Dienstag, April 23, 2013
Schwerste Liga
Hertha BSC, Fußballclub aus der deutschen Hauptstadt, eine Mannschaft mit internationaler Ausstrahlung (im Bild Fans aus Saudi-Arabien, die ich am Sonntag vor dem Spiel gegen Sandhausen getroffen habe), wird in der kommenden Saison wieder in der obersten deutschen Spielklasse antreten. Erste Liga, schwerste Liga (vielleicht sogar weltweit gesehen). Vier Spiele sind noch Zeit, um einige Zweitliga-Rekorde zu brechen, doch geht der Blick natürlich unwillkürlich nach vorn. Dass ausgerechnet Lasogga den entscheidenden Treffer gegen den mutmaßlichen Zweitliga-Absteiger erzielte, gefiel nicht nur mir gut - es war eine Geste in zweifacher Hinsicht, eines Geste des jungen Hoffnungsträgers, der im Moment keinen richtigen Platz in der Mannschaft hat; eine Geste aber auch des Fußballgotts (Herr Zufall), dass es für diesen Mann einen anderen Plan brauchen wird, als ihn (hinter Sandro Wagner, der allerdings durch Ein- und Auswechslung in einem Spiel nicht so gut wegkam) für ein paar Minuten hintenraus reinzuschicken. Gegen Sandhausen bewies Lasogga, dass er Zug hat, sogar über die Flügel, denn er kam mehrmals innerhalb kürzerer Zeit aus der Corner-Gegend gefährlich ins Spiel.
Fabian Lustenberger hat seinen Vertrag bis 2017 verlängert (Begründung: "geile Stadt, geiles Stadion, geiles Verein"), durfte dafür ein paar Minuten im Mittelfeld spielen, bis er wegen Sandro Wagner (für Brooks) nach hinten ausweichen musste. Könnte man Ronny zu einem Typ Sahin umkonditionieren, dann wäre vielleicht sogar ein 4-4-2 denkbar, mit Lasogga (Anläufer und Vollstrecker in einer mandzukischen Person) neben Ramos. Aber ich greife vor. Dieses seltsame Jahr, in dem Hertha einmalig dominant (allerdings im falschen Film) war, geht dem Ende zu. Bierduschen und dergleichen wirken wie Pflichtübungen, es macht derzeit eher den Eindruck: Hertha hat nichts gewonnen, sondern sich mit Ruhe und Willenskraft etwas vom Hals geschafft - das Joch der (für sie) leichten Liga.
Dienstag, April 09, 2013
Säulenheilige
Nach längerer Abwesenheit bin ich gestern in mein Fanleben zurückgekehrt, der Anlass war ein passender: Topspiel der zweiten Liga, der "title clincher", der zugleich auch in der Premier League stattfand, dort allerdings schon seinen Sinn verloren hatte, weil der Rückstand von City auf United längst zu groß war. Hertha gegen Braunschweig, das war schließlich ein einseitiges Spitzenspiel, auch wenn man sehen konnte, warum die Blaugelben so weit vorn stehen. Doch Hertha ist für diese Liga eine Nummer zu groß, das gilt auch für das Olympiastadion, das eine Berliner Zeitung am Montag wieder einmal (unrealistischerweise) zur Diskussion stellte. Drei gelbe Karten für die Eintracht nach vierzig Minuten waren der deutlichste Hinweis auf die Schwierigkeiten, die Hertha dem Gegner machte. Es spielte im Grunde die Idealelf, die Coach Luhukay für sich in diesen Wochen herausmodelliert hat, also eine idiosynkratische Selektion, mit Old Boy Kobi links hinten, Allagui rechts vorn, Schulz statt Ben-Hatira, Brooks statt Franz oder Janker, Lustenberger statt Hubnik. Schon bald hieß es auch: mit Morales statt Niemeyer, der Kapitän musste verletzt hinaus.
Vor dem Spiel wurde bekannt gegeben, dass Ronny seinen Vertrag bis 2017 verlängert hat, es fiel das Wort "Liebe", die bekam er auch zurück von den knapp 40000 (grob geschätzt waren doch 10000 Anhänger von Braunschweig da, siehe Bild). Wenn nun auch noch Lustenberger unterschreibt, dann sind die beiden Säulenheiligen dieser Aufstiegssaison gebunden, und Luhukay könnte sich ohne allzu großen Druck an das weitere Team Building machen.
Zum Spiel gibt es so viel nicht zu sagen. Herthas Kompaktheit war hinreichend, auch wenn es die zwei, drei Aussetzer gab, die einen etwas anderen Spielverlauf immerhin denkbar erscheinen ließen. Ronny besorgte vor der Pause mit einem Freistoß die Führung (davor hatte er zweimal aus großer Distanz die Mauer nicht überwinden können, eine seltene Erfahrung). Ein Braunschweiger hatte das gemacht, was man instinktiv macht, wenn man sich einem Schuss von Ronny ausgeliefert sieht, er drehte sich ein wenig weg, der Ball wurde abgelenkt, der Keeper sah nicht gut aus. 1:0 zur Pause, ansprechende Pausenunterhaltung (man verzichtet inzwischen auf dumme Spiele und setzt auf Publikumsbindung durch Bild und Ton), anziehende Temperaturen und schließlich eine ungefährdete zweite Halbzeit, in der eine überragende Einzelleistung von Adrián Ramos den Höhepunkt markierte: er ließ Dogan stehen, obwohl er den deutlich längeren Weg hatte, und lupfte den Ball ins kurze Eck.
Ramos, den Luhukay sinnvollerweise auf seine beste Position zurückversetzt hat (zum Leidwesen von Lasogga), ist ein weiterer Säulenheiliger, der die Perspektive auf Liga eins aufhellt. Aber auch Allagui und Pekarik harmonierten gestern nicht schlecht.
Wenn ich richtig gerechnet habe, braucht Hertha nun aus fünf Spielen noch fünf Punkte, um sicher Platz eins oder zwei zu erreichen. Das bedeutet, dass nunmehr im Grunde Planungssicherheit besteht, auch für Fabian Lustenberger, der für seine Vertragsverlängerung hoffentlich nur noch auf den Moment wartet, an dem sich diese bestmöglich verkünden lässt - etwa dann, wenn auch theoretisch alles klar ist? Das wäre dramaturgisch in Ordnung. Der 21. April, wenn Sandhausen an einem Sonntagnachmittag (dann vielleicht sogar schon im Frühling? ich will nichts verschreien) zu Gast sein wird, wäre der designierte Termin. Der Fußballgott kann sich ja derweil um andere Dinge kümmern, Hertha ist in der Lage, das alles selbst auf die Reihe zu bekommen.
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