Mittwoch, November 29, 2006

Max Merkel

Von Max Merkel, der heute verstorbenen Sprücheklopfer-Legende, habe ich vor allem ein Wort in Erinnerung: Management. Er sprach es nicht so aus, wie die BWL-Könner es naturgemäß betonen: Management, wie Kukident. Er sprach es mit französischem, in Wahrheit natürlich wienerischem Einschlag: Management, wie Ressentiment oder ähnliche Wörter, an denen die deutsche Zunge so scheitert, wie Claus Peymann sein Leben lang an dem Wort Chance, das bei ihm unweigerlich zu "Schangse" wird. Damit hatte er in Wien langfristig als Nationaltheaterindendant keine Chance. Ob man Management so oder so ausspricht, macht einen großen Unterschied, auf den es beim Fußball zwar nicht ankommt, wohl aber beim Sprücheklopfen, wo eine legere Einstellung immer hilft. Bei der Jahresversammlung der Hertha wurde Management sicher auch wie Kukident ausgesprochen, dafür verschluckte Buchhalter Schiller eine wichtige Zahl: heuer zum Halbjahr hatte die Hertha wohl für ein paar Tage 55 Millionen Euro Schulden. Dann kam wieder vor irgendwo Geld. Vermutlich aus meiner Hosentasche, denn genau damals kauften wir die neuen Dauerkarten. Keine Ursache, Herr Schiller!

Montag, November 27, 2006

Junge Wilde

Die Amateure haben am Sonntag in Bremen gegen Werder II mit 1:0 gewonnen. Christian Müller erzielte das Tor, er war schon einmal kurz ein Hoffnungsträger der Profis, bevor er sich schwer verletzte. Jetzt spielt Boateng meistens auf rechts im Mittelfeld, während Patrick Ebert, der zu Beginn dieser Saison dort auffiel, wieder in die Wartestellung zurückversetzt wurde. Er trat am Sonntag mit den Amateuren an, wie auch Neuendorf, der in der ersten Mannschaft nicht mehr viel bringt. Die Hertha hat heuer viel Presse bekommen für ihre neue Generation Berlin. Inzwischen ist das Label "Junge Wilde" wieder zum VfB Stuttgart zurückgewandert, und in Berlin werden sie heute bei der Mitgliederversammlung (die ich auslasse, weil es nichts zu besprechen gibt) das Bibelwort von Dieter Hoeneß ("In der Liga trennt sich nun die Spreu vom Weizen. Wir gehören zum Weizen.") akklamieren. Der Tagesspiegel hat heute ganz zu Recht einen Sack Skepsis in die Erntelaune gemischt: Bisher hat die Hertha keinen einzigen Profi hervorgebracht, der aussieht, als könnte er einmal eine Mannschaft prägen. Malik Fathi stagniert, weil er nichts riskiert; Sofian Chahed spielt vielversprechend, aber unbeständig, und bekommt auf der Position des "holding midfielders" auch nicht den Vorzug vor Dardai; Boateng verdribbelt sich. Die Reihe dahinter macht Andeutungen, wie die Hertha auch. Das 1:0 der Amateure gegen Bremen kam glücklich zustande, wie zu lesen war. Ich nehme es als ein Andeutung dessen, was die Profis kommenden Samstag zeigen könnten.

Sonntag, November 26, 2006

Fragile Dominanz

So ist Fußball: Die Hertha hat Alemannia Aachen gestern so halbwegs beherrscht, und dabei zwei Tore geschossen und nur eines bekommen. Heimsieg. Arsenal hat die Bolton Wanderers gestern phasenweise total dominiert, hat aber nur ein Tor geschossen und drei bekommen. Auswärtsniederlage. Beide Spiele hätten locker auch anders ausgehen können, und trotzdem sind die Ergebnisse "richtig". Die Hertha war natürlich die bessere Mannschaft, auch wenn sie es nur selten konsequent zu Ende gebracht hat. Ashkan Dejagah neuerlich in der zentralen offensiven Mittelfeldposition, links Gilberto und rechts Boateng, dessen sogenannte Eins-zu-Eins-Situationen zahlreich waren und praktisch immer mit einem Ballverlust endeten. Erst im Verlauf der Spiels verlegte er sich mehr auf Pässe. Pantelic und Lakic waren mit Zweikämpfen gut beschäftigt, wobei unser Star gestern ein wenig eigensinnig agierte. Das erste Tor ein Abstauber von Pantelic nach einem virtuosen Lakic-Kopfball nach einer Ecke. Das Gegentor ein satter Schuß nach Ableger an der Strafraumgrenze. Der Siegestreffer eine rare Flanke von Malik Fathi, die eigentlich kein Problem hätte darstellen dürfen, weil sie so lang und so krumm wie eine Kometenbahn war, vielleicht aber deswegen Torwart Nicht in eine Unschärferelation versetzte - er unterlief, und Dejagah hielt den Kopf hin. Das reichte, auch deswegen, weil ein schweres Foul von Simunic in der 81. Minute nicht zu dem Elfmeter führte, zu dem es durchaus hätte führen müssen. Die Hertha überzeugt selten daheim, aber sie gewinnt oft. Interessante Saison deswegen bisher. Als ich aus dem Stadion nach Hause kam, wurde in Bolton gerade das Match gegen Arsenal angepfiffen. Ich übernahm also live, und sah ein Spiel, das wie ein Schulbeispiel für taktische Kriegsführung fungieren könnte. Arsenal übernahm sofort die Initiative, alles sah gut aus, bis zu einem Corner von Bolton in der achten Minute, der scharf und niedrig auf den kurzen Pfosten kam - das muss einstudiert gewesen sein, denn da tanzte einer durch den ganzen Fünfer, und kam im entscheidenden Moment genau an diesen schwer zu treffenden und zu erreichenden Punkt. Frühes Gegentor - das ist Arsenal schon gewohnt, und nicht immer kommen sie danach noch zu drei Punkten. Schon gar nicht gegen Bolton, die einen Kult daraus gemacht haben, Arsenal zu ärgern. Die ganze restliche erste Halbzeit verging mit Streitereien über Entscheidungen des Schiedsrichters, der ungustiöse Sam Allardyce, Manager der Bolton Wanderers, sah sich die Sache mit Behagen an. Kurz vor der Pause bekam Nicolas Anelka einen weiten Pass nach rechts außen. Alle nahmen an, er würde den Ball verschleppen, das tat er auch, während er aber schleppte, brachte er sich in Position für einen genialen Distanzschuß, der Lehmann keine Chance ließ, während Eboue und Toure noch schleppten. Arsenal schaffte sechzig Sekunden später den Anschlußtreffer, und nach der Pause begann ein virtuoser Sturmlauf, bei dem vor allem Theo Walcott auf rechts tolle Dinge zeigte. Nur ein Tor kam nicht zustande, auch das ein Arsenal-Syndrom in dieser Saison. Den nächsten langen Ball auf Anelka bekam der ehemalige Arsenalista in den Lauf gespielt, er war vielleicht einen Fussballschuh im Abseits, mit diesem Schuh schoß er den Ball unter Lehmann hindurch flach in die Kiste. Arsenal kämpfte bis zur letzten Sekunde um die Ehre, aber die erste Hälfte, in der Bolton den psychologischen Krieg gewonnen hatte, war nicht mehr wettzumachen. Die fragile Dominanz von Arsenal ist schon jetzt meine Lieblingsgeschichte in diesem Herbst - heute folgt das Spitzenspiel zwischen MeanU und Chelsea.

Sonntag, November 19, 2006

Westfalenstadion


Respekt, wem solcher gebührt: Coach Götz hatte die Hertha gestern beim Auswärtsspiel gegen Borussia Dortmund deutlich interessanter aufgestellt, als es nach der Verletzten- und Gesperrtenliste zu erwarten gewesen war. Weil Gimenez an der Wade laboriert, und Boateng sich in fast jedem Spiel eine gelbe Karte holt (wodurch er dieses Mal gesperrt war), mußte die Offensivabteilung neu gedacht werden. Der Coup war die Nominierung des jungen Chinedu Ede auf links, wodurch Gilberto in die Zentrale und Ashkan Dejagah eher nach rechts - bei insgesamt ständigem Rochieren - ging. Schmidt und Chahed machten vor der Viererkette die Schwallmauer, und Pantelic sah sich in der eigentlich ungeliebten Rolle des Lone Strikers. Der perfekt geschlagene lange Flankenfreistoß zum 1:0 durch ein Kopfballtor von Andreas Schmidt kam von Ashkan Dejagah. Marcelinho war in diesem Moment endgültig vergessen. Das 2:0, das auch früh fiel, ließ mich vor dem Fernseher in die Knie gehen: Nach einer Standardsituation in eigenen Strafraum kam der Ball links hinaus, Ede startete und gab mit der Hand ein präzises Zeichen, wie er den Paß scharf entlang der Linie (vertikalst!) in die Beine wollte, wo er auch genau hinkam - in vollem Lauf sah der junge Mann weit rechts Gilberto nachkommen, und spielte an drei Gelben vorbei eine so großartige Querbanane, daß das Tor nur durch großes technisches Ungeschick zu verhindern gewesen wäre. Gilberto verwertete, er war überhaupt gestern eine Figur, an der sich die Mannschaft orientieren konnte. Das Chaos danach, der bald folgende Anschlußtreffer aufgrund zweier Blödheiten von van Burik und Fiedler, der Sturmlauf von Dortmund, der sich im Lauf der zweiten Halbzeit allmählich verlief, das ist eine eigene Geschichte. Einige Ballverluste vor allem von Dejagah waren schmerzhaft bis ins Mark, und die vielen nicht konsequent zu Ende gespielten Konter taten auch weh. Trotzdem würde mich dieses Experiment mit der Mannschaft post Bastürk (der ohnehin kaum zu halten sein wird) noch ein wenig interessieren: links zeichnet sich mit Gilberto und Ede eine Möglichkeit ab, die mittelfristig für Fathi ein Problem darstellen könnte. Dejagah würde ich gern noch ein paar Mal sehen, und Chahed hat gestern wieder tolle offensive Andeutungen gemacht. Dortmund hatte ja auch nicht unbedingt eine Seniorentruppe auf dem Platz, das Duell der jugendlichen Mittelmächte ging gestern verdient an die Hertha.

Donnerstag, November 16, 2006

Malerei heute

Beiläufiges über Dieter Hoeneß: "Neu war für viele (Besucher eines öffentlichen Gesprächs des Managers mit Wolfgang Thierse, Anm. M.) auch, dass der 53-Jährige gern malt. "Öl auf Leinwand, abstrakt, wie Klee, Kandinsky, Blauer Reiter", beschrieb Hoeneß seinen Stil. "Ohne dass ich mich mit ihnen vergleichen will", fügte er hinzu. Zur Zeit fehle ihm aber leider die Muße zum Malen." Dies berichtete Til Knipper für den Tagesspiegel in Berlin.

Mittwoch, November 15, 2006

Jogi Bonito

Der Bundestrainer Joachim Löw in einem aktuellen Interview: "Es klingt vielleicht anmaßend, aber manchmal sehe ich in der Bundesliga schon beim ersten Paß eines Innenverteidigers, daß das ganze Spiel einer Mannschaft krankt. Wenn der erste Paß falsch ist, ist das Aufbauspiel tot." Ob er dabei an die Hertha gedacht hat? Ich will auch nicht anmaßend sein, aber mir kommt es schon länger so vor, als wäre das Problem bei Hertha nicht so sehr die gegnerische Hälfte, sondern die zwanzig Meter von der Viererkette nach weiter vorn - bisher wurden dafür nur wenige Mittel gefunden: lange Bälle von Dick van Burik oder Energieanfälle von Arne Friedrich. Vermutlich hat der Bundestrainer aber an ganz andere Mannschaften gedacht. Mir fällt nur keine ein.

Sonntag, November 12, 2006

Arsenal - Liverpool 3:0

Mit einem überzeugenden Sieg gegen Liverpool hat Arsenal heute seine kleine Abschlußkrise (zu lesen war von sechzig Chancen und nur einem Tor) der letzten Wochen hinter sich gelassen. Interessant dabei die Schützen: Flamini (nach einer typischen Arsenal-Kombination über Hleb und Fabregas), Toure (nach einem steilen Lochpaß von van Persie durch die nun schon ziemlich weit vorgerückte Kette mit Carragher und Hyppiä) und schließlich Gallas aus einem Corner des unerhört scharf schießenden van Persie. Wichtig aber war eine Szene in der zweiten Minute: Da kam van Persie allein auf Reina zu, und er nahm den Ball mit den Fingerspitzen mit - klares Hand, und ich möchte mir nicht im Detail ausmalen, was über Arsenal hereingebrochen wäre, wenn der Treffer gezählt hätte. Arsène Wenger hat sich zuletzt mehrmals schwer benachteiligt gesehen, er ist auch ein Verfechter des Videobeweises - in diesem Fall hat der Referee zum Glück keine Zeitlupe gebraucht, das 3:0 hat keinen Makel, und van Persie wird sich die Sache hoffentlich zu Herzen nehmen. We don't like cheats!

Bochum

Im dritten Jahr unter Coach Götz wird das Muster immer klarer: Die Hertha hat keinen eigenen Charakter. Sie spielt nicht aus eigenen Stücken, sie macht ihr Tun von der Situation abhängig, und wenn sie gegen einen Abstiegskandidaten wie den Vfl Bochum mit 1:0 führt und ungefährdet erscheint, läßt sie es schon wieder bleiben. Gegen Bochum spielte die Hertha im Jahr 2004 das erste Götz-Match. Sie war unglaublich überlegen, führte irgendwann 2:0, und ging mit einem 2:2 aus diesem Heimspiel hervor. Gestern waren die Bedingungen sicher unwirtlich, und die 29000 Unentwegten, zu denen ich nicht gehörte, waren wenig Inspiration. Gewinnen wollten sie aber trotzdem, nur tun wollten sie nichts mehr dafür nach dem tollen Pantelic-Tor. Als sie plötzlich 1:3 zurücklagen (ich will dem zuständigen Chahed keinen großen Vorwurf machen, weil er offensiv viel mehr Potential zeigt als unser Nationaltalent Malik Fathi), legten sie noch einmal einen Zahn zu. Es reichte noch für ein 3:3. Vor zwei Jahren standen mit Fiedler, Friedrich, Gilberto und Dardai immerhin vier Führungsspieler im Team, die auch gestern noch dabei waren. Von allen Bundesligamannschaften hat die Hertha eine besonders hohe personelle Kontinuität, umso stärker wiegt, was sie daraus macht: einen sicheren Aufenthalt im oberen Mittelfeld, eine permanente Uefacup-Kandidatur (die im internationalen Bewerb dann immer durch ödes Spiel widerrufen wird). Im dritten Jahr unter Coach Götz ist da schon ein Muster zu erkennen, und es wäre naiv, dabei nicht auch an den Trainer zu denken. Das ist sein Team. Das ist es wohl, was er kann. Mehr nicht.

Donnerstag, November 09, 2006

Bielefeld














War sicher kein Spaß, gestern in der Schüco-Arena zu spielen, bei strömendem Regen und einem Gegner, der nicht viel besser und nicht viel schlechter ist als die Hertha, obwohl Arminia Bielefeld ganz andere Vorraussetzungen hat. Das Spiel war ein Murks, das Ergebnis von 2:2 verdient, und Manager Hoeneß sagte hinterher: "Die Mannschaft hat noch nicht begriffen, was sie leisten kann." Ich stimme zu. Vielleicht sollte man ihr im Training ein paar konstruktive Hinweise geben, vor allem, was das Spiel aus der Abwehr heraus betrifft. Vielleicht sollte man einfach ein paar Spiele lang der Viererkette den Rückpaß auf Fiedler verbieten. Damit sie ihn wieder schätzen lernt - als Variante, nicht als Standard.

Sonntag, November 05, 2006

Außenrist











Gestern hat meine Sitznachbarin im Stadion ein wenig verwundert gefragt, warum ich immer alles so negativ sehe. Immerhin hat die Hertha 2:1 gewonnen, gegen den bisher ungeschlagenen 1. FC Nürnberg, und zwar nach dem Schema, das schon beim Heimsieg gegen Gladbach galt: Führungstreffer, Rückschlag durch den Ausgleich, dann doch noch ein Siegestor durch Pantelic. Unser bester Mann erzielte das erste Tor mit einem sehenswerten Weitschuß mit dem Außenrist, nachdem Gilberto bei einem tollen Konter mit dem Ball in Schäfer hineingelaufen war - den Abpraller nahm Pantelic aus 20 Metern mit seiner ganzen Eleganz und Intelligenz. Das Spiel hat meinen grundsätzlichen Mißmut aber nicht widerlegt. Dabei muß ich konzedieren, daß es eine Notaufstellung war, mit Andreas Schmidt im defensiven Mittelfeld und Ashkan Dejagah in der offensiven Zentrale. Beide blieben unauffällig in positiver wie in negativer Hinsicht. Zwiespältig wie immer der Hoffnungsträger Kevin-Prince Boateng: er verstrickte sich oft in komplizierte Zweikämpfe, er spielte aber auch die entscheidenden, öffnenden Pässe, die zu den beiden Toren führten. Er hat das Auge, und den Fuß, für den von mir so genannten Fabregas-Ball: den langen, scharfen, genau in den Fuß gespielten beschleunigenden Paß. Chahed zeigt auf der rechten Außenbahn immer wieder, daß er damit etwas anfangen kann. Gilberto war wie immer bis knapp vor dem Tor ein Gefahrenherd. Pantelic war eigentlich die meiste Zeit mit Gezerre und Genöle beschäftigt, aber er war zur Stelle, als es einen Ball des ungeschickten Gimenez zu verwerten gab. Vielleicht sollte ich mir einfach einen anderen Sitzplatz suchen: Vom Oberring aus sieht man so viele Möglichkeiten auf dem Feld, daß es manchmal schwer zu verstehen ist, warum niemand sie nützt. Boateng sieht die Möglichkeiten auch von unten, das gefällt mir. Er wird dadurch aber auch ungeduldig, was ich nur zu gut verstehe. Pantelic sieht die Möglichkeiten auch, er bleibt aber unverdrossen, wenn nichts daraus wird. Von Beginn seiner Zeit bei Hertha an hat er jeder interessanten Aktion applaudiert - das zeugt von seiner theatralischen Natur, aber auch von seiner Einstellung. Er könnte der Mannschaft noch viel beibringen. Draußen regnet es, heute nachmittag zweimal Premier League, dann eine englische Woche in Deutschland. Toll!

Samstag, November 04, 2006

Leistungsbereitschaft

Herr Christian Wulff, Ministerpräsident aus Niedersachsen und Halbrechtsverbinder in der CDU, hat den Berlinern mangelnde Leistungsbereitschaft vorgeworfen. Er hat die rot-rote Koalition gemeint, und nicht die Hertha, die sich aber in der Invektive enthalten sehen darf. Es bleibt ja immer ein Rest von Rätsel bei der Frage, warum sich die Profis in Deutschland nicht in jedem Match gleichermassen engagieren, warum hier ein so anderes Ethos herrscht als in der Investorenliga in England, wo in jedem Spiel (zuletzt gesehen bei Manchester City gegen Middlesbrough) eine bemerkenswerte physische und taktische Intensität herrscht. Sie durchzieht die ganze Premier League, und eine Spitzenmannschaft wie Chelsea kann dann darauf zurückgreifen, wenn es - wie am Dienstag in der Champion's League bei Barcelona - darum geht, noch ein wenig nachzulegen. So ein (im besten wie im unangenehmen Sinn) umkämpftes Match habe ich selten gesehen, es wurde am Mittwoch allerdings durch ein nicht minder irres 0:0 zwischen Arsenal und ZSKA Moskau ergänzt. Diese Woche war viel zu hören von der Fünfjahreswertung der Uefa, in der Deutschland immer weiter zurückfällt. Portugal und Rumänien drängen nach vorn. Helfen könnte allein ein Perspektivwechsel: Wenn Hertha heute gegen Nürnberg antritt, dann kann es nicht einfach reichen, mit dem Gegner zurechtzukommen, und ihn nach Möglichkeit irgendwie zu schlagen. Es muss darum gehen, Bedingungen zu setzen, die über den Tag hinaus reichen. Es braucht eine innere Unabhängigkeitserklärung von der Bundesliga. Das sehe ich nur bei Werder Bremen. Hertha BSC im Jahr 3 unter Coach Götz mißt sich an den mäßigen Mitbewerbern um Platz 5 in Deutschland, den Uefacup hat die Mannschaft immer gehaßt, die CL ist weit außer Reichweite. Hannover 96 auch, die sehen den Abstiegskampf derzeit von unten. Dieser Unterschied ist aber wenig tröstlich. Vielleicht sollte man einfach keinen internationalen Fussball mehr zeigen, dann wären die Provinzduelle mit Nürnberg, Bielefeld, Aachen unsere Welt.