Montag, Februar 28, 2011

Talisman

Ein wenig zu früh haben die Spieler des Arsenal FC sich darauf gefreut, am Sonntag nach sechs Jahren endlich wieder einmal "Silberzeug" in die Höhe halten zu können. Sie waren die Favoriten für das Carling Cup-Finale 2011 gegen Birmingham City, bekamen das Match aber nie in den Griff und verloren am Ende nach einem sagenhaften "howler" (Bild) von Koscielny und Sczeszny mit 1:2.

Es hat sich gerächt, dass Arsène Wenger diesen zweiten englischen Cupbewerb immer als Nebensache abgetan hat, ihn in dieser Saison nun aber plötzlich zu einer wichtigen Sache erklärt hat, zum Sprungbrett für drei mögliche weitere Titel. Da hätte er sich doch besser an den Leuten beim deutschen BVB orientiert, die sich hartnäckig weigern, eine Favoritenrolle zu übernehmen, die sie dem Tabellenstand nach längst haben.

Es rührt an die tiefsten Geheimnisse des Fußballs, dass in einem Match nicht einfach zwei Mannschaften gegeneinander antreten, sondern zwei Rollen zu vergeben sind. Arsenal ist eigentlich an die Favoritenrolle gewöhnt, sie müssen sich schließlich Woche für Woche in der Premier League mit Team wie Birmingham auseinandersetzen, die bestens darauf eingestellt sind, einen der großen Clubs zu ärgern.

In einem Finale spitzt sich die Sache dann noch zu, aber es hatte schon auch ein Moment von Fatalität, wie Lee Bowyer nach wenigen Sekunden schon auf Sczeszny zulief - der Keeper hätte eigentlich streng genommen vom Platz gemusst, und Birmingham einen Elfmeter bekommen müssen (eine verschärfte Wiederholung des Lehmann-Dramas aus dem CL-Finale 2006), aber eine falsche Abseitsentscheidung verhinderte das. (Hätte Arsenal mit zehn Mann und bei 0:1 nach vier Minuten noch eine Chance gehabt? Ich glaube, ja, und für mein Gefühl hat das Schicksal sich gestern einen grausamen Spaß mit Sczeszny gemacht, der in der vorletzten Minute dann ja doch noch draufzahlte.)

Ohne den Talisman Fabregas ist Arsenal eine ganze Klasse schwächer, daran ist leider nicht zu rütteln, so sehr ich Nasri und Arshavin gern in die Verantwortung rufen würde. Nun steht ein FA-Cup-Spiel gegen Leyton Orient an, für das Wenger hoffentlich eine Zweit- bis Drittelf nominiert, denn Spieler wie Song, Clichy, auch Sagna wirken allmählich doch erschöpft vom dichten Terminkalender, und die aussichtsreichste Konkurrenz läuft ja noch zweieinhalb Monate: Arsenal ist der erste Verfolger von MeanU in der Premier League.

An Barcelona will ich gar nicht denken. Am Abend sah ich dann noch, wie Coach Babbel im Sportplatz des RBB darüber philosophierte, wie lange es dauert, einer Mannschaft wie Hertha die Gewinnermentalität beizubringen, die sich auch über Widerstand hinwegsetzt - jener Widerstand, der in Liga zwee manchmal einfach gar nicht da ist, der in England aber die erste Qualität des Systems ausmacht. Wer dort etwas gewinnen will, muss wirklich Gigantisches leisten. Der Carling Cup wäre da tatsächlich nur eine Abkürzung gewesen.

Samstag, Februar 26, 2011

Vergnügungsgelände

Wichtiger Sieg heute für Hertha: 5:0 bei Alemannia Aachen. Es war eines jener Spiele, die mir Liga zwee so schwer begreiflich machen: Schon wieder liefert sich ein Gegner wie zuletzt der KSC mit Horuck der offensiven Gefährlichkeit von Hertha aus. Die fünf Tore waren sehr attraktiv, gehören aber aus der Perspektive Aaachens alle in das Genre "schöner Tod".

Als Geschichte in der Geschichte hat mich natürlich der Auftritt von Shervin Radjabali-Radi interessiert, der im Winter von Hertha nach Aaachen ausgeliehen wurde, obwohl es auf der Position von Kobiashvili für meine Begriffe durchaus ein wenig Konkurrenz gebrauchen könnte (Schulz sehe ich dort nicht wirklich).

Bei Aaachen spielt Radjabali-Radi im Mittelfeld, in den Szenen, die er hatte, deutete er auf jeden Fall an, dass er zu Unrecht abgeschoben worden sein könnte - ich kann mich noch gut an seinen Auftritt in Riga gegen Ventspils erinnern vor etwas mehr als einem Jahr, das war das einzige Mal, dass Funkel ihm eine Chance gab, und sein Auftritt war eigentlich vielversprechend - trotzdem will Hertha ihm anscheinend keine richtige Chance geben.

Aaachen hat eine Kaufoption, er ist also, wenn er nicht vollständig stagniert, so gut wie weg. So richtig Einfluss konnte er auf das Spiel am Tivoli heute nicht nehmen, dazu ging Hertha zu schnell und zu einfach in Führung: Zuerst ging Ramos weit auf den rechten Flügel und schlug eigentlich eher auf Verdacht den Ball hoch zurück an den Elferpunkt, wo Lustenberger des Wegs kaum und mit einer technischen hochwertigen Direktabnahme das Netz fand, wie die Engländer gern sagen.

Das zweite Tor besorgte Ramos nach einer halben Stunden nach Ecke von Rukavytsya per Kopf, und schon drei Minuten später schloss Lasogga die schönste, allerdings auch bemerkenswert ungestörte Kombination des Tages souverän im Stile eines großen "Knipsers" ab.

Nach der Pause konnte Rukavytsya bei einem Konter das ganze Feld und die ganze Schrumpfdefensive von Aaachen überlaufen, bevor er kühl einschob. Und schließlich konnte sogar der sonst ja offensiv nicht so häufig auffällige Lell nach Kabinettstück von Patrick Ebert am rechten Flügel sich durchsetzen und Ramos eine mustergültige Vorlage in den Fünfmeterraum geben. Das sah alles sehr gut aus, aber auch ein wenig nach Trainingsspiel.

Und das alles ohne Raffael, der wegen einer Wadenverletzung pausieren musste, und ohne Ronny, der auf der Bank blieb. Der Tivoli zu Aachen erwies sich als Vergnügungsgelände für Hertha, das ist umso bemerkenswerter, als Alemannia im Hinspiel im Olympiastadion ja recht humorlos und geschickt die Spiellaune von Hertha erlahmen ließ.

Für den Moment bin ich also die kleine Unruhe los, die ich wegen der relativen Underperformance in der Rückrunde verspürt hatte. Nun zeichnet sich auch schon ein wenig der Frühling ab, das wird der Spielfreude allgemein gut tun, und damit den Aufstiegschancen für die offensiv doch phasenweise sehr erfreuliche Spitzenmannschaft von Liga zwee.

Was Shervin Radjabali-Fardi anlangt, so finde ich seine Personalie umso schwieriger zu verstehen, als nun auch Gerüchte kursieren, dass Sofian Chahed zurückkehren soll, mit dessen Grenzen wir doch eigentlich gut vertraut sind. Aber gut, das sind nicht alles nicht die Personalien, an denen sich die aktuelle Saison entscheidet.

Dienstag, Februar 22, 2011

Bisswunde

Gegen Energie Cottbus hat es am Montagabend im Olympiastadion nur zu einem 2:2 gelangt, das schon zur Pause erreicht worden war - die zweite Halbzeit lief dann langsam aus, vermutlich war es den Brasilianern zu kalt, es war jedenfalls kein erquickliches Spiel.

Dabei hatte es sehr gut begonnen, mit einem langen Sushi-Pass von Ronny hinter die Lausitzer Innenverteidigung, auf Andeutung von Lasogga, der dann auch dort war, wo er sich den Ball vorgestellt hatte - ein sehenswerter Führungstreffer, den Hertha aber nicht zu behaupten wusste.

Zweimal Durcheinander nach Eckbällen ergab einen Rückstand, den Hubnik kurz vor der Pause seinerseits nach einem ruhenden Ball und Durcheinander im Strafraum von Energie ausgleichen konnte. Das war es dann weitgehend, aus der zweiten Halbzeit ist vielleicht noch zu berichten, dass Keeper Aerts zunehmend dünnhäutiger auf nicht immer optimale Rückpässe reagierte, und Petersen hatte noch sehenswerte Schussgelegenheiten.

Die Hertha-Defensive hielt halbwegs, stabil ist sie sicher nicht. Das mag auch an Niemeyer liegen, aus dessen Zweikampfverhalten man schließen kann, dass er nicht hundertprozentig auf der Höhe ist. Eine Viertelstunde vor Schluss kam Lustenberger an seine Seite, aber auch das brachte nicht mehr Struktur.

Cottbus hatte gestern eindeutig die modernere Spielanlage, sie machten Hertha das Leben sehr schwer, indem sie das kleinteilige Passspiel viel besser anlegten als die dagegen dann in manchen Zweikampfsituationen übermotivierten Berliner (Ebert!). Cottbus hatte den Biss, aber auch die Technik, die Hertha gestern nicht fand - man muss mit dem Remis zufrieden sein unter diesen Umständen (immerhin ist Energie im Olympiastadion traditionell ein Angstgegner).

Was Babbel (der laut Berliner Tabloiden Derby einfach nicht kann) aber sicher auffallen wird, ist Folgendes: Hertha hat wie in der Hinrunde auch vier leichte Siege geschafft, hat aber in den beiden umkämpften Partien jeweils einen Grad schlechter abgeschnitten als im Herbst - gegen Union reichte es in der Försterei noch zu einem Remis, im Olympiastadion ging das Match verloren; gegen Cottbus gab es im Herbst einen hart erkämpften Sieg, nun reichte es nur zu einem Remis.

Aachen, wohin Hertha am Samstag fährt, brachte in der Hinrunde erst den ersten deutlich wahrnehmbaren Rückschlag mit einem tor- und freudlosen Remis vor heimischem Publikum; in der Rückrunde setzten die Rückschläge früher ein. Dominanz ist das nicht, was Hertha erkennen lässt, denn die cleveren Gegner, die kommen nun erst alle.

Donnerstag, Februar 17, 2011

Streckbank

Arsenal FC gegen FC Barcelona - ich denke, das Spiel hat gehalten, was viele auch neutrale Fans sich erhofft hatten. Interessant aber, dass es im Grunde eine Kopie der Demütigung für Arsenal vom letzten Jahr war, die dann aber doch in entscheidenden Details abwich. Zehn starke Minuten zu Beginn sorgten nicht für ein bisschen Sicherheit, das Foul von Song an Messi (zentrales Tackling von hinten, gelbe Karte) brachte die ganze erste Halbzeit früh aus dem Lot, und Barcelona spielte mit der Abseitslinie von Arsenal geradezu genüsslich das Nadelöhrspiel - irgendwo auf den 68 Metern, die das Feld im Emirates breit ist, tauchte immer jemand auf.

Eboué, Song, Clichy, anfangs auch Nasri waren nicht gleich auf der Höhe, und so konnte nicht nur Villa den Führungstreffer erzielen, Messi erhöhte auch auf 2:0 und stellte damit die Situation von vor einem Jahr her - doch da griff der Schiedsrichter ein, entschied auf Abseits und erhielt Arsenal am Leben. Aber nur gerade so. Wenn der auch keineswegs im gewohnten Maß kaltblütige van Persie nicht in der 78. die schwierigste seiner Chancen spektakulär verwertet hätte, wäre da wohl nicht mehr viel gegangen.

Aber Guardiola hatte da schon Keita für Villa gebracht gehabt, und das war dann doch eine etwas zu eindeutige Auswechslung, als dass Arsenal diese Superioritätserklärung hätte einfach so hinnehmen können. Sie fochten sie an, und kamen damit zweimal durch - auch deswegen, weil Arsenals Mittelfeld so polyvalent ist, dass Song nicht einszueins gegen Denilson ausgewechselt werden musste, sondern gegen Nasri, der schon drin war und links vorn Platz für Arshavin machte, der das 2:1 erzielte - nach Paradekonter und Pass von Nasri.

Dass Koscielny sich famos bewährte, dass Wilshere und Fabregas es mit Xavi und Iniesta aufnehmen können, dass Clichy, der das Abseits gegen Villa aufgehoben hatte, schließlich den Pass auf van Persie spielte, das alles trug dazu bei, dass Arsenal nun in drei Wochen noch eine Chance hat, die eigentlich auch gestern schon wieder weg war. Aber irgendwie sind sie runtergestiegen von der Streckbank, die der FC Barcelona aus dem Emirates gemacht hatte.

Für das Rückspiel ist nun vieles möglich, ist halte ein Remis mit zahlreichen Toren (2:2) für denkbar - und damit wäre der FC Arsenal eine Runde weiter. Favorit bleibt aber der RC Barcelona, der auch gestern in vielen Phasen wieder furchterregend war.

Einen Gruß auch an "Sky", wo sie es wieder einmal geschafft haben, aus einem Weltmatch eine Provinzposse zu machen, mit Felix Magath (!), der bekanntlich gern freimütige und ausführliche Gegneranalysen von sich gibt - ich bin sicher, im internationalen Signal hätte es jede Menge Interviews mit Leuten gegeben, die am Match beteiligt waren, wir aber sahen den Selbstquälix und Thomas Hitzelsberger, gegen den ich nichts habe, solange ich auch Fabregas, van Persie, Guardiola, Wilshere sehe. Vom Niveau der Analyse will ich nicht reden, da ist Arsenal jetzt leider auf Jahrzehnte durch Jens Lehmann verbaut, der mit verklärtem Blick immer nur davon sprechen wird, dass er auch einmal dabei war bei einem Spiel, das Arsenal und Barcelona nun doch ganz schön vorangebracht haben seit dem Finale von 2006, das Lehmann so abrupt verlassen musste.

Montag, Februar 14, 2011

Wildpark

Eine Menge ist passiert, ich gehe es einfach der Reihe nach durch. Die "Blamage für's Leben", das 1:2 gegen Union im Derby vor ausverkauftem Olympiastadion, habe ich in einem Stream in Frankreich bis zur 60. Minute gesehen und war angesichts der indifferenten Hertha-Leistung danach nicht weiter geneigt, A. noch länger hinzuhalten, die da schon andere Pläne hatte.

Ich habe es dann die ganze Woche nicht geschafft, das Spiel nachzuholen, und so wird dieses für viele Hertha-Fans größte Match der Saison für mich eine teilweise Leerstelle bleiben. Ich setze mich damit einem Verdacht aus, mit dem auch Coach Babbel in Ansätzen schon konfrontiert wurde: mangelndes Verständnis für Tradition usw. Und ich gebe gern zu, dass mich ein Berliner Derby nicht besonders aufregt - ich weiß, das widerspricht den elementaren Gesetzen des Fußballs.

Die Rehabilitierung glückte dann ja gestern im Wildpark zu Karlsruhe durchaus glanzvoll: 6:2 durch drei Tore von Raffael, zwei von Ramos und eins von Ronny - das ganze lateinamerikanische magische Kreisel, zu dem mit Patrick Ebert ein neuerdings wieder obercooler Berliner Jung hinzustieß, gab sich spätabends bei der Ankunft auf dem Flughafen TXL auch gelöst und gut bei der Sache (ich selber war nicht dort, aber der RBB).

Jedes dieser Tore steigert die Identifikation, und wer möchte nicht Ramos und Raffael eine Liga höher noch einmal gemeinsam angreifen sehen? Das Spiel hatte so seine Untiefen, die ganze erste Halbzeit war verkorkst, und es wird eine schöne Aufgabe für die Video-Analysten von Hertha (so es denn welche gibt), herauszuarbeiten, wie es sein konnte, dass Babbel zwar Niemeyer und Lustenberger gemeinsam aufbot, damit aber zwanzig Minuten lang null Dominanz im Mittelfeld entstand.

Dann musste Neumann verletzt hinaus, und mit Ronny wurde die Formation wieder orthodoxer. Ein Freistoßtreffer ergab trotzdem einen Pausenrückstand, der dann aber sehenswert wettgemacht werden konnte. Das erste Tor durch Raffael war glücklich, so ein Lauf durch das ganze Zentrum dürfte normalerweise nicht stattfinden, aber der KSC arbeitete da schon an einer selten konfusen Defensivgesamtleistung. Toll dann der zweite Treffer: Ramos bekommt am eigenen Strafraum den Ball, zieht los, legt knapp vor der Mittellinie nach rechts auf den gerade eingewechselten Patrick Ebert, der geht auf das Tor (könnte übrigens selber abschließen, entscheidet sich aber anders), legt quer zu Raffael, der lässt sich so etwas nicht entgehen. Er war mit einem Unterschenkel im Abseits, man kann ihm aber immerhin zugutehalten, dass seine knappe Verzögerung vor dem Pass (das Zeichen für einen Klassemann) den Linienrichter in die Irre geführt haben könnte.

Mein Lieblingstreffer war der dritte, der von Lasogga ausging, wieder am eigenen Sechzehner, der Junge zieht los, spielt auf Ebert, der links postiert ist und zu dem vorbeiziehenden Lasogga wieder durchsteckt, der geht nach innen und spielt klug nach rechts zu Raffael, für den die Sache wiederum nur eine der Professionalität ist. Das Tor gehört einzig und allein dem Zug zum Tor von Lasogga, der an diesem Tag sehenswert vorbereitete und insgesamt auch ohne eigenen Treffer eine gute Offensivformation mitprägte.

Dass Hertha in Liga zwee insgesamt eine unrund strukturierte Mannschaft ist, war gestern deutlicher denn je: sie ist einfach hinten viel schwächer besetzt als vorn, die Siege sind deswegen zwar nicht selten emphatisch, aber selten souverän. Und nun lese ich gerade, dass Lucien Favre vielleicht vor einem Comeback in der Bundesliga steht, in Gladbach - der Mann, der in Karlsruhe eine seiner größten Niederlagen hatte hinnehmen müssen, lang ist's her. Für Hertha hat er sich nicht auf längere Frist als der Modernisierer erwiesen, als den ich ihn auch gern gesehen hätte - dazu war er zu unflexibel und letztendlich kein guter Personalmanager.

Auf jeden Fall wäre das ein "Derby", das ich mir nächstes Jahr wünschen würde: Hertha BSC gegen Borussia Mönchengladbach unter Favre im Olympiastadion. In Liga eins.

Freitag, Februar 04, 2011

Europaleague

Die Premier League in England hat die größten TV-Einnahmen der Welt. Das hat damit zu tun, dass sie in vielerlei Hinsicht früh dran war, und dass die Bedingungen für das Bezahlfernsehen auf der Insel andere sind als in Deutschland, wo es eine starke Tradition des freien Empfangs gibt. Nun aber ist ein Gerichtsverfahren anhängig, dessen Ergebnis von allergrößtem Interesse für Fans und Medien ist. Karen Murphy, die in Portsmouth ein Pub betreibt, hat auf das Recht geklagt, in ihrem Wirtshaus nicht das sehr teure englische Sky abonnieren zu müssen, sondern das billigere griechische Programm, in dem die Premier League auch läuft, und sogar - wie in Deutschland ja auch - mit englischem Originalkommentar.

Der Europäische Gerichtshof hat jetzt verlauten lassen, dass in dem zu erwartenden Spruch tatsächlich die Freiheit des Warenverkehrs (in diesem Fall für Decoderkarten und Satellitensignale) wichtiger sein könnte als die geschützten nationalen Märkte der Bezahlsender. Ich könnte diesem Urteil entsprechend also bald Sky Italia abonnieren, um endlich auch wieder spanischen und italienischen Fußball zu sehen, den Sky Deutschland uns ja seit einigen Jahren vorenthält, es könnte dann aber sein, dass Sky Deutschland, das immerhin auch überträgt, wenn Hertha im Pokal nach Oberpfullendorf muss, nicht mehr weitermachen kann.

Noch ist nichts fix, aber wenn man die Sache in Ruhe durchdenkt, dann fällt auf, dass es gar nicht so leicht ist, in dieser Angelegenheit das Interesse von Fans zu definieren. Denn nur die überteuerten Paketdeals, die zwischen den Ligen und den Broadcastern und später zwischen den Anbietern und den Kunden abgeschlossen werden, schaffen ja erst jene Spielräume des Lizitierens, die dazu führen, dass viel mehr Geld an die Vereine fließt, als wenn sie sich einzeln und direkt über das Internet vermarkten würden - wozu die Technologie schon reicht, aber noch sind bei weitem nicht alle Haushalte auf einem Stand.

Derzeit bekommt die Premier League von Sky in England eine Menge Geld, und dann holt sie sich noch einmal extra Einkünfte aus all den Territorien, die die DFL sich gerade erst langsam erschließt bzw. wo diese gerade erst mühsam ihren Marktwert zu erhöhen sucht. In Hinkunft müsste sie vielleicht entweder die Rechte auf europäischer Ebene ausschreiben (kleine Geschäftsidee: schon einmal einen digitalen europaweiten Sportkanal gründen, der nicht Eurosport heißt), mit dem absehbaren Ergebnis, dass außer Sky es keinen Bieter geben würde, der das stemmen kann - und dagegen würde dann wieder die Wettbewerbsbehörde der EU angehen, die Monopole nicht mag.

Ich fürchte, dass die momentane Situation, so unbefriedigend sie ist, die einzige ist, die so viel extra Geld erwirtschaftet (aus unseren Taschen), dass davon hochkompetitive, zentral vermarktete Ligen wie die englische und (auf einem niedrigeren Niveau) auch die deutsche gut leben können. Das negative Beispiel ist Spanien, wo hinter dem zweifellos auch exzellent arbeitenden FC Barcelona gerade noch Real Madrid halbwegs mithalten kann - ein Spiel- und Übertragungsplan, der auf Sparringmatches und zwei, drei Clasicos pro Jahr hinausläuft, ist auch nicht in unserem Sinn.

Ich fahre am Wochenende nach Frankreich, um A. zu besuchen - das Derby zwischen Hertha und Union werde ich deswegen nur nachträglich auf Hertha-Fernsehen sehen können, das von allen mir bekannten digitalen Club-Angeboten leider eines der armseligsten ist, mit dem zusätzliche Nachteil, dass das Angebot nur national zu sehen ist - auch ein wenig widersinnig, denn gerade wenn ich im Ausland und von den hiesigen Übertragungen abgeschnitten bin, würde ich das doch gern via Stream nachholen können. Ich komme aber schon am Montag wieder, am Samstag werde ich mir wohl mit einem Angebot aus den Grauzonen des Netzes zu behelfen versuchen.