Sonntag, Dezember 30, 2007

Hässlicher Sieg

Arsenal wird als Tabellenführer der Premier League ins neue Jahr gehen. Voraussetzung war die Niederlage von Manchester United gestern bei West Ham United, und ein 4:1 im Goodison Park gegen Everton. So klar dieses Ergebnis aussieht, so wenig entspricht es den Gegebenheiten. In der ersten Halbzeit war Arsenal beschämend schwach, erst nach der Pause konnte Eduardo mit zwei Treffern, die ziemlich aus heiterem Himmel fielen, die Wende einleiten. Simon schrieb gleich eine Textnachricht: "Einer wie Torres". Eduardo ist ähnlich eiskalt vor dem Tor, er muss nur die Gelegenheit bekommen, sich dorthin durchzuspielen, er braucht also einen Ball in den Fuß. Arsène Wenger ließ nach dem öden 0:0 in Portsmouth am Boxing Day einige Spieler pausieren: Eboué, Rosicky, Adebayor. Stattdessen spielte Abou Diaby auf links, mit Bendtner und Eduardo war zum ersten Mal wieder eine Doppelspitze nominiert. Wenn Arsenal aus der Stadt hinaus muss, in eine der kalten Städte der Insel wie Middlesbrough, Birmingham oder gestern eben Liverpool, dann wird das in England immer als Männlichkeitstest für ein Team mit Flair, aber Testosteronmangel begriffen. Inzwischen scheinen die Buben das selber so zu sehen. Gestern wurde kaum gespielt, stattdessen setzte Arsenal sich irgendwie durch. Der von mir geschätzte Abou Diaby bot eine besonders naive und inferiore Leistung, aber auch der große Fabregas fiel in erster Linie durch Agitation und Dramatik auf - eine rote Karte gegen Arteta "erspielte" Fabregas, nachdem ihn der Unterarm des Gegners im Gesicht getroffen hatte, durch eine Sterbeszene wie aus Winnetou III. Ich bin natürlich, wie die meisten Kommentatoren, von diesem Adoleszenzepos fasziniert: Gestern gab es eine Szene, in der Fabregas und Flamini wie zwei Halbstarke auf Cahill losgingen (der vor dem Spiel ein wenig gestichelt hatte und seit Wochen in guter Form ist) - dich kriegen wir noch, war die Botschaft. Da führten sie schon 3:1, und wähnten sich sicher. "Winning ugly", ist der englische Fachausdruck, "hässlich gewinnen". Schon nach dem Sieg gegen Chelsea machte das Wort die Runde. Arsenal hat früh in der Saison einige grandios elegante Siege erspielt, seit einigen Wochen aber sind sie die "colossal youth", halb Monster, halb Memme, schon beinahe durchschaut, aber immer noch einschüchternd. Tolle Saga.

Dienstag, Dezember 25, 2007

Gottvertrauen

Pünktlich zum Weihnachtsfest verrät die "MoPo", dass Arne Friedrich gläubiger Christ ist. Mehr noch: während der für ihn schwierigen WM 2006 hielt er sich mit einem Vers aus dem Markus-Evangelium über Wasser. "Alles ist möglich für den, der glaubt." Ist das nun Mentaltechnik oder richtig Religion (wenn man diesen Unterschied überhaupt noch machen will)? Ein weiteres Zitat des Hertha-Kapitäns verrät, dass er mit einschlägigen Idiomen offensichtlich besser vertraut ist, als ich erwartet hätte: Er ist überzeugt, dass Gott "einen Weg für mich hat" (die rechte Außenbahn, und zwar ein wenig mutiger, wenn es nach mir geht). "Wir müssen nichts Besonderes leisten oder erreichen, um sein geliebtes Kind zu sein." Sport ist nun aber ein Bereich, in dem es darum geht, immer etwas Besonderes zu leisten oder zu erreichen. Auf dem Feld sind alle Heiden, da können sie hundertmal Jesus auf dem Unterleiberl tragen. Ich kann mir nicht helfen, aber das Glaubensbekenntnis von Arne klingt für mich zu defensiv, und das meine ich nicht spieltaktisch. Die Hertha könnte einen neuen Kapitän gebrauchen - nach dem Motto: Selbstbewusstsein statt Gottvertrauen.

Sonntag, Dezember 23, 2007

Hintersinn

Die Hertha hat in der Hinrunde 1,09 Punkte pro Spiel gemacht, ein schwacher Wert, schwächer als in allen anderen Saisonen seit dem Aufstieg. Das Wort zum Sonntag (und zu diesem Faktum) kommt von Werner Gegenbauer, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Hertha BSC: "Mich interessieren diese nach hinten gewandten Statistiken gar nicht." Das ist nicht nur sehr schlechtes Deutsch, sondern auch schlechtes Denken, denn die "nach hinten gewandten Statistiken" sind das Material, mit dem der (nach vorne gewandte?) Dreijahresplan abzugleichen ist, von dem Gegenbauer unbeirrt spricht. Sein Desinteresse für Statistiken gleicht dem eines Wirtschaftsführers, der über eine schlechte Jahresbilanz einfach hinweggeht, weil er nach vorne eine Vision hat. Die Zeit macht aus Visionen aber wieder Statistiken, und wenn Gegenbauer so weitermacht, wird ihn irgendwann die faktische Hertha nicht mehr interessieren, sondern nur das verschwommene Bild, das er von ihr hat.

Samstag, Dezember 22, 2007

Ghetto Superstar

Die wunderbare Weihnachtszeit mit gut zwanzig Übertragungen aus der Premier League in gut einer Woche begann gut: Arsenal setzte sich gegen Tottenham im Nord-London-Derby mit 2:1 durch. Tore durch Adebayor und Bendtner, Gegentreffer durch Berbatov, Almunia hielt einen Elfer von Robbie Keane, Lehmann musste anerkennen, dass sein Rivale auch Spiele für die Mannschaft gewinnen kann. In der Startformation von Tottenham: Kevin-Prince Boateng auf der "Dardai-Position". Er spielte so, wie ich es aus Berlin noch gut in Erinnerung habe: nicht übermäßig engagiert, aber ballsicher und mit Gespür für den Raum. Die konservative Spielanlage war sicher auch den Anweisungen des Trainers geschuldet. In der ersten Halbzeit wäre der "Ghetto Superstar" aus dem Wedding (die englischen Tabloids!) fast berühmt geworden, als er eine Banane über Almunia in die lange Ecke probierte. Es fehlten wenige Zentimeter. Nach der Pause erwachte Arsenal ein wenig aus der Lethargie, ging in Führung, und setzte sich auch in den Zweikämpfen durch. Da war von Boateng dann das zu sehen, was wir auch schon kennen: rüdes Einsteigen, dafür die gelbe Karte, worauf Juande Ramos ihn prompt durch Huddlestone ersetzte. Trotzdem kann der Prinz den Nachmittag als Erfolg verbuchen: während seine ehemaligen Kollegen im Niemandsland der deutschen Tabelle überwintern, tritt er in der besten Liga der Welt allmählich in Erscheinung.

Donnerstag, Dezember 20, 2007

Scouting

Vom Leverkusener Auftritt am Züricher Letzigrund habe ich mir gestern nur die erste Halbzeit im Nilkreuzfahrtensender DSF angesehen. Wollte Raffael in Augenschein nehmen, bekam aber nicht viel zu sehen außer technische Ansätze. Was er gestern zeigte, war typischer Nadelöhr-Fußball - auf winzigem Raum kann er eine Menge, der Raumgewinn hält sich aber auch oft in Grenzen. Immerhin spielt er manchmal ähnlich intelligent ab wie Pantelic, und geht weite Wege. Er würde das Spiel sicher nicht so an sich vorbeiziehen lassen wie Lima, und Pantelic könnte ihm die Räume schaffen, die er braucht. Für ein 4-2-3-1 ist er sicher nicht geeignet, es sei denn, Favre zieht ihn auch für die linke offensive Außenposition in Erwägung. Wird er gekauft (was sich anscheinend abzeichnet), dann bleibt doch die Hauptfrage der Hertha weiterhin zu beantworten: Wie bastelt sie aus Mangelvalenz ein flexibles Vierermittelfeld?

Mittwoch, Dezember 19, 2007

Stammbuch

Arsène Wenger bastelt weiter an seinem Ruf als Sentenzenmeister des Fußballs. Gestern konnte er sich über ein 3:2 seiner Buben im Carling-Cup-Match bei den Blackburn Rovers freuen. Diaby und Eduardo sorgten für eine schnelle Führung, vor der Pause schaffte Santa Cruz noch den Anschlusstreffer, später glich der frühere Bayern-Spieler, der auf der Insel viel regelmäßiger spielt und trifft, sogar aus. In der Verlängerung, da war Arsenal nach einer roten Karte gegen Denilson schon dezimiert, schoss wieder Eduardo den Siegestreffer. Den Ablauf charakterisierte Wenger so: "When our football didn't speak anymore, we had to give something else: character." Dies auch den Herthanern ins Stammbuch zu Weihnachten. Der Vollständigkeit halber, und weil einige Namen dabei sind, die wir uns schon einmal merken können, hier noch die Aufstellung von Arsenal: Fabianski. Hoyte-Song-Senderos-Traore. Diarra-Denilson-Randall (Barazite)-Diaby. Bendtner-Eduardo (Gibbs).

Sonntag, Dezember 16, 2007

Ebbe und Flut

Gestern war "Super Sonntag" in der Premier League, die vier Spitzenteams traten gegeneinander an. Zuerst setzte sich Manchester United mit 1:0 in Liverpool durch, dann schaffte Arsenal das gleiche Ergebnis im Emirates Stadium gegen Chelsea. Wie intensiv umkämpft diese Matches waren, zeigt ein Eintrag aus dem Live-Ticker des Guardian aus der zweiten Halbzeit im Emirates. "52 mins: Ebb. Flow. Ebb. Flow. Loose pass. Tackle. Shank. Loose pass. Miscontrol. Throw-in. Hoof. Tackle. Whistle. Whinge. Pointless sprint. Pass. Tackle. Shank. Ebb. Flow. Ebb. Flow. Loose pass. Tackle. Shank. Loose pass. Miscontrol. Throw-in. Hoof. Tackle. Whistle. Whinge. Pointless sprint. Pass. Tackle. Whistle. Whinge. Shank. Ebb. Flow. Ebb. Flow. Loose pass. Tackle. Shank. Loose pass. Miscontrol. Throw-in. Hoof. Tackle. Whistle. Whinge. Pointless sprint. Pass. Tackle. Shank." Klingt langweilig, war hochklassig auch tatsächlich eher auf der Zweikampfebene. Gegen Chelsea gibt es keinen "flow", das Spiel von Ebbe und Flut, das der Guardian beobachtete, verlief sich eher in kleinen Wirbeln, Mini-Malströmen, aus denen Rosicky oder Adebayor zwar meistens mit dem Ball auftauchten, auch noch einen Pass schafften, dann ging das Strampeln aber schon wieder los. Für das entscheidende Tor brauchte es einen Fehler von Petr Cech und einen kleinen Schubser von Gallas gegen Ben Haim, Sekunden vor dem Pausenpfiff. Die Bundesliga macht Pause, die Premier League wogt weiter.

Hauptstadt

Immer wenn der FC Bayern München zu einem Auswärtsspiel in das Olympiastadion kommt, kann Berlin sich so richtig als Hauptstadt fühlen. Denn offensichtlich leben viele Anhänger des FC Hollywood hier, und einmal im Jahr holen sie ihr Makaay- oder Ballack-Jersey aus dem Schrank, und mischen sich unter die 35.000, die gewöhnlich zu Heimspielen der Hertha gehen. So verdoppelt sich die Zuschauerzahl, selten wird der Spitzenspielzuschlag auf den Eintrittspreisen aber auf dem Feld gerechtfertigt. Gestern war es eine rechtschaffen jämmerliche Angelegenheit. Ich kam erst zur zweiten Hälfte, weil ich davor noch ein Interview mit einem aus Ulm gebürtigen Hollywood-Regisseur zu absolvieren hatte (öde Sache). Lucien Favre hatte endgültig die Lehre aus der Hinrunde gezogen, Simunic wieder in die Viererkette gestellt und Friedrich dort nach rechts hinausgezogen, im zentralen defensiven Mittelfeld waren mit Dardai und Mineiro die zwei Staubsauger tätig, davor Gilberto und Lustenberger, davor Grahn als Hänger und Pantelic als wie immer einsamer Aktivposten. Nach hinten ging das Konzept auf, weil die Bayern ihrerseits von hinten heraus einen Stiefel spielten, der kaum zu ertragen war. Nach vorn wäre das Konzept der Hertha beinahe auch aufgegangen, als ausgerechnet Dardai einmal gut zum Zufallsschuss kam - zum Glück drehte Rensing den Ball noch vom Tor weg, sonst hätte Dardai am Ende noch am Spielfeldrand einen neuen Vierjahresvertrag bekommen. Er war nämlich schon einmal Torschütze bei einem Sieg gegen Bayern gewesen, schon damals fiel er als epimoderner Spielertyp auf, irgendwie hat es die Hertha aber in den fünf Jahren seither nicht geschafft, über ihn hinauszukommen. Die Ballverluste, die Hertha sich gestern an der Dreißigmetermarke leistete, also dort, wo der Spielaufbau konkret wird, waren grauenhaft. Grahn zuvorderst, bei ihm kann man die Langsamkeit in den Ganglien quasi eins zu eins auf dem Feld erkennen, würde man ihm einmal ein Video zeigen, das ihn über neunzig Minuten bei der Arbeit zeigt, er würde über seine Körpersprache und seinen gemächlichen Trab vielleicht sogar erschrecken. Er ist technisch gut, alle anderen Tugenden hat er verkümmern lassen. Gilberto war geringfügig besser, auch bei ihm war die Bilanz aber negativ, einer guten Ballbehauptung oder gar einem Pass standen immer zwo, dro provozierende Nachlässigkeiten gegenüber. Signifikant eine Szene gegen Schluss, als ein möglicher Angriff der Hertha durch einen langen "Verlagerungspass" auf Friedrich verlangsamt wurde - der Kapitän sah kurz nach vorne, entschloss sich dann aber zu einem Rückzug, er ist offensiv schon lange eine Vorgabe. Ein 0:0 vor der Winterpause, zumal gegen den FC Bayern München, kann aber trotzdem als Erfolg erscheinen, wenn man vorher gründlich abgewirtschaftet war. So geht die Hertha beinahe versöhnt in die Winterpause, während der FC Bayern München feststellen musste, dass er nicht nur Anhänger in aller Welt hat, sondern auch einen Fanblock: Von dort wurde die Mannschaft am Ende heftig ausgepfiffen. Die Hertha aber konnte erhobenen Haupts in die Kurve gehen. Sieger der Hinrunde ist Pal Dardai. Er ist zurück im Team. An ihm kommt weiterhin niemand vorbei. Was für ein Elend!

Mittwoch, Dezember 12, 2007

Stagnation

Der neue "tip" bringt eine Liste der "Gründe für die Stagnation von Hertha BSC": "Dieter Hoeneß, Manager (zu viele Kompetenzen, zu wenig sportliche Kompetenz). Werner Gegenbauer, Aufsichtsratsvorsitzender (nicht kritisch genug). Bernd Schiphorst, Präsident (nicht kritisch genug). Falko Götz, Ex-Trainer (konzeptlos). Pal Dardai, "Routinier" (Spielzerstörer). Josip Simunic, Superkönner (schöpft sein Talent nicht aus). Arne Friedrich, Kapitän (wächst nie über sich hinaus). Karel van Burik, Spielerberater (Kaderzerstörer). Ostkurve, Fanblock (liegt mit dem Verein im Clinch). Olympiastadion, kalte Hütte (zu monumental für Hertha)." Dass Dardai so weit oben steht, mag willkürlich erscheinen, interpretiere ich aber als Beleg für die Behauptung von der mangelnden sportlichen Kompetenz des zu Recht niemals so bezeichneten, de facto aber diese Funktion ausübenden "Sportdirektors" Dieter Hoeneß - sich vorzustellen, man könnte im defensiven Mittelfeld mit einem Spieler wie Dardai (oder Mineiro) auch nur irgendwie an transprovinzielles Niveau anknüpfen, ist naiv. In diesem Blog ist die Ignoranz bei Hertha gegenüber den taktischen, technischen, kreativen Herausforderungen der "Position 6" häufig Thema: Dardai ist in diesem Sinn tatsächlich ein "Spielzerstörer", und Simunic, der das Zeug hätte, dort mehr zu machen, bleibt bei seinem alten Stiefel. Der "tip" hat daneben auch noch eine Liste der peinlichsten Niederlagen von Hertha, und eröffnet diese richtigerweise mit der Niederlage in Leverkusen vor gut einem Jahr - das war der Tiefpunkt der "Ära" Götz, ungefähr auf diesem Niveau ist die Mannschaft jetzt auch wieder.

Dienstag, Dezember 11, 2007

Rebellion

Die "B.Z." bringt heute zum zweiten Mal das gewichtige Stichwort "Rebellion" ins Spiel, ohne dabei aber genau die Fronten klären zu können. Korrekter wäre wohl das Stichwort "Chaos", denn Hertha BSC bietet derzeit das Bild eines Vereins, in dem alle Beteiligten eine eigene Agenda haben, woraus ein Gesamteindruck des unproduktiv Agonalen entsteht. Ich sammle einige Projekte: Dieter Hoeneß will in die Geschichte eingehen. Werner Gegenbauer will eine Anerkennungskultur. Michael Preetz will aus dem Schatten treten. Jochen Sauer will nicht zu früh aus dem Schatten treten. Lucien Favre will eine neue Mannschaft. Jaroslav Drobny will Christian Fiedler abwehren. Sofian Chahed will einen Stammplatz. Arne Friedrich will nicht aus der Viererkette (von Joachim Löw) plumpsen. Steve von Bergen will in Berlin ankommen. Malik Fathi will einen Bachelor. Jo Simunic will zu viel (und zu wenig). Pal Dardai will auf unabsehbare Zeit unentbehrlich bleiben. Mineiro will eine Mütze. Gilberto will einen Rentenvertrag. Okoronkwo will ein Superstar sein. Pantelic will Bälle in den Fuß. Lima will einen schleichenden Durchbruch schaffen. Grahn will sein Haar im Wind wehen fühlen. Ebert will etwas erreichen. Wo ein Wille, da ein Weg. Wo viele Willen, da ein Gewurschtel.

Sonntag, Dezember 09, 2007

Abendgestaltung

Die Hertha hat meine Laune endgültig in den Keller gejagt, ich brauche mindestens zwei Folgen "Seinfeld", um mein Gleichgewicht wiederzufinden. Erbärmliches 1:2 in Nürnberg. Sollte eigentlich noch genauer analysiert werden. Interessiert mich aber nicht. Zu Jo Simunic ein Detail: wer die Spieleröffnung im defensiven Mittelfeld mit dem Rücken zum Ball (in dessen Besitz sich von Bergen gerade befindet) über sich ergehen lässt (irgendwo wird die Kugel ja sicher wieder auftauchen), wird seinen Gehaltszettel bald mit dem Tabellenplatz nicht mehr so ganz in Übereinstimmung bringen können. Vielleicht ist es aber auch einfach ein Fall von "Pech im Spiel, Schwefel am Matchday" gewesen - dafür spricht, was unser argusäugiger Korrespondent Valdano vor zwei Tagen beobachtet hat: "Am Freitagabend, so gegen 20.45 Uhr, saß ich leidend vorm Bildschirm in meiner Sportsbar, es stand 2:0 für den BVB, der an diesem Abend nichts tun musste, um zu gewinnen, und der dazu gar nicht in der Lage gewesen wäre, wenn er gezwungen worden wäre, Fußball zu spielen, gegen 20.45 Uhr also betrat in Jeans und blauem Anorak ein hochgewachsener Mann das Lokal, er schaute kurz auf den Bildschirm, er ließ sich einen Cynar oder dergleichen geben, und dann setzte er sich seelenruhig hin, um Karten zu spielen. Keine Ahnung, wie sein Blatt war oder sein Spielaufbau; sein Einsatz am Tisch allerdings war vorbildlich, er ging eigens den Block zum Aufschreiben holen, man sah, wie sich die kleine Holzkette um den Hals bewegte, und als im Westfalenstadion abgepfiffen wurde, war Joe Simunic noch munter."

Sonntagsbraten

Selten war ich so frustriert wie gerade eben, während Arsenal in Middlesbrough völlig verdient seine erste Saison-Niederlage kassiert hat: 1:2 nach einem Spiel, das als Klassiker der Taktikschulung verwendet werden könnte. Arsenal ging stark ersatzgeschwächt in die Partie gegen ein Team, das heuer bisher durch einen Mangel an Toren aufgefallen war. Fabregas, Flamini, Hleb und van Persie fehlten, das wurde in keiner Sekunde kompensiert. Middlesbrough dagegen hatte vorne Aliadière, der in der Sommerpause von Arsenal in den Nordosten gewechselt war. Er holte schon in der vierten Minute einen Elfer heraus (Touré beging das Foul), danach war es ein Match der einseitigen Leidenschaft, in dem Arsenal mit dem indiskutablen zentralen Mittelfeld Gilberto Silva und Diarra überhaupt nichts nach vorne zustande brachte. Sie kamen über neunzig Minuten nicht einmal in die Nähe von Torchancen. Die einzige Möglichkeit für mich, der ganze Sache etwas abzugewinnen, ist eine Umkehr der Perspektive - ich wünschte mir, Hertha würde einmal eine ähnliche Leidenschaft, taktische Disziplin und geistige Wendigkeit aufbringen, wie Middlesbrough es heute gezeigt hat. Dieser Triumph kam aus der Einstellung. Arsenal "were hussled into mediocrity" - die englischen Kommentatoren haben immer die richtige Formulierung. Am Ende konnte sogar Huth ins Spiel kommen, auch er konnte den 2:1-Sieg nicht mehr gefährden, der für Middlesbrough ein echter "sunday roast", ein "Sonntagsbraten" ist, für mich aber schwer zu verdauen.

Sonntag, Dezember 02, 2007

Sehnsucht

Verdient hat die Hertha gestern auf eigenem Platz 0:3 gegen Bayer 04 Leverkusen verloren. Aber auch bei diesem Spiel gab es eine Szene, die ich mir im Fernsehen noch einmal ansehen werde, weil sie vielleicht von vorentscheidender Bedeutung war und eine Wende möglich gemacht hätte. Es war kurz nach der Pause, Leverkusen führte durch Ramelows satt verwandelten "zweiten Ball" nach einem Freistoß mit 1:0. Die Hertha ließ sich durch den Rückstand nicht aus ihrem üblichen Trott bringen, nur Simunic, wieder im defensiven Mittelfeld tätig, schien entschlossen, etwas zu tun. Er befreite sich aus einer konfusen Situation mit zwei, drei Gegnern und schien schon unterwegs nach vorn, als er zurückgepfiffen und, wenn ich mich richtig erinnere, sogar verwarnt wurde. Vielleicht war es ja wirklich ein Foul. In den Ärger hinein, der die ganze Hintermannschaft befiel, spielte Leverkusen eine lockere Doppelpasskombination am gesamten Defensivpersonal vorbei, und Barnetta verwertete zum 2:0. Später gab es noch einen Treffer von Pantelic, der unglücklicherweise abgepfiffen wurde (der Schiedsrichter wartete nicht lange genug auf den Vorteil), und in der Schlussminute die Demütigung durch Barbarez (wieder auf der Chahed-Seite). Als ich nach Hause kam, spielte schon Arsenal bei Aston Villa, und der Kommentator verwendete häufig das Wort "desire" - zur Charakterisierung beider Teams. Wie würde man das übersetzen? In der Fussballersprache bietet sich natürlich "Gier" an, ich will aber bei der traditionellen Bedeutung "Sehnsucht" bleiben: die Hertha hat einfach keine Sehnsucht. Sie will nichts von ihren Spielen, außer vielleicht ernudelte drei Punkte. Sie spielt, mit der einen Ausnahme Pantelic und den kontroversen Ausnahmen Simunic und Ebert, einen Fussball, der technisch und geistig, läuferisch und taktisch so limitiert ist, dass ich mich wirklich frage, ob nicht auch Lucien Favre an dieser untrainierbaren Mannschaft scheitern wird. Die "Sehnsucht" kann man sich ja auch abgewöhnen, so wie man sich irgendwann vom Kino nichts mehr erwartet, wenn man lange nichts Gutes gesehen hat. Was Fathi, Friedrich, Mineiro, Gilberto und Chahed gestern gezeigt haben, war erbärmlich. Von Bergen nehme ich aus, der ist noch in der Probezeit, und Lustenberger hat erst sein zweites Spiel gemacht (dabei aber erkennen lassen, dass er rechts nicht viel bringt: er weicht Zweikämpfen aus und ist ohne Ball auffällig langsam). Pantelic war die übliche Ausnahme, ich ziehe einmal mehr meinen Hut vor seiner Einstellung und seinem Können. Bleibt der interessanteste Fall: Simunic. Seine Begabung ist in jeder Bewegung zu sehen, warum aber spielt er immer erst dann leidenschaftlich, wenn die Situation schon schwierig ist? Ich mache Favre den Vorwurf, dass er in mehrfacher Hinsicht die Mannschaft falsch einschätzt: Mineiro und Simunic im defensiven Mittelfeld stärken sich nicht, sondern lähmen einander. Simunic soll das allein machen, er MUSS herausgefordert werden! Gilberto ist als zentraler Spielmacher eine Vorgabe, das weiß jeder, der Hertha schon länger als eine Halbsaison beobachtet. Und Pantelic holt auch gegen fünf Leverkusener was heraus, trotzdem braucht er einen zweiten Mann neben sich. Favre ist offensichtlich eingeschüchtert von der Situation, er stellt zu konservativ auf, der armselige Kader gibt ihm dafür genügend Rechtfertigung. Gestern unterblieb die Balleroberung an der Mittellinie fast vollständig, das hat auch damit zu tun, dass sechs Männer auf dem Platz waren, die sich erst weiter hinten dafür zuständig fühlen konnten. Kam dann einmal einer in Ballbesitz, war er auf sich allein gestellt - von der Taktikschulung Favres blieb der falsche Rest, dass jeder seine Position hält und nichts wagt. Simunic brauchte nach dem 0:2 ungefähr fünfzehn Minuten, in denen er haderte und wenig lief. Dann brachte er sich noch einmal ins Spiel, und zwar so, wie ein Profi mit Sehnsucht (Paradebeispiel: Flamini von Arsenal) neunzig Minuten lang agiert. Nach dem Abpfiff blieb er allein in der Osthälfte, dann machten er und Pantelic noch einen Versuch der Kontaktaufnahme mit den Fans. Das rechne ich ihm auch hoch an, denn ich setze jetzt auf ihn. Wenn es noch Spieler in dieser Mannschaft gibt, deren Entwicklung mich interessiert, dann sind es diesen beiden - Josip Simunic und Marko Pantelic.

Donnerstag, November 29, 2007

Understudy

Als ich noch als Ankleider im Theater an der Wien tätig war, vor geraumer Zeit also, war mir der Begriff "Zweitbesetzung" sehr vertraut: Jede Rolle in einem wöchtlichen sechs- bis achtmal heruntergespielten Musical wie "Freudiana" oder "Elisabeth" hat eine Zweitbesetzung, nicht immer war diese der Herausforderung gewachsen, wenn es so weit war (es gibt auch eine großartige "Seinfeld"-Folge zum Thema). Arsène Wenger hat am Dienstag beim CL-Auswärtsspiel gegen Sevilla eine Mannschaft auf das Feld geschickt, die zum größeren Teil aus "Understudys" bestand: Traore statt Clichy, Denilson statt Flamini, Bendtner statt Adebayor, Hoyte statt Sagna, Eduardo statt van Persie, vor allem aber Senderos statt Gallas. Diese Personalie erwies sich als entscheidend, denn der Schweizer Nationalverteidiger bleibt ein Sicherheitsrisiko. Sevilla gewann mit 3:1, Lehmann wird sich gefreut haben, auch wenn Almunia keine Schuld trifft. Arsenal hat das erste Mal in dieser Spielzeit verloren, und geht nun in eine schwere Woche mit Auswärtsspielen bei Aston Villa, Newcastle und Middlesbrough. Gestern galt dann meine Aufmerksamkeit zuerst Liverpool, später Bremen - die Champion's League ist ihr Geld wert, zumal Werder ja auch mit einer Mannschaft gespielt hat, in der viele "Understudys" von einer Qualität waren, die bei Hertha schon Siebzehnjahresverträge hätten.

Mittwoch, November 28, 2007

Anerkennungskultur

Bei der Mitgliederversammlung am Montag war ich nicht, da lag mir das Karlsruhe-Spiel noch im Magen, und ich sah auch keine Möglichkeit, dass sich dort etwas Wichtiges ergeben würde. Aus dem Ältestenrat kam dann aber doch ein Statement, das ich unterschreibe: Manager Hoeneß macht zu viel. Geld und Sport, das stemmt kein Mann allein, und wenn er es tun will, dann leidet mindestens ein Bereich. Bei Hertha (bei Hoeneß) ist es auf jeden Fall der sportliche. Seine Ein- und Verkaufspolitik ist, über die Jahre und mit der Ausnahme Marko Pantelic, fragwürdig. Er hat die zentralen Probleme des Teams (defensives Mittelfeld) nie erkannt, er hat alle zwei Jahre seine Prämissen geändert, und er spricht beim Scouting immer noch zuerst von "Spielern, die uns angeboten werden" und nicht von "Spielern, die wir schon lange im Auge haben". Er sollte also einen Sportdirektor bestellen, das wäre die natürlichste Sache der Welt und würde seinem Nimbus als großer Macher nichts nehmen. Wird und will er aber nicht. Der Präsident des Aufsichtsrats, Gegenbauer, sprach in dem Zusammenhang von einer "mangelnden Anerkennungskultur" in Berlin. Lächerlich. Die ganze Führungsebene der Hertha ist eine einzige Anerkennungskultur, männerfreundschaftlich abgesichert nach außen und gegen (auch konstruktive) Kritik. Dass sich das im Kader und in den Leistungen über die Jahre widerspiegelt, ist kein Wunder. 2010 will Hoeneß die Mannschaft auf einem CL-Platz übergeben - wie das gehen soll, wo doch die anderen Vereine nicht schlafen und zum größeren Teil kompetenter geführt werden, ist mir ein Rätsel, das ich nicht durch Anerkennungskultur lösen will.

Freitag, November 23, 2007

Fanfreundschaft

Wäre die Hertha lernfähig (wofür es wenig Indizien gibt), dann müsste sie dieses Spiel ganz genau studieren: 1:2 beim Karlsruher SC, nach einer Pausenführung von 1:0. Der Sieg für die Heimmannschaft war in jeder Hinsicht verdient und erspielt, und zwar in einer Weise, die ziemlich genau dem entsprechen dürfte, was Lucien Favre sich unter einem "jouer juste" vorstellt. Kombinationssicher aus der Verteidigung heraus, laufbereit und immer wieder über die Flügel, so hat Karlsruhe auch dann die Ruhe nicht vollständig verloren, als Pantelic einmal zeigte, was wirksam sein könnte - er lief in einen riskanten Querpass, nahm den Ball mit, ein Weltklassehaken und ein Schuss aus 20 und ein paar Metern, das war gegen den Spielverlauf, und genau so hätte die Hertha das heute auch gewinnen können. Sie hätte dazu die Balleroberung in der Hälfte von Karlsruhe noch ein wenig leidenschaftlicher betreiben müssen, und sie hätte die gut zehn Minuten vor der Pause, als der Gegner ein wenig irritiert war, nicht verschleppen sollen. Hat sie aber getan, danach wurde sie Opfer des eigenen Phlegmas. In der Entstehungsgeschichte des Ausgleichs kann man deutlich erkennen, wie zum Beispiel Dardai in der Rückwärtsbewegung ein paar Schritte mit zu Boden gerichtetem Kopf dahintrabt, ein Spieler, der geistig gar nicht da ist, und dann auch nicht, als der wieder einmal völlig apathische Chahed eine flache Flanke von seiner Seite zulässt, die Hajnal annimmt, den in dieser Szene wieder einmal "schlendrierenden" Simunic verlädt, und einsendet. Beim Siegestreffer sah Malik Fathi alt aus, der Freis laufen ließ. Favre hatte halb mutig, halb konservativ aufgestellt, mit Lustenberger in der Spielmacherolle, und Dardai neben Simunic zentral defensiv im Mittelfeld. Pisczek rechts und Ebert links auf den Flügeln, allerdings nicht wirklich mit Zug nach außen und an die Grundlinie, auch deswegen, weil Chahed und Fathi von hinten die Variationsmöglichkeiten nicht schaffen und die Räume nicht offenlaufen. Man könnte das ganze Spiel heute auch deswegen zu einem Lehrspiel machen, weil die Körpersprache so viel verrät: die locker gespielten Pässe, die wirken wie im Training und auch tatsächlich in einem Spiel dieser Kategorie fehl am Platz sind - daran erkennt man, dass sich die Hertha immer noch nicht begreift, und gegen eine taktisch gute, willensstarke Mannschaft, die vom Standing her eigentlich "unter" ihr steht, findet sie selbst keine Mittel. Die Fans feiern jetzt noch Party, aus historischen Gründen, die sich meiner Kenntnis entziehen, gibt es eine Fanfreundschaft mit Karlsruhe. Ich war erst einmal in dieser Stadt, wegen eines Interviews mit Peter Sloterdijk, der mir in Jogginghose morgens die Tür öffnete. Es ging damals um ein Buch über Blasen. Der Hertha möchte ich zurufen: Get real, ihr Memmen! Und ich möchte zumindest Chahed und Dardai nicht mehr sehen, auch Okoronkwo nicht in der Form von heute, und für die rechte Offensivposition braucht es auch noch einen Mann. Und Favre könnte sich allmählich auf ein erkennbares Konzept konzentrieren - er redet fast nur von Taktik, verändert sie dabei dauernd, und lässt die Mentalität der Mannschaft, als wäre Coach Götz noch da. Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden.

Karlsruhe

Josip Simunic hat es gut gemeint mit England am Mittwochabend im Wembley Stadium. Er wollte die 2:0-Führung von Kroatien zur Pause nicht einfach ungefährdet nach Hause bringen, deswegen hat er Jermaine Defoe im Strafraum am Jersey gefasst und einen Elfmeter verursacht. Es hat letztendlich nichts ausgemacht, Kroatien hat 3:2 gewonnen und England wird nicht dabei sein im nächsten Jahr bei der Alpen-Europameisterschaft. David Pleat, einer der besten Fussball-Analytiker in England, beschrieb die Spielweise von Simunic als "ambling", soviel wie: "gemächlich", wobei auch noch ein wenig "Schlendrian" in diesem Wort steckt. Bei Kroatien ist Simunic eine feste Größe, auch bei der Hertha wird er vor dem heutigen Auswärtsspiel gegen Karlsruhe dringend erwartet. Offen ist noch, wer neben ihm im defensiven Mittelfeld antritt: Dardai oder Lustenberger (die Brasilianer kommen zu spät von ihren Länderspielen zurück). Pantelic kommt aus Serbien via Stuttgart - in diesen zehn Tagen, in denen zahlreiche Profis bei den Nationalteams waren, sah der Kader der Hertha wieder einmal ganz dünn aus. Ronald Reng hat neulich in einem guten Text beschrieben, was die nationalen Abstellungsphasen bei den Clubs so bewirken: de facto ist während der Saison kaum Zeit, im Team zu trainieren. Bei Barca waren teilweise nur vier Leute da. Heute also ein Auswärtsspiel bei einem Aufsteiger, der in der Tabelle vor der Hertha liegt - ein Spiel, für das keine seriöse Prognose möglich ist. Von der Papierform her müsste ein torloses Remis der wahrscheinlichste Tipp sein - vielleicht geht es aber auch so: Simunic auf Pantelic, Tor! Serbokroatisch, postnational, Clubfußball!

Samstag, November 17, 2007

Spielpraxis

Jens Lehmann ist in einer schwierigen Situation. Die Fragen, die ihm gestellt werden, kann er auf dem Platz nicht beantworten, weil er bei Arsenal nicht mehr die Nummer eins ist. Stattdessen beantwortet er anscheinend jeden Anruf eines deutschen Journalisten, und langsam wird daraus eine Chronik der Peinlichkeiten: Mit Gelegenheitsjobs bei Arsenal und regelmäßigen Einsätzen beim Nationalteam will er bis nächsten Sommer auf 20 Spiele kommen, das sollte reichen für ausreichend Spielpraxis, um bei der EURO 2008 deutscher Keeper zu sein. Jede neue Aussage (Hoffenheim!) nimmt ihm mehr von seinem Nimbus, am meisten hat er aber natürlich selber mit seinen beiden Fehlern zu Beginn der Premier-League-Saison beigetragen. Die Sache ist doch so: Lehmann ist ein exzellenter Torwart mit Schwächen in der Strafraumbeherrschung (da will er manchmal zu viel). Sein Rivale Almunia lässt bisher nicht erkennen, ob er selber ein exzellenter Torwart ist (wofür eine Menge spricht), der aber mental nicht immer auf der Höhe ist (worauf in diesem Jahr bisher nichts hindeutet). Almunia ist offensichtlich gereift in den letzten zwei Jahren, er ist großartig beim Herauslaufen (gegen ManU war er einmal zu schnell aus dem Tor), kühl bei Rückpässen, und souverän in der Luft. Hauptproblem von Lehmann ist, dass Arsenal heuer so wenige Chancen zulässt, dass bisher kaum einmal entscheidende Aktionen des Tormanns notwendig waren. Über Weihnachten wird die Saison in England erst so richtig ernst, im Frühjahr kommt die Champion's League in die Gänge - hätte er einfach geschwiegen, wäre er spätestens gegen Chelsea im Dezember wieder die Nummer eins bei Arsenal gewesen, da bin ich mir sicher. In seinem verletzten Stolz aber interveniert er dauernd über deutsche Medien bei seinem Coach - das ist so lächerlich, dass der Ausgang der Sache ungewiss geworden ist.

Freitag, November 16, 2007

Studium

Gestern habe ich noch geschrieben, dass Malik Fathi auf Bachelor studiert, eine Stunde später las ich, dass Cesc Fabregas nachmittags um 15 Uhr "Mathematik-Stunden" hat, weil er einen Studienabschluss in "Business" machen will - die besseren Fußballer drängen an die Uni, Bologna hin oder her. Im Spiel gegen Reading am Montag, einem ungefährdeten 3:1-Auswärtssieg von Arsenal, hat sich Fabregas übrigens mit breitem Grinsen eine gelbe Karte geholt, gegen Wigan in einer Woche wird er fehlen. Dafür hat Flamini, für mich einer der Spieler dieser Saison bisher, den ich im August noch nicht ganz im Ernst der Hertha zur Verpflichtung empfohlen habe, weil er bei Arsenal keine Chance mehr zu haben schien, Flamini also hat das Führungstor schießen können, weil Arsenal es mustergültig versteht, das Spiel immer wieder an die Flügel zu verlagern, sodass der defensive Mittelfeldspieler (der Simunic, wenn man das vergleichen möchte) sich häufig am Elfmeterpunkt bereitmachen kann. Nick Hornby, dessen Buch "Fever Pitch" in Wien gerade gratis 100.000mal unter die Menschen gebracht wird, sagt heute in einem Interview mit dem "Standard", dass er zwar immer noch zu Arsenal geht, aber nicht mehr ganz so mit dem Herzen dabei ist: Die Mannschaft feiert keine "häßlichen Siege" mehr, wie damals, als er mit ihr zusammenwuchs. Stattdessen geht er ins Emirates Stadium wie "ins Kino" - so sehe ich das auch, wenngleich nicht live. Großes Kino, mit Adebayor als "Super Fly" und Almunia als "Tormann am Rande des Nervenzusammenbruchs", mit Clichy aus "Beau Travail" und Wenger aus "Tagebuch eines Landpfarrers".

Donnerstag, November 15, 2007

Klapsmühle

Eine Woche, in der die meisten Herthaner bei ihren Nationalteams sind, ist für die Boulevardmedien eine schwierige Sache. Sie schreiben dann über den Hinterbliebenen Pal Dardai, der sich wundert, warum er seinen Stammplatz verloren hat ("ich sehe niemanden, der auf meiner Position viel besser ist als ich" - ich auch nicht, das ist ja das Problem), oder sie enthüllen, dass Malik Fathi sich an der Humboldt-Universität eingeschrieben hat, um einen Mono-Bachelor (so heißt das heute) in Sportwissenschaft zu machen. Den heißesten Fall hat aber die "Bild" entdeckt: die Seele von Josip Simunic. Nach seinen häufigen roten Karten hat der Kroate einen Mentaltrainer konsultiert, offensichtlich auf dringendes Anraten des Vereins. In Kroatien wurde er dazu befragt, die Antwort fiel kategorisch aus: "Weder bin ich nervös, noch bin ich wütend, und am wenigsten bin ich verrückt." Da ist es wieder, das alte Vorurteil, dass ein Mann sein Innenleben mit sich selbst auszumachen hat, vor allem ein Mann, der sein Geld mit einem Mannschaftssport verdient. Dabei ist Simunic ein klassischer Fall (ich wage eine Ferndiagnose): kulturell hin- und hergerissen zwischen Selbstbild und Realität, zwischen dem Macho-Haufen in der Nationalmannschaft und dem Testosteron-Vakuum in Berlin, zwischen Gehaltszettel und Leistungsdaten, zwischen coolen Aktionen und unbedachten Reaktionen, hat er einfach eine Menge zu verarbeiten. Diese Erfahrungen passen in keine Slot-Machine. Die Medien bilden eine Kulisse, die den Widerstand des Sportlers verstärkt: "Ich bin doch nicht verrückt." Dieter Hoeneß bildet eine Kulisse, die den Widerstand des Sportlers auch verstärkt. Herausfinden kann er nur durch gute Erfahrungen - idealerweise im defensiven Mittelfeld, wo er auch offensive Möglichkeiten hat, mit seinem Problem umzugehen. Wo er lernen kann, umzuschalten (das Spiel) in einer Kultur, in der alle ständig versuchen, "den Schalter umzulegen".

Sonntag, November 11, 2007

Rasenheizung

Die drei Punkte, die Hertha gestern bei widrigsten Bedingungen gegen Hannover 96 holte, können an Bedeutung kaum überschätzt werden. Schließlich hat sich die Mannschaft dabei gegen das Wetter, gegen einen der unangenehmsten Gegner und gegen die Regeln durchgesetzt, denn das späte Tor durch Lima war knapp abseits - egal, es zählte. Irgendwann in der zweiten Halbzeit, als es uns schon nicht mehr auf den Sitzen hielt, weil wir uns - pardon - nicht den Arsch abfrieren wollten, sagte ich zu Volker: "Das mögen wir - ein Geduldspiel, das am Ende der Zufall entscheiden wird." Dass es zufällig die Hertha war, die das Tor schaffte, hatte allerdings eine gewisse Logik: denn in die Vorgeschichte waren zwei Spieler involviert, die gestern zu den Gewinnern zählten, der dynamische Malik Fathi, der von seinem neuen Partner Patrick Ebert auf links zu profitieren scheint, und Josip Simunic, der sich mit seiner neuen Rolle im Verteilermittelfeld immer besser zu arrangieren scheint. Simunic schob Fathi den Ball in den Fuss für die flache Flanke, die Lima nur deswegen aus irregulärer Position übernahm, weil er noch einen Gegenspieler umrunden musste - wenige Minuten vorher war ein analoges Tor nach Flanke von rechts noch aberkannt worden. Die Rasenheizung im Olympiastadion war verspätet eingeschaltet worden, deswegen kam es überhaupt zu diesem Schneeregenspiel. Wie der Kader jetzt aussieht, hat Hertha wohl noch bis Winter einen Linksdrall: die konzentrierte Innenverteidigung mit von Bergen und Friedrich, davor Simunic, dazu Fathi und Ebert, das funktioniert wesentlich besser als rechts Mineiro, Chahed und Pisczcek (so gestern die Konstellation). Das 1:0 gegen Hannover 96 ist jetzt schon reine Statistik, mir sitzt es aber noch in den Knochen. Und Simunic spielte mit den kurzen Ärmeln!

Freitag, November 09, 2007

Provinz

Es sah eher nach Strafkolonie als nach Spaziergang aus, was Arsenal am Mittwoch gegen Slavia Prag erlebte: ein Match bei einem Wetter, bei dem man keinen Hund vor das Haus schicken würde. Es endete mit einem 0:0, das den Pragern nach der 0:7-Schlappe im Hinspiel die Würde zurückgab und Arsenal den einen Punkt, den sie noch brauchten für die sichere Qualifikation. Liverpool übertraf mit dem 8:0 gegen Besiktas das Schützenfest von London noch um ein Tor, der englische Kommentator zeigte sich zufrieden, dass die Mannschaft von Rafael Benitez endlich "rhythm and impetus" gefunden zu haben scheint. Ob das späte 2:2 von Bolton in der Allianz-Arena gegen Bayern München gestern im Uefa-Cup verdient war oder nicht, muss ich nicht entscheiden - es ist jedoch, zusammen mit den zwei späten Toren von Everton in Nürnberg, ein Indiz dafür, dass die Teams aus der Premier League im internationalen Bewerb auf Erfahrungen aus dem nationalen Betrieb zurückgreifen können, während die Erfahrungen der Bundesliga im internationalen Betrieb in die Irre führen. Deutsche Clubs erleben sich im Europacup als provinziell (in der Allianz-Arena war's jedenfalls der Rasen), während englische Clubs in internationalen Spielen ein wenig Atem holen können von den Strapazen der Liga.

Montag, November 05, 2007

Comeback Kids

In England spricht man von einem Comeback, wenn eine Mannschaft zurückliegt und dann doch noch zumindest die Niederlage abwehrt. Am Samstag ist Arsenal gegen Manchester United im eigenen Stadion zweimal zurückgekommen, das 2:2 hat gereicht, um an der Tabellenspitze zu bleiben. Dem Spiel war ein ziemlicher Hype vorausgegangen, Arsène Wenger hatte sich ein wenig im Ton vergriffen und ein "Kunstwerk" angekündigt. Es war dann eher eine Lehrstunde in taktischer Intensität, während derer ManU zeigte, dass die Mannschaft gefährlicher denn je ist: Gegen Ronaldo, Rooney und Tevez kann man nicht so ausschwärmen, wie Arsenal das gern tut; auf der anderen Seite hatte Adebayor einen schweren Stand, weil nicht so häufig wie sonst der Kombinationswirbel entstand, den Arsenal so gut kann. Van Persie hat ein wenig gefehlt, Bendtner ist wohl noch zu jung für ein Spiel dieser Sorte, und Eduardo gilt als noch in "adaptation time" befindlich. Walcott soll langfristig auch Mittelstürmer werden, dafür war am Samstag auch nicht die Zeit, das vorwegzunehmen. Im Sturm experimentiert Arsenal weiter, während ManU schon wieder ein fertiges Team hat. Der Ausgleich durch Gallas in letzter Minute, vom Linienrichter scharf gesehen und sofort gegeben, obwohl der Ball nur einen Sekundenbruchteil hinter der Linie war, kam ein wenig glücklich zustande - aber ist das nicht auch ein wenig die Signatur dieser Arsenal-Saison, die mit einem in letzter Minute sichergestellten Sieg nach Rückstand gegen Fulham begann? Nun haben sie mit Liverpool und ManU die ersten beiden massiven Blöcke ungeschlagen überstanden. Wobei Gallas dieses Mal die Führungsrolle bei den "Comeback Kids" übernahm. Das Spiel bei Slavia Prag am Mittwoch wird Arsenal wie eine Belohnung empfinden.

Sonntag, November 04, 2007

Nordbank-Arena

Eigentlich wollte ich gestern nach Hamburg fahren, um mit eigenen Augen das Stadion des HSV und das Auftreten der Hertha zu sehen. Ich habe mich dann kurzfristig dagegen entschieden, und so kam es, dass ich die Fernsehübertragung aus einer ganz besonderen Perspektive in Angriff nahm - denn davor lief ja schon Arsenal gegen Manchester United (dazu mehr in einem eigenen Eintrag), und es war unmöglich, die beiden Spiele nicht zu vergleichen. Als ich zur Bundesliga umschaltete, stand es schon 1:0 für den HSV, eine Chaosproduktion, wie ich später herausfand. Dann stand die Hertha fünfzehn Minuten lang am Abgrund, wurde aber nicht hinuntergestoßen: der schöne Pfostenschuss von Jerome Boateng war deutlichster Ausdruck des Glücks, das die Berliner an diesem Tag hatten. In der zweiten Halbzeit kamen sie zurück, Ebert traf zum Ausgleich, dann setzte die Hertha nicht nach, stattdessen legte sie eines ihrer zahlreichen geistigen Päuschen ein und erlaubte Reinhardt den Siegtreffer für den HSV per Kopf. Was lernen wir daraus? Erstens sind neunzig Minuten zu lang für dieses Team, das Konzentration und Leidenschaft immer nur für kurze Phasen aufbringt, und danach wieder nicht weiß, was es tun soll. Das kleine Minidrama zwischen Ebert und Boateng, zwischen dem Berliner Talent, das gerade seinen Vertrag verlängert hat, und dem abtrünnigen Berliner Talent, das in Hamburg rechts defensiv Stammspieler ist (war?), ging mit 1:0 an Hertha. Das Spiel drumherum, mit Simunic und Mineiro im defensiven Mittelfeld, mit Grahn in der "Spielmacherrolle" und Gilberto auf verschiedenen Positionen, mit Pantelic als einsamer Spitze und später Piszczek als Flügelspieler, ging mit 2:0 an den HSV. Grotesk geradezu der zweite Treffer: Van der Vaart ist auf rechts ganz allein, niemand geht ihn an, dafür stehen vier Spieler perfekt aufgefädelt unter der Flugbahn der Flanke, im Fünfmeterraum ballen sich dafür die Hamburger Massen um Arne Friedrich. Das nannte man früher Raumdeckung. Ich hatte gestern ein Spezialauge auf Jo Simunic, weil mich interessiert, ob er in dieser neuen Rolle vor der Abwehr ein wenig aufblüht. Körpersprachlich war nicht viel zu sehen, er stand auch oft eher herum, als dass er für die erste Bewegung im Spiel gesorgt hätte. Er spielte aber auch einige schöne verteilende Pässe, und hat zweifellos das Talent sowohl für den präzisen kleinen wie für den öffnenden Pass. Er sollte sich anschauen, wie Flamini bei Arsenal das gestern über neunzig Minuten gemacht hat - ständig in Bewegung, ständig signalisierend, dass er den Ball nehmen kann, ständig mit einem intelligenten Pass im Kopf schon bereit, ihn zu spielen. Dazu die Tacklings und Interventionen. Flaminis Spielauffassung sollte man Simunic beibringen - er hätte dann nicht nur mehr Spass an der Sache, er könnte endlich auch sein Talent "abrufen". Grahn erwies sich gestern einmal mehr als zu langsam (geistig und läuferisch) für eine hervorgehobene Rolle. Patrick Ebert deutete an, dass von ihm noch viel kommen kann. Den entscheidenden Unterschied sehe ich aber in der Einstellung: Hertha ist und bleibt eine lethargische Truppe mit interessanten Ansätzen, niemand ist willens, über 90 Minuten volle Konzentration zu gehen, und das taktische Konzept von Favre scheitert an technischen und taktischen Mängeln: für das schnelle Spiel in die Spitze braucht es erstens eine Spitze (Pantelic war gestern selbst nicht gut, Okoronkwo disqualifiziert sich schon wieder mit bemerkenswerter Konsequenz), und zweitens eine kompetente Ballannahme, also Technik. All das wurde zu Beginn der Saison trainiert und von den Profis so ausprobiert, als hätten sie gerade zum zweiten Mal das Einmaleins gelernt. Inzwischen sind die Lernerfolge verpufft, und alle spielen wieder so, wie sie das immer getan haben. Konsequenzen? Pantelic braucht einen Partner, mangels Kandidaten muss das wohl bis zum Winter noch Okoronkwo sein. Ede sollte auf links eine Chance bekommen, Gilberto und Simunic zentral, Ebert rechts. Viererkette hinten wie gehabt, Chahed allerdings zu Weihnachten raus, Malik Fathi kann sich noch steigern, und von Bergen und Friedrich werden sich finden.

Donnerstag, November 01, 2007

Besetzung

Nach dem Ausscheiden im DFB-Pokal gegen den Regionalligisten aus Wuppertal hat Manager Hoeneß einerseits Josip Simunic als Blitzableiter genommen (weil der Kroate wieder einmal ausgeschlossen worden war), andererseits die interessante Formulierung gebraucht, dass die Hertha "nicht optimal besetzt" ist. Das Fehlen von Pantelic ließ ihn darauf aufmerksam werden, dass in dem Kader, den er mehr oder weniger in alleiniger Letztverantwortung kompiliert hat, nicht viele gute Spieler sind. Machen wir doch einfach den leicht abgewandelten Kicker-Test, gehen wir die Spieler durch und ordnen wir sie ein: Drobny (Tor, Ligadurchschnitt). Chahed (Außenverteidiger, unterer Ligadurchschnitt), Friedrich (Kapitän, Innenverteidiger, oberer Ligadurchschnitt), Fathi (Außenverteidiger, Ligadurchschnitt), Simunic (zentrale Defensive, Ligadurchschnitt), Dardai (Mittelfeld defensiv, indiskutabel), Mineiro (Mittelfeld defensiv, unterer Ligadurchschnitt), Ebert (Mittelfeld offensiv, oberer Liagdurchschnitt mit Potential), Gilberto (Mittelfeld, oberer Ligadurchschnitt), Grahn (Offensivallrounder, Ligadurchschnitt), Pantelic (Angreifer, internationale Klasse), Okoronkwo (Angreifer, Ligadurchschnitt mit hoher Begabung), Lima (Angreifer, bedeutungslos). Und so weiter. Es gibt in dieser Mannschaft nur einen außergewöhnlichen Spieler, der war in Wuppertal nicht auf dem Feld, sondern saß brav neben dem Manager unter der Haube. Die Krankheiten der Hertha sind dem Manager seit Jahren nicht aufgefallen, ich schlage deswegen vor, dass er einen Sportdirektor engagiert, der sich besser auf die Zusammenstellung eines Kaders in Hinblick auf eine funktionsfähige Mannschaft versteht. Oder er holt sich einmal das DFB-Auge Siegenthaler und lässt sich von ihm sein Team erklären. Ich bin aus Wien zurück, und werde am Samstag, wie es aussieht, nach Hamburg fahren, um einmal zu sehen, wie das Team auswärts auftritt - das Spiel gegen den HSV sollte ihr entgegenkommen, der alten Dame Hertha, die dem Spielverständnis ihres Managers so unerfreulich ähnlich sieht, wenn sie nicht gerade ein wenig von Favres neuem Geist atmet.

Montag, Oktober 29, 2007

Welten

Ich bin gerade in Wien, wie jedes Jahr um diese Zeit. Am Wochenende habe ich drei Fussballspiele gesehen, drei Welten, weit voneinander entfernt. Am Freitag war ich live im Gerhard-Hanappi-Stadion in Wien-Hütteldorf, wo Rapid gegen den LASK ein irres 4:4 schaffte. Veli Kavlak, den Hertha auf der Liste hat, war dabei der auffälligste Rapidler. Ich stand im Sektor der LASK-Fans, und wurde nach dem Match eine Stunde im Stadion festgehalten, weil die Wiener Polizei es vorzog, die eingesperrten Fans zu bewachen und nicht die Straßen, auf denen diese zu ihren Verkehrsmitteln gehen hätten können. Das nenne ich Taktik, ihr deppaten Kieberer! Am Samstag in der nun schon gewohnten Sportbar im dubiosen Ringstraßenhotel Marriott die Konferenz aus der Bundesliga, in der Herthas 2:0 gegen Bochum natürlich keine große Rolle spielte. Immerhin hat Marko Pantelic ein tolles Tor geschossen - unser einziger richtig guter Mann! Gestern dann in derselben Bar das Duell zwischen Liverpool und Arsenal, das uns vielleicht deswegen so rasend schnell erschien, weil wir es ohne Ton sehen mussten. Tolles Match, bedürfte eingehender Analysen, Simon war für Liverpool, ich für Arsenal, wir mussten es am Ende beide zufrieden sein, so wie Carragher und Fabregas in den Interviews später jeweils von zwei verlorenen Punkten für ihr Team sprachen. Die englischen Zeitungen haben allerdings Arsenal "vorn", wie man so schön sagt, nicht nur in der Tabelle, sondern vor allem stilistisch - was wäre das erst für ein Spiel geworden, wäre Torres fit gewesen und auch van Persie, und hätte Benitez eine überzeugendere Anfangsformation als mit Voronin gefunden!

Sonntag, Oktober 21, 2007

Vorbild

Der Auftritt der Hertha gestern bei Werder Bremen wurde zu einem weiteren Schritt auf dem endlosen "Lernprozess", auf den sich der ganze Verein nunmehr schon seit den Tagen verständigt hat, als ich diesen Blog begonnen habe - also seit dem Scheitern des großen Anlaufs unter Huub Stevens Seither wird gelernt, umgebaut, entwickelt, und es kommt immer nur Stückwerk heraus. So auch gestern. Lucien Favre hatte Bremen während der Woche zum großen Vorbild ausgerufen, meinte dabei wohl auch allgemeine Professionalität und Transferpolitik. Den Unterschied konnte man dann bis in viele Details hinein genau studieren. Favre hatte eine anfangs experimentelle Taktik gewählt, die sich aber schnell relativ konventionell entflocht: Nur Simunic kam im defensiven Mittelfeld auf eine Position, die ihn vor interessante Herausforderungen stellt und ihn nebenbei dazu zwingt, am Spielaufbau teilzunehmen. Neben ihm Dardai, hinten Fathi-von Bergen-Friedrich-Chahed, weiter vorne Gilberto-Grahn-Ebert, und Pantelic als einziger Stürmer. Das ging in der ersten Halbzeit so gut, dass der Premiere-Kommentator die erste große Chance gar nicht so richtig bemerkte: ein toller Pass in die Tiefe auf Grahn, der rechts auf Wiese zuzieht, und eigentlich selbst verwandeln muss, dann aber einen Querpass spielt, der Werder noch die Chance zum Eingreifen lässt. Beinahe eine Kopie dieser Situation kurz vor der Pause, dieses Mal ist der Pass die ideale Möglichgkeit, und Gilberto muss dieses Tor machen, will Hertha an diesem Tag eine Chance haben. Er verstolpert. Nach der Pause kam die Hertha mit dem Spielwitz von Bremen nicht mehr mit. Von Bergen, der ein gutes, aber eben kein überragendes Spiel machte, zahlte ein wenig Lehrgeld, und Arne Friedrich, der ein gutes, aber kein überragendes Spiel machte, gleichfalls. Schlüsselfigur defensiv war aber in meinen Augen Chahed, der wieder mutlos und beim dritten Tor auch geistesabwesend spielte - auf dieser Position muss im Winter was getan werden. Besonders interessant war es aber, Grahn zuzusehen: Bei ihm ist noch offen, ob er sein Spiel irgendwann so effizient machen kann, dass seine technischen Fähigkeiten seine läuferischen Defizite und seinen Mangel an Entschlossenheit kompensieren können. Eine Charakterfrage, wie so oft. Bremens riskantes Spiel bot ihm gestern viele Räume, er hätte mehr daraus machen müssen. Dass Favre in der 60. Minute schon Pantelic vom Platz nahm, verstehe ich nicht. Der Coach trägt unserem besten Angreifer wohl immer noch das Misstrauen aus dem Sommer nach, als er in der Vorbereitung einen ächzenden Star sah, der nur langsam in die Gänge kam. Okoronkwo schoss zwar noch das 2:3 in letzter Minute, er konnte dem Spiel aber keine Wende mehr geben. Werder ist auch eine Mannschaft, die viel probiert, allerdings auf deutlich höherem Niveau. Gegen Bochum muss Hertha nächste Woche ein erstes Zeichen setzen, dass sie mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben will. Das Potential hat sie, ob sie aber auch den Mumm hat?

Dienstag, Oktober 16, 2007

Sirius

Der Sirius, auch Hundsstern oder Canicula genannt, ist der hellste Stern am Nachthimmel. Er ist nun nach längerer Verdunkelung über der Bundesliga aufgegangen, denn Leo Kirch (der von der "Kirch-Krise") hat für seine Agentur Sirius die Verwertungsrechte von 2009 bis 2015 gekauft. Er hat dafür einen Gegenwert von jährlich 500 Millionen Euro geboten, und für das erste Jahr angeblich auch schon eine Bankgarantie beigebracht. Die Hertha hat sich der Stimme enthalten (der HSV hat als einziger der 36 Clubs, die derzeit in den oberen beiden Spielklassen und dadurch im befugten Gremium vertreten sind, dagegen gestimmt). Berlins Geschäftsführer Ingo Schiller gab an, dass die Informationen zu kurzfristig vorgelegen seien, um eine Stimmabgabe zu ermöglichen. Dabei fragt sich, ob es die korrekte Reaktion auf ein derartiges Vorgehen ist, sich einfach der Stimme zu enthalten - ist doch jedem klar, dass damit in der Sache nichts getan ist, nur man selber kann später einmal sagen: Wir haben nicht dafür gestimmt. Einhalt geboten hat man aber auch nicht. Bernd Hofmann vom HSV verdient Respekt, die DFL hingegen braucht ein Kontrollgremium: Jetzt hat man bis Mitte des nächsten Jahrzehnts einen Partner, der - wie Arena gerade eben - schon wieder vom Aufbau einer eigenen Logistik in größtem Stil faselt, der alle Bilder und Töne kontrollieren will, der jede vernünftige journalistische Gewaltenteilung (im männerbündischen Fussball) unterlaufen will, der sich mit einem Wort als eine künftige Iswestija des deutschen Fussballs vorgestellt hat und dafür ohne Alternativmodell einen Zuschlag bekommen hat, angesichts dessen die Hertha die Hände nicht in Unschuld gewaschen, sondern in den Schoß gelegt hat.

Sonntag, Oktober 07, 2007

Polyvalenz

Berlin beginnt sich allmählich an Lucien Favre zu gewöhnen, und der Trainer umgekehrt auch an Berlin: Gestern beim Heimspiel gegen Cottbus probierte er eine Taktik, die ihm eine "Falko-Götz-Anstecknadel" einbringen sollte. Er zog Arne Friedrich zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder auf die rechte Außenposition (Simunic und von Bergen bildeten die Innenverteidigung), und zog Sofian Chahed ins rechte Mittelfeld. Vor der Abwehr spielten Mineiro und Dardai, links Fathi und Gilberto, vorne Pantelic und Lima. Favre spricht gern von "Polyvalenz", er mag es, wenn ein Spieler auf mehreren Positionen einsetzbar ist. Die Körpersprache von Sofian Chahed gab dazu einen beredten Kommentar: Mit eingezogenem Kopf und mit angezogener Handbremse schlich er rechts herum, immer bestrebt, korrekt zu verschieben, niemals daran interessiert, in einen freien Raum zu gehen. Mit dieser Mauerformation hat Favre die DNA der alten Hertha freigelegt: Diese Mannschaft ist an Lethargie und geistiger Armut nicht zu überbieten. Simunic ist das beste (schlechteste) Beispiel - defensiv ließ er sich zweimal gefährlich überlaufen, offensiv will er mit dem Match nichts zu tun haben. Einmal ließ er den vordersten Cottbuser aussteigen, sah freien Raum vor sich, zögerte dann so lange, bis der nächste Gegner kam, und spielte den üblichen Querpass. Die erste Halbzeit war das übelste Spiel, das ich im Olympiastadion seit den Uefacup-Auftritten vor zwei Jahren gesehen habe. Nach der Pause kamen Ebert für Chahed und Grahn für Dardai, es wurde aber nur wenig besser. Cottbus verlegte sich darauf, alle paar Minuten einen Mann vom Feld zu tragen zu lassen, und mit jeder Minute, die verstrich, wuchs die monströs langweilige erste Halbzeit zu einem Menetekel heran: Das ist Hertha BSC, wenn sie das Spiel bestimmen soll. (Sie hat noch eine andere Seite, eine reagierende, sie kann in einem schnellen Spiel manchmal etwas bewerkstelligen - ein langsames Spiel schnell machen, das kann sie nicht, dafür fehlt es ihr an Willen, Geist, Stolz.) In der letzten Minute vergab Pantelic noch einen Elfer - er war, trotzdem, der beste Berliner in einer indiskutablen Mannschaft. Lima, Dardai, Chahed, Okoronkwo waren Totalversager, Simunic und Grahn sind problematisch. Dass es für ein Match dieser Sorte noch Punkte gibt (Cottbus war ebenfalls inferior), entspricht den Regeln, ist aber ein Hohn.

Mittwoch, Oktober 03, 2007

Kevin-Prince Boateng

Am Montag hatte ich die zweite Halbzeit von Tottenham-Aston Villa laufen, und wurde so Zeuge eines denkwürdigen Matches, in dem Hotspur einen 1:4-Rückstand in letzter Minute durch ein Offside-Tor noch ausgleichen konnten. Für den Moment hat das wohl den Job von Trainer Martin Jol gerettet. Neuerlich nicht im Kader fand sich Kevin-Prince Boateng, der bisher mit dem First Team nichts zu tun haben scheint. Bei den Reserves spielt er jedoch, wie ich herausgefunden habe, eine dominante Rolle: In drei Spielen bisher war er an allen Toren beteiligt, hat eines selber geschossen und spielt anscheinend in der Regel durch - gegen die zweiten Mannschaften von Derby, Birmingham und Chelsea. Tottenham Hotspur wurde vor der Saison als Kandidat für die Top Four in England gehandelt - sie haben auch kräftig investiert, bisher aber wenig daraus gemacht. Für Kevin-Prince wäre es vielleicht besser, wenn sich die Sache mit Martin Jol, der definitiv schwer angeschlagen ist, nicht mehr allzulange hinzieht. Es sieht nicht so aus, als hätte er bei dem Holländer, der als Freund von Karel van Burik bezeichnet wurde, eine reelle Chance auf die erste Mannschaft. Ich würde ihn aber gern einmal sehen, einen Berliner Jungen an der White Hart Lane, und vielleicht irgendwann im Uefacup gegen Hertha im Olympiastadion. Das gäbe ein anderes Hallo, als wenn Asche Dejagah mit dem öden Vfl Wolfsburg kommt oder - das dräut uns vielleicht nächsten Samstag - der dann immer besonders fangfreudige Gerhard Tremmel mit Energie Cottbus.

Sonntag, September 30, 2007

Rückfall

Die beiden Spiele der vergangenen Woche brachten (neben der furchtbaren Verletzung von Lucio) einen Rückschlag für die Hertha, aus dem sie vielleicht wichtigere Dinge lernen kann als aus einem frühen Höhenflug. Das 1:3 im Heimspiel gegen Hansa Rostock am Dienstagabend, bei Flutlicht und tollen Bedingungen, war unnötig, aber nach dem sehr frühen Führungstor durch Pantelic in jeder Hinsicht verdient. Das war wieder die alte Hertha, die nicht nachsetzt und sich auf einer technischen Überlegenheit ausruhen zu können meint. Wichtiger aber war das Spiel in der Arena auf Schalke am Freitag, das ich nur im Fernsehen gesehen habe: Da wurden nämlich systemische Unterschiede deutlich, von denen ich mir nicht sicher bin, ob Lucien Favre sie mit der nötigen Dringlichkeit sieht und anspricht. Zwei Beispiele: der Unterschied zwischen der Achse Mineiro/Schmidt gegenüber Ernst/Jones, und der Unterschied zwischen den Torhütern Neuer und Drobny. Immer schon ärgere ich mich an dieser Stelle (ein Blog ist nun einmal ein Besserwissermedium) darüber, dass niemand bei der Hertha das zentrale defensive Mittelfeld als Aufgabe ansieht. Wer am Freitag sah, welcher gigantische Unterschied zwischen dem dynamischen Jones und dem aufreizend langsamen Ballschlepper Mineiro besteht (auch körperlich und auch in Hinsicht auf Autorität auf dem Platz), kann nur skeptisch sein für die Zukunft. Schalke spielte nominell mit einer Raute, de facto aber agierten Ernst und Jones so weit vorne, dass Hertha keine Luft hatte. Wenn sie selbst angriff, fehlte Pantelic ein Partner (dass Favre nach einer Stunde zuerst Lima brachte und dann sogar noch Pantelic für den in wirklich schwierigen Situationen nutzlosen Okoronkwo auswechselte, ist für mich ein klassischer "error of judgement"). Der Unterschied bei den Torhütern betrifft die Spieleröffnung: Neuer hat mit ein, zwei Abwürfen und Abschlägen für Spielzüge gesorgt, auf die Hertha nur in letzter Sekunde reagieren konnte - einer führte zu dem Elfmeter, den von Bergen verschuldete und Rafinha verwandelte. Drobny dagegen schießt oft einfach weit aus, noch nie habe ich ihn etwas eröffnen gesehen, eine Situation antizipieren, die er selbst erst schafft. Dass er auch in seinem Stellungsspiel nicht immer souverän wirkt, haben die Hyänen von den Berliner Tabloids schon gewittert - sie bringen schon wieder Fiedler in Position. Interessanter Moment in der Saison also, wir sind weniger weit von der alten Hertha entfernt, als wir uns wünschen würden. Unterschied: das technische Niveau ist gestiegen, die Spielintelligenz ist viel größer, aber an zentralen Stellen fehlt immer noch Personal, und mental ist die Hertha weiterhin viel zu unausgeglichen, um einen ähnlichen Charakter wie die gar nicht so toll anzusehende, aber virile und kollektive Schalke 04 zu entwickeln.

Samstag, September 22, 2007

Tabellenführung

Vor einem Jahr hat die Hertha auch schon einmal kurz die Tabelle angeführt, damals mit zwei Siegen und vier Remis. Nun steht sie wieder für eine Nacht ganz oben - mit vier Siegen und zwei Niederlagen. Das heutige 3:2 gegen den BVB war phasenweise begeisternd, zeigte aber auch jede Menge Lernbedarf. Ich war den ganzen Nachmittag hindurch ein wenig mellow, der Schlafmangel der letzten Nächte war zu spüren. Habe aber doch ganz gut mitbekommen, was sich da so tat. Die Hertha hat das Spiel dominiert, dabei aber keineswegs immer den Zug gezeigt, den sie drauf hat. Sie geriet in Rückstand, ein ganz unnötiges Tor, das aus einer dieser typischen Querpassketten in den Defensive entstand, von Chahed zu Friedrich, der zu Simunic, der zu Fathi, der dann schon weit links draußen stand und unter Druck geriet - plötzlich war der Ball wieder im Zentrum bei Petric, der mit einem Distanzschuss abschloss. Toll das Comeback noch vor der Pause, Pantelic verwertete volley einen Abpraller nach einem Freistoß von Ebert. Der Schiedsrichter wollte anscheinend viel laufen lassen, nicht immer sah das überzeugend aus, denn der BVB arbeitete mit vielen kleinen Fouls. Lima ist aber auch leicht umzustoßen. In der Pause sah es so aus, als wäre Grahn mit in der Kabine gewesen, die Mannschaft blieb aber unverändert, und bald bekam der heute wieder großartige Pantelic einen dieser typischen Bälle vertikal in den Lauf zwischen den Verteidigern - sein Schuss war satt, Weidenfeller wehrte zur Seite ab, dort war Lúcio mitgelaufen und schloss ab. Später kam Okoronkwo, der im Strafraum ein Solo gegen den langsamen Wörns anzettelte und eiskalt abschloss - er dehnte seinen Jubel gleich zu einer halben Ehrenrunde aus und fand nicht mehr ins Spiel zurück. Andernfalls wäre das Spiel wohl 4:1 ausgegangen, aber Oko bekam zwar noch mehrmals den Ball, ließ ihn aber nicht mehr laufen. Am Ende schwamm die zu diesem Zeitpunkt schon deutlich umformulierte Mannschaft (Simunic ins defensive Mittelfeld, von Bergen an seine Stelle, Mineiro für Ebert) noch einmal ein wenig. Der wesentliche Eindruck: Die Hertha schwankte heute zwischen den Andeutungen eines enormen Potentials und einem Mangel an Nachdruck und Konzentration, der nur in dieser Liga nicht fatal sein muss. In den Foren schreiben die Fans schon vom "Lichtbringer" Lucien. Es stimmt, er holt etwas heraus aus diesem Team, das plötzlich exzellente Technik zeigt und unglaubliche Spielfreude. Ich wünschte mir nur noch etwas mehr Autorität auf dem Platz.

Spitzenspiel

Rechtzeitig zum heutigen Heimspiel gegen den BVB sind wir wieder da (den Zumutungen des modernen Flugverkehrs gerade entronnen, gerieten wir gestern an einen Taxilenker, der seinen Wagen ähnlichen Belastungen wie ein moderner Fussballspieler aussetzte: schnelle Antritte und harte Bremsmanöver). Für mich beginnt die Saison mit der Hertha heute eigentlich erst so richtig, denn bisher hatte ich meistens aus der Distanz zusehen müssen. Manager Hoeneß hat auch schon die Parole ausgegeben: "Wer heute gewinnt, ist erst mal oben mit dabei." Damit hat er ganz Recht, und das ist auch erst mal deutlich vorsichtiger formuliert als im Vorjahr, als er - später in der Hinrunde allerdings - den denkwürdigen Satz sagte: "In der Liga trennt sich die Spreu vom Weizen, und wir gehören zum Weizen." Nicht mit Coach Götz, der zuviel Wildwuchs zuließ. Erst im Sommer fand die Umstellung auf nachhaltige Teamwirtschaft statt: Hoeneß fand in der Schweiz einen neuen Trainer, der geduldig ein Samenkorn nach dem anderen in die einzelnen Spieler einpflanzt - Schußtechnik (Okoronkwo), Wendigkeit (Ebert), Vertikalpässe (Friedrich) usw. Was da heranwächst, macht auch mir Spaß. Da geht es nicht darum, in den Himmel zu wachsen, sondern das Erdreich für viele Ernten fruchtbar zu machen. Eine Dreipunktewirtschaft. Wohlan!

Donnerstag, September 20, 2007

The Special One














Ein wenig sensationell ist sie schon, die Sache mit der Demission von José Mourinho als Trainer des Chelsea FC (in einem "mutual agreement", wie der Verein in einem offenen Brief betont). Sie hatte sich aber schon abgezeichnet, als nämlich vor nicht langer Zeit der Hund der Familie Mourinho nach Portugal zurückgeschickt werden musste - das Haustier war offensichtlich nicht den Vorschriften entsprechend importiert worden, die Rückreise fand in einem Privatjet statt. Vermutlich wurde Mourinho damals auch vom Glück verlassen, denn seither ist ihm mit dem Chelsea FC in seinem Brotberuf als Fussballtrainer nicht mehr so viel gelungen - stilbildend sind im Moment andere Mannschaften. Ich werde ihn vermissen, es gab keinen größeren Kindskopf als ihn in der Premier League, seine Arroganz und seine Krawattenknoten werden unerreicht bleiben, sein System hat sich als eines des Übergangs erwiesen. "The Special One" glaubte, er wäre größer als der englische Fußball. How silly!

New Model Army

Das 3:0 von Arsenal gegen den FC Sevilla gestern war deutlicher als der Spielverlauf, hat Arsène Wenger nach dem ersten Auftritt seines Teams in der diesjährigen CL gesagt. Er zählt das Team von Juande Ramos zu den Wahlverwandten, kann aber im Moment davon ausgehen, dass Arsenal schon einen Schritt weiter ist. Ich habe nur die viertelstündige Zusammenfassung auf Arsenal TV gesehen, bin also nur teilweise im Bild. Zu sehen war trotzdem genug. Seit Henry bei Barcelona spielt, hat Cesc Fabregas eine Dominanz im Spiel der Gunners bekommen, die außergewöhnlich ist für einen Zwanzigjährigen: den Führungstreffer porovozierte er mit einem Distanzschuss (der abgefälscht wurde), das vorentscheidende 2:0 fast genau zu vollen Stunde bereitete er mit einer schwer zu verteidigenden Freistoßflanke von links vor (van Persie schob ein), das 3:0 war dann eine typische Arsenal-Draufgabe in der Nachspielzeit: Hleb-Fabregas-Eduardo, zwei schnelle Pässe, und wieder war es Fabregas, der mit einem Lauf in den Rücken der Abwehr alles öffnete. Arsenal hat einen tollen Start in die Saison hingelegt, der einzige Punktverlust beim Remis gegen Blackburn ist Jens Lehmann anzulasten, der seither auch nicht mehr gespielt hat. Sein Ersatzmann Manuel Almunia hält gut, wirkt aber nie wie ein Weltklassekeeper. In England ist kürzlich schon zum ersten Mal der Hinweis auf die Saison 2003/04 gefallen, auf das Jahr der "Invincibles" - diese monumentale Saison wirft den Schatten, aus dem die New Model Army von Arsène Wenger in diesem Jahr treten könnte.

Mittwoch, September 19, 2007

Oligarchen

Am Sonntag haben wir in San Francisco den neuen Film von David Cronenberg gesehen: "Eastern Promises", eine brutale Geschichte aus der russischen Unterwelt in London. Die Stamford Bridge kommt darin auch vor, die entsprechende Szene kann man so lesen, dass eben auch kriminelle Russen in London gern zum Fußball gehen, oder aber auch so, dass der Chelsea FC selbst zum Einzugsgebiet des organisierten Verbrechens gehört. In diesem Zusammenhang ist es von beiläufigem Interesse, was die Zeitungen in diesen Tagen von den entsprechenden Oligarchen vermelden: Roman Abramowitsch lässt gerade die größte Yacht der Welt bauen, meldet "Vanity Fair". Alisher Usmanow, der gerade seine Anteile an Arsenal auf über 20 Prozent erhöht hat, hat die Kunstsammlung des Cellisten Mstislaw Rostropowitsch und dessen Frau gekauft, um sie auf russische Erde zurückzubringen. Der smarte Abramowitsch wird bald selbst vollständig offshore leben, der wenig feinsinnig wirkende Usmanow arbeitet gegen sein Image als feister Kapitalist an. Der Populist Michel Platini hat sich indes mit einem offenen Brief wichtiggetan, in dem er ein wenig willkürlich Manchester United und den FC Liverpool dafür kritisiert, dass sie nicht mehr sich selber gehören, sondern Investoren. Warum er wohl den FC Chelsea nicht erwähnt hat? Vielleicht hatte er Besuch von einem russischen Handlanger.

Mittwoch, September 12, 2007

Team 2011

Aus der Ferne ist es noch deutlicher so, dass mich die Nationalteams nur in Ausnahmefällen interessieren. Dass ich Deutschland morgen nicht spielen sehen kann, ist also nicht so schlimm, auch wenn die Hertha-Fans in den Foren ein wenig Aufhebens darum machen, dass Arne Friedrich vielleicht als Kapitän auflaufen könnte. Interessanter finde ich da schon die Farce Ballack - dass ein Club wie Chelsea eine ganze Woche lang Anfragen vom DFB nicht bearbeitet, obwohl sie in Adidas den gleichen Ausrüster haben, ist bemerkenswert und erlaubt nebenbei interessante Einblicke in die hochspezialisierte Welt eines Weltklasseathleten, dessen Versicherung mehrmals am Tag mit der entsprechenden Aufgabe wechselt. Und für den Rest meiner derzeit unterforderten Fussballaufmerksamkeit habe ich immer noch Arsenal und den Fünfzigjahresplan: Arsène Wenger hat ja letzte Woche bis 2011 verlängert, quasi als Dreingabe hat er einen weiteren 16jährigen bekommen, den Franzosen Gilles Sunu, der sich sicher gut neben Nacer Barazite oder Havard (und nicht, wie ich an dieser Stelle vor einigen Wochen vorschnell und elfenbeinligig geschrieben habe: Harvard) Nordveidt ausnehmen wird, im Team 2011, in dem Cesc Fabregas, auf den dieser Blog von Beginn an große Hoffnungen gesetzt hat, dann schon der Ehrenroutinier sein wird. Neben ihm spielt dann übrigens Fabian Lustenberger.

Donnerstag, September 06, 2007

Seltenes Ergebnis

Ich zitiere von der offiziellen Webseite von Hertha BSC: Herthas U17 hat die erste Hürde im Berlin-Pokal mit Bravour gemeistert: Gegen die B-Junioren von Hilalspor Berlin (Bezirksliga) gewannen die Schützlinge von Trainer Thomas Krücken mit 41:0. Im Hinblick auf das wichtige Bundesliga-Spiel in Osnabrück schonte Krücken angeschlagene Spieler. "Ich bin sehr zufrieden mit den Jungs, die gespielt haben. Wir haben bis zur letzten Minute konsequent aus den Positionen agiert, ohne nachlässig zu werden", sagte er nach dem Sieg. Gleichzeitig verteilte er aber auch Lob an den Gegner: "Hilalspor hat sich nicht hinten reingestellt und versucht mitzuspielen. Das durfte man nicht erwarten."

Dienstag, September 04, 2007

Verkehrsmittel

Der immer stolze Coach José Mourinho hatte eine plausible Erklärung dafür, warum Roman Abramowitsch nach dem 2:0 für Aston Villa gegen Chelsea am Sonntag frühzeitig den Ort des Geschehens verließ: Er wollte wohl dem Verkehr ausweichen. Dies über einen Mann, der in der Regel mit dem Hubschrauber kommt. Die Alphatruppe aus London wurde von den Störenfrieden aus Birmingham ziemlich gut in Schach gehalten, es gab in der Zeitlupe einmal ein Tackle von Laursen zu sehen, das gut und gerne auch in den Film Anaconda passen würde. Als Agbonlahor kurz vor dem Ende einen Konter über links zum Endstand abschloss, deutete sich an, dass das für Chelsea eine ganz harte Saison werden wird. Nun haben sie das 25-Mann-Aufgebot für die CL bekannt gegeben, und Michael Ballack dafür nicht nominiert - ein Schlag ins Gesicht des deutschen Superstars, der damit jetzt schon für die Winterpause zum Verkauf freigegeben ist. So deuten das jedenfalls die englischen Beobachter. Felix Magath hatte ja für die Niederlage von Wolfsburg am Samstag in Berlin auch eine verkehrstechnische Ausrede parat: Die DB, der Berliner Sponsor, hatte zwei Stunden Verspätung zwischen der niedersächsischen Metropole und der Hauptstadt, allerdings schon am Freitagabend. Die Nachtruhe war ungefährdet, das rechtzeitige Eintreffen im Olympiastadion auch. Das Spiel der Hertha habe ich mir gestern im Hertha TV (Innovation!) angesehen, auf einem kleinen Sichtfenster (die Bildrechte für Fullscreen waren wohl zu teuer) - der Eindruck täuscht vielleicht, was mir aber auf jeden Fall positiv auffiel, ist die neue Wendigkeit der einzelnen Spieler. Favre lässt Körpertäuschungen und blitzartige Verlagerungen eigens üben, in vielen Szenen war zu sehen, dass die Ballannahme jetzt schon mit einer Idee der Spielfortsetzung einhergeht. Würde gern wissen, was Falko Götz sich so denkt, wenn er das alles sieht.

Sonntag, September 02, 2007

Fruehstuecksfernsehen

Der Flughafen Heathrow gilt als chaotisch. Ich habe gestern davon profitiert, denn die BA-Maschine nach Toronto war erst mit einer Stunde Verspaetung startklar, deswegen konnte Simon mir noch den Endstand des Hertha-Spiels gegen Wolfsburg durchgeben: 2-1 durch ein spaetes Tor von Okoronkwo. Die Mannschaft scheint dem Publikum im Olympiastadion heuer etwas zu bieten. Ich war also gut gestimmt fuer den langen Flug, auf dem wir uns dann bei der Komoedie Blades of Glory auch noch sportlich amuesierten. Gerade habe ich im Keller des Hauses in Scarborough, GTA, aus dem ich vor drei Jahren schon einmal korrespondiert habe, das 3-1 von Arsenal gegen Portsmouth gesehen, eine exzellente Team-Leistung, die sehr verheissungsvoll fuer die lange Saison wirkt. Besonders gefaellt mir der schon abgeschriebene, extrem "polyvalente" Mathieu Flamini, der heute hinten rechts spielte. Der hiesige Soccer Channel ist auf die Premier League konzentriert, es sieht nicht so aus, als waere Bayerns Auftritt beim HSV irgendwo zu sehen. Egal, das war ein Auftakt nach Mass fuer das Auswaertsspiel bei den transatlantischen Verwandten. Und jetzt ist noch nicht einmal Mittag.

Freitag, August 31, 2007

Kommersant

Bei Arsène Wenger persönlich würde Alisher Usmanow vielleicht keinen Vertrag bekommen (er hat not exactly "the looks of Arsenal"), durch die Hintertür kommt der usbekische Geschäftsmann jetzt aber doch ins große Spiel um den Club aus London: David Dein, ehemaliger wichtiger Funktionär, dann im Streit ausgeschieden, hat seine Anteile verkauft, und schon haben die englischen Tabloids ihren Spaß. Wenger mit Pelzhaube, und so weiter. Ob Usmanow einer zweiter Abramowitsch wird, hängt auch davon ab, ob er mehr als die gut 15 Prozent Anteile bekommt, die er jetzt erst hat. Er gilt als Putin-Freund, besitzt aber auch die Wirtschaftszeitung Kommersant, deren liberalen Kurs er bisher nicht hintertrieben hat. Am Sonntag spielt Arsenal gegen Portsmouth, da sollten A. und ich schon in Toronto sein, und weil die Schwiegereltern eigens für den Besuch aus Europa den "soccer channel" im Kabelpaket gebucht haben, könnte dies von mir sogar verfolgt werden - Frühstücksfernsehen Premier League. Hertha morgen gegen Wolfsburg, da sitzen wir gerade in Flieger der British Airways. Hätte gern gesehen, ob Tobias Grahn diese Woche ein wenig Match-Fitness dazugewonnen hat. Hätte auch gern gesehen, ob Josip Simunic morgen die Bank drücken muss. Ich möchte dann zum Heimspiel gegen Dortmund wieder da sein, bis dahin also Fussball aus der Perspektive des "soccer channels".

Montag, August 27, 2007

Charisma

In den Montagsblättern wird die Niederlage von Hertha vor zwei Tagen bei Arminia Bielefeld durchweg recht positiv kommentiert. Da wird eine Überlegenheit der Berliner beschrieben, die ich so nicht gesehen habe, die aber sicher bestand: Ballbesitz, Technik, da gab es eine Menge zu hoffen. Kann mich aber erinnern, dass ich am Samstag vor dem Fernseher saß und mir dachte: Sieht gut aus, was aber, wenn sie einfach kein Tor schießen? Denn nach einem Tor sah es nicht so richtig aus. Aus den Zeitungen war dann auch zu erfahren, dass Tobias Grahn zur Halbzeit ausgewechselt wurde, weil es ihm noch an Match-Fitness fehlt. Seine Schwalbe kurz vor der Pause hat die Schiedsrichter sicher weiter darauf sensibilisiert, was die Herthaner im Strafraum machen - der berechtigte Elfer, den sie demnächst nicht bekommen, wird ihnen hoffentlich nicht abgehen (van Persie hat am Samstag für Arsenal auch einen Penalty vergeben, und Fabregas hat ihn wenig später herausgerissen). Grahn möchte ich auf jeden Fall wiedersehen, auch und gerade im Zusammenspiel mit Pantelic. Am Samstagabend war dann Lucien Favre noch im ZDF-Sportstudio: es war ein Auftritt, der für ihn eine Folter gewesen sein muss, denn es gab überhaupt kein Gespräch, jede Frage wurde durch einen dämlichen Einspieler ergänzt. Favre war deutlich nervös, noch deutlicher war aber, welches Charisma er haben kann. Hoffentlich tut er sich den deutschen Medienzirkus noch lang genug an.

Samstag, August 25, 2007

Bielefeld bei London

Ein Match, in dem Dardai Kapitän ist, darf die Hertha nicht gewinnen: Entsprechend hat sie heute in der Schüco-Arena in Bielefeld ein leicht zu habendes Match dämlich hergeschenkt, während nur eine halbe Stunde zeitversetzt in einer anderen Liga (nie war dieser Ausdruck zutreffender) Arsenal in einem Duell auf Biegen und Brechen die bisher in drei Spielen siegreichen Manchester City durch ein Tor von Cesc Fabregas in der 80. Minute schlug. Ich war da schon dabei, habe davor aber doch die Hertha angeschaut, weil ich eigentlich voller Hoffnung war, aber schon in der ersten Halbzeit erwies sich, dass die mögliche Überlegenheit ständig durch inkonsequentes Spiel und naive Ballverluste vergeben wurde. Tobias Grahn führte sich mit einer Schwalbe ein, er deutete aber für meine Begriffe an, dass er etwas bringen kann. Favre sprach ihm aber zur Pause das Misstrauen aus, danach zeigte Gilberto einmal mehr, dass er als zentraler Spielmacher nicht geeignet ist. Vorne behauptete Okoronkwo kaum einen Ball, links trieb Lucio den Ball unermüdlich vor sich her und in die Beine der Bielefelder. Zumindest machte die Defensive einen guten Eindruck: Simunic und von Bergen ließen wenig zu. Erst spät korrigierte Favre seine extrem konservative Taktik mit Schmidt und Dardai im zentralen Mittelfeld, es half aber nichts, weil da aus einem indirekten Freistoß vom Fünfer nach Rückpass auf Drobny schon das Tor gefallen war, dem Malik Fathi schließlich in der 90. Minute durch einen weiteren fatalen Rückpass (an Drobny vorbei, auf Wichniarek, den dankbaren Rächer seiner von der Hertha während seiner Berliner Zeit gründlich verletzten Ehre) ein zweites draufsetzte. Zugegeben: Hertha spielte heute mit seinem zweiten Sturm. Pantelic war verletzt. Aber auch so darf man sich nicht so ziellos mit optischer Überlegenheit zufriedengeben. Chahed sollte sich für meine Begriffe heute aus der Mannschaft gespielt haben, der für ihn gekommende Mineiro hat in ihr aber auch nichts zu suchen. Belassen wir es bei dem Stehsatz von Favre: Noch viel Arbeit.

Spree-Beckham

Die Hertha verlässt sich bei Transfers auch weiterhin auf das Elefantengedächtnis: Wer ihr einmal wehgetan hat, wird irgendwann gekauft. Tobias Grahn hat vor noch gar nicht so langer Zeit, in der Ära von Coach Götz (die allerdings schon gefühlte Äonen zurückzuliegen scheint), mit dem dänischen Odense BK zwei gute Spiele gegen Hertha gemacht, die damals auch ausschied (Uefa-Cup-Quali). Seither stand er auf den Notizzetteln, er schaffte noch ein dürres Jahr in Spanien bei Tarragona, nun ist er in Berlin, und es kann durchaus sein, dass er heute bei Arminia Bielefeld schon zu sehen sein wird: Wenn Solomon Okoronkwo im Angriff nicht ganz allein bleiben soll (Marko Pantelic ist lädiert), dann bietet sich in einem Auswärtsspiel gegen einen massierten Gegner eine hängende Spitze an, das kann Grahn gut spielen, er könnte zwischen Lucio links und Ebert rechts einen Verbinder geben, hinter ihm Mineiro und Lustenberger, wobei Favre wohl dem jungen Luzerner heute noch keinen Startplatz geben wird. Trotzdem: Die Aufstellung der Hertha ist wieder eine spannende Angelegenheit, es gibt Leute, auf die ich mich freuen kann. Steve von Bergen hat am Mittwoch neben Senderos für die Schweiz zu einem mehr als achtbaren 2:1-Sieg gegen die Niederlande beigetragen: Der eine wird heute in der Schüco-Arena spielen, der andere im Emirates Stadium, wo Arsenal parallel zur Hertha auf Manchester City trifft, die nach drei Runden in der Premier League ohne Gegentreffer sind. Könnte ein toller Nachmittag werden. Die Fans in den Foren haben für Grahn auch schon einen Namen: Er heißt "Spree-Beckham", man hält ihn für einen Schönling. Vielleicht wird er unser neuer Marcelinho.

Sonntag, August 19, 2007

Intervention

Toller Nachmittag gestern im Olympiastadion. Wer dabei war, durfte sich privilegiert fühlen, denn eine Menge möglicher Besucher hatten das Spiel gegen den laut eigener Webseite nicht regierenden, sondern "amtierenden" Meister (diese Schwaben!) VfB Stuttgart von vornherein verloren gegeben. Schwaches Spiel vor einer Woche gegen Frankfurt, dann die vielen Verletzungssorgen. Favre hatte aus dem restlichen Personal, das ja schon stark im Ruf der Notnägel stand, eine recht orthodoxe Truppe formiert: Drobny natürlich im Tor, in der Viererkette wieder Fathi-Schmidt-Friedrich-Chahed, davor zentral Mineiro und Dardai, links offensiv Lucio (Gilberto war verletzt) und rechts Ebert (erhielt den Vorzug vor Christian Müller, ganz meine Meinung), vorne der wieder ziemlich fit wirkende Pantelic und Okoronkwo statt Pisczek, auch das eine plausible Folgerung aus dem Frankfurt-Spiel. Die erste Halbzeit verlief weitgehend neutral, Stuttgart wirkte, als würden sie nur bei Bedarf von Ballbesitz auf Spielbesitz umstellen wollen, und Hertha wartete erst einmal in ziemlich sicherer Deckung ab. Hitzlsbergers Führungstreffer war vermeidbar, wurde aber eben nicht vermieden, weil die Hertha gern im Mittelfeld längere Querläufe zulässt (Dardai und Mineiro sind auf ihrer Position für mich weiterhin nur zweite Wahl). Nach der Pause kam allmählich Schwung in die Sache, Lucio holte mit einer Flugeinlage einen Elfmeter heraus, und nun kam für mich der Moment der frühen Saison: Chahed, in den bisherigen Spielen der schwächste Mann, erklärte sich zuständig, Pantelic willigte ein, und Chahed verwandelte nicht nur den Strafstoß, sondern auch sein ganzes Standing innerhalb und außerhalb der Mannschaft mit einem harten Schuss. Das nenne ich eine mutige Intervention, denn in so einem Moment muss die Hose schon absolut leer sein. Danach wachte das lethargische Publikum auf, die Mannschaft spürte das, und gemeinsam wurde das Ding durch Treffer von Fathi (Kopfball nach Ecke) und Okoronkwo (Konter nach Drobny-Ausschuss) zu einem denkwürdigen Umschwungsieg gebracht. Okoronkwo deutet an, dass er unter Favre dazulernt (es gab ja auch die lokal berühmten Fernsehbilder des neuen Coachs, wie er dem Nigerianer und dem leider hilflos unbegabten Lakic das Schießen aus der Hüfte vorzeigte). Ganz am Ende kam noch der neue Fabian Lustenberger und zeigte gleich einmal ein paar Tacklings. Das war gestern schon eine Andeutung der Kompaktheit, aus der heraus in Zukunft die Antritte von Ebert, die Pässe von Pantelic, die Läufe von Lucio (der Hilbert schwer einschüchterte), die Haken von Okoronkwo etc. sich entwickeln können. Den Schuss Optimismus, der mich gestern durchfuhr, lasse ich jetzt einfach einmal eine Woche wirken.

Geistige und körperliche Arbeit

Die Amateure von Hertha BSC spielten heute Sonntag im Jahn-Stadion gegen BFC Dynamo. Unser Korrespondent Valdano war vor Ort. > Wenn man sich ab und zu Oberliga-Fußball anschaut, erkennt man rasch die beiden Grundphysiognomien des typischen Viertliga-Spielers: den humorlos-rustikalen, tendenziell leicht übergewichtigen Endzwanziger/Anfangsdreißiger, der über die Oberliga in diesem Fußballerleben nicht mehr hinauskommen wird, und den technisch beschlageneren, milchgesichtigen Eben-noch-A-Jugendlichen, der noch Luft nach oben hat; je nach Verteilung in einer Mannschaft fällt dann auch die Spielanlage aus. Die U23 der Hertha hat logischerweise mehr Spieler aus der zweiten Kategorie in ihren Reihen, was auch am Sonntag gegen die einstige Stasi-Truppe vom BFC Dynamo den Trend zum möglichst körperlosen Spiel beförderte und sich weniger positiv auf Durchschlagskraft und Effizienz auswirkte. Von den 13 Herthanern, die im Jahnstadion zum Einsatz kamen, hat momentan wohl keiner das Zeug für die Bundesliga. Man schaut einem Ibrahima Traore gerne zu, weil er in der Oberliga mit dem Ball öfter schöne Slalomläufe vorführen kann, mit seiner Physis und mangelnden Präzision im Abspiel jedoch hätte er es schon in der zweiten Liga schwer. Und Ede und Christian Müller, die bei den Profis ab und an die Bank drücken, wirkten uninspiriert bis pomadig, als müssten sie unter ihrem vermeintlichen Niveau Entwicklungshilfe leisten. Mehr Körperarbeit investieren da andere, wie Oldie Ante Covic, wie Tim Lensinger oder Sebastian Huke, die dafür gedanklich immer ein wenig zu langsam wirken, sich aber dem körperbetonten Oberliga-Rhythmus schon jetzt besser gewachsen zeigen. Das 1:0 in der 83. Minute durch den kurz zuvor eingewechselten Zhan Xu – der beim Aufwärmen nationalzirkusreife Dinge mit dem Ball anstellte, auf dem Platz jedoch mit seinen 1,94 arg hüftsteif wirkte - musste die Hertha sich erzittern, auch wenn sie über 90 Minuten das Spiel leidlich im Griff hatte. Wenn nicht so behäbig und durchschaubar gespielt wie vom BFC, wird sich der eine oder andere Jung-Herthaner wohl mehr auf den klassenüblichen Arbeitsfußball einstellen müssen, als ihm lieb ist. Die geistige Präsenz allein, die bei zwei, drei schnellen Spielzügen aufblitzte und ahnen ließ, was Übungsleiter Karsten Heine vorschwebt, reicht da nicht.

Montag, August 13, 2007

Kampagne

Wenn Politik tatsächlich das geduldige Bohren eines dicken Bretts ist, wie es ungefähr in einem häufig zitierten Satz heißt, dann ist Arsenal sicher die am stärksten politische Mannschaft der Premier League. Gestern im Heimspiel gegen Fulham gab es einen Vorgeschmack darauf, was auch in dieser Saison wieder blühen könnte: nervenzerfetzende Zermürbungskriege gegen Mannschaften, die mit Leidenschaft verteidigen und trotzdem offensiv immer gefährlich bleiben. Lehmann gab dem Spiel mit einem grandiosen "blunder" in der ersten Minute schon Schieflage: einen Rückpass von Clichy wollte er besonders elegant klären, der Ball kam zum Gegner, und wieder einmal lag Arsenal früh zurück. Es dauerte bis zur 80. Minute, ehe Touré einen Penalty herausholen konnte, den van Persie riskant verwandelte, und in der 90. Minute verwandelte Hleb ein gebogenes Zuspiel von Fabregas mittels Brustannahme, Drehung und Flachschuss zum kathartischen Sieg. "Spiele wie diese können eine ganze Saison definieren", sagte Arsène Wenger nachher - er wird seinen Vertrag ziemlich sicher verlängern, schreiben die englischen Zeitungen und sagt er selbst auch. Das Drama des FC Arsenal wird also in seiner Bestbesetzung weitergehen, wobei in dem bulligen 19jährigen Stürmer Bendtner auch schon ein anderer Typ bereitsteht als der des fragilen Bestäubers, wie er in Eduardo oder Walcott - nicht zu reden von Rosicky und Hleb - vorhanden ist. Arsenal wird von kaum einem englischen Experten eine tatsächliche Titelchance eingeräumt - die "Kampagne", wie die Saison auf der Insel auch genannt wird, hat begonnen, ich halte schon einmal den Sack für die Punkte offen.

Sonntag, August 12, 2007

Abhängigkeitstag

Premiere hat die Bundesliga wieder, und feiert die neue Bedeutung mit einem Clip, der Roland Emmerichs "Independence Day" nachempfunden ist. Die Leute blicken zum Himmel, und sehen sich mit einer Macht konfrontiert, vor der es kein Entkommen gibt: Premiere Fußball. Kurios ins Galaktische (aber auch auf eine primitive Existenzform) verschobene Befriedigung zeigt dieser Clip über das zurückgewonnene Monopol, das die Kunden auch schon zu spüren bekommen: knapp 30 Euro kostet das gesamte Fußballpaket, mit allerdings enorm viel Angebot. 30 Euro, das sind ungefähr viermal Kino - das eine geht nicht so sehr finanziell als in der Ökonomie der Aufmerksamkeit zunehmend auch zu Lasten des anderen.

Eintracht Frankfurt

In den letzten Jahren hat die Hertha zu Saisonbeginn meistens ziemlich gut gespielt, und nie einen Sieg geschafft. Gestern bei Eintracht Frankfurt hat sie recht eindeutig schlecht gespielt, und gegen eine ebenfalls recht armselige Mannschaft verdient 0:1 verloren. Der Gegentreffer entwickelte sich über rechts, wo Chahed zur Zeit wenig Perspektiven andeutet - bei der Flanke war er zu weit weg vom Gegner, wie man so schön sagt, und Amanatidis war geistesgegenwärtiger als Dardai. In der zweiten Halbzeit änderte Favre seine nicht ganz leicht durchschaubare Taktik (Gilberto im zentralen Mittelfeld, Christian Müller stattdessen auf dem Flügel, der entsprechend vernachlässigt wurde), und brachte Lucio für Ebert sowie Okoronkwo für Pisczcek. Chancen kamen trotzdem nicht zustande. Was auffällt: das war im Grunde die alte Hertha, die da gespielt hat, sie hat aber schon das neue Spiel zu spielen versucht (vertikale Pässe, blinde Pässe, herausfordernde Anspiele), kam damit aber zu einer Parodie des "einmal Berührens": sie kam als Mannschaft über eine interessante Ballberührung selten hinaus, dann war der Ball schon wieder verloren. Der Kader ist katastrophal dürftig (gestern kam sogar Lakic zum Einsatz, der bei mir "nicht einmal Schuhe bekommen würde", wie man in Österreich sagt), die Routinen aus den letzten Jahren hat Favre dem Team ausgetrieben, sie aber noch nicht durch etwas Konstruktives ersetzt. Wie er mit Talenten (Lustenberger, ...) dieses Team konsolidieren will, ist mir schleierhaft. Gestern war das Spiel nach vorne jedenfalls kaum mitanzusehen. Interessant, dass inzwischen auch Favre von Mineiro (immerhin bei der Copa Americana noch weithin gepriesen) abzurücken scheint - auf den Brasilianer hatte er noch Hoffnungen gesetzt. Ich kann mir gut vorstellen, dass seine Verachtung für Manager Hoeneß, dessen Kader er jetzt erst durchschaut, innerlich schon enorme Ausmaße angenommen hat. Dazu ein aktuelles Zitat von Marcel Reif: "Die Situation in Berlin ist kein guter Arbeitsnachweis für die leitenden Angestellten des Klubs." Favre gerät immer mehr in die Rolle eines Wunderheilers, wo er doch nur ein Trainer ist.