mein Goalie Jaskelaiinen vier Türen von MeanU bekam. Alle diese Ereignisse, plus das Mailänder Derby, werden hier noch ausführlich zu analysieren sein. Wir sind wieder daheim.

Donnerstag, Oktober 26, 2006

Regionalliga

Die Hertha kommt viel herum in diesen Tagen, gestern war sie in Stuttgart (2:0 gegen die Kickers im Cup), am Wochenende muß sie nach Cottbus zum Ligaspiel. All das bekomme ich nur von der Ferne mit, weil auch wir derzeit kaum daheim sind - an diesem Wochenende findet in Turin ein "salone del gusto" statt, den A. besuchen wird. Ich bin der Gusto-Assistent. Nächste Woche dann die Mitgliederversammlung von Hertha BSC, wenn ich es schaffe, hinzugehen, dann werde ich damit mein Comeback als Chronist geben.

Dienstag, Oktober 17, 2006

Hackentrick

Am Samstag saßen wir gerade im Flugzeug nach Wien, als die Hertha in der Allarena gegen die Bayern auf den Platz mußte. Ich habe also außer dem Bericht im Sportstudio nicht viel gesehen von diesem Match, kann mir aber ganz gut vorstellen, wie es gewesen sein wird. Besonders viel Häme hat Kevin-Prince Boateng in den Medien bekommen. Angeblich hat er sogar beim Stand von 0:3 noch einen Hackentrick gemacht, der Paß auf Pantelic zum 2:3 war dafür fast so tödlich wie der von Podolski auf Makaay beim ersten Gegentor. Ich hatte Boateng genauer zugesehen beim Match der U21 wenige Tage davor, als Deutschland 0:2 gegen England verlor. Dort war er im defensiven Mittelfeld eingeteilt, auf der Frings-Position. Er spielte eher nach Vorschrift, war zwar sehr präsent auf dem Platz, zog aber selten wirklich die Initiative an sich. Boateng muß derzeit überall ran, wo gerade einer fehlt - das Mittelfeld der Hertha war am Samstag eine Krabbelkiste: Ebert, Chahed und Boateng vor Old Pal Dardai. Auf der Bank: Ede, Samba, Dejagah, Cairo, Okoronkwo. Das ist kein dichter, sondern ein dünner Kader. Diese Woche gehört dem Kino in Wien, ob heute abend die Champion's League auf einen Schirm in meiner Nähe kommt, ist noch unsicher. Arsenal scheint aber ganz gut in Form zu sein.

Montag, Oktober 09, 2006

Nationalmodell


Die berühmte Frage von Werner Hansch ("Was ist eigentlich der Frisör von Winnie Schäfer von Beruf?") stellt sich angesichts des deutschen Nationalteams nicht mehr. Die Frisöre von Frings & Co. sind Haarkünstler, sie arbeiten an einem Look, der auch dann noch gefallen soll, wenn das Team wieder einmal im Viertelfinale ausscheiden wird. Frings hat längst den Plan für die zweite Karriere vor dem geistigen Auge, er wird letzter Mohikaner im Modehaus Löw. Selbst Arne Friedrich läßt an seinem Look arbeiten - er holt durch Haartracht an Virilität alles heraus, was in seiner unauffälligen Physis steckt. In Sönke Wortmanns Film über Deutschland 2006 soll es ja eine Szene geben, in der Miroslav Klose sich gegen Styling-Ideen wehrt. Das verdient Respekt.

Montag, Oktober 02, 2006

Konfusionen


Jetzt steht die Hertha schon wieder vorn in der Liga. Fünf Teams mit zehn Punkten nach sechs Spielen - sieht ausgeglichen aus, ist konstant aber nur im Mittelmaß. Gestern gab es ein 2:2 im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart, nach dem Schema der Blamage gegen Odense: frühes Gegentor (Mitwirkende: Cairo, Simunic), Ausgleich (Corner Neuendorf, Kopfball Friedrich), Führungstreffer (Pantelic!), Gegentreffer nach der Pause (Cacau, der gegen uns immer trifft; Mitwirkende: Cairo, Simunic). Coach Götz hatte aus dem öden Kick in Odense die Konsequenz gezogen, er schickte ein 3-5-2 auf das Feld. Dabei vergaß er allerdings, die Position hinter den Spitzen zu besetzen, denn Boateng spielte links hinten auf dem Terrain von Gilberto und Fathi; Cairo deckte die rechte Seite weder ab, noch bespielte er sie; und Neuendorf war mit den Seitenwechseln im Mittelfeld so beschäftigt, daß er kaum ins Spiel kam. Warum nicht ein wenig orthodoxer? Die stark limitieren Cairo (rechts) und Neuendorf (links) auf den offensiven Außenpositionen, und Boateng flexibel zentral - das hätte ich lieber gesehen als die gestrige Konfusion. Es war ein schwer zu ertragendes Match, beide Teams ließen einander viel Raum, waren jedoch der vielen Fehler und Fouls wegen selten in der Lage zu einem schnellen Überfall. Cairo war besonders auf den kurzen Querpaß spezialisiert, der eine ganze Formation ins Stolpern bringt. Seine Zweikampfbilanz möchte ich nicht studieren müssen. In zwei Wochen beginnt die Liga von vorn - das Auswärtsspiel bei den Bayern müßte der Hertha eigentlich gut gelegen kommen. Gestern war sie so damit beschäftigt, den Gegner zu überraschen, daß sie sich selber nie richtig begriff.

Samstag, September 30, 2006

Dänenbombe


Das war ein wenig peinlich, was die Hertha da am Donnerstag bei BK Odense abgeliefert hat. Sie mußte auf Sieg spielen, weil sie zwei Wochen davor ja daheim nur ein 2:2 erreicht hatte. Ebert hatte nach vierzig Sekunden auch gleich eine tolle Chance, ein paar Minuten später wurde es noch einmal interessant vor dem Tor der Dänen. Dann aber begann das lethargische Herumschieben des Balls in der Viererkette: Fathi, Friedrich, Simunic und Samba spielten bevorzugt quer, Dardai und Chahed wollten sich auch nicht so bewegen, daß sie konstruktiv anspielbar gewesen wären oder zumindest Räume für einen Vorstoß der Hintermänner geschaffen hätten. Samba eröffnete seine Zuspiele immer mit der Handbewegung, die Ratlosigkeit erkennen läßt - sie richtet sich an die Mitspieler, aber auch der Gegner sieht das, und weiß dann, daß die Zermürbungstaktik schon wirkt. So um Minute 15 war das. Simunic, der im Hinspiel noch mit einem Lauf durch die Mitte das zweite Tor vorbereitet hatte, blieb dieses Mal immer an der Mittellinie stecken. Das risikolose Spiel von Fathi wird langsam auch zu einer Qual. Chahed und Dardai nebeneinander sind natürlich eine blöde Taktik, aber es gibt ja kaum aufstellbare Offensivkräfte im Moment. Dardai stösst schon wieder deutlich an seine Grenzen, und Chahed will nicht an seine Grenzen gehen, weil er dann wieder Fehler machen könnte. Die Dänenbombe, die Fiedler nicht zu entschärfen wußte, hat nur an den Tag gebracht, was ohnehin klar war: Hertha ist für den Uefacup nicht geeignet. Sie findet dafür nie eine professionelle Einstellung, und eigentlich bin ich froh, daß uns das heuer erspart bleibt. Ich wäre nur wahnsinnig gern einmal zu einem Auswärtsspiel nach Newcastle mitgefahren.

Sonntag, September 24, 2006

Tabellenführung

Lange ist die Hertha nicht auf dem ersten Platz geblieben. Das 1:1 gestern in Mainz bedeutet aber nur einen minimalen Rückschritt in einer insgesamt recht unentschiedenen Liga. Im Vorjahr hat die Hertha lange den Bummelzug der Mannschaften ab Platz 5 angeführt, in diesem Jahr will sich bisher keine Spitzengruppe so recht absetzen. Die Bayern sind anscheinend sehr irdisch geworden, die Liga rückt auf bescheidenem Niveau zusammen. Bastürk und Gilberto sind verletzt, das hat einen Unterschied zum 2:0-Heimsieg gegen Schalke gemacht. Der größere Unterschied lag aber, so weit ich das aus der Fernsehübertragung einschätzen kann, in der Spielauffassung. Hertha wollte gestern erst einmal schauen, wie sich die Sache so entwickelt. Coach Götz hatte mit Dardai und Chahed das defensive Mittelfeld verstärkt, was ich prinzipiell eine gute Idee fand, weil dadurch Cairo und Neuendorf draußen blieben, was Chahed und Ebert aber vor ein kleines Problem der Raumaufteilung stellte. Boateng, eigentlich auf der Bastürk-Position vorgesehen, war überall und zeigte, daß er das Spiel über die Flügel enorm bereichern kann - schon wieder schlug er eine Nobelflanke, die Gimenez wie schon gegen Schalke verwerten hätte können. Häufig aber will Boateng auch tanzen, das endet immer damit, daß er zwischen drei Gegnern feststeckt und den Ball sucht. Der war bei den Mainzer Stürmern schlecht aufgehoben, sie wußten wenig damit anzufangen. Eberts Bälle flogen in alle Himmelsrichtungen, er kommt langsam in der Realität der Liga an, und muß sich nun konsolidieren. Wie auch die ganze Mannschaft, die zu diesen Spielen im Alltag erst ein Siegerverhältnis entwickeln muß. Mainz war gestern leicht schlagbar, aber dazu hätte die Hertha ein Heimspiel gegen einen Großen bei einem Auswärtsspiel gegen einen Kleinen simulieren müssen: Sie hätte spielen müssen wie gegen Schalke, einsatzbereit und spielfreudig zugleich, vor allem aber immer im Bewußtsein der eigenen Initative. Das war nicht zu sehen, deswegen wurde es ein Spiel mit vielen Fehlern auf beiden Seiten, ein Unentschieden, und ein relativ kleiner Rückschritt, der sich in der internen Handelsbilanz der Liga kaum niederschlägt. Am Donnerstag gegen Odense BK, wenn es um den Außenhandel des deutsche Fußballs geht, wird sich weisen, ob die Hertha ihre Produktivität steigern kann.

Freitag, September 15, 2006

Odense BK












Super angenehmer Nachmittag gestern im Olympiastadion. 16 Euro für ein Ticket, das macht vier Euro pro Tor nach dem 2:2 im Hinspiel gegen Odense BK aus Dänemark. Die Hertha startete in den Uefa-Cup, wie wir es gewöhnt sind: sehr gemächlich, mit ein wenig Ballgeschiebe in der Viererkette. Ein frühes Eigentor von Simunic brachte das Match in Schieflage, danach hatte die Hertha viel Dusel, denn Fiedler rettete noch zwei, drei Mal in höchster Not. Zwei schöne Angriffe über zuerst rechts (Boateng-Friedrich-Gimenez) und danach links (Simunic!-Fathi-Boateng) brachten den Umschwung, dann verlor Chahed einen Zweikampf nahe der Cornerfahne, und die Dänen glichen wieder aus. Danach ging nix mehr. Niemand schien richtig verärgert, das Auswärtsspiel ist keine aussichtslose Partie. Trotzdem war das ein Dämpfer. Denn am Anfang stand ein Team auf dem Platz, mit dem ich hundertprozentig einverstanden war: Chahed vor der Abwehr, der starke Boateng auf rechts. Am Ende waren Cairo und Neuendorf im Spiel, von denen nur Coach Götz noch etwas erwartet. Für Chahed war das Match ein Rückschlag, für die Hertha könnte in zwei Wochen noch alles gut ausgehen. Schalke kommt am Sonntag und wird sich vielleicht schon in Sicherheit wiegen.

Donnerstag, September 14, 2006

Englische Woche












Die
Aufgabe im deutschen Cup bei Darmstadt hat Hertha am Sonntag erledigt: Ein Tor von Bastürk sorgte für die späte Entscheidung, die Blamage wurde abgewendet. Heute um 17 Uhr werde ich im Olympiastadion sein, um das Team im Uefacup gegen den dänischen Klub BK Odense zu unterstützen. Viel Publikum wird nicht dasein, meine Unterstützung wird nicht allzu lautstark werden, bei diesen Spielen hat jeder Zuschauer einen eigenen Sektor, da springt der Funke nicht so über. Ich leiste Präsenzdienst, wie schon im letzten Herbst in den Uefacup-Spielen gegen Lens und Steaua Bukarest, und hoffe, daß wir nicht wieder mit Nullbock und Nullnull nach Hause geschickt werden.

Samstag, September 09, 2006

Cöp


"Wir holen die Meisterschaft, und den Uefacup, und den Pokal", singen die Hertha-Fans gern, wenn sie übermütig sind - oder wenn ihnen langweilig ist. Dabei sehe ich im Uefa-Cup eigentlich die besten Chancen: im letzten Jahr gab es durchweg schlagbare Gegner, Hertha wollte aber partout schlagbarer sein. Das Finale des deutschen Fußballcups ist mir dagegen egal - eine Teilnahme der Hertha würde nur der lokalen Wirtschaft schaden, weil dann nicht mehr so viele kaufkräftige Münchner Väter mit ihren Halbwüchsigen kommen würden. Es wäre denn, natürlich, das Finale hieße Hertha-Bayern. Ist noch lang hin, morgen erst einmal ein Auswärtsspiel in Darmstadt, zum Eingewöhnen in die Cup-Atmosphäre, die sich vier Tage später im Uefacup gegen Odense aus Dänemark kaum einstellen wird. Die Saison ist jung.

Dienstag, September 05, 2006

Tauschgeschäfte


Arsenal hat in den letzten Stunden der Transferperiode noch zwei gute Geschäfte gemacht: Zuerst wurde unser Hausheiliger Reyes für Julio Baptista nach Madrid getauscht, und dann wurde die "never ending story" um Ashley Coles Wechsel an die Stamford Bridge doch noch zu einem Ende gebracht, indem William Gallas an seiner Stelle von Chelsea zu Arsenal wechselt. Fünf Millionen Pfund muß Abramowitsch zudem noch drauflegen. Allgemein sprechen die Experten von einem sehr guten Geschäft für Arsenal, die einen Weltklasseverteidiger bekommen und dafür einen linken Verteidiger abgeben, den sie während der ganzen letzten Saison (nicht aber zuletzt gegen Manchester City) recht problemlos ersetzen konnten. Chelsea hat heute noch einmal nachgetreten und öffentlich behauptet, Gallas habe mit einem Eigentor gedroht für den Fall, daß er für Chelsea noch einmal spielen hätte müssen. In Deutschland gibt es keine vergleichbare Rivalität wie die zwischen Arsenal und Chelsea, aber hier gibt es auch keine Stadt wie London. Die Besetzung der Hauptrollen in dieser Daily Soap mit dem immer gleich pikierten Arsène Wenger und dem schnippischen Mourinho hätte selbst die "Sun" nicht besser erfinden können. Dabei geht es natürlich ganz brutal um Hegemonie: Chelseas kalte nationale Dominanz gegen Arsenals nicht immer produktiven Geniekult.

Sonntag, September 03, 2006

Rochaden


















Der Mercedes-Werbespot mit der Nationalmannschaft ist personell auf den neuesten Stand gebracht worden. Das deutungsbedürftige Detail, daß Arne Friedrich darin mit Bastian Schweinsteiger beim Schach zu sehen ist, hat sich erhalten. Eigentlich könnte man aus der Szene ablesen, daß Friedrich im Team als ein Intellektueller gilt - warum spielt er dann aber mit Schweinsteiger? Schweini scheint allerdings chancenlos zu sein, sonst müßte er nicht heimlich die Figuren umstellen, während Arne gerade nicht hinschaut. Klinsmann und nun auch Löw besetzen die Defensive anscheinend nach IQ - der helle Lahm geht nach rechts, der auch nicht dumme Jansen macht die linke Seite, der Vordenker Metzelder hat einen Stammplatz, wenn er nicht verletzt ist, und Mertesacker war Zivildiener. Dazu kommt nun der eigenwillige Manuel Friedrich, und neuerdings als Ausnahme von der Regel noch Alexander Madlung, der sich nur deswegen reelle Chancen ausrechnet, weil er als nicht so hell gilt, und deswegen nicht begreift, daß er nicht als Turm einberufen war, sondern als Bauernopfer. Arne soll gestern ganz anständig gespielt haben, er strahlt auf jeden Fall wieder mehr Autorität aus, und kann die Rochaden von Jogi Löw gelassen abwarten.

Dienstag, August 29, 2006

Rampenschwein


Das 1:1 am Sonntag gegen den HSV muß als Erfolg betrachtet werden. Die Hertha war in den ersten zwanzig Minuten unangenehm deutlich zum Reagieren gezwungen. Die vielen Situationen mit ruhendem Ball haben ein Spiel nach vorn gar nicht aufkommen lassen. Seltsamerweise hat der Führungstreffer für Hamburg das Spiel gedreht. Danach war die Hertha aktiv. Der HSV hat also ein wenig so gespielt, wie wir es von Hertha BSC häufig gesehen haben. Der Ausgleich durch Gimenez war verdient, aber glücklich - wäre nicht der neue Hamburger Innenverteidiger Mathijsen zur Vorsicht ein paar Schritte nach hinten gegangen (während alle seine Kollegen schon hinausliefen), wären vier Herthaner im Abseits gestanden. Die Szene des Spiels kam von Pantelic, der sich wieder einmal lächerlich machte, indem er bei seiner Auswechslung einen g'schamsten Diener an das Publikum richtete. Damit mag er sich für eine zweite Karriere als Rampensau in einem Wiener Mitteltheater empfehlen, aber nicht als anerkannter Fußballprofi. Coach Götz hat hinterher die richtigen Worte gefunden: "Wir wollen so nicht wahrgenommen werden." Sondern so, wie Patrick Ebert spielt - no nonsense.

Samstag, August 26, 2006

Gute Tat


Während der Woche hat Hertha eine kleine Weltreise unternommen. Ein 2:2 bei Ameri Tiflis hat gereicht, um die erste Runde des Uefa-Cups zu erreichen. Die Fernsehübertragung war so abenteuerlich, wie der ganze Trip gewesen sein muß. Das 1:1 durch Lakic hat die Regie glatt verpaßt, die Szene konnte auch später nicht mehr aufgetrieben werden. Das Ergebnis muß man nicht überbewerten, wohl aber sind die Reisestrapazen nicht zu unterschätzen. Der Eurosport-Kommentator vergaß zwischendurch nicht zu erwähnen, daß Dieter Hoeneß in Tiflis ein Waisenhaus besucht und eine bedeutende Summe harter Währung gespendet hat. Die Website von Hertha gibt da auch ganz konkret und stolz Auskunft: 1500 Euro gingen an Frau Gogotschuri. Danke, Hertha!

Dienstag, August 22, 2006

Kavalierstart


Über die neue Dauerkarte habe ich mich ein wenig früh gefreut. Wir haben uns um einen Sektor verbessert, sitzen nun ziemlich an der Mittellinie, und ich habe einen Platz am Rand, worauf ich Wert lege, weil ich es mit den Menschenmassen nicht so habe. Blöderweise ist unser neuer Sektor ein wenig vergnügungssüchtig, mehrmals pro Halbzeit kommen Männer mit Zehnerstapeln von Plastikbechern an uns vorbei, um sie gut gefüllt wieder mitzubringen - die Damen in der Reihe wissen den Kavaliersdienst zu schätzen. Über das häufige Aufstehen tröstete der Anblick des Herrn mit der Zigarre, der uns manches Spiel in den letzten Jahren verstunken hat, hinweg. Er sitzt in sicherer Entfernung am üblichen Platz. Die vier Tore gegen H96 habe ich alle gesehen, auch das kuriose Manöver des Linienrichters, das zum 1:0 beigetragen hat. Gimenez hat bewiesen, daß er weiß, "wo das Tor steht" (Hertha-Sprachregelung für das Anforderungsprofil an einen Hertha-Stürmer) - er hat einmal sogar das Tor getroffen, am Pfosten. Der Sieg war okay und machte gute Stimmung, ich würde von einem Kavalierstart sprechen - einmal ordentlich auf das Gas steigen bedeutet noch keine gute Fahrt. Immerhin aber hat die Hertha bewiesen, daß sie weiß, wo vorn ist - dort, wo seit Klinsmann plötzlich alle hinspielen wollen.

Samstag, August 19, 2006

Nationalverteidigung


Heute also das erste Heimspiel mit der neuen Dauerkarte. Wir haben uns um eine Kategorie und einen Sektor zur Mitte verbessert. Den Gegner Hannover nehmen wir als notwendige Orientierung - gegen eine der grauen Mächte der Liga müssen wir gewinnen, um uns zu unterscheiden. Immerhin können wir auf das Selbstbewußtsein der "Löwen" zählen: Friedrich und Fathi. Wie ich Coach Götz, den Zauderer, kenne, wird er Cairo rechts weiterhin eine Chance geben vor Ebert, und er wird gegenüber Chahed im defensiven Mittelfeld die konservative Lösung Dardai bevorzugen. Daran soll es nicht scheitern - ich freue mich schon. Und die Premier League geht auch wieder los - das freut mich noch mehr.

Sonntag, August 13, 2006

Zweistellige Null

Das war also der Auftakt zur neuen Saison: 0:0 bei Wolfsburg, der alten, neuen grauen Macht der Liga. Hertha war ebenbürtig, das 0:0 war verdient, ein Tor hätte den Eindruck dieses Spiels grob verzerrt. Man soll aus dem ersten Match (ohne Marcelinho) keine großen Schlüsse ziehen, aber ich will doch hoffen, daß das heute nicht repräsentativ war. Hinten halbwegs sicher, gegen allerdings unfähige Gegner, im Spielaufbau katastrophal, in der ganzen Anlage schwer ausbaubedürftig. Die Wolfsburger brachten das Spiel schon in der ersten Halbzeit mit vielen Fouls zur Strecke, danach war es ein unbedarftes Gestocher auf beiden Seiten, wobei Malik Fathi sich einmal am eigenen Fünfer selbst auf die Füße stieg. Gilberto sehr fehlerhaft, van Burik ein permanenter Gefahrenherd, Bastürk recht wirkungslos - das waren die Führungsspieler. Nur Arne Friedrich zeigte erste Ansätze zu seinem Comeback. Der Coach brachte erst in der 70. Minute den neuen Stürmer Gimenez, nahm dafür aber unverständlicherweise Pantelic vom Platz und ließ Lakic drauf. Ebert, der nach einer Stunde für den gewohnt stümperhaften Cairo kam, gab auch Grund zur Hoffnung. In der Nachspielzeit wechselte Götz dann noch Ede ein, und das Gesicht, das er dabei machte, war ganz zufrieden. Er wollte den Punkt, und übersah die zweistellige Null, die Hertha heute produzierte. Erster Tag, Tabellenrang 11 - schmeichelhaft.

Stammformation

Das wäre heuer meine ideale Hertha:

Fiedler
Friedrich-van Burik-Simunic-Fathi
Chahed-Boateng-Gilberto-Bastürk
Pantelic-Gimenez

Vorschau: Coach Götz

In dieser Saison kann er zeigen, ob er ein guter Trainer ist. Was mich gelegentlich daran zweifeln läßt: Er findet die Balance zwischen Vorsicht und Risiko selten. Meistens stellt er die Mannschaft ein, zwei Spieler zu konservativ auf, und er neigt dazu, die Offensive durch Auswechslungen zu schwächen, wenn Hertha in Führung liegt. Zwei Jahre lang hat er das Team auf eine Kontermentalität konditioniert - wird er in diesem Jahr daran arbeiten, die Hertha von der Gnade der Gegner unabhängiger zu machen? Wird er sie dazu bringen, nach Möglichkeit neunzig Minuten selbst zu agieren und den Rhythmus des Spiels zu prägen? Gelegentlich riskiert Götz eine Dreierkette, nicht selten im falschen Moment - so vercoachte er ausgerechnet das Schlüsselheimspiel gegen Werder Bremen im Vorjahr, als er Arne Friedrich allein in die Zentrale stellte. Die Schwäche der Hertha bei Standards (defensiv und offensiv) fällt eindeutig auf den Trainer zurück - mit dem jungen Patrick Ebert gibt es jetzt immerhin einen guten Cornerschützen (was durfte Marcelinho nicht jahrelang für sinnlose Bananen dreschen!). Mit einem Wort: Ich bin skeptisch. In der Trainerhierarchie der Bundesliga liegt Götz meiner Meinung nach nicht auf einem internationalen Rang. Schaaf, Doll, von Heesen, Klopp, Meyer erscheinen mir plausibler. Götz liegt für mich auf einer Ebene mit Magath (ohne dessen Millionen) und Skibbe. Prognose: UI-Cup.

Donnerstag, August 10, 2006

Geheimwatte












Da war es wieder, heute abend im Jahnsportpark: dieses Stöhnen, das die Hertha bei den Fans auslöst, wenn sie einfach nicht in die Gänge kommt. Das 1:0 gegen den FC Ameri Tiflis heute war eine Qual, aber die 7000 Treuen haben es mit Gleichmut hingenommen. Nur manchmal, wenn einer der tausend Querpässe wieder drei Meter hinter dem Adressaten ankam, wenn ein Antritt abgebrochen und der Ball wieder zurück in die Ausgangsposition bei Simunic oder van Burik geschoben wurde, ging ein Stöhnen durch die Reihen. Ich kenne es noch aus dem Vorjahr, als die Hertha den Uefacup durch Arbeitsverweigerung gewinnen wollte. Coach Götz hatte ultrakonservativ aufgestellt, mit Dardai im defensiven Zentrum, Cairo auf rechts und Neuendorf auf links. Bastürk blieb wirkungslos, wie auch Gilberto und der neue Jungstürmer Lakic. Nur Pantelic wollte heute gewinnen, und die jungen Spieler, die dann doch noch kamen: Okoronkwo und Ebert. Okoronkwo erzielte in letzter Minute den einzigen Treffer, und Ebert brachte in einer Viertelstunde mehr interessante Flanken zur Mitte als Cairo in der fünffachen Zeit. Ich will aus dem Spiel keine großen Schlüsse ziehen, aber ein Interesse, in diesem Jahr im Uefacup mitzuspielen, haben heute nur drei, vier Spieler bewiesen, und es waren nicht die "Führungsspieler", die Coach Götz "in Watte packen" will. Vielleicht ist Dardai ja die Watte.

Sonntag, August 06, 2006

Derby


Zum ersten Mal war ich heute im Jahn-Sportpark. Das Derby zwischen den Amateuren von Hertha BSC und dem FC Union hat mich interessiert, auch deswegen, weil absehbar war, daß einige der jungen Profis, die neu bei der ersten Mannschaft sind, dort auflaufen würden. Die Stimmung war herbstlich, und natürlich längst nicht so intensiv wie bei einem Bundesliga-Match, aber das war es gerade, was mir gefiel. Die Hertha hat recht sang- und klanglos mit 0:3 verloren, aufgrund von individuellen Fehlern in erster Linie. Von den Hoffnungsträgern gefielen mir Patrick Ebert und Amadeus Wallschläger mit Abstand am besten. Ebert spielte, wenn er nicht gerade nach links auswich, rechts halboffensiv hinter dem ein wenig fahrigen Halbstürmer Christian Müller. Nicht alles, was er versuchte, klappte auch perfekt, aber er war ideenreich und schnell und wird sich die Spiele von Franck Ribery bei der WM mit Interesse angesehen haben - in diese Richtung könnte er sich entwickeln. Wallschläger spielte in der ersten Halbzeit links hinten, nach der Pause und der Auswechslung des zentralen Defenders Robert Müller in der Innenverteidigung. Bei dritten Tor war er chancenlos, das brockte ihm Jerome Boateng ein, ansonsten war er aber Herr der Lage. Interessant auch der rechte Verteidiger Manuel Schmiedebach, von dem ich bisher noch gar nichts gehört hatte. Er war am ersten Gegentreffer beteiligt, gefiel mir aber durch gute Technik und offensive Ansätze. Ich werde jetzt nicht systematisch den Scout beim eigenen Nachwuchs machen, aber ein wenig bin ich doch auf den Geschmack gekommen.

Samstag, August 05, 2006

Mattersburg

Noch eine Urlaubsnachlese. Am 25. Juli spielte Arsenal in Österreich einen Test gegen Mattersburg, im Pappelstadion im schönen Mittelburgenland. Wir waren natürlich da, sahen aber nicht viel, denn in den ersten sechzig Minuten spielte das C-Team, mit Ausnahme von Hleb und von Flamini, der im zentralen Mittelfeld zum Einsatz kam, während der Saison möglicherweise aber wieder links hinten spielen wird (es gibt schon wieder Streit um Ashley Cole). Nach der Pause kamen dann ein paar Stars, und ich konnte zwei, drei Läufe von Eboue mit eigenen Augen verfolgen.









Unser Freund Walter K. hat zwischendurch ein Foto von Arsène Wenger gemacht, das uns ein wenig Rätsel aufgab: Worauf genau sitzt der Arsenal-Trainer da? Ein orthodoxer Lotussitz ist das nicht, auch wenn bekannt ist, daß Wenger einmal ein Buch über den Buddhismus gelesen hat. Sitz oder Hocke oder Yoga-Stellung - es paßt zu diesem Fußball-Lehrer, den meine Frau zwei Tage vor dem WM-Finale noch in der Herrenabteilung der Galeries Lafayette in wenig kleidsamen Shorts gesehen hatte. Sie hat mich damals auch sofort verständigt, ich konnte meiner Verpflichtung als höflicher Paparazzo jedoch nicht rechtzeitig nachkommen. In Mattersburg war ich schon näher dran.

Sonntag, Juli 30, 2006

Trabzonspor

















Auf meiner einzigen Schwarzmeerreise vor vielen Jahren bin ich über Gerze nicht hinausgekommen, obwohl wir damals kurz überlegt hatten, noch nach Trabzon weiterzufahren. Jetzt macht Marcelo Paraiba dos Santos aus Campinagrande in Brasilien die große Fahrt in den Osten der Türkei. Klimatisch müßte es ihm dort besser gefallen als in Berlin, und wenn die Berichte von seiner Ankunft stimmen, dann hält man ihn dort für einen großen Star. Ist er ja auch. Von Marxelinho ist jetzt niemand mehr da: Thorben Marx wegen, Marcelinho weg. Alles neu macht der Hoeneß. Im Ligacup hat die Hertha gestern angedeutet, daß wir mit den Leiden der alten Saison auch in der neuen rechnen müssen. Das 0:1 gegen den HSV war verdient, weil immer die zweite Halbzeit zählt, wenn in der ersten nichts Entscheidendes passiert. Die Hertha hat die erste heiße Halbzeit sehr schön dominiert, hat interessante bis hochinteressante Kombinationen ausprobiert, die sie aber teilweise noch im gegnerischen Fünfmeterraum fortsetzen wollte. In einem Wort: Sie hat es übertrieben, und der gewohnt unproduktive Cairo hat kurz vor der Pause eine schon abgeschlossene Kombination einfach nicht mit einem Tor abgeschlossen. Der HSV war professionell und nach der Pause auch mehr auf der Höhe. So spielte die Hertha: Fiedler. Chahed-van Burik-Simunic-Fathi (Ede). Dardai (Samba)-Schmidt (Neuendorf). Bastürk-Cairo. Pantelic. Davon sind auf jeden Fall noch zu überwinden: Cairo (dringend). Schmidt. Neuendorf. Dardai. van Burik (mittelfristig). Einen guten Stürmer könnten wir auch noch brauchen.

Freitag, Juli 28, 2006

Direkte Rede


Die Hertha wird in der Qualifikation für den Uefa-Cup auf den georgischen Club FC Ameri Tiflis treffen. Coach Götz hat seine Reaktion darauf nicht gerade in Diplomatendeutsch formuliert: "Ich bin überhaupt nicht zufrieden mit dem Los. Ameri ist ein unattraktiver Gegner, dazu kommen die Reisestrapazen. Ich hätte mir einen namhafteren Gegner gewünscht. Die Spiele werden zwar unangenehm, aber das ist ein Gegner, den wir schlagen müssen, denn wir wollen unbedingt in den Uefa-Cup." Die Hertha muß am 24. August nach Tiflis, drei Tage vor dem Auswärtsspiel gegen den Hamburger SV.

Mittwoch, Juli 12, 2006

Urlaub




Das war also die WM. Viel wäre noch zu sagen, muß aber nicht alles gesagt werden. Zidane ("Zid Vicious", den Ursprung dieses Wortspiels habe ich vergessen) schweigt auch. Wir fahren zwei Wochen in Urlaub, nach Österreich. Während dieser Zeit versäumen wir den Einstieg von Hertha BSC in das internationale Geschäft des UI-Cups am kommenden Samstag, dafür werden wir vielleicht mit einem Trainingsmatch des FC Arsenal beim SV Mattersburg im Burgenland entschädigt. Da läuft dann im Idealfall Dietmar "Didi" Kühbauer auf Francesc Fabregas zu und läßt ihn aussteigen. Die Italiener haben die Franzosen ausssteigen lassen, meine Sympathie war bei den Verlierern, aber insgesamt habe ich diese WM mit verdächtiger Gelassenheit verfolgt. Marcelinho ist auch wieder da, ob's was bringt? Das geht mich jetzt gerade nichts an. Nach dem Urlaub ist dann vor der Saison.

Donnerstag, Juli 06, 2006

Strandkicker


Was die Zeitungen als schlechte Nachricht verbreiten, halte ich für eine gute: Marcelinho ist nicht rechtzeitig zum Trainingsbeginn von Hertha BSC erschienen. Vielleicht bleibt er überhaupt gleich in Brasilien und spielt in der kommenden Saison dort. Mit dem ersparten Geld könnte Manager Hoeneß einen zweiten Stürmer kaufen, und Coach Götz endlich auf ein orthodoxeres System umstellen, auf ein 4-4-2 mit mehr Power, kompakterer Ordnung und besseren Eckbällen, als das mit Marcelinho jemals möglich war. Die WM hat zwar keinen Trend, aber doch deutlich gemacht, daß Lust- und Luxuskicker wie er ein Auslaufmodell sind. Wird aber alles wieder nur eine Ente gewesen sein, außerdem spielt Marcelinho angeblich heute abend im Lido in Kreuzberg mit einer Band.

Portugal - Frankreich 0:1







Auch so werden enge Spiele entschieden: Henry erhält an der Strafraumgrenze einen Ball. Er dreht sich blitzschnell und ist eigentlich schon an Carvalho vorbei. Der portugiesische Verteidiger trifft ihn aber ganz unten am Bein, und Henry entscheidet sich für einen Sturz, der durch das Foul nicht notwendig bewirkt wurde, aber zumindest seine Berechtigung erhielt. Den Elfmeter verwertete Zidane zum einzigen Tor im zweiten Halbfinale. In der zweiten Hälfte wirkten die Franzosen schon ziemlich müde, und uns schien, als wäre Italien am Sonntag im Finale zu favorisieren. Blau gegen Blau, Bleus gegen Azzuri. Nach den vielen Enttäuschungen bei diesem Turnier würde mich ein Sieg von Frankreich halbwegs entschädigen. Thierry Henry soll als Weltmeister zu Arsenal zurückkommen, und Cesc Fabregas, den Real Madrid abwerben will, zum Bleiben bewegen.

Mittwoch, Juli 05, 2006

Deutschland - Italien 0:2










Daß die Fanmeile mir die Stimmung von 1989 nachvollziehbar machen würde, hatte ich natürlich nicht im Ernst geglaubt. Daß es sich dabei aber einfach um die Nahverkehrsvariante eines Ballermannurlaubs handeln würde, hatte ich doch nicht erwartet. Die erste Halbzeit des gestrigen Halbfinales zwischen Deutschland und Italien sah ich auf der Fanmeile. Dann ließ ich mich ein wenig durch die Stadt treiben, blieb gelegentlich vor einem Fernseher stehen, und sah nur in Ausschnitten, wie sich die beiden Mannschaften mit ziemlicher Intensität begegneten. So um die 70. Minute traf ich in der Schwedter Straße ein, wo A. mit Freunden in öffentlicher Runde schaute. Die ganze Verlängerung sah ich im Inneren eines Lokals, das die Übertragung nach außen beamte - ich befand mich also hinter der Leinwand, das Match war seitenverkehrt und das Bild hyperrealistisch. Deutschland war sehr gut. Italien aber schien fast unbezwingbar, und ein Trainer, der Del Piero einwechseln kann, hat eben mehr zuzulegen als ein Klinsmann, der Neuville bringt. Die deutsche Elf ist keine Zweiundzwanzig. Diese Dichte muß die Liga erst wieder schaffen, die sich nun vor der Aufgabe sieht, diese WM zu deuten und nicht einfach zu den Akten zu legen.

Montag, Juli 03, 2006

WM Talk

Falko Götz war gestern in der Premiere-Wortspendenrunde. Mich würde wirklich interessieren, wer sein Medienberater ist. Der Coach von Hertha BSC sprach, als wäre er ein Politiker. Alles, was er zum Besten gab, war so unverbindlich affirmativ und allgemein, daß er manchmal klang wie Horst Köhler. Natürlich sind schon die Fragen der Moderatorin so gestellt, daß eine interessante Antwort wie ein Wortbruch klingen würde. Aber ein Minimum an Persönlichkeit oder eine Andeutung, daß Coach Götz sich die WM auch als Professional ansieht und nicht einfach als Musterpatriot und Kulissenklinsmann, hätten nicht geschadet. Ingesamt ist nicht zu übersehen, daß die Professionalisierung durch Team Klinsmann in den deutschen Talk-Runden schon wieder zerfaselt wird. Damit einher geht eine öde Fernsehberichterstattung, die schon am Tag nach den Spielen alles auf die wenigen Szenen reduziert hat, auf die sich unsere Erinnerung beschränken soll. Die endlosen Stunden der Vorberichterstattung werden nicht für Analyse und Bilderstudium genutzt, sondern für Repetition und Bildereinbläuung. Die WM ist okay, aber ich bin froh, wenn die Liga wieder losgeht.

Sonntag, Juli 02, 2006

Viertelfinale 4


Zum ersten Mal seit dem nun schon lange zurückliegenden Vorrundenmatch zwischen der Elfenbeinküste und Argentinien herrschte richtig Begeisterung bei uns daheim, als gestern Frankreich sich gegen Brasilien durchsetzte. Die Zuneigung zu den Bleus rührt von 1998 her, als ich noch in Wien war und im Lauf des Turniers in deren Lager wechselte, während zum Finale die meisten Freunde noch zu Brasilien hielten. Vieira und Zidane spielten gestern wieder toll. Sie hatten auch die Räume dazu, weil Brasilien so agierte, wie Real Madrid und Juventus Turin in der Champion's League gegen Arsenal verloren - sinnlos souverän auf der eigenen Zeitrechnung beharrend, die Zeichen der Zeit nicht lesend, zum Abdanken bestimmt. Zu langsam. Daß Henry den Treffer machte, war der Gupf (das Häubchen) auf einem tollen Spiel, an dem nur die Auswechslung des Torschützen fünf Minuten vor Ende für Verwunderung sorgte. Wäre das Match in die Verlängerung gegangen, hätten wir diese Integrationsfigur doch lieber noch dabei gehabt, und wenn Raymond Domenech hinterher behauptet hätte, er wäre sich da schon sicher gewesen, dann war er der Einzige. Es ging gut, wir wollen Frankreich im Finale sehen, und ich will sie auch als Weltmeister! Wir, das waren gestern Simon, A. und ich. Das schreibe ich deswegen so genau, damit mir hier niemand einen Majestäts- oder Feuilletonplural unterstellt. Am Dienstag gehen wir durch das Brandenburger Tor auf die Fanmeile. 1989 nachholen.

Viertelfinale 3

Lampard, Gerrard, Carragher: drei weitere Namen in der langen Liste englischer Versager beim Elfmeterschießen. 120 Minuten haben sie gegen die ohne Deco völlig uninteressanten Portugiesen das 0:0 gehalten, davon sechzig Minuten mit zehn Mann, weil Rooney sich einen Platzverweis holte. Dann kamen die Penaltys, und England nahm sie als verdiente Strafe. Vielleicht müßten sie einfach nur ein anderes Wort finden, ein weniger zweischneidiges, ein neutrales wie "Elfmeter". Zum Penalty treten sie mit der Ambivalenz dessen an, der denkt: Gleich trifft's mich. Ist aber auch egal. England hat seine ganze WM auf die Karte Wayne Rooney gesetzt. Coach Eriksson hatte keinen zweiten Plan, der erste hätte gestern gut und gern funktionieren können, wenn Rooney nicht Carvalho ins Gemächt getreten hätte wie ein ausschlagender Hengst (also blindlings und auch ein wenig blindwütig nach einem demütigenden, langwierigen, nutzlosen Gerangelzweikampf in der eigenen Hälfte!). Die rote Karte fand ich hart, die Engländer haben sich bemüht, die Portugiesen kamen durch einen verwerteten Strafstoß von Christiano Ronaldo weiter - ich hoffe dringend, daß sie im Halbfinale ihre Meister finden.

Samstag, Juli 01, 2006

Viertelfinale 1 + 2








"Wenn das geht, dann geht alles", sagte Marcel Reif vor dem Elfmeterschießen, bei dem sich Deutschland gestern gegen Argentinien durchsetzte. Kahn war zu Lehmann gekommen, um ihm guten Mut zuzusprechen. Es war Lehmann anzusehen, daß er selbst diese Unterstützung nicht gebraucht hätte - für die Nation war es aber die Szene des Tages. Ich hatte keine Präferenz bei diesem Spiel. Argentinien gefällt mir seiner minimalistischen Brillanz wegen. Die Nonchalance, mit der Riquelme und Maxi Rodriguez den Ball über den Platz schleppen, ist großartig. Aber dieses System ist natürlich auch latent entropisch, und so sind die Argentinier (wie ihre kleinen Brüder, die Spanier) verdient ausgeschieden. Sie wurden auch das Opfer eines Trainertyps, mit dem wir es so oft zu tun haben: der erratische olympische Einsame Pekerman nahm Riquelme aus dem Spiel, als dieses potentiell noch 50 Minuten dauerte. Und er brachte Cruz, wo vielleicht Messi schon seines Charismas wegen dem Anlaß eher gerecht geworden wäre. All das kam den Deutschen entgegen, die während des Spiels überwiegend die Rolle des Herausforderers einnahmen. Erst bei den Elfmetern traten sie wie die Favoriten auf: Neuville. Ballack. Podolski. Borowski. Wer wäre eigentlich der fünfte Schütze gewesen? Die "Arnalyse" macht dieses Mal schon mehr Spaß: Der Kapitän von Hertha BSC hatte vor allem gegen Tevez gut zu tun. Seine Kampfhaltung (tief in die Knie gehend, Arme bereit zum Umgriff, sich also so flächig wie möglich machend) macht ihn abgreifbar für den "Eisenbahner" (zweimal bekam er den Ball auch wirklich durch die Beine gespielt). Aber er ließ sich nicht schwindlig spielen, und brachte auch mehr Pässe an den Mann, mit einem Wort: er kam ins Spiel, und fremdelt kaum mehr. Gegen Italien gelten meine Sympathien den Deutschen, und im Finale wartet dann Frankreich.

Mittwoch, Juni 28, 2006

Achtelfinale 4

Zwei Spiele, die unterschiedlicher nicht sein hätten können: Brasilien gegen Ghana ein einseitiges 3:0, Frankreich gegen Spanien ein 3:1 auf Messers Schneide. Es gab aber eine interessante Gemeinsamkeit: Brasilien und Frankreich nutzten jeweils einmal geschickt das passive Abseits, um einen Kollegen, der noch nicht hinter der Verteidigung stand, loszuschicken. Ronaldo und Ribery ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen. Brasilien nutzte danach auch einmal das aktive Abseits, weil es der Linienrichter übersah. Das passive Abseits stellt die Verteidiger vor ein Problem wie ein Konter in Überzahl - sie haben zu viele Optionen, um sich in der gebotenen Kürze gemeinsam auf die richtigen zu verständigen. Wer noch mitgekriegt hat, wie der vier Minuten vor dem Ende schon ausgewechselte Thierry Henry nach dem Abpfiff den ungeliebten Coach Prof. Domenech geherzt hat, wird den Franzosen jetzt einiges zutrauen - sie spielen sicher nicht gegen ihren Trainer, und sie werden nicht so weit aufrücken, wie Ghana gegen Brasilien es tat. Sie schicken nur gelegentlich Vieira in die Spitze.
Dieter Hoeneß ist mit seiner Prognose eines spanischen Titelgewinns früh widerlegt worden. Er ist nicht nur auf Vereinsebene manchmal ein wenig blauäugig.

Dienstag, Juni 27, 2006

Achtelfinale 3


Die Italiener waren noch am Jubeln, da kam schon die erste Schiedsrichterbeleidigung per SMS: In letzter Minute hatte Totti die Squadra Azzura durch einen dubiosen Elfmeter mit 1:0 über die Australier hinweggebracht. Im Viertelfinale wird Italien auf die Ukraine treffen, die sich im Elfmeterschießen nach 120 Minuten gegen die Schweiz ("Flop Schwyz!") durchsetzte. Angesichts der vier Mannschaften, die heute antreten (Brasilien, Ghana, Frankreich, Spanien), müssen wir über die vier Mannschaften, die gestern dran waren, nicht mehr viel sagen: mit Italien hat sich der programmgemäße Favorit durchgesetzt, ohne in irgendeiner Weise zu begeistern. Sie sind halt da, weil sich eine große Fußballnation nicht einfach von heute auf morgen in Luft auflösen kann. Als kleiner Junge bin ich einfach den vielen Vokalen in den italienischen Namen verfallen: Sandro Mazzola. Boninsegna. Gigi Riva. Das war einmal, und kommt nicht wieder.

Montag, Juni 26, 2006

Achtelfinale 2

Sehr entspannter Nachmittag gestern. David und Simon waren da, ein Deutschland-Schweißband gab es als Gastgeschenk (habe es zwei Minuten probeweise getragen, und jetzt zum Fenster hinausgehängt).
England hat uns nicht gefallen, wird sich aber vermutlich steigern. Das 1:0 gegen Ecuador war lupenrein erikssonistischer Minimalismus. Der "Guardian" schrieb von einem "ugly win". Die Portugiesen, die sich in einem miesen Match gegen die indiskutabel aufgestellten und disponierten Niederländer durchgesetzt haben, werden im Achtelfinale ein unangenehmer Gegner sein, hoffentlich aber eliminiert werden. Boulahrouz hat mit seinem Tritt gegen Ronaldo die Devise ausgegeben, danach war es ein revanchistisches Hin und Her, bei dem der Referee mit dem Gleichmut eines Scheidungsrichters agierte. Das 1:0 durch Maniche in der ersten Halbzeit reichte für den Sieg. Das Achtelfinale 2 unterstreicht mit seinem unangenehmen Beigeschmack den romantischen Sonderweg, den Deutschland bei diesem Turnier gewählt hat.

Sonntag, Juni 25, 2006

Achtelfinale 1


Die ersten beiden Begegnungen sind weitgehend nach Plan verlaufen. Deutschland schlägt Schweden nach 15 Minuten mit 2:0. Argentinien schlägt Mexiko nach 120 Minuten mit 2:1. Der Siegestreffer von Maxi Rodriguez war spektakulär selbst bei einer WM der Distanzschüsse. Überraschend die Dynamik des deutschen Spiels zu Beginn, komplementär überraschend die Bequemlichkeit der argentinischen Spielanlage. Die von unserer Seite zu leistende spezielle "Arnalyse" ist nicht schwierig: Der Kapitän von Hertha BSC benimmt sich in der deutschen Mannschaft nach wie vor wie ein Geduldeter, er drängt sich nicht auf, versieht aber seine Aufgabe im engeren Sinn akzeptabel. Was er kann, zeigt er nicht, weil er gerade nicht weiß, was er kann. Muß eine mentale Sache sein, bleibt letzlich unerklärlich. Der famose Schneider vor ihm ist ihm aber wahrscheinlich einfach zu quicklebendig, als daß Friedrich sich mit ihm in ein Kombinationsspiel begeben würde - so etwas kennt er von der Hertha nicht, weil auch dort die linke Seite besser läuft. Argentinien hat dann am Abend versucht, die Mexikaner mit körperlosem Kombinationsspiel hinter sich zu lassen. Das geht natürlich nicht, wenn der Gegner etwas anderes vorhat. Hat aber am Ende doch geklappt, und enthielt ein, zwei vertikale Pässe, über denen die deutsche Innenverteidigung diese Woche brüten wird wie über einem Koan - einem Zen-Rätsel.

Samstag, Juni 24, 2006

Dritte gelbe Karte




Ein kleiner Comic-Strip mit Graham Poll und zwei Spielern von Hertha BSC. Josip Simunic ist am Donnerstag nach der dritten gelben Karte im Spiel gegen Australien gewissermaßen individuell aus dem Turnier ausgeschieden. Kroatien ist seinen hochfliegenden Ambitionen nicht gerecht geworden - den eitlen Coach Zlatko Kranjcar, weiland ein eleganter Spieler bei Rapid Wien, werde ich sicher nicht vermissen, und Jo Simunic soll froh sein, daß er bei der Hertha schon verlängert hat. Sonst bekäme er jetzt vielleicht auch noch ein Angebot von Red Bull Salzburg, um dort mit Thomas Linke eine Innenverteidigung zu bilden. Die Vorrunde ist vorbei, jetzt warten geschätzte zwölf Klassiker, vielleicht sogar dreizehn (wenn die Australier den Italienern ordentlich Probleme bereiten) oder vierzehn (wenn die Schweiz und die Ukraine sich in einen Rausch spielen und Johann Djourou, der vermutlich Senderos ersetzen muß, sich als das große Talent beweisen kann, als das ihn die englische Presse schon sieht). Die englischen Journalisten haben recht einstimmig Riquelme zum Mann des bisherigen Turniers gekürt, und Fernando Torres zur größten Entdeckung. Klose kannten sie vielleicht schon. Was die deutsche Mannschaft wert ist, könnte sich kommenden Freitag erweisen, wenn Argentinien in Berlin auf sie wartet - diesen Klassikaner will niemand missen, deswegen wird außer vielen Schweden heute niemand für die Schweden sein. England zermürbt sich mit diversen Seifenopern im Trainingslager, verfügt aber über kein System. Zum mutmaßlichen Klassiker Brasilien-Ghana hat der übereifrige, übereitle Dr. Markus Merk aus DDr. Deutschland seinen Senf dazu gegeben, indem er Essien schon in der vierten Minute des Spiels gegen die USA verwarnt und damit aus dem Verkehr gezogen hat (obacht, Verschwörungstheoretiker: die FIFA denkt immer ein Spiel weiter als wir). Zum nominellen Klassiker Frankreich-Spanien haben die Franzosen gestern dem Selectionneur Domenech ein Rätsel aufgegeben, indem sie ohne Zidane viel besser gespielt haben als mit ihm. Togo könnte in vier Jahren noch einmal eine Rolle spielen, die meisten Spieler sind unter 25, der lange Adebayor ist gerade einmal 22 Jahre alt. Portugal habe ich in der Vorrunde praktisch nicht gesehen. Die Niederlande sind eine ungewisse Größe. Arne Friedrich muß heute seine "Ball-Phobie" (SZ) ablegen. Jetzt geht's los.

Donnerstag, Juni 22, 2006

Eviva Espagna!










Gestern war ich, weil es nicht weit von uns ist, zum ersten Mal an einem Ort, an dem Public Viewing stattfindet. Im Lido ganz hinten in Kreuzberg haben 11 Freunde ihre WM-Quartier. Zum Spiel zwischen Argentinien und den Niederlanden war Dieter Hoeneß geladen (im Bild der Parkplatz, den die Jungs ihm eine Dreiviertelstunde lang freihielten), das interessierte mich natürlich auch. Viel kam nicht heraus, das Gespräch war der Verspätung des Hertha-Managers wegen kurz. Immerhin hat er seinen WM-Favoriten genannt: Dieter Hoeneß tippt auf Spanien. Dazu, in Abwandlung der argentinischen Fanparole, die Devise: "Vamos, Espagna, carajo!"

Mittwoch, Juni 21, 2006

System Klinsmann


Für die deutsche Nationalmannschaft konnte ich mich nie so richtig erwärmen. Da bin ich als Österreicher wohl ein wenig negativ konditioniert, denn ich sehe den Engländern viele Spiele nach, deren Qualität ich bei den Deutschen verhöhnt hätte. Bei dieser WM passiert aber etwas, was vielleicht auf die Liga zurückwirken wird: Das System Klinsmann beruht auf einem extrem analytischen Zugang zum Spiel. Die Trainer werden dadurch auch ein wenig zu Volkspädagogen. Das lange Interview von Jogi Löw vorgestern in der Süddeutschen war ein tolles Exempel dafür, wie in Deutschland sonst über Fußball nicht gesprochen und geschrieben wird - nicht von den Kommentatoren, nicht von den Experten (auch das ändert sich allmählich, dank Daum und Klopp), nicht von Clubtrainern (außer wenn sie als "Experten" sprechen), nicht von den Fans. Inzwischen gibt Miroslav "Mirek" Klose in Interviews schon detaillierte Analysen zum Spielstil von Cannavaro - der Trainerstab sucht sich also die intellektuellen Spieler aus, die dazu passen. (Klose neulich auf die Frage, welcher Humor ihm liegt: "Wenn es ein wenig überraschend kommt. Wenn man ein wenig darüber grübeln kann, was gemeint ist.") Die Bundesrepublik ist ein Staat, der von Reflexionsschüben abhing. Jetzt, wo sie in der Politik schon lange ausbleiben, hat einer wenigstens den Fußball erreicht. Das ist schon einmal nicht schlecht, meine Präferenzen bei dieser WM werden mir aber weiterhin vom Stammhirn diktiert. Am Samstag spielt aller Voraussicht nach "uns' Arne" gegen Freddie Ljungberg - ein Duell, bei dem der Kapitän der Hertha zum ersten Mal internationale Klasse beweisen muß.

Donnerstag, Juni 15, 2006

Arne Friedrich


Falko Götz wird sich hoffentlich sein Teil denken, wenn er beobachtet, wie sich Arne Fiedrich verzagt durch die WM quält. Der "Führungsspieler" von Hertha BSC ist in Klinsmanns Team das schwächste Glied. Das hat sich eine halbe Saison lang angekündigt, und Coach Götz hat dazu nicht wenig beigetragen. Das System der Hertha war in diesem Jahr halbseitig gelähmt. Seit Thorben Marx verstoßen wurde, teilten sich der unproduktive Cairo und der zur Mitte strebende Boateng die Aufgaben auf der rechten Seite. Keiner wurde für Friedrich jemals ein richtiger Partner, und irgendwann hat er die Frustration darüber auch öffentlich angedeutet. Dann kamen Finanz- und sonstige Krisen, und der Kapitän mußte das alles brav und loyal durchstehen. Sein Kopfballspiel war die ganze Saison hindurch mäßig, sein Stellungsspiel war auch schon besser, und obwohl er angeblich konsequent die Sonderübungen für die Nationalfitness gemacht hat, haben wir ihn in den Jahren davor spritziger und energischer gesehen als heuer. Da kommt also viel zusammen, und nicht alles wird die Öffentlichkeit wissen. Daß die Hertha ihren Kapitän so ans Nationalteam überstellt hat, wie er dort auftritt, wirkt aber auf den Club zurück, und sollte bei den konzeptuellen Überlegungen für das kommende Jahr jetzt schon eine Rolle spielen. Bei der WM ist für Friedrich noch nicht alles verloren: Das bißchen Bart, das er trägt, werden die Witze über ihn auch bald haben.