Sonntag, April 26, 2009

Freie Wahl

Ein Wort zum Sonntag: Heute können Bürgerinnen und Bürger in Berlin darüber abstimmen, ob Schulkinder sich in Zukunft statt des Ethik-Unterrichts für konfessionellen Religionsunterricht entscheiden dürfen sollen oder nicht. In diesen Blog gelangt diese Angelegenheit, weil Arne Friedrich sich für das Volksbegehren "Pro Reli" in Radiospots stark gemacht hat, und zwar nicht einfach als Prominenter, sondern als Kapitän von Hertha BSC.

Ich bin in diesem Punkt der gegenteiligen Meinung. Ich finde, dass Schulkinder aller Konfessionen im Ethikunterricht gemeinsam lernen sollen, welche Orientierungsmöglichkeiten in der Welt es gibt. Danach können sie immer noch, wenn sie wollen, das Angebot eines konfessionellen Religionsunterricht wahrnehmen. Die christlichen Kreise, von denen "Pro Reli" getragen wird, würden ihr Argument sicher weniger selbstbewusst vertreten, wenn sie es auf Afghanistan oder Pakistan umlegen. Dort wäre ein Ethikunterricht nämlich ein echter Freiraum, während der konfessionelle Religionsunterricht die Regel ist.

Dort wird allerdings der Islam gelehrt, eine Religion, die ihr Verhältnis zum weltlichen Staat noch nicht so weit geklärt hat wie das Christentum. Ich bin mir nicht sicher, ob Arne Friedrich die Implikationen seines Votums bis in die Konsequenzen durchdacht hat. Denn das, was er sich wünscht, bedeutet im Grunde: In einer Schule in Kreuzberg, in der Christen, Muslime und Religionslose den ganzen Tag zusammensitzen, sollen in dem Moment, in dem Religion das Thema wird, alle Fraktionen in ihren Club gehen und sich voneinander abschließen.

Ethik wird dadurch wieder konfessionell, jede Religion macht sich ihre eigene Ethik, und das gemeinsame Fundament der Vernunft, das wir als Staatsbürger haben und das wir brauchen, weil nicht alle ihr Handeln von einem Gott her bestimmen wollen, wird ausgehöhlt. Dagegen werde ich heute abstimmen.

(PS Pustekuchen. Ich darf gar nicht abstimmen. Gerade war ich im Wahllokal, wo man mir erklärt hat, dass Österreicher, auch wenn sie schon seit zehn Jahren in der Stadt sind, in dieser Frage nichts zu sagen haben. Obwohl das Thema doch deutliche "multikulturelle" Implikationen hat, machen diese Sache die deutschen Staatsbürger unter sich aus.)

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