Sonntag, November 05, 2006
Außenrist
Gestern hat meine Sitznachbarin im Stadion ein wenig verwundert gefragt, warum ich immer alles so negativ sehe. Immerhin hat die Hertha 2:1 gewonnen, gegen den bisher ungeschlagenen 1. FC Nürnberg, und zwar nach dem Schema, das schon beim Heimsieg gegen Gladbach galt: Führungstreffer, Rückschlag durch den Ausgleich, dann doch noch ein Siegestor durch Pantelic. Unser bester Mann erzielte das erste Tor mit einem sehenswerten Weitschuß mit dem Außenrist, nachdem Gilberto bei einem tollen Konter mit dem Ball in Schäfer hineingelaufen war - den Abpraller nahm Pantelic aus 20 Metern mit seiner ganzen Eleganz und Intelligenz. Das Spiel hat meinen grundsätzlichen Mißmut aber nicht widerlegt. Dabei muß ich konzedieren, daß es eine Notaufstellung war, mit Andreas Schmidt im defensiven Mittelfeld und Ashkan Dejagah in der offensiven Zentrale. Beide blieben unauffällig in positiver wie in negativer Hinsicht. Zwiespältig wie immer der Hoffnungsträger Kevin-Prince Boateng: er verstrickte sich oft in komplizierte Zweikämpfe, er spielte aber auch die entscheidenden, öffnenden Pässe, die zu den beiden Toren führten. Er hat das Auge, und den Fuß, für den von mir so genannten Fabregas-Ball: den langen, scharfen, genau in den Fuß gespielten beschleunigenden Paß. Chahed zeigt auf der rechten Außenbahn immer wieder, daß er damit etwas anfangen kann. Gilberto war wie immer bis knapp vor dem Tor ein Gefahrenherd. Pantelic war eigentlich die meiste Zeit mit Gezerre und Genöle beschäftigt, aber er war zur Stelle, als es einen Ball des ungeschickten Gimenez zu verwerten gab. Vielleicht sollte ich mir einfach einen anderen Sitzplatz suchen: Vom Oberring aus sieht man so viele Möglichkeiten auf dem Feld, daß es manchmal schwer zu verstehen ist, warum niemand sie nützt. Boateng sieht die Möglichkeiten auch von unten, das gefällt mir. Er wird dadurch aber auch ungeduldig, was ich nur zu gut verstehe. Pantelic sieht die Möglichkeiten auch, er bleibt aber unverdrossen, wenn nichts daraus wird. Von Beginn seiner Zeit bei Hertha an hat er jeder interessanten Aktion applaudiert - das zeugt von seiner theatralischen Natur, aber auch von seiner Einstellung. Er könnte der Mannschaft noch viel beibringen. Draußen regnet es, heute nachmittag zweimal Premier League, dann eine englische Woche in Deutschland. Toll!
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