Dienstag, August 06, 2013

Holperdiestolper

Als Hertha am Sonntag in der ersten Runde des DFB-Pokalbewerbs 2013/2014 gegen den VfR Neumünster antrat, saß ich gerade in Nürnberg fest. Ein Unwetter in Bayern hatte den Betrieb des Hertha-Hauptsponsors ziemlich durcheinander gebracht, dazu kamen andere "Störungen im Betriebsablauf".

Spätnachts kam ich nach Hause, und dann stellte ich erst einmal fest, dass es Hertha TV nicht mehr gibt, jedenfalls nicht den Kanal, den ich abonniert zu haben glaubte. Das Spiel gibt es nur auf SkyGo zu sehen, in bemerkenswerter Auflösung, allerdings nur noch für ein paar Tage. Ein Spiele-Archiv, was ein Klubkanal ja eigentlich sein oder jedenfalls allmählich werden sollte, gibt es nicht mehr. Dazu ein anderes Mal mehr.

Was ist nun aus dem mühsamen 3:2 nach Verlängerung abzuleiten? Nicht viel, würde ich meinen. Die Wetterverhältnisse waren eindeutig ein Faktor, der unebene Platz auch. Ein angereister Bundesligist wird in so einer Situation fast immer Schwierigkeiten haben, zumal, wenn es ein so stark neu formierter wie Hertha 2013 ist.

Negativ fiel auf, dass keiner, auch nicht der neue Kapitän, in der zweiten Halbzeit so etwas wie Initiative zeigte, also einen sichtbaren Versuch, das Spiel zu intensivieren. Den frühen Führungstreffer von Neumünster in Halbzeit eins nach einem Foul von Njdeng und einem Freistoß an der Strafraumgrenze hatte Ben-Hatira schon bald egalisiert (Ndjeng leitete den Spielzug mit einem schönen, langen Vertikalpass auf den gut startenden Allagui ein), später erzielte Ben-Hatira nach einem schönen Diagonalverlagerungspass des relativ auffälligen Allagui sogar die Führung.

In der zweiten Halbzeit wurde der Auftritt der Herthaner aber zunehmend apathischer, und neuerlich schaffte Ndjeng es, maßgeblich an einem Treffer beteiligt zu sein: Er köpfte einen langen Ball auf den langen Pfosten so in den Strafraum zurück, dass Neumünsters Kramer keine Mühe hatte, per Kopf zu verwerten (an Langkamp könnte man man hier eine leise Frage hinsichtlich Handlungsschnelligkeit stellen). Das Programm für die zweite Halbzeit war allerdings unmittelbar nach Wiederanpfiff am deutlichsten zu sehen gewesen, als Hertha, noch 2:1 vorn, minutenlanges Ballgeschiebe rund um Brooks und Langkamp zeigte. Die relativ problemlose Wendung des Spiels nach Rückstand in der ersten Halbzeit hatte wohl doch die mentale Spannung zu stark reduziert.

In den Medien wird vor allem Lustenberger wegen eines schwachen Auftritts hervorgehoben. Möglicherweise hat das damit zu tun, dass die Erwartungen an den neuen Kapitän insgesamt zu hoch sind. Dass er als alleiniger Sechser souverän schalten und walten wird, dass er einerseits einen vorgeschobenen Ausputzer spielt, der andererseits gewonnene Bälle umstandslos wieder in den Offensivbetrieb einspeist, dafür ist seine Spielanlage wohl doch zu konservativ. Ohnehin ist noch offen, wer am Samstag an seiner Seite sein wird, davon wird sehr stark abhängen, wie sich sein Spiel entwickelt. In Neumünster jedenfalls ließ Kluge sich zunehmend stärker an seine Seite zurückfallen.

Unverständlich war für meine Begriffe, warum Luhukay so besonders früh den Wechsel Wagner für Ramos vornahm. Die beiden Spieler sind gleichen Typs, aber deutlich unterschiedlicher Begabung. Ramos war nicht sonderlich involviert, ist aber jederzeit, gerade gegen so einen Gegner, für eine spezielle Aktion gut; Wagner ist das eher nicht.

Sami Allagui gilt zu Recht als der "man of the match" auf Berliner Seite. Ihm gelang auch bei weitem nicht alles, aber er machte deutlich, dass er die Position auf dem rechten Flügel, die er ursprünglich ja nicht so richtig mochte, dass er sie (durch Antritte) interpretiert, dass er etwas will. Das gilt auch für Marcel Ndeng, der trotz seiner Sonntagsböcke für meine Begriffe gut zu Allagui passt.

In vier Tagen geht es los, es könnte dann neuerlich sehr heiß sein, doch wird dann die Kulisse eine andere sein, und der Rasen wird kurz gemäht sein. Erst dann wissen wir mehr, in Neumünster ging es einzig und allein darum, nicht zu den Blamierten der ersten Runde zu gehören.

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