Dienstag, Februar 28, 2006

Madlung

Dritte rote Karte in drei Wochen: Einer hat immer das Bummerl, wie es in Österreich heißt. Das Bummerl, das ist der Preis, den keiner haben will. Unser Verteidiger Madlung hatte nach der 1:2-Niederlage in Duisburg das Bummerl. Zuerst hat Thorben Marx ihn als unklug bezeichnet, weil er die Notbremse gezogen hat, später hat Coach Götz deutlich gemacht, daß Madlung nur erste Wahl ist, weil sonst niemand da ist. Er ist ein athletischer, aggressiver Innenverteidiger, der vorne immer wieder wichtige Kopfballtore macht, zur Spieleröffnung aber wenig beizutragen vermag, und bei der Abstimmung in der Viererkette nicht immer hellwach scheint. Er wirkt auf mich wie der ewige Ersatzspieler und Joker, wenn er Potential für die Entwicklung einer ganzen Mannschaft hätte, dann war es auf dem Feld bisher noch nicht zu sehen. Was Götz aber gesagt hat, fällt auf ihn selbst zurück: Denn wenn ihm etwas anzulasten ist, dann doch die unübersehbare Tatsache, daß sich die Jungen unter seine Ägide nicht entwickeln. Er lässt seinen Unmut darüber manchmal an ihnen persönlich aus, man kriegt aber nie mit, dass er eine Idee hat, auf wen er künftig eine Mannschaft bauen will: Friedrich und Bastürk, die ja, die kritisiert er auch nie öffentlich, nicht einmal den öden Cairo. Er nörgelt an Marx und Rafael, an Madlung und Salihovic herum, schickt den designierten Innenverteidiger Samba auf allen möglichen Positionen in die Spiele, verheizt Dejagah und Sverkos in stumpfen Taktiken und hält eine schützende Hand über dem patzigen Okoronkwo, weil Hoeneß dem jungen Nigerianer das Etikett Supertalent angeheftet hat. Mit einem Wort: Götz verhält sich unfair und unkonstruktiv nach unten, und willfährig gegenüber der Geschäftsführung. Sympathisch ist mir das nicht, und ich lerne langsam, seine gute Rhetorik als Bemäntelung seiner konzeptionellen Planlosigkeit zu verstehen. Madlung ist ein Verteidiger im Mittelmaß der Bundesliga, er berechtigt zu keinen grossen Hoffnungen, aber er geht immer wieder hinaus auf den Platz und sieht einmal, was sich ergibt. Häufig ist das ein Bummerl. Damit steht er für die Hertha 2006.

Samstag, Februar 25, 2006

Schnauze










Die Hertha ist nicht nur umgekippt am Donnerstag, sie ist auf die Schnauze gefallen. 0-2 bei Rapid Bukarest, mit 0-3 aus zwei Spielen den Uefa-Cup im Sechzehntelfinale verlassen, und es ist sehr ungewiß, ob sie nächstes Jahr wieder mitmachen darf. Die Zeitungen sind heute voll mit Geschichten über Andreas Schmidt, den Veteranen der Hertha, der 1997 mit ihr in die Bundesliga aufstieg. Er spielt heute bei den Amateuren, in Bukarest mußte er wegen der großen Personalnot noch einmal bei den Profis mitarbeiten. Er hat sich wacker geschlagen, viele Zweikämpfe gesucht, nach vorn war er aber so wirkungslos, wie es Niko Kovac meistens ist. Sverkos und Okoronkwo im Sturm haben sich bemüht, waren aber beherrschbar. Die einzige Aktion, die nach Initiative aussah, ging von Kapitän Friedrich aus - sie endete mit einem Schuss von Sverkos an den oberen Lattenrand. In der zweiten Halbzeit machte Dick van Burik (der nicht ganz fit war) seine obligaten Stellungsfehler, einer führte zu einem Gegentor. Dann ließ Falko Götz wertvolle Minuten verstreichen, bevor er Cairo brachte (der nichts brachte, wie schon die ganze Saison). Dann nahm der Coach Marcelinho aus dem Spiel, was aussah wie eine neue öffentliche Stellungnahme zu dessen mäßiger Leistung, vielleicht aber anders gemeint war. Zwischendurch fiel der zweite Gegentreffer, danach war alles egal - der ganze Verein schien hinterher erleichtert, diesen lästigen Wettbewerb endlich los zu sein, und sich auf den MSV Duisburg am Sonntag konzentrieren zu können. Den haben wir schon im Herbst nur mit viel Dusel geschlagen, und damals hatten wir noch Nando Rafael, und auf der Position von Schmidt spielte Samba. Die Hertha entwickelt sich nicht, sie verwickelt sich allmählich in zu viele Widersprüche.

Donnerstag, Februar 23, 2006

Erstes Bein

Das "first leg" dieses Champion's-League-Frühlings ist gespielt. Ich habe mir am Dienstag natürlich Arsenal bei Real Madrid angesehen. Gestern waren Simon, Stefan und Michael da, um Chelsea-Barcelona zu beobachten. Die Übertragung am Dienstag hatte den Nachteil, dass Premiere nur den deutschen Kommentar von Kai Dittmann und Bernd Schuster anbot und wahlweise den spanischen Originalton. Ich musste also auf die englischen Kommentatoren verzichten, und bekam nicht mit, wie dort live die Leistung der heuer so volatilen "Gunners" im Bernabeu-Stadion beurteilt wurde. Schon vorher hatte ich eine Ahnung, daß Real ein guter Gegner in dieser Phase des Jahres sein könnte. Sie bevorzugen selbst das zweikampfärmere, technische Spiel, bei dem Arsenal sich dann als versierter erwies. Das 1:0 durch Henry war eine tolle Einzelleistung, es blieb auch das einzige Tor. Richtig begeistert war ich aber von Fabregas und Eboue, zwei ganz Jungen, die auf engstem Raum und in der "heat" sich so bewegen können, daß sie immer einen Paß spielen, der das Spiel beschleunigt. Fabregas ist der intelligenteste Zuspieler, den ich kenne, knapp gefolgt von Reyes, der auch bei Arsenal spielt, und einigen Superstars beim FC Barcelona (wo Arsène Wenger seinen katalanischen Jungstar herausgekauft hat). Mein Lieblingsteam hat den Galaktischen also das erste Bein auf dem Weg ins Viertelfinale gestellt - und vielleicht auch Henry neue Motivation gegeben, mit dieser "next generation" (Diaby, Walcott, Djourou, Eboue, Fabregas, ...) weiterzuarbeiten. Gestern gab es zum Glück englischen Kommentar bei der Premiere-Übertragung von Chelsea-Barcelona. Mehr als fünf Minuten von Tom Bartels mit Boris Becker an der Seite war nicht zu ertragen - der alternde Tenniscrack wetteifert derzeit in jeder Phrase mit Stefan Effenberg um den Strunz-Award für platinblonde Ranschmeisser. In drei Stunden spielt die Hertha in Bukarest - sie hat sich das erste Bein letzte Woche selbst gestellt, und muß nun sehen, ob sie auf das andere zu stehen kommt, oder ganz umkippt.

Dienstag, Februar 21, 2006

Krisensprints

Die B.Z. hat am Montag "Vollgastraining" bei Hertha BSC beobachtet - "jede Menge Liegestütze, Sprints". Nach modernen Methoden klingt das nicht. Vielleicht entdeckt das Team dabei aber die Brechstange, die es am Donnerstag gegen Bukarest braucht. Am Samstag kam ich ein wenig zu spät zum Spiel gegen Schalke 04 ins Stadion, weil mich die Berlinale noch beanspruchte. Das frühe Gegentor durch Asamoah entging mir also, nicht aber, daß sich durch die Hereinnahme eines zweiten Stürmers die ganze Spielanlage ein wenig normalisiert hatte: Sverkos wirkte integrierter, und Pantelic mühte sich redlich. Der Ausgleich durch Madlung war glücklich, die meisten Referees hätten den Luftkampf zwischen Rost und Kuranyi wahrscheinlich abgepfiffen, obwohl er sich ausserhalb des Fünfmeterraums und ohne massive Beteiligung eines Herthaners ereignete. Das zweite Gegentor hat mich dann immer noch nicht entmutigt, obwohl die Hertha die ganze zweite Halbzeit hindurch recht ungefährlich war. Schalke stand "kompakt", spielte viele Fouls, und wir müssen wohl froh sein, daß unsere elf Freunde nicht neuerlich schwer dezimiert wurden (Gilbertos gelbrote Karte ist nur Symptom seiner Verunsicherung nach einer bemerkenswerten Pechsträhne in dieser Saison). Falko Götz gibt auch in schwierigen Zeiten noch Interviews, in denen Aufmunterung und Analyse halbwegs im Gleichgewicht bleiben. Daß er einen anderen Weg aus der Krise kennt als das Donnerwetter (und die Liegestütze) vom Montag, glaube ich aber nicht. An dem Telefongewinnspiel in der Pause, bei dem eine Reise zum Uefacup-Rückspiel gegen Rapid Bukarest zu gewinnen war, habe ich im Olympiastadion am Samstag nicht teilgenommen (Gratulation in den Sektor 22!). Jetzt muß ich am Donnerstag zwischen den Telefongewinnspielen des DSF danach Ausschau halten, ob in Bukarest noch etwas geht.

Donnerstag, Februar 16, 2006

Rapider Verfall








Gestern ergab mein Berlinale-Tag, daß ich zwei rumänische Filme sah, bevor ich mich allein auf den Weg ins Olympiastadion machte. Mein Bruder, der Wiener, zu Besuch aus seiner Heimat, wollte kurzfristig dann doch nicht mit. Es war ja wirklich kein vielversprechender Abend. Ich war knapp davor, eine unverhältnismäßig teure Karte zu erstehen (27 Euro), als ein freundlicher Herr an mich herantrat und mir eine Ehrenkarte schenkte. Er hat mir auf diese Weise die Idiotensteuer erspart, die Besucher von Uefacup-Spielen der Hertha entrichten. Das Match gegen Rapid Bukarest war gruselig in allen seinen Facetten, und die Hertha hat neben dem Ergebnis (0:1) und den Konsequenzen (Boateng und Madlung mit roten Karten raus, Bastürk nach einer gelben Karte im Rückspiel in einer Woche gesperrt) auch noch den Spott zu tragen. Ich will nur einen Aspekt herausgreifen, der besonders wichtig war. Coach Götz hatte eine Überraschung in der Aufstellung. Er ließ nämlich Boateng auf der Kovac-Position vor der Abwehr spielen, ein Versuch, den ich unbedingt begrüße. Leider hatte Boateng einen sehr schlechten Tag. Er war für den Ballverlust verantwortlich, der den Gegentreffer einleitete, und er bekam die Rote Karte für ein zwar nicht schweres, aber doch unkonventionelles Foul. Er geht manchmal in Zweikämpfe, als wäre er ein Martial-Arts-Könner - wer schult seine Bewegungsabläufe? Er wirkt, als würde die Hertha ihn jetzt schon mit seinem tollen Talent allein lassen. Und Niko Kovac wird sich heimlich die Hände gerieben haben. Er war gestern in Sicherheit, und kann nun gegen Schalke wieder versuchen, den rapiden Verfall durch viele Quer- und Rückpässe zu verlangsamen.

Daumenlutscher


Ein spätes Tor von Luis "Thumbsucker" Garcia hat Liverpool am Dienstag einen 1:0-Heimsieg über Arsenal eingebracht. Jens Lehman hielt einen Elfer von Gerrard, der nicht schlecht geschossen war. Arsenal war nicht wirklich ebenbürtig, die Krise geht weiter, und Arsène Wenger tüftelt an Teillösungen: Den jungen Hoffnungsträger Diaby hat er schon wieder auf die Bank gesetzt, stattdessen setzt er weiter auf den schwachen "Führungsspieler" Gilberto Silva. Gestern hat Freddie Ljungberg in einem Interview dann ein wenig aus der Schule geplaudert: Arsenal hat kein Vertrauen zu seinem Paßspiel mehr, weil die Gegner mit hohen Bällen so viele Probleme schaffen. Die Mannschaft muß von hinten heraus neu aufgebaut werden, dabei wird es sicher helfen, wenn Ashley Cole endlich wieder spielt. Am kommenden Dienstag muß Arsenal zu Real Madrid. Ich hoffe, ich kann dann endlich Diaby einmal ausführlich sehen.

Donnerstag, Februar 09, 2006

Gefühlter Sieger








Das torlose Remis gegen die Bayern (an einem überraschend milden Regenabend vorgestern im Olympiastadion) hat viele Fans mit der Mannschaft versöhnt. Sie hat ordentlich gespielt, die Bayern haben keinen Druck entwickelt, das gab der Hertha einige gute Gelegenheiten. Einen möglichen Sieg hat Coach Götz hergegeben, als er nach einer schönen Drangphase in der zweiten Hälfte den einzigen Stürmer Sverkos auswechselte, und Pantelic für ihn brachte. Von oben sah es so aus, als hätte er besser den mäßigen Cairo ersetzt, und es für zwanzig Minuten doch einmal mit einem Sturm versucht. Aber im Zweifelsfall nimmt ein Trainer unter Druck lieber den Spatz in der Hand, das 0:0 als "gefühlter Sieger". Bastürk und Friedrich haben Verantwortung übernommen, und Sverkos hat sich gereckt und gestreckt, war aber sehr allein unter Bayern.

Montag, Februar 06, 2006

Generation Wenger

Mit einer der jüngsten Mannschaften hat Arsenal am Wochenende auswärts gegen Birmingham 2:0 gewonnen, unter tatkräftiger Mithilfe von Jens Lehmann im Tor zwar, aber schließlich doch ungefährdet. Die englische Presse schreibt von einer Andeutung der "nächsten Generation". Keine andere Evolution im Fußball interessiert mich so wie die des FC Arsenal unter Arsène Wenger, deswegen schreibe ich hier die Aufstellung vom Samstag nieder, in der Hoffnung, daß sie sich als Vorgriff auf bessere Zeiten erweist: Lehmann; Flamini, Djourou, Senderos, Larsson; Fabregas, Gilberto Silva, Diaby, Reyes (Hleb, 75); Henry, Adebayor. Substitutes not used: Almunia (gk), Pires, Bergkamp, Walcott. Zu beachten: Gilberto Silva ein Auslaufmodell; Flamini und Larsson auf ihren Positionen nur Notlösungen, weil die Defensive extreme Personalnot hat. Von besonderem Interesse: Djourou, Diaby.

Sonntag, Februar 05, 2006

Eigenkonter


Die alte Weisheit, daß ein Spiel neunzig Minuten dauert, wird von der Hertha beharrlich falsifiziert. Für sie dauert ein Spiel meistens dreißig Minuten, das reicht häufig für ein Tor. Danach läßt sie die Gegner einmal machen, und selten kriegt sie dann die Initiative noch einmal zurück. Am Samstag lieferte sie auswärts gegen Frankfurt eine lupenreine Vorstellung nach diesem Schema ab. Führung durch Boateng, allmähliches Aufkommen der Heimmannschaft, sukzessiver Verlust der eigenen Ordnung, Ausgleich, später noch eine Dummheit des ohnehin so limitierten Madlung, und am Ende sieht ein Punkt in der Fremde wie ein Erfolg aus. Das bißchen Pressing, das gespielt wurde, wurde bald durch Gesten der Unlust und harte Fouls entwertet. Coach Götz redet die Mannschaft schön, aber er bewegt sie nicht. Sie steckt in dem Schlamassel, in das sie sich selbst gebracht hat, als sie im Herbst im Uefacup-Heimspiel gegen den schwachen RC Lens auf ein torloses Unentschieden gespielt hat. Damals hat die Hertha den dünnen Faden, an dem sie sich durch diese Saison getastet hat, mutwillig abgerissen. Jetzt weiß sie gar nicht mehr, was sie soll. Nach oben ist alles verloren, nach unten rettet uns nur die Schwäche der Gegner. Einen internationalen Vergleich mit den besten Mannschaften (an diesem Wochenende haben Chelsea und Liverpool wieder einmal ein definitives Match gezeigt, das die Blues mit 2:0 gewonnen haben - Liverpool war 4-5-1 aufgestellt) will ich mir gar nicht vorstellen. Hertha ist eine zutiefst provinzielle Truppe geworden (sie war es immer, aber es wird schlimmer), bei der weder Manager noch Coach noch Spieler eine Ahnung davon erkennen lassen, wohin sich das Spiel insgesamt entwickelt. Nach dem Schlußpfiff in Frankfurt hat sich natürlich wieder Niko Kovac zu Wort gemeldet, und ein paar faule Weisheiten abgesondert.

Mittwoch, Februar 01, 2006

Stürmer gegen Stürmer













Die Schlagzeilen in den Berliner Gazetten können Manager Hoeneß heute nicht gefallen haben: Von "Chaos" bis "Wahnsinn" standen da die Begriffe zu lesen, die ich ungern mit meinem Lieblingsclub assoziiert sehe. Wieder hat die Hertha am letzten Tag des Transferfensters zugeschlagen. Von Mönchengladbach kommt Sverkos, während wir Nando Rafael dorthin schicken. Sverkos hat mich immer interessiert, ich bin auf jeden Fall gespannt, ihn spielen zu sehen. Das Potential von Wichniarek oder Pantelic hat er ziemlich sicher, aber hat er auch den siebten Sinn, den es braucht, um mit der Hertha voran zu kommen? Er ist jedenfall nur für eine Halbsaison geliehen, hat in Gladbach noch Vertrag bis 2009, er wird also im Sommer umso teurer sein, je mehr Tore er schießt. Nando dagegen ist weg, er wird den Durchbruch in der Fremde schaffen - oder auch nicht. Warum sieht die Hertha ein wenig doof aus bei diesem Geschäft, bei dem Sverkos (vierter Stürmer eines Mittelfeldclubs) gegen Nando Rafael (zweiter Stürmer eines internationalen Anwärters) getauscht wird? Weil schwer einzusehen ist, warum Coach Götz plötzlich die Geduld mit Rafael verliert, während er langmütig den vielen anderen Stagnanten in seinem Kader zusieht. Die Gründe dürften finanzieller Natur sein. Rafael wäre im Sommer zu verlängern oder ablöse frei gewesen. Nun hat die Hertha versucht, im Winter noch schnell einen Notgroschen zu lukrieren, wurde aber mit der Naturalie Sverkos abgefertigt. Wenn der Kredit verspielt ist, wird die Tauschökonomie wieder wichtig.