Freitag, April 24, 2009

Formalismus

Fünf Siege aus sechs Spielen hat Josip Simunic der Hertha vor einer Woche aufgetragen, nach dem 1:0 bei der TSG 1899 Hoffenheim sind es nun noch vier Siege aus fünf Spielen, und selbst dann weiß ja keiner, was das eigentlich bedeuten würde. Nicht einmal die direkte Qualifikation für die CL wäre damit sicher, aber ein Platz auf dem Stockerl doch sehr wahrscheinlich.

Für mich aber hat die Hertha heute den Meistertitel in der von ihr selbst ausgerufenen Spezialdisziplin der nicht errungenen, sondern erwrungenen Siege schon gewonnen. Wer die Hertha nicht mag, hat heute tonnenweise Material geliefert bekommen, das Vorurteil zu pflegen. Wer ihr aber unvoreingenommen genau zuschaut, wird ein Spiel gesehen haben, bei dem die Hertha ihren Stil auf eine schon fast zynische Weise perfektioniert hat. Ihren Stil 2009, füge ich hinzu, denn ich hoffe nicht, dass sie mit diesem "halben" Ansatz ihre ganze Zukunft bestreiten wird.

Coach Favre erwies sich als weiser Mann. Er schickte Pantelic neben Raffael hinaus, wohl wissend, dass es gescheiter ist, einen Star notfalls aus- als eventuell verspätet einzuwechseln. Pisczcek begann auf dem Flügel, musste aber nach einer frühen Verletzung von Cufré bald auf die Außendeckerposition, und Stein wechselte sogar zweimal, von rechts auf links und später, nachdem Rodnei für Pisczcek kam, wieder auf rechts, wo ihm spät sogar noch eine sehr ansprechende Flanke gelang, bei insgesamt ordentlicher Leistung heute.

Der dynamische und umsichtige Steve von Bergen und Simunic blieben neunzig Minuten souverän, gegen am Ende vier Stürmer von Hoffenheim. Aber die Mannschaft von Ralf Rangnick wurde nie wirklich gefährlich. Das lag sicher auch an der Ordnung, die Hertha kaum einmal verlor. Bis über die Mittellinie funktionierte auch das gelassene Kombinieren aus der Defensive heraus, der vorletzte Pass war dann meistens schlampig (Cicero!).

Nur einmal, fünf Minuten vor der Pause, passte alles: Raffael befreite sich schön aus einer Umklammerung zweier Hoffenheimer, zog vertikal auf die linke Sechzehnerecke los, legte quer zu Pantelic, der einen kleinen Umweg vom Strafraum weg nahm, um den Ball perfekt in den Lauf von Patrick Ebert zu spielen, der halbrechts ideal auf das kurze, von Timo Hildebrand offen gelassene Ecke zielen konnte.

Danach kam offensiv nichts mehr, einmal verzog Pantelic noch knapp, aber es sah alles danach aus, als wollte die Hertha ihre Stilübung nicht durch ein zweites Tor verderben. Das war Formalismus in Reinkultur, ermöglicht allerdings durch einen eifrigen, doch leidenschaftslosen Gegner. Populär wird die Hertha so nicht werden, dabei ist in ihrem Spiel die andere "Hälfte", die kluge, variantenreiche Offensive, sogar schon erkennbar. Als Möglichkeit, derer es heute nicht bedurfte.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hey marxelinho. Herzlichen Glückwunsch dazu, dass dein Artikel Erwähnung in der 11 Freunde Blogschau findet. Das hast du dir verdient. :)

http://www.11freunde.de/bundesligen/119514