Ein Ligator von Josip Simunic hat es seit 2006 nicht gegeben, gestern brachte es die Wende in einem schwierigen Spiel gegen Werder Bremen. Die Hertha war in einem beklagenswerten Zustand nach fast siebzig Minuten, kurz vor der Pause war aus einem Eckball für Werder der Rückstand resultiert. Dass Cicero sich danach bemüssigt fühlte, Steve von Bergen zu rüffeln, ist ein schlechtes Zeichen, sollte nun aber nach dem 2:1 (0:1) keine große Rolle mehr spielen.
Denn in der 68. Minute kam Simunic zu einer Standardsituation an den gegnerischen Strafraum nach vorn. Raffael aber spielte den Freistoß aus dem Halbfeld auf Dardai, der an die Grundlinie sprintete und eine Flanke zurück an den Sechzehner brachte, die Simunic mit einem Kunststoß per Kopf über Wiese hinweg unter die Querlatte verlängerte. Es war ein Weltklassekopfball von einem Mann, der seine offensive Aufgabe in diesem Jahr sehr defensiv interpretiert hatte - kaum einmal spielt Simunic selbst den eröffnenden Pass, kaum einmal ging er zuletzt auch nur bei Eckbällen nach vorn.
Dieses Mal war er gefragt, denn der Hertha fiel nach einer ansprechenden ersten Viertelstunde nicht mehr viel ein, zu Beginn der letzten halben Stunde war sie schon fast wie gelähmt durch den nahezu vollständigen Ausfall der Außenpositionen: Cufré blieb blass, Stein nicht minder, Cicero ist zentral wertvoller, und Nicu bot eine besonders desolate Leistung, sein Zweikampfverhalten (zwei Meter vor dem Gegner in Position gehen, dann mit dem Spielbein nach dem Ball haschen, als wäre er ein Kunstturner) war vorgetäuscht, sein Tempo eine Frechheit. Ich würde nicht so hart mit ihm ins Gericht gehen, wäre ich nicht ein Fan von ihm.
Favre, der Rodnei durch Cufre ersetzt, und insgesamt ein halbwegs orthodoxes 4-4-2 aufgeboten hatte, nahm Pantelic, Nicu und Stein aus dem Spiel. Dadurch fand sich der erst kurz davor für Nicu eingewechselte Pisczcek auf der rechten Außendeckerposition wieder, das war einer der Schlüssel für das Comeback. Der zweite war die gute Aggressivität von Chermiti, der dritte war das Engagement von Raffael und von Dardai, der mehrmals in den Strafraum ging und das Spiel mit seinem Läufen schneller zu machen versuchte.
Nach dem Ausgleich waren die 68000 Zuschauer wieder wach, kurz vor Ende holte sich der schnelle Chermiti an der Mittellinie den Ball, lief aufs Tor, spielte quer zu Raffael, der eigentlich schon im Begriff war, mit dem Ball in ein Getümmel zu geraten, dann aber einfach abzog - sein Schuss bekam von Mertesecker den Effet, der es mit sich brachte, dass der immer wieder provokant auf Zeit spielende Tim Wiese ein zweites Mal ohnmächtig Nackenübungen machen musste, so unerreichbar flog der Ball in hohem Bogen über ihn hinweg.
Von Gott heißt es, dass er auch auf krummen Wegen gerade schreibt. In der Sprache der Fußballer heißt das, dass auch die seltsamen Kurven, die der Ball für die Hertha gestern nahm, in der Tabelle drei Punkte ergeben. Das Glück ist aufgebraucht, die Mannschaft spielt jetzt auf Dusel weiter, hat gestern aber zumindest das Allernötigste getan, um den Sieg zu verdienen. Jetzt gilt die Devise von Josip Simunic: Sechs Spiele, fünf Siege. Für eine meisterliche Spielanlage wird Coach Favre allerdings noch ein paar Transferzeiten und Übungsjahre brauchen.
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