Mittwoch, April 15, 2009

Hillsborough

Heute vor zwanzig Jahren kam es im Stadion von Sheffield Wednesday zu einer Katastrophe, die schließlich 96 Fans des FC Liverpool das Leben kostete. Eingesperrt in "pens", wurden viele Zuschauer des FA-Cupspiels gegen Nottingham Forest von nachdrängenden Massen buchstäblich zerquetscht, während die Polizei lange Zeit mitleidlos Dienst nach Vorschrift machte. Das Ereignis gilt als Fanal der Thatcher-Jahre, und als Geburtsstunde einer neuen englischen Fußballkultur.

In Deutschland muss man heute schon nach Cottbus fahren, um zumindest noch eine Ahnung davon zu bekommen, wie die englischen Fans, die alle unter pauschalem Hooligan-Verdacht standen, damals in Käfigen gehalten wurden. Aber selbst im Stadion der Freundschaft, wo der Auswärtssektor durchaus mit einem derartigen "pen" vergleichbar ist, gibt es numerierte Tickets, und bei einem Unglück könnte man auf das Spielfeld ausweichen. In Sheffield waren die Fans durch einen hohen Metallzaun vom Feld getrennt.

In Hannover saßen neulich die Fans beider Teams völlig problemlos untereinander, viele Herthaner hatten sich, wie ich auch, im Netz Karten besorgt und saßen deswegen nicht im ausverkauften Hertha-Block. Selbst die sehr ansprechende AWD-Arena hat aber noch eine Schwachstelle: die Besucher in den Blöcken W1-7 müssen alle durch einen schmalen Ausgang wieder hinaus, das ist ein eingebauter Superstau, aber auch hier könnte man notfalls jederzeit auf das Feld ausweichen.

Der Vergleich zwischen Cottbus, wo einige Berliner immerhin mit Böller und Rauchbomben ankamen und wo die Polizei ein sehr striktes Containment betreibt (Hertha-Fans werden größtflächig von Lausitzern ferngehalten), und Hannover, wo die Fangruppen überhaupt nicht systematisch getrennt werden, wird sicher durch ökonomische und kulturelle Faktoren verzerrt. Aber ist das "bürgerliche" Erlebnis in Hannover ein Verrat an den Idealen der Fankultur? Einige werden das so sehen, ich sehe es nicht so.

An Hillsborough kann ich mich persönlich kaum erinnern. Ich war damals Zivildiener in Oberösterreich, und meine Begeisterung für Fußball war sehr provinziell geprägt durch die österreichische Liga und die Länder- und Europacupspiele im Fernsehen. Von englischer Fankultur, von der Aura des FA-Cups, von der Kultur der "stands" hatte ich wenig Ahnung, nur der FC Liverpool war mir seit Kindheitstagen ein Begriff, weil ich die Namen der großen Mannschaft der Siebzigerjahre liebte: Phil Neal, Ray Clemence, Steve Highway, Ray Kennedy.

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