Sonntag, Januar 30, 2011

Familienbetrieb

Wie schon in der Hinrunde hat Hertha auch im zweiten Durchgang das Maximum an Punkten aus den ersten drei Spielen geholt. Man kann also mit gelassenem Optimismus in das Derby gegen Union gehen, zumal der Vorsprung aufgrund säumiger Konkurrenten inzwischen schon ganz interessant ist.

Das 3:1 gegen Bielefeld besorgten die Brüder Ronny und Raffael im Verbund mit einer insgesamt gut disponierten Mannschaft. Beide Treffer vor der Pause gingen auf frühe Balleroberungen zurück, zuerst setzte Ronny sich durch, dann lies Ramos sich in aussichtsreicher Position nicht ganz aus dem Gleichgewicht bringen, brachte den Ball noch zu Raffael, der mit einem Flachschuss abschloss.

Bielefeld ist aber auch sehr eindeutig das schwächste Team dieser Liga, der bedauernswerte Christian Müller kann daran auch nichts ändern, einige Szenen hatte er aber immerhin (er kam erst zur zweiten Halbzeit).

Das dritte Tor gelang neuerlich Raffael, ein verdienter Lohn für eine insgesamt schon fast die ganze Saison echt Respekt heischende Leistung - sein manchmal ein wenig verlegener Professionalismus, die völlige Abwesenheit jeglichen Divengetues gefallen mir sehr.

Als das Spiel gelaufen war, setzte Bielefeld noch einen Akzent - es ist der, der aus diesem einseitigen Spiel am weitesten nach vorne weist, nämlich in die erste Liga, auf die Hertha sich Hoffnungen machen darf. Sie wird dort eine vollkommen neue Viererkette brauchen. So (halbwegs) anständig Lell, Mijatovic, Hubnik, Kobiashvili das machen, keiner von den vieren spielt so, dass er jene Leistungssteigerung andeuten könnte, die in der oberen Liga notwendig werden würde.

Der klassische Hertha-Gegentreffer in dieser Saison fällt durch die Schnittstelle zwischen Hubnik und Mijatovic, so war es auch heute. Probleme hat es unmittelbar keine bereitet, denn der Familienbetrieb der Brüder de Araújo im Offensivbereich (unterstützt von dem diskret konstruktiven Friend) hatte zu diesem Zeitpunkt die Sache schon geregelt.

Donnerstag, Januar 27, 2011

Einblutung

Heute gibt es hier ein Suchbild: Wie heißt der abgebildete Fußballspieler, dessen Trikont immerhin Hinweise auf das Land enthält, in dem er spielt? Er interessiert uns hier als Beispielfall, er laboriert nämlich an einem Knochenödem, wie auch der neue Berliner Star Bär-Michel Lasogga (ich verwende die phonetische Umschrift des Namens, wie Coach Babbel ihn ausspricht).

Die Verletzung kommt zum ungünstigsten Zeitpunkt, nämlich mitten in einem Lauf. Und sie wirft ein Licht auf die hinlänglich bekannte Tatsache, dass im Fußball jeden Moment an empfindlicher Stelle getroffen werden kann, was man über lange Zeit mühsam aufgebaut hat - ein Mannschaftsgefüge mit gut abgestimmten Formkurven und allen möglichen anderen Akzidentien des glücklichen Gedeihens.

Der BVB hat vergangenes Wochenende nur ein Remis gegen Stuttgart erreicht, nun aber hat sich Kagawa verletzt, noch ist nicht ganz klar, was er hat, aber der Kicker hält einen Ausfall bis Saisonende für denkbar. Ist das der entscheidende Rückschlag, der da noch einmal eine erfolgreiche Kampagne aus der Bahn wirft?

Mein zweiter Herzensclub, der Arsenal FC, hat nach einem schwierigen Herbst nun gerade beinahe die Idealbesetzung zur Verfügung, der Kader ist groß, aber natürlich wäre es nun sehr wünschenswert, wenn der immer besser in Form kommende van Persie, der wieder frische Fabregas, der schon seit Wochen sehr inspirierte Nasri auch noch in drei und sechs Wochen gegen Barcelona zur Verfügung stünden.

Das sind aber Ewigkeiten, und erfahrungsgemäß beginnen gerade im Februar die nächsten Verletzungswellen, und Arsenal hat in diesem Jahr sehr, sehr viele Spiele, weil Arsène Wenger inzwischen auch den Carling und den FA Cup wieder ernst nimmt, weil jede Form von "silverware" ein wenig den Druck von seinem Team nehmen kann.

So spielen in diesem Jahr selbst Fabregas und van Persie gegen Leeds und Ipswich, aber auch Bendtner wird gebraucht, und Djourou kann sich mit Koscielny in der Innenverteidigung ein wenig einspielen. Das sind alles hochinteressante Perspektive, wie auch die von Lasogga - bis eben die nächste medizinische Indikation eine Pause erforderlich macht.

Sonntag, Januar 23, 2011

Bärendienst

Hertha hat einen neuen Star: Bär-Michel Lasogga hat gegen Fortuna Düsseldorf schon wieder einen Treffer erzielt. Nicht vielen wird dabei aufgefallen sein, dass es sich dabei um das Remake eines Tores gehandelt hat, das Robin van Persie am Tag davor erzielt hat - dort führte Walcott den Ball in Richtung Tor, auf der Suche nach einer Schussgelegenheit, der Holländer in Diensten des Arsenal FC griff in das laufende Verfahren mit einem trockenen Abschluss ein, und Walcott war gar nicht sauer.

Im Olympiastadion war es ähnlich. Rukavytsya suchte im Strafraum nach einer Lücke, legte den Ball leicht nach links, wo Lasogga aber mit dem rechten Fuß ungleich besser postiert war und flach abschloss. Es war das wichtige 3:2 in einem offenen, attraktiven, aber keineswegs nur beruhigenden Spiel, dessen drei Punkte Hertha auf 39 Saisonzähler und an die Tabellenspitze brachte. Die Einschränkungen zuerst: Hertha hat nun auch numerisch nicht mehr die beste Defensive von Liga zwee, das war mir ohnehin immer ein wenig ein Rätsel gewesen, denn so stark sind Lell & Co. eigentlich nicht. Besonders der rechte Außendecker von Hertha war heute wieder einmal ein Unsicherheitsfaktor, er spielte gar nicht wie ein Kapitän.

Beide Düsseldorfer Treffer wurden über die rechte Berliner Defensivseite eingeleitet, zwischen Hubnik, Lell, Perdedaj und den rochierenden Flügeln Ronny und Rukavytsya gab es viel Raum für gefährliche Aktionen, aber auch die Kobiashvili-Seite war porös. Perdedaj spielte im defensiven Mittelfeld am Rande einer gelb-roten Karte, musste aber auch einstecken.

Zum Glück wirkte Düsseldorf seinerseits defensiv in jeder Situation bezwingbar, und so fiel das Pendel dank einer Rettungstat von Aerts beim Stande von 2:2 schließlich auf die Berliner Seite: Nach einem Kopfballtreffer von Ramos in Halbzeit eins (nach einer jener Flanken, für die Rukavytsya einen Stammplatz verdient) besorgte der Australier in der zweiten Halbzeit selbst den Führungstreffer, bevor Lambertz noch einmal egalisieren konnte. Dann kam der Augenblick, in dem Lasogga seinen sechsten Saisontreffer erzielte, und mit dem Schlusspfiff konnte Ramos einen Konter sehenswert zum 4:2 verwerten.

Der Kolumbianer hat seinen guten Auftritt wie gewohnt relativ still genossen, er wird ihn ja in beide Richtungen interpretieren können, als Ausrufezeichen für Clubs, die vielleicht an ihm interessiert sind, aber auch als Loyalitätssignal an Hertha. Für Lasogga, bei dem das Fernsehen fast jeden Ballkontakt mit einem Gegenschuss auf den Bankdrücker Rob Friend quittierte, aber lässt sich sagen, dass er den Begriff Bärendienst gerade neu definiert: mit bärenstarken Auftritten stellt er sich in den Dienst von Hertha BSC.

Samstag, Januar 22, 2011

Flügelkämpfe

Patrick Ebert, der die ganze Hinrunde verletzt gewesen war, hat sich diese Woche ausdrücklich zurückgemeldet. Er sieht sich in der Lage, der ersten Mannschaft bereits zu helfen. Der Trainer hat dies jedoch nach Auskunft der Samstagszeitungen anders eingeschätzt, es sieht so aus, als würde Ebert morgen gegen Düsseldorf nicht im Kader stehen.

Babbel wird wissen, was er tut, es wird ihm aber auch nicht entgangen sein, dass die Leistungen von Rukavytsya schwanken und dass auf der Position, für die Patrick Ebert designiert ist, durchaus mehr drin ist.

Die Sache mit Ebert verweist zurück auf eine gewisse Unwucht, die BP (Babbel und Preetz) im vergangenen Sommer im Kader erzeugt haben. Es gibt ein massives Überangebot an offensiven Kräften, was man am deutlichsten an dem Fall Domovchyiski sieht, der einen guten Start in die Saison hatte, der aber inzwischen kaum Chancen auf einen Startplatz hat.

Anders verhält es sich bei Daniel Beichler, der eine Hinrunde zum Vergessen hatte, von dem ich aber auch gern noch sehen würde, ob (und wo) er Hertha verstärken könnte (nach allem, was man zu lesen bekam, wäre er am besten in einem 4-1-4-1 neben Raffael, also dort, wo Domo eine Weile gespielt hat).

Der linke Flügel ist im Momemt mit Ronny halbwegs plausibel besetzt. Schulz, der auf beiden Seiten spielen kann, wird Spielzeiten brauchen und wollen, damit Hertha ihn zu einer Vertragsverlängerung motivieren kann.

Und dann ist da noch Marco Djuricin, der im Moment schlechte Perspektiven hat, sich demnächst wieder einmal so richtig zeigen zu können. (Er konkurriert mit Domo und, wenn Babbel dem Österreicher überhaupt prinzipiell etwas zutraut, Beichler.)

Rukavytsya hat sich durch sein Tor gegen Augsburg empfohlen, gegen Oberhausen war er unproduktiv - insgesamt wäre ich einfach gespannt, ob Ebert seinen nächsten Anlauf zu einer konsistenteren Leistung schafft.

Ein Gedankenspiel will ich noch riskieren - welche Offensivkräfte von Hertha hätten gegebenenfalls eine Zukunft in der ersten Liga? Uneingeschränkt sehe ich da nur Raffael, Ramos und Ebert, bei dem Kolumbianer gibt es momentan die erwartbaren Transfergerüchte. Lasogga hat das Potential, Djuricin und Schulz auch, alle drei bedürften aber eines strukturierten Rahmens für die nächste Ebene.

Friend, Rukavytsya, Ronny sehe ich nicht oder nur unter optimalen Bedingungen bzw. als Ergänzungsspieler in der ersten Liga, zu Beichler lässt sich nichts sagen, und Domo hat in den wichtigen Spielen im Herbst nicht erkennen lassen, dass er weiß, worum es geht.

Diese jetzt noch spekulativ erscheinende Frage wird jedoch mit jedem Spiel an Gewicht gewinnen, denn BP haben da eine ziemlich heterogene Kombination aus Interessenslagen, aus der heraus sie noch sechzehn Mal eine schlagkräftige Mannschaft finden müssen. Ich würde auf jeden Fall damit beginnen, Ebert wieder Spielzeiten zu geben.

Donnerstag, Januar 20, 2011

Teilverschreibung


Der "Berliner Kurier" hat ein paar interessante Details zu der geplanten Investition von acht Millionen in das Fußballgeschäft von Hertha BSC herausgefunden. Demnach wird das Geld mit den Transferrechten bestimmter Spieler verrechnet, sollten diese verkauft werden, muss Hertha die Transfereinnahmen nach einem bestimmten Schlüssel mit den Investoren teilen.

Das ist von der Struktur her ein vergleichbarer Deal wie der mit Sportfive, bei dem vor einiger Zeit eine unmittelbar dringend erforderliche Liquiditätssicherung mit der Teilabtretung langfristiger Vermarktungseinnahmen abgegolten wurde. Der aktuelle Deal gründet wohl nicht zuletzt auf einem gewissen Optimismus, den Hertha durch seine Jungspunde zu verbreiten vermag.

Man muss sich die Sache aber im Detail anschauen, um zumindest eine erste Prognose wagen zu können, für den diese Abmachung größere Risiken trägt - dazu fehlt in dem Bericht des "Berliner Kuriers" eine entscheidende Information, denn es geht daraus nicht hervor, wann und in welcher Höhe Hertha die investierten Beträge zurückzahlen muss in dem Fall, dass bei keinem der teilverschriebenen Spieler ein relevanter Transfererlös erzielt wird.

Aber auch jetzt schon macht ein Blick auf den Kaderstatus klar, dass die Sache für die Investoren in jedem Fall keineswegs so attraktiv ist, wie es das Beispiel in dem Artikel (Schulz für zehn Millionen zu Bayern!) suggeriert. Hertha hat nur zwei Spieler mit einem halbwegs nennenswerten Marktwert: Raffael und Ramos. Beide werden im Fall eines Wiederaufstiegs dringend gebraucht, und die bisherigen Erfahrungen sprechen nicht dafür, dass sie in einer Erstligasaison ihren Marktwert so steigern können, dass man 2013 auch nur in die Nähe von acht Millionen kommen würde - bei Ramos hängt diese Eventualität zudem von einer dazwischen irgendwann notwendigen Vertragsverlängerung ab, zu der er sich überhaupt bereit finden muss, um nicht 2013 ablösefrei wechseln zu können.

In Ramos würde ich also keinesfalls investieren, in Raffael auch nicht, und zwar deswegen, weil Hertha absehbarerweise noch auf Jahre in einer schwachen Position gegenüber seinem Star sein wird. Bleiben die jungen Spieler: Schulz, Djuricin, Perdedaj, Lasogga. Bei ihnen steht Hertha vor einem Dilemma: Denn wenn sie sich gut entwickeln, werden sie als immer noch relativ billige Verstärkung in einem derzeit ja doch deutlich auf zweite Liga getrimmten Kader dringend gebraucht.

Zugleich schwächt jede Steigerung des Marktwerts die Verhandlungsposition des Clubs gegenüber den Spielern, von denen zum Beispiel Schulz ja überhaupt erst in diesem Jahr einen Profivertrag unterschreiben muss. Bisherige Erfahrungen lehren, dass Hertha angesichts des Angebotsdrucks oft froh sein musste, wenn bei wechselwilligen Spielern wie Jerome Boateng oder Christopher Schorch ein kleiner Millionenbetrag lukriert werden konnte.

Gelingt es nicht, in den kommenden Jahren substantielle Transfereinnahmen zu erzielen (und dabei muss man immer in Betracht ziehen, dass Hertha im Sommer, so der Aufstieg gelingt, eher kaufen muss, um nicht sofort wieder im Abstiegskampf zu stecken), muss diese Investition irgendwann zurückgezahlt werden - unter Abzug vermutlich von Transferverlusten, wobei wir über die Details dieser Verrechnung nichts wissen. Als erstes Fazit würde ich sagen: Für Hertha ist das ein guter Deal (unter den prekären finanziellen Voraussetzungen), für die Investoren halte ich ihn eher für unvorteilhaft. Vielleicht haben sie ja doch eine mäzenatische Ader, oder sie stehen dem Verein sehr nahe.

Montag, Januar 17, 2011

Luftloch


Nach der ersten Runde im neuen Jahr haben sich die Verhältnisse in Liga zwee in Ansätzen geklärt. Hertha und Augsburg konnten sich geringfügig absetzen, das 3:1 bei Rotweiß Oberhausen lässt den Punktestand auf 36 anwachsen, Platz vier liegt momentan fünf Punkte entfernt (die Spiele, die Aue noch in der Hand hat, ignoriere ich arrogant).

Es war kein attraktiver Sieg, im Gegenteil, es war über weite Strecken eine unansehnliche Begegnung auf einem furchtbaren Rasen, aber es hat am Ende gereicht. Worin lag der Unterschied? Man könnte ihn an Aerts und Lasogga festmachen. Der niederländische Keeper der Hertha entschärfte in der zweiten Halbzeit die beste Chance von Oberhausen, zu diesem Zeitpunkt stand es 1:1. Wenig später schlug der andere Schlussmann Sören Pirson bei einem unangenehmen Rückpass ein Luftloch, und der immer hungrige, aber niemals faule Lasogga musste nur noch einschieben.

Auch schon bei dem frühen Führungstreffer hatte er von einem technischen Fehler profitiert, dazu kamen zwei weitere Treffer durch "weiche" Elfmeter, also durch solche, die man geben kann, aber nicht unbedingt muss.

Man kann nicht sagen, dass das Spiel von Hertha erkennbare Struktur gehabt hätte. Sie versuchte trotz der schwierigen Platzverhältnisse zu kombinieren, aber das ergab so gut wie gar nichts. Es war ein Spiel, zu dem sich keine großen Analysen lohnen, es hat drei Punkte gebracht, und in Berlin kann man die schönste Geschichte weiterschreiben: die von der Leidenschaft des Pierre-Michel Lasogga, der sich zu einem starken Typ entwickelt hat.

Dafür gebührt auch der sportlichen Leitung ein Kompliment, denn dieser ursprünglich ja eher perspektivisch gedachte Transfer erweist sich zunehmend als eines der wichtigsten Manöver des vergangenen Sommers. Das hätte auch niemand gedacht, dass ein 19 Jahre alter Junge eines Tages die ganze Truppe des Ligakrösus mitreißen würde. Aber so ist es im Moment, und so soll es gern weitergehen.

Sonntag, Januar 16, 2011

Geheimniskram

Dass Dieter Hoeneß sich zu den Aufstiegschancen von Hertha BSC äußert, hätte ich nicht gebraucht, es war aber auch irgendwie unvermeidlich, denn in Fußballdeutschland werden ständig unnötige Fragen gestellt (Wird der BVB Meister, Jürgen Klopp?), sodass für die wichtigeren dann oft nicht mehr Zeit ist. Morgen beginnt für Hertha die Rückrunde, der Manager des VfL Wolfsburg geht davon aus, dass sein Ex-Club aus Berlin am Ende dieser Spielzeit wieder in die erste Bundesliga aufsteigt.

Was spricht dafür, und was spricht dagegen? Auf den Habenseite stehen neben den 33 schon erspielten Punkten sicher ein (teurer) Kader, den so kaum ein Konkurrent vorweisen kann. Er ist zwar ein bisschen unrund besetzt (keine direkten Alternativen auf den Außenverteidigerposten, viel Offensivpersonal, wenn man nun Ebert und Beichler auch noch hinzurechnet), aber mit Lustenberger, Niemeyer, Raffael, Ramos sollten schon Erfolge machbar sein.

Auf der Sollseite sehe ich am ehesten die Auslosung. Hertha muss trachten, schon um den 30. Spieltag in einer guten Position zu sein, denn ganz am Ende kommen schwere Gegner, und wir haben es in den letzten Jahren schon mindestens zweimal mitansehen müssen, wie Entscheidungsspiele (Hannover! Schalke!) entropisch endeten.

Inwiefern sich die aktuell bekannt gewordene Verschärfung der finanziellen Lage auswirken wird, muss sich weisen. Im Moment lässt sich nur so viel sagen: Die Anleihe war kein Erfolg, angesichts der guten Verzinsung muss sie sogar als expliziter Misstrauensantrag der Öffentlichkeit gewertet werden.

Dass unbekannt bleiben wollende Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft (mehr wissen wir derzeit nicht) Geld in den Club pumpen wollen, ist so ominös wie dubios, und spätestens jetzt sollte Ingo Schiller (der mehrfach von einer "durchfinanzierten" Saison gesprochen hat), eigentlich abberufen werden. Dazu wird es nicht kommen, weil er als Geheimnisträger unabkömmlich ist. Oder doch eher als Geheimniskrämer. In Person von Schiller hält Hertha eine Kontinuität zum Finanzgebaren der Ära Hoeneß aufrecht, und die Konstruktionen werden immer abenteuerlicher.

Dienstag, Januar 11, 2011

Kultschinken

Bei der Lektüre des "Kicker" hatte ich gestern einen sehr vergnüglichen Moment. In einer Geschichte über Malik Fathi stand zu lesen, dass der ehemalige Linksverteidiger von Hertha auch heute noch oft mit dem Zug von Mainz nach Berlin fährt. "Das ist so schön entspannend", wird er zitiert, "man kann rausschauen, im Bistro hocken oder ein Buch lesen."

Zur Zeit liest er "Schuld und Sühne" von Dostojewski (im Bild eine Szene aus der Verfilmung mit Peter Lorre), "mein Vater hat diesen Kultschinken mal bei mir liegen lassen." Einer Familie, in der Klassiker einfach so herumliegen, müsste man mindestens so große Integrationserfolge bescheinigen wie den Özils und Khediras, aber Malik Fathi hat es in der Nationalmannschaft und auch als Vereinsspieler nicht ganz so weit geschafft.

Immerhin hat der Mainzer Trainer Thomas Tuchel ihm jetzt noch eine interessante Option eröffnet: "Der kann von seiner Persönlichkeit her auch auf der Sechs spielen, so wie er redet, so aufmerksam wie er ist." Das löst bei mir gleich eine ganze Flut von Erinnerungen aus, an die Saison, als Hans Meyer Hertha vor dem Abstieg rettete, damals auch unter Einsatz zweier Jungprofis, deren Karriereprofil inzwischen schon weit entwickelt ist.

Malik Fathi und Sofian Chahed haben beide nicht den ganz großen Durchbruch geschafft, von Chahed hätte ich damals immer gern einmal mehr Versuche auf der Position im zentralen Mittelfeld gesehen, ich erinnere mich an ein 1:0 gegen Stuttgart im Februar 2004, bei dem er neben Dardai eine ausgezeichnete Leistung gezeigt hat, ein paar Wochen später lief es dann gegen Bayer Leverkusen deutlich schlechter (a certain Dimitar Berbatov schoss damals zwei Tore gegen Christian Fiedler).

Und ich muss auch an Manuel Schmiedebach denken, den ich einmal auf der rechten Defensivposition im Jahnsportpark mit der U23 von Hertha gesehen habe, und von dem ich damals nicht ganz verstand, warum er neben den Kollegen Müller oder Wallschläger so anders eingeschätzt werden konnte, dass er nie für eine Beförderung zu den Profis in Frage kam - heute wird er bei Hannover 96 vom "Kicker" immerhin zum Blickfeld gerechnet, und zwar im Bereich "defensives Mittelfeld". So geht es auf und ab und hin und her im Fußball. Man könnte einen Kultschinken darüber schreiben.

Mittwoch, Januar 05, 2011

Inventar

Das neue Jahr begann bei Hertha mit einem Abschied. Pal Dardai fuhr nicht mit in das Trainingslager in Portugal. Das ist eine durchaus markante Entscheidung, wenn man bedenkt, wie populär der ungarische Rekord-Herthaner bei den Fans und fast mehr noch bei der Berliner Presse ist.

Die Sache mit Dardai ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie schwierig eine gute Personalpolitik bei einer Fußballmannschaft ist: Denn Seniorität hat durchaus etwas für sich, gerade wenn man in einer Umbruchssituation agieren muss; und doch war es rückblickend ein günstiger Umstand, dass Hertha im vergangenen Sommer wegen einer Verletzung von Dardai genötigt war, für das defensive Mittelfeld noch etwas zu tun - so kam Niemeyer nach Berlin, der mit Lustenberger in der Rückrunde hoffentlich häufig eine Doppelsechs bilden wird.

Meine Ambivalenz gegenüber dem Hertha-"Inventar" Dardai habe ich hier ja schon oft genug geäußert. Ich finde, er war in all den letzten fünf, sechs Jahren immer gerade nur gut genug, um sein Veteranenprestige nicht vollständig zu gefährden, er hat es aber nie so mit Leistung untermauert, dass man ihn tatsächlich als Teil einer Lösung hätte sehen können. Dieses "was auch geschieht, ich bin bereit", das er auch über die Medien immer wieder geschickt heruntergebetet hat, hat dazu beigetragen, dass seine Position bei den Transfers immer wieder vernachlässigt wurde, denn er war ja da, ein Reservist mit Stammspielerprestige, eine Stütze ohne strategischen Wert.

Coach Babbel hat jetzt reinen Tisch gemacht, mit guten Gründen, die die Namen Niemeyer, Lustenberger, Perdedaj tragen (selbst Janker sehe ich noch eher als vierten Sechser als Dardai). Das ist eine richtige Entscheidung, gegen die es auch keinen großen Aufstand gibt.

Intuitiv würde ich sagen, dass seine große Zeit vielleicht erst noch kommt. Ich glaube, er hat das Zeug zu einem guten Trainer, und wenn er in dieser Funktion vielleicht eines Tages zur ersten Mannschaft von Hertha zurückkommt, dann kann er ja wirklich noch zu einer Legende werden.