Zur Mitgliederversammlung heute abend werde ich mit einem gewissen Unwillen gehen. Der Grund dafür ist recht einfach: Ich weiß nicht, was ich tun soll. Aller Voraussicht nach werden sich uns heute Alternativen stellen, die wenig verheißungsvoll sind. Immerhin muss man Präsident Gegenbauer zugute halten, dass er geschickt ein Gesamtpaket geschnürt hat, das wenigstens die Situation klärt: Stimmen wir mit absoluter Mehrheit für ihn als Präsidenten, dann bekommen wir auch Michael Preetz als Manager (und Ingo Schiller als Finanzchef, das nicht zu vergessen). Fällt Gegenbauer bei der Präsidentenwahl durch, dann muss irgendetwas eintreten, was bisher nicht absehbar ist, was sich als Entwurf weder persönlich noch inhaltlich bisher formiert hat, es sei denn, da gibt es am Abend noch eine Überraschung.
Vielleicht ein Wort zu Werner Gegenbauer. Da gibt es ja zwei Aspekte zu unterscheiden. Erstens hat sich Hertha BSC unter seiner Hand zu einem Club am Tropf entwickelt. Wenn man es ein wenig zuspitzt, dann muss man doch sagen, dass die finanzielle Situation so eskaliert ist, dass nur ein mäzenatisches Modell das Überleben sichert. Euphemistisch wird das als Investition einer unbekannten Person verkauft, de facto sind das Zuschüsse, ohne die es keine Lizenz mehr gäbe. Da Gegenbauer mit diesem Investor stärker "assoziiert" zu sein scheint als die restlichen Mitglieder des Präsidiums, müsste da also auch in dieser Hinsicht ein Gegenentwurf her. Vielleicht outet sich aber heute ja auch in dieser Hinsicht jemand, und alles ist ganz anders, als wir uns das mit unseren beschränkten Informationen bisher immer vorgestellt haben.
Zweitens ist Gegenbauer, wenn man ihn nicht zu sehr in die Defensive drängt, eigentlich ja ein guter Vereinspapa. Er neigt zwar zu drastischen Formulierungen (niemand will ein "Schlachtfest" mit Michael Preetz anrichten), und er steht für einen, sagen wir mal, nicht unbedingt stark auf Innovation und Kreativität basierten Wirtschaftszweig. Aber unter all den Figuren, die ich bisher in meiner Zeit als Hertha-Fan erlebt habe, ist er noch die am wenigsten peinliche. Von den anderen Mitglieder des Präsidiums kann ich derzeit keine mit einem interessanten Profil erkennen. Also auch hier: Mangel an Alternativen.
Nun zu Michael Preetz. Ihm halte ich eines zu Gute: Er ist nach wie vor ein Sympathieträger für mich, für Vieles, was, was Hertha um die Ohren schlug, kann er nichts. Er hat aber auch gravierende Fehler gemacht: die Entscheidungen für Funkel und Rehhagel ergaben zwei Abstiege, und in beiden Fällen gab es im Verein nicht ausreichend Fußballkompetenz, um die erratischen Kurse der Cheftrainer halbwegs abzufangen. Gegen Preetz spricht also meiner Meinung nach der begründbare Verdacht, dass Hertha einfach in vielen Bereichen den Anschluss verliert - beim Scouting ist man zu blauäugig, die U23 erweist sich für die meisten jungen Spieler als Sackgasse, von den Trainern im Nachwuchs (die ja ihrerseits eine Personalreserve für Hertha sein müssten, siehe Tuchel, sie Streich) drängt sich niemand auf.
Preetz müsste also im Grunde seinen Job neu definieren, um ihn zu behalten. Er wäre für mich ein guter Hertha-Manager, wenn er mit einem ausgewiesenen Sportdirektor und im Idealfall auch mit einem neuen Finanzdirektor aufwarten würde (meiner Skepsis gegenüber Ingo Schiller habe ich mehrfach Gründe beigestellt).
Kann die MV heute Bedingungen stellen? Nicht ausdrücklich, denn sie kann ja nur entweder ein Mandat zu- oder absprechen, und dieses betrifft das Präsidium. Eines aber ist sicher: Der neuerliche Gang in Liga zwee kann eben nicht zu den Bedingungen wie vor zwei Jahren stattfinden. Dass Präsident Gegenbauer das aber so formuliert hat, stimmt mich in hohem Maße bedenklich, und deutet darauf hin, dass hier die Lektionen des Alltags nicht begriffen werden. Es wird Zeit, in Kompetenz zu investieren, nicht immer weiter anonyme Zuschüsse zu versenken.
Dienstag, Mai 29, 2012
Sonntag, Mai 27, 2012
Otto-Show
Jetzt ist es schon wieder fast zwei Wochen her, dass ich in Bukarest in diesem Hotelzimmer saß und ungläubig die Ereignisse von Düsseldorf verfolgte. Als die Fans den Platz stürmten, dachte ich für einen Moment: Das war's, dieses Spiel wird mit 0:3 für Hertha strafverifiziert. Muss werden. Das war natürlich voreilig. Doch dann begannen diese langen zwanzig Minuten, an deren Ende die Mannschaft von Fortuna wieder auf dem Platz stand, während die von Hertha fehlte. Und ich versuchte mir vorzustellen, was in den Kabinengängen gerade erörtert wurde.
Wäre es klüger gewesen, Hertha wäre nicht wieder angetreten? Schiedsrichter Stark hätte seinen Bericht sicher so abgefasst, dass die Schuld für den Spielabbruch dann bei den Berlinern gelegen wäre. Wenn ich die Sache richtig überblicke, dann hatte Hertha damals keine Wahl - so oder so wäre die Sache gegen Berlin ausgegangen, und so ist sie nun auch ausgegangen.
Die zweite Instanz hat neuerlich einen Show-Prozess abgehalten, zu dem Hertha durch die Entsendung von König Otto seinen Teil beigetragen hat. Völlig unverständlich bleibt mir die Form des Verfahrens: Das ganze Brimborium mit den vielen Zeugen, wenn es doch einzig und allein darum gehen konnte, was im Stadion (und nicht in den Kabinengängen) vor sich ging. Und dazu gibt es Filmmaterial noch und nöcher. Die Herren Richter hätten sich eine AV-Kammer einrichten sollen, stattdessen machten sie auf "courtroom drama".
Ich bin in diesem Fall weniger Partei, als man meinen würde. Wenn Hertha den Abstieg verdient hat, dann steigt sie ab. Punkt. Aber das Spiel in Düsseldorf war für meine Begriffe so eindeutig irregulär, dass alle Bemühungen von Wolfgang Stark, den Anschein des Gegenteils zu erwecken, nicht entscheidend sein dürfen. Sind sie aber, denn vor allem zur Deckung dieses Tatsachenentscheids dient das Urteil in beiden Instanzen.
Der Fußball ist nicht gerecht, im Gegenteil dient ein großer Teil seines Apparats der Absicherung der absonderlichen Unwägbarkeiten, von denen das Spiel zum Teil begleitet wird. Governance würde hier aber eben auch bedeuten, dass man ganz genau unterscheiden kann, was Zufall und was höhere Gewalt, was sportlich ist und was unsportlich. Nicht nur unsportlich, sondern irregulär ist es, eine Nachspielzeit, in der ein einziges Tor über Gedeih und Verderb (nun ja, für Hertha kann das ja jetzt wirklich so gesehen werden) entscheiden kann, von Fanmassen belagern zu lassen, die sturmbereit an den Linien stehen. So einfach ist das, und so einfach hat der DFB das ignoriert.
Damit sollte dieses Kapitel geschlossen werden. Es gibt nun wichtigere Dinge zu tun.
Wäre es klüger gewesen, Hertha wäre nicht wieder angetreten? Schiedsrichter Stark hätte seinen Bericht sicher so abgefasst, dass die Schuld für den Spielabbruch dann bei den Berlinern gelegen wäre. Wenn ich die Sache richtig überblicke, dann hatte Hertha damals keine Wahl - so oder so wäre die Sache gegen Berlin ausgegangen, und so ist sie nun auch ausgegangen.
Die zweite Instanz hat neuerlich einen Show-Prozess abgehalten, zu dem Hertha durch die Entsendung von König Otto seinen Teil beigetragen hat. Völlig unverständlich bleibt mir die Form des Verfahrens: Das ganze Brimborium mit den vielen Zeugen, wenn es doch einzig und allein darum gehen konnte, was im Stadion (und nicht in den Kabinengängen) vor sich ging. Und dazu gibt es Filmmaterial noch und nöcher. Die Herren Richter hätten sich eine AV-Kammer einrichten sollen, stattdessen machten sie auf "courtroom drama".
Ich bin in diesem Fall weniger Partei, als man meinen würde. Wenn Hertha den Abstieg verdient hat, dann steigt sie ab. Punkt. Aber das Spiel in Düsseldorf war für meine Begriffe so eindeutig irregulär, dass alle Bemühungen von Wolfgang Stark, den Anschein des Gegenteils zu erwecken, nicht entscheidend sein dürfen. Sind sie aber, denn vor allem zur Deckung dieses Tatsachenentscheids dient das Urteil in beiden Instanzen.
Der Fußball ist nicht gerecht, im Gegenteil dient ein großer Teil seines Apparats der Absicherung der absonderlichen Unwägbarkeiten, von denen das Spiel zum Teil begleitet wird. Governance würde hier aber eben auch bedeuten, dass man ganz genau unterscheiden kann, was Zufall und was höhere Gewalt, was sportlich ist und was unsportlich. Nicht nur unsportlich, sondern irregulär ist es, eine Nachspielzeit, in der ein einziges Tor über Gedeih und Verderb (nun ja, für Hertha kann das ja jetzt wirklich so gesehen werden) entscheiden kann, von Fanmassen belagern zu lassen, die sturmbereit an den Linien stehen. So einfach ist das, und so einfach hat der DFB das ignoriert.
Damit sollte dieses Kapitel geschlossen werden. Es gibt nun wichtigere Dinge zu tun.
Freitag, Mai 25, 2012
Abwärmrunde
Die Veranstaltung Hertha im Dialog 2012 fand in relativ entspannter Atmosphäre statt und hatte wenig von der kommunistischen Parteitagsstimmung, die angesichts solcher gelenkt demokratischer Veranstaltungen häufig aufkommt. Ich hatte den Eindruck, dass die meisten der über 600 Anwesenden sich mit dem Abstieg abgefunden haben. Zudem hat Michael Preetz mit der Bestellung von Jos Luhukay schon ein Faktum geschaffen, das die kommende Saison unabhängig davon bestimmen wird, ob der Geschäftsführer Sport und Kommunikation, wie die Funktionsbezeichnung gestern mehrfach in voller Länge genannt wurde, an dieser Position festhalten wird. Es spricht alles dafür, denn nicht nur hielt Präsident Gegenbauer dem wichtigsten Hertha-Angestellten neuerlich demonstrativ die Stange, es gab auch nur ganz wenige Einwände, die so solide begründet erschienen, dass sie nicht einfach als Wunsch nach einem "Schlachtfest" abgetan werden konnten.
Hertha macht also aus der Alternativlosigkeit des gegenwärtigen Personals ein Programm, das gilt ja auch seit langer Zeit für den Geschäftsführer Geld Ingo Schiller, der eigentlich eine Nebelwerferzulage verdienen würde, denn das macht er seit Jahren sehr gut, allerdings nur auf Grundlage anonymer Investoren, die jene Lücken schließen, die sich in der vorher verkündeten "Durchfinanzierung" gelegentlich ergeben. Ein Nebensatz von gestern sollte aufhorchen lassen: Hertha ginge auf gleicher Grundlage wie vor zwei Jahren in Liga zwee, hieß es da. Bedeutet das, dass man neuerlich einen relativ teuren Kader halten will? Mir graut vor dem Gedanken, dass Ottl hierbleiben könnte. Andererseits: Wer weiß, was Luhukay vielleicht aus ihm herausholen könnte!
Wie üblich gab es zuerst eine Fragerunde durch Axel Kruse, der sich zum Sprecher jener machte, die schon vorher ihr Wissbegehr schriftlich deponiert hatten. Dass es dabei nicht um öffentliche Evaluierung von Entscheidungen gehen würde, machte Kruse zum Beispiel so deutlich: "An Otto Rehhagel hat's nicht gelegen. Für mich eine Legende, der Mann." An Otto Rehhagel hat's aber doch gelegen, man müsste blind sein, das nicht (einzu)sehen. Die Entscheidung für Rehhagel ist diejenige, die Michael Preetz am meisten anzulasten ist, auch wenn er gestern auch dafür nachvollziehbare Gründe nennen konnte. Er hat aber eben die von Beginn an nachvollziehbareren Gegengründe nicht in Betracht gezogen.
Sachliche Argumente fanden natürlich nur in beschränktem Rahmen Platz, dafür waren die Anliegen der dann auch noch persönlich Stellung nehmenden Mitglieder zu divers, dazu schwimmt doch jeder Fan zu sehr im eigenen Süppchen. Immerhin war ganz bezeichnend, wie Präsident Gegenbauer das Profil des neuen Trainers definierte: Luhukay steht für "nach innen ganz strenge Disziplin, nach außen ganz wenig Glamour". Das ist zweifellos ein brauchbares Programm für einen finanziell und sportlich angeschlagenen Zweitligisten mit überstandiger Bayerngenetik, untermotivierten Lateinamerikanern, einigen verdienten Oldies und einer schwer einzuschätzenden Jugendgruppe.
Für heute steht der nächste Gerichtsentscheid über das Düsseldorf-Spiel an. Ich bin sicher nicht der Einzige, der hofft, dass damit endlich Klarheit geschaffen wird. Am kommenden Dienstag hingegen werden wir sehen, ob die Kritiker der gegenwärtigen Hertha-Führung sich gestern nur bedeckt hielten, oder ob sie aus Mangel an einem brauchbaren Gegenkonzept einfach nicht in Formation auftreten können.
Hertha macht also aus der Alternativlosigkeit des gegenwärtigen Personals ein Programm, das gilt ja auch seit langer Zeit für den Geschäftsführer Geld Ingo Schiller, der eigentlich eine Nebelwerferzulage verdienen würde, denn das macht er seit Jahren sehr gut, allerdings nur auf Grundlage anonymer Investoren, die jene Lücken schließen, die sich in der vorher verkündeten "Durchfinanzierung" gelegentlich ergeben. Ein Nebensatz von gestern sollte aufhorchen lassen: Hertha ginge auf gleicher Grundlage wie vor zwei Jahren in Liga zwee, hieß es da. Bedeutet das, dass man neuerlich einen relativ teuren Kader halten will? Mir graut vor dem Gedanken, dass Ottl hierbleiben könnte. Andererseits: Wer weiß, was Luhukay vielleicht aus ihm herausholen könnte!
Wie üblich gab es zuerst eine Fragerunde durch Axel Kruse, der sich zum Sprecher jener machte, die schon vorher ihr Wissbegehr schriftlich deponiert hatten. Dass es dabei nicht um öffentliche Evaluierung von Entscheidungen gehen würde, machte Kruse zum Beispiel so deutlich: "An Otto Rehhagel hat's nicht gelegen. Für mich eine Legende, der Mann." An Otto Rehhagel hat's aber doch gelegen, man müsste blind sein, das nicht (einzu)sehen. Die Entscheidung für Rehhagel ist diejenige, die Michael Preetz am meisten anzulasten ist, auch wenn er gestern auch dafür nachvollziehbare Gründe nennen konnte. Er hat aber eben die von Beginn an nachvollziehbareren Gegengründe nicht in Betracht gezogen.
Sachliche Argumente fanden natürlich nur in beschränktem Rahmen Platz, dafür waren die Anliegen der dann auch noch persönlich Stellung nehmenden Mitglieder zu divers, dazu schwimmt doch jeder Fan zu sehr im eigenen Süppchen. Immerhin war ganz bezeichnend, wie Präsident Gegenbauer das Profil des neuen Trainers definierte: Luhukay steht für "nach innen ganz strenge Disziplin, nach außen ganz wenig Glamour". Das ist zweifellos ein brauchbares Programm für einen finanziell und sportlich angeschlagenen Zweitligisten mit überstandiger Bayerngenetik, untermotivierten Lateinamerikanern, einigen verdienten Oldies und einer schwer einzuschätzenden Jugendgruppe.
Für heute steht der nächste Gerichtsentscheid über das Düsseldorf-Spiel an. Ich bin sicher nicht der Einzige, der hofft, dass damit endlich Klarheit geschaffen wird. Am kommenden Dienstag hingegen werden wir sehen, ob die Kritiker der gegenwärtigen Hertha-Führung sich gestern nur bedeckt hielten, oder ob sie aus Mangel an einem brauchbaren Gegenkonzept einfach nicht in Formation auftreten können.
Dienstag, Mai 22, 2012
Instanzenweg
Das DFB-Sportgericht hat sich gegen eine Wiederholung des Rückspiels zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC ausgesprochen. In einem Verfahren, in dem es, nach allem, was ich so lesen konnte, nicht nur um die relevanten Fragen, sondern auch um eine Menge Unerfreuliches aus den "Katakomben" ging, endet die Begründung schließlich mit einem seltsamen Satz: "So viele Leute gehören nicht auf das Spielfeld." Hertha hätte aber nichtsdestoweniger ohne Beeinträchtigung des Spiel bestreiten können. Wieviele Leute gehören also auf das Spielfeld, damit es nicht zu viele sind, Herr Lorenz? Auf Wienerisch könnte man ihm die Antwort abnehmen: Ein bissl weniger Platzstürmer hättens schon sein dürfen.
Da der Rechtsweg nun einmal beschritten wurde, muss Hertha ihn auch zum Ende gehen. Das bedeutet allerdings eine längere Phase der Ungewissheit, die nur deswegen nicht so stark ins Gewicht fällt, weil heuer eine lange Sommerpause ist - für Mannschaften, die keine Nationalspieler haben. Das ist bei Hertha der Fall, sofern nicht Andreas Ottl noch nachberufen wird. Deswegen sollte man sich die ein, zwei Wochen nehmen, die es brauchen wird, um diesen Fall zu einem fairen und sachgerechten Ende zu bringen. Das nun vorliegende erste Urteil leistet dies nicht.
Parallel hat der Manager, der ja vor den beiden Versammlungen diese und nächste Woche an seiner Selbstverteidigung arbeitet, bereits einen neuen Trainer bestellt. Jos Luhukay ist eine gute Wahl angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass Hertha im kommenden Jahr zweite Liga spielen wird. Auch in der ersten Liga könnte er den Anforderungen dieses Clubs wahrscheinlich ganz gut gerecht werden, die ja einfach zu beschreiben sind: ein wenig mehr Leidenschaft und Verstand in den Überlebenskampf zu bringen.
Die Hoffnung auf Ralf Rangnick, die viele Fans nun enttäuscht sehen, habe ich nie geteilt. Ich schätze ihn, aber er ist keineswegs der Gesamtlöser, der Hertha vollkommen neu aufgestellt hätte. Im Gegenteil hätte er neue Einseitigkeiten gebracht, denn auch er hat viele blinde Flecken, wie sich in seinem bisherigen Arbeiten gezeigt hat. (Ich sehe ihn ein bisschen so wie Favre in seiner Berliner Zeit.) Was Hertha braucht, ist eine vernünftige Balance von Fußballkompetenz: derzeit fehlt sie an allen Enden, es wird nicht eine Person sein, die das im Handstreich beheben kann. Aber all das wird bei den Versammlungen noch ausführlich zur Sprache kommen.
Dass Levan Kobiashvili den Referee Wolfgang Stark in die Gefahr eines Genickbruchs brachte (was bei einem drohenden sechs Meter tiefen Sturz, auf den im Bericht verwiesen wurde, nicht auszuschließen ist), war vor dem DFB-Sportgericht auch Thema, obwohl es eigentlich nicht im strengen Sinn Verhandlungsgegenstand war. Ein tätlicher Angriff ist natürlich untragbar, was genau geschehen ist, macht aber auch eine genaue Rekonstruktion der Vorgänge im Kabinentrakt erforderlich, und gehört an einen eigenen Tisch. Die Verhandlungsführung des DFB-Sportgerichts erweckt ein wenig den Eindruck, es wäre vor allem darum gegangen, den Schiedsrichter zu bestätigen. Dabei muss das doch gar nicht sein: Stark hat das Nötige getan, um den Abend zu Ende zu bringen. Irregulär war er trotzdem. Da schließt das eine das andere nicht aus.
Da der Rechtsweg nun einmal beschritten wurde, muss Hertha ihn auch zum Ende gehen. Das bedeutet allerdings eine längere Phase der Ungewissheit, die nur deswegen nicht so stark ins Gewicht fällt, weil heuer eine lange Sommerpause ist - für Mannschaften, die keine Nationalspieler haben. Das ist bei Hertha der Fall, sofern nicht Andreas Ottl noch nachberufen wird. Deswegen sollte man sich die ein, zwei Wochen nehmen, die es brauchen wird, um diesen Fall zu einem fairen und sachgerechten Ende zu bringen. Das nun vorliegende erste Urteil leistet dies nicht.
Parallel hat der Manager, der ja vor den beiden Versammlungen diese und nächste Woche an seiner Selbstverteidigung arbeitet, bereits einen neuen Trainer bestellt. Jos Luhukay ist eine gute Wahl angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass Hertha im kommenden Jahr zweite Liga spielen wird. Auch in der ersten Liga könnte er den Anforderungen dieses Clubs wahrscheinlich ganz gut gerecht werden, die ja einfach zu beschreiben sind: ein wenig mehr Leidenschaft und Verstand in den Überlebenskampf zu bringen.
Die Hoffnung auf Ralf Rangnick, die viele Fans nun enttäuscht sehen, habe ich nie geteilt. Ich schätze ihn, aber er ist keineswegs der Gesamtlöser, der Hertha vollkommen neu aufgestellt hätte. Im Gegenteil hätte er neue Einseitigkeiten gebracht, denn auch er hat viele blinde Flecken, wie sich in seinem bisherigen Arbeiten gezeigt hat. (Ich sehe ihn ein bisschen so wie Favre in seiner Berliner Zeit.) Was Hertha braucht, ist eine vernünftige Balance von Fußballkompetenz: derzeit fehlt sie an allen Enden, es wird nicht eine Person sein, die das im Handstreich beheben kann. Aber all das wird bei den Versammlungen noch ausführlich zur Sprache kommen.
Dass Levan Kobiashvili den Referee Wolfgang Stark in die Gefahr eines Genickbruchs brachte (was bei einem drohenden sechs Meter tiefen Sturz, auf den im Bericht verwiesen wurde, nicht auszuschließen ist), war vor dem DFB-Sportgericht auch Thema, obwohl es eigentlich nicht im strengen Sinn Verhandlungsgegenstand war. Ein tätlicher Angriff ist natürlich untragbar, was genau geschehen ist, macht aber auch eine genaue Rekonstruktion der Vorgänge im Kabinentrakt erforderlich, und gehört an einen eigenen Tisch. Die Verhandlungsführung des DFB-Sportgerichts erweckt ein wenig den Eindruck, es wäre vor allem darum gegangen, den Schiedsrichter zu bestätigen. Dabei muss das doch gar nicht sein: Stark hat das Nötige getan, um den Abend zu Ende zu bringen. Irregulär war er trotzdem. Da schließt das eine das andere nicht aus.
Montag, Mai 21, 2012
Schlechter Film
Als ich gestern aus Rumänien zurückkam, warf ich spätabends noch kurz den Beamer an und erwischte zwei markante Szenen aus der Wiederholung des CL-Finales vom Samstag: das doch mächtige Bild von Häuptling Hochroter Kopf (aka Uli Hoeneß), wie er von seiner Frau von hinten in den Arm genommen wird, während die Enttäuschung offensichtlich in ihm arbeitet wie das Erdinnere in einem Vulkan, und dann ein Interview mit Petr Cech, der am Tag nach dem Finale seinen 30. Geburtstag feierte. Allein damit könnte man sich lange beschäftigen: was diese beiden Figuren jeweils darstellen. Nur ein paar Worte zu Cech: Ich erinnere mich noch gut an eine Saison, in der er in der Premier League das absolute Maß aller "things goalkeeping" war. Eine Fingerspitzenparade (das Match habe ich längst vergessen) habe ich noch immer vor dem geistigen Auge, es war ein Akt höchster menschlicher Streckung, die entsprechende Zeitlupe erst machte ihn sichtbar.
Es folgte eine schwere Verletzung, es folgte die Stagnation des Chelsea FC in den letzten Jahren, und so hätte man beinahe schon vergessen können, dass Petr Cech einer der größten Torhüter der letzten Dekade ist. Munich 2012 hat das in Erinnerung gerufen, und im Interview konnte man dann auch den Menschen ein bisschen sehen, allem Anschein nach ein guter Typ.
Natürlich ist das Ergebnis vom Samstag nicht gerecht. Wie sollte es auch, wenn zwei Mannschaften davor alles unternommen haben, um sich auf die Entscheidungshöhe so eines Finales zu bringen, in dem es nur mehr eine von zwei Möglichkeiten geben kann? Die Möglichkeiten sind dabei unterschiedlich verteilt, aber auf der prinzipiellen Ebene eben nicht: Beide Ausgänge sind möglich, im konkreten Fall war das so bis zu letzten Sekunde, in der Drogba auf den Ball trat, und dabei eine so seltsame Haltung einnahm, dass er auch hätte wegrutschen können - aber er traf den Ball gut, Neuer war schon verladen, das war die Entscheidung.
Die Vorentscheidung war, dass Schweinsteiger den Ball so trat, dass er so an den Pfosten prallte, dass er entlang der Linie zurücksprang, und dabei den ganz kleinen Korridor fand, der zwischen Cechs Rücken und der Torlinie blieb - ein äußerst unwahrscheinlicher Weg, den der Fußball aber ohne Weiteres und jederzeit findet. Es sind diese Momente, die aus einem "schlechten Film" (Franz Beckenbauer) einen großartigen Film machen, der aber eben nicht immer leicht verkraftbar ist. In schlechten Filmen gewinnen immer die Guten, oder manchmal die Falschen. Darin hat der Vergleich des Gemeinplatzhirschen schon seine Grenze erreicht, denn Fußball ist prinzipiell ein großer Film, in dem ständig an nichts weniger als an das Prinzipielle gerührt wird: dass es eben so oder so ausgehen kann, egal, wie sehr man sich bemüht.
Am zweiten Tag nach dem Spiel setzt sich nun auch eine nüchternere Betrachtung durch. Ich persönlich habe wohl in dem vollen Pub in Iasi die Brillanz des Spiels ein wenig überschätzt, ich sah ein packendes Drama, das es zweifellos war, aber am Ende war es doch ein gar nicht so ungewöhnliches Match, nur eben ganz oben, im Kampf um einen der höchsten Preise. Chelsea war Chelsea, Bayern war Bayern - keines der beiden Teams ging über sich hinaus, fand einen Moment der Transzendenz seiner Schemata, und wäre es nur der gewesen, dass jemand anderer als Robben den Elfmeter gegen Cech geschossen hätte.
So geht es uns mit dem CL-Finale 2012 wie mit dem meisten Dingen im Leben: Wir beginnen sie zu verarbeiten, sie verfestigen sich zu einem Eindruck, der in der Erinnerung bestehen kann. Aber diese Szene zwischen Schweinsteiger und Cech, die würde ich gern einmal in einem jener anderen Universen sehen, die angeblich nur um Haaresbreite von dem unseren entfernt sind. Dort feiert der FC Bayern vielleicht jetzt noch den Sieg im "Dahoamspiel", hält ihn für völlig verdient und fühlt sich wie im "richtigen Film". Nur eben in einer unerreichbaren Wirklichkeit.
Es folgte eine schwere Verletzung, es folgte die Stagnation des Chelsea FC in den letzten Jahren, und so hätte man beinahe schon vergessen können, dass Petr Cech einer der größten Torhüter der letzten Dekade ist. Munich 2012 hat das in Erinnerung gerufen, und im Interview konnte man dann auch den Menschen ein bisschen sehen, allem Anschein nach ein guter Typ.
Natürlich ist das Ergebnis vom Samstag nicht gerecht. Wie sollte es auch, wenn zwei Mannschaften davor alles unternommen haben, um sich auf die Entscheidungshöhe so eines Finales zu bringen, in dem es nur mehr eine von zwei Möglichkeiten geben kann? Die Möglichkeiten sind dabei unterschiedlich verteilt, aber auf der prinzipiellen Ebene eben nicht: Beide Ausgänge sind möglich, im konkreten Fall war das so bis zu letzten Sekunde, in der Drogba auf den Ball trat, und dabei eine so seltsame Haltung einnahm, dass er auch hätte wegrutschen können - aber er traf den Ball gut, Neuer war schon verladen, das war die Entscheidung.
Die Vorentscheidung war, dass Schweinsteiger den Ball so trat, dass er so an den Pfosten prallte, dass er entlang der Linie zurücksprang, und dabei den ganz kleinen Korridor fand, der zwischen Cechs Rücken und der Torlinie blieb - ein äußerst unwahrscheinlicher Weg, den der Fußball aber ohne Weiteres und jederzeit findet. Es sind diese Momente, die aus einem "schlechten Film" (Franz Beckenbauer) einen großartigen Film machen, der aber eben nicht immer leicht verkraftbar ist. In schlechten Filmen gewinnen immer die Guten, oder manchmal die Falschen. Darin hat der Vergleich des Gemeinplatzhirschen schon seine Grenze erreicht, denn Fußball ist prinzipiell ein großer Film, in dem ständig an nichts weniger als an das Prinzipielle gerührt wird: dass es eben so oder so ausgehen kann, egal, wie sehr man sich bemüht.
Am zweiten Tag nach dem Spiel setzt sich nun auch eine nüchternere Betrachtung durch. Ich persönlich habe wohl in dem vollen Pub in Iasi die Brillanz des Spiels ein wenig überschätzt, ich sah ein packendes Drama, das es zweifellos war, aber am Ende war es doch ein gar nicht so ungewöhnliches Match, nur eben ganz oben, im Kampf um einen der höchsten Preise. Chelsea war Chelsea, Bayern war Bayern - keines der beiden Teams ging über sich hinaus, fand einen Moment der Transzendenz seiner Schemata, und wäre es nur der gewesen, dass jemand anderer als Robben den Elfmeter gegen Cech geschossen hätte.
So geht es uns mit dem CL-Finale 2012 wie mit dem meisten Dingen im Leben: Wir beginnen sie zu verarbeiten, sie verfestigen sich zu einem Eindruck, der in der Erinnerung bestehen kann. Aber diese Szene zwischen Schweinsteiger und Cech, die würde ich gern einmal in einem jener anderen Universen sehen, die angeblich nur um Haaresbreite von dem unseren entfernt sind. Dort feiert der FC Bayern vielleicht jetzt noch den Sieg im "Dahoamspiel", hält ihn für völlig verdient und fühlt sich wie im "richtigen Film". Nur eben in einer unerreichbaren Wirklichkeit.
Sonntag, Mai 20, 2012
Block Party
Ich glaube, ich habe gerade eines der aufregendsten Fußballspiele gesehen, an das ich mich erinnern kann. Für Chelsea war es weitgehend eine Block Party, aber für eine Abwehrschlacht war das ein spektakulär vertikales Match, im dem es Geschichten hagelte wie Chancen. Dass Arjen Robben dabei wieder eine Hauptrolle spielte, wird für meine Begriffe dadurch entschärft, dass Torres eine Minute davor wohl auch einen Elfmeter hätte bekommen können. Dass Drogba aber in seinem vielleicht letzten großen Match auf internationaler Bühne einen klassischen Dreischritt vollführte (erhabenes Kopfballtor, dann Elferfoul an Ribéry, und schließlich Matchball), das war vielleicht wirklich die bessere Geschichte als ein Sieg des FCB im "Dahoamspiel", der natürlich verdient gewesen wäre.
Ich fiel, weil ich es offensichtlich nicht schaffe, mir ein wichtiges Match neutral anzuschauen, ungefähr zwanzig Minuten vor Anpfiff auf die Chelsea-Seite, obwohl das aus der Arsenal-Perspektive nicht gut ist (die müssen jetzt CL-Qualifikation spielen). Aber es gab einen Grund: Mir fiel auf oder besser wieder ein, wer Roberto Di Matteo eigentlich ist, ein Mann, mit dem ich wesentliche Momente meiner frühen Begeisterung für die Premier League verbinde, als es in Wien ein Lokal namens Chelsea gab, in dem ich unzählige Stunden verbracht habe.
Di Matteo ist das Element an Chelsea, das am wenigsten Abramowitsch ist, seinetwegen habe ich den Abend dann selbst für mich ein wenig unerwartet durch die "blaue Blume" gesehen.
In Rumänien lief das Spiel auf TVR, in einer astreinen Übertragung vollkommen ohne Werbung, abgesehen von den Uefa-Sponsoren, zu denen hier offensichtlich Uni Credit Tiriac zählt. Eine Besonderheit gab es noch, und die hatte es in sich: In den zehn Minuten unmittelbar vor dem Spiel lief eine Bildungssendung namens "Capodopere" (Bild), in der eine ältere Dame ein Gemälde erklärte. Und das in einem Land, das als im Moment eher raubtierkapitalistisch gilt.
Ein kleiner Tip noch an die Uefa: Eine Deluxe-DVD dieses Abends würde ich sofort kaufen, mit dem Spielfilm, drei, vier weiteren als Bonus (zwei Hintertorkameras, eine Totale, ...) und allen Interviews sowie Tunnel vorher und gesamte Atmo nachher. Denken Sie marktwirtschaftlich, Monsieur Platini! Dieses Material bleibt sonst für ewig im Dunkel der Archive.
Ich fiel, weil ich es offensichtlich nicht schaffe, mir ein wichtiges Match neutral anzuschauen, ungefähr zwanzig Minuten vor Anpfiff auf die Chelsea-Seite, obwohl das aus der Arsenal-Perspektive nicht gut ist (die müssen jetzt CL-Qualifikation spielen). Aber es gab einen Grund: Mir fiel auf oder besser wieder ein, wer Roberto Di Matteo eigentlich ist, ein Mann, mit dem ich wesentliche Momente meiner frühen Begeisterung für die Premier League verbinde, als es in Wien ein Lokal namens Chelsea gab, in dem ich unzählige Stunden verbracht habe.
Di Matteo ist das Element an Chelsea, das am wenigsten Abramowitsch ist, seinetwegen habe ich den Abend dann selbst für mich ein wenig unerwartet durch die "blaue Blume" gesehen.
In Rumänien lief das Spiel auf TVR, in einer astreinen Übertragung vollkommen ohne Werbung, abgesehen von den Uefa-Sponsoren, zu denen hier offensichtlich Uni Credit Tiriac zählt. Eine Besonderheit gab es noch, und die hatte es in sich: In den zehn Minuten unmittelbar vor dem Spiel lief eine Bildungssendung namens "Capodopere" (Bild), in der eine ältere Dame ein Gemälde erklärte. Und das in einem Land, das als im Moment eher raubtierkapitalistisch gilt.
Ein kleiner Tip noch an die Uefa: Eine Deluxe-DVD dieses Abends würde ich sofort kaufen, mit dem Spielfilm, drei, vier weiteren als Bonus (zwei Hintertorkameras, eine Totale, ...) und allen Interviews sowie Tunnel vorher und gesamte Atmo nachher. Denken Sie marktwirtschaftlich, Monsieur Platini! Dieses Material bleibt sonst für ewig im Dunkel der Archive.
Samstag, Mai 19, 2012
FC Vaslui
Heute morgen gibt es so viele Themen, dass ich gar nicht anders kann als antizyklisch zu verfahren. Ich werde also, zumal ich dies in einem Hotelzimmer in Iasi an der Grenze zu Moldawien schreibe, weder über das CL-Finale nachdenken (zwischen dem FCB und dem Chelsea FC vermag ich nicht so richtig Präferenzen zu entwickeln), noch über den Systemwettstreit (zwischen Festgeldmacht und Oligarchenohnmacht, zwischen Bundesliga und Premier League). Ich werde auch mit meinem Kommentar zu Jos Luhukay noch warten, obwohl der ja für beide Ligen unterschrieben hat und diese Personalie also von der Causa unabhängig ist, für deren Verhandlung die zuständigen DFB-Instanzen sich ein zusätzliches Wochenende Denkpause genommen haben. Ich lasse auch den Fall Robin van Persie noch außen vor, denn der gehört in eine generellere Einschätzung der Situation beim FC Arsenal, und für diese möchte ich mir ein wenig mehr Zeit nehmen.
Heute also eine kleine Geschichte dazu, warum ich Anhänger des FC Vaslui in der rumänischen Liga bin. Ich glaube mich zu erinnern, dass es zu meinen frühesten Fußballerlebnissen gehörte, in jeder Liga ein Team zu haben. Damals bestand Fußball ja im Wesentlichen aus Tabellen und Namen, abgedruckt in kleiner Schrift in der Zeitung, die der Vater am Sonntag aus den Plastikbeuteln nahm, in denen sie zur Entnahme standen, und sie uns in die Hand drückte.
Rumänien hatte ich damals kaum im Blick, erst später kam dieser große Sieg, den der AC Mailand einmal gegen Steaua Bukarest feierte. 4:0 am 24. Mai 1989, als kleiner Tribut an die Magie der Namen hier die beiden Aufstellungen: Galli; Baresi, Costacurta, Maldini, Tassotti; Ancelotti, Colombo, Donadoni; Gullit, Rijkaard; van Basten. - Lung; Bumbescu, Iovan, Petrescu, Stoica, Ungureanu; Hagi, Minea, Rotariu; Lacatus, Piturca.
Dass ich mich für Rumänien als Land so zu interessieren begann, dass ich nun schon zum zweiten Mal hierher gefahren bin, hat mit dem Kino zu tun, aber auch mit den Ereignissen von 1989, die sich mir so eingeprägt haben (und bei denen ich gleichzeitig den Eindruck hatte, sie nicht richtig mitzubekommen, weil damals soviel auf einmal passierte), dass ich noch heute versuche, da hinterherzukommen. Deswegen lese ich Mircea Cartarescu, deswegen interviewe ich Cristi Puiu, deswegen fahre ich quer durch das Land wie gestern von Cluj nach Iasi.
Unter den Filmregisseuren gibt es zwei, die ich besonders gut finde: neben Puiu noch Corneliu Porumboiu. Er stammt aus Vaslui, seine Filme spielen dort ("Police, Adjective"), und so wurde ich auf diese Kleinstadt aufmerksam, und irgendwann auf ihr Fußballteam. Als ich die momentane Reise plante, hatte ich auch im Auge, dass an diesem Wochenende in Rumänien die Liga endet. Eigentlich sollte heute der FC Vaslui (derzeit Tabellenzweiter) gegen Universitatea Cluj spielen, doch hier werden die Spieltermine häufig kurzfristig hin und her geschoben, und nun ist der Termin erst morgen, da muss ich aber schon in Bukarest sein.
Die eigentliche Pointe habe ich aber erst neulich herausgefunden. Der FC Vaslui gehört nämlich einem lokalen Magnaten namens Adrian Porumboiu, und das ist ausgerechnet der Vater des Filmemachers. In einem Hotelzimmer in Sibiu habe ich Vater Porumboiu neulich in einer TV-Quizshow mit dem Titel "Blonde Challenge" die Frage beantworten sehen, was der Begriff Philosophie bedeutet. Er wusste es.
Man wird verstehen, dass es nun einer meiner Träume ist, dass Hertha eines fernen Tages in der Qualifikationsrunde für eine von Michel Platini dann auf 128 Teams erweiterte Champion's League auf den FC Vaslui trifft. Doch wer das Chaos im rumänischen Fußball ein wenig mitbekommt, und wer Herthas Perspektiven nüchtern einschätzt, wird die Möglichkeit nicht ausschließen können, dass es dazu nie kommt. Auch gut, es gibt ja noch wichtigere Dinge. Und damit zurück nach München, zum "Hoamspiel", das ich mir in der Fremde ansehen werde.
Heute also eine kleine Geschichte dazu, warum ich Anhänger des FC Vaslui in der rumänischen Liga bin. Ich glaube mich zu erinnern, dass es zu meinen frühesten Fußballerlebnissen gehörte, in jeder Liga ein Team zu haben. Damals bestand Fußball ja im Wesentlichen aus Tabellen und Namen, abgedruckt in kleiner Schrift in der Zeitung, die der Vater am Sonntag aus den Plastikbeuteln nahm, in denen sie zur Entnahme standen, und sie uns in die Hand drückte.
Rumänien hatte ich damals kaum im Blick, erst später kam dieser große Sieg, den der AC Mailand einmal gegen Steaua Bukarest feierte. 4:0 am 24. Mai 1989, als kleiner Tribut an die Magie der Namen hier die beiden Aufstellungen: Galli; Baresi, Costacurta, Maldini, Tassotti; Ancelotti, Colombo, Donadoni; Gullit, Rijkaard; van Basten. - Lung; Bumbescu, Iovan, Petrescu, Stoica, Ungureanu; Hagi, Minea, Rotariu; Lacatus, Piturca.
Dass ich mich für Rumänien als Land so zu interessieren begann, dass ich nun schon zum zweiten Mal hierher gefahren bin, hat mit dem Kino zu tun, aber auch mit den Ereignissen von 1989, die sich mir so eingeprägt haben (und bei denen ich gleichzeitig den Eindruck hatte, sie nicht richtig mitzubekommen, weil damals soviel auf einmal passierte), dass ich noch heute versuche, da hinterherzukommen. Deswegen lese ich Mircea Cartarescu, deswegen interviewe ich Cristi Puiu, deswegen fahre ich quer durch das Land wie gestern von Cluj nach Iasi.
Unter den Filmregisseuren gibt es zwei, die ich besonders gut finde: neben Puiu noch Corneliu Porumboiu. Er stammt aus Vaslui, seine Filme spielen dort ("Police, Adjective"), und so wurde ich auf diese Kleinstadt aufmerksam, und irgendwann auf ihr Fußballteam. Als ich die momentane Reise plante, hatte ich auch im Auge, dass an diesem Wochenende in Rumänien die Liga endet. Eigentlich sollte heute der FC Vaslui (derzeit Tabellenzweiter) gegen Universitatea Cluj spielen, doch hier werden die Spieltermine häufig kurzfristig hin und her geschoben, und nun ist der Termin erst morgen, da muss ich aber schon in Bukarest sein.
Die eigentliche Pointe habe ich aber erst neulich herausgefunden. Der FC Vaslui gehört nämlich einem lokalen Magnaten namens Adrian Porumboiu, und das ist ausgerechnet der Vater des Filmemachers. In einem Hotelzimmer in Sibiu habe ich Vater Porumboiu neulich in einer TV-Quizshow mit dem Titel "Blonde Challenge" die Frage beantworten sehen, was der Begriff Philosophie bedeutet. Er wusste es.
Man wird verstehen, dass es nun einer meiner Träume ist, dass Hertha eines fernen Tages in der Qualifikationsrunde für eine von Michel Platini dann auf 128 Teams erweiterte Champion's League auf den FC Vaslui trifft. Doch wer das Chaos im rumänischen Fußball ein wenig mitbekommt, und wer Herthas Perspektiven nüchtern einschätzt, wird die Möglichkeit nicht ausschließen können, dass es dazu nie kommt. Auch gut, es gibt ja noch wichtigere Dinge. Und damit zurück nach München, zum "Hoamspiel", das ich mir in der Fremde ansehen werde.
Donnerstag, Mai 17, 2012
Protestnote
Quer durch Deutschland wird nun darüber diskutiert, ob Hertha berechtigt Protest eingelegt hat gegen die Wertung des zweiten Relegationsspiels in Düsseldorf. Dabei laufen die Argumentationsgründe ziemlich durcheinander. Es geht aber nicht darum, welches moralische oder sonstige Recht auf Klassenerhalt die Berliner Mannschaft in der 96. Minute erspielt hatte, als die Fans von Düsseldorf das Feld stürmten. Es geht einzig um die prinzipielle, also rechtlich zu klärende Frage, ob das Spiel in regulärer Form an sein Ende gekommen ist.
Das lässt sich mit guten Gründen bestreiten wie behaupten. Für meine Begriffe ist die Integrität der Spielzeit für den Fußball unabdingbar. Das heißt, dass die 45 Minuten pro Halbzeit nicht durch äußere Ereignisse unterbrochen werden dürfen. Wenn ein Spieler auf dem Feld verletzt wird und lange Behandlung braucht, wie es manchmal leider vorkommt, ist das eine Unterbrechung aus dem Spiel heraus, sie zählt zum Spiel, dieses geht danach weiter. Auch da gibt es Ausnahmen: Als Fabrice Muamba kürzlich einen Herzstillstand erlitt und mit ungewisser Diagnose ins Krankenhauzs gebracht werden musste, wurde das Spiel zwischen Bolton und Tottenham abgebrochen.
Wenn aber Fans während des Spiels das Feld stürmen, und auch wenn dieses nur noch eine Minute dauern sollte, dann liegt für meine Begriffe (ich bin kein DFB-Jurist, versuche nur, vernünftig zu denken) kein Fall von höherer Gewalt vor, sondern einer von Obstruktion, der das Spiel unvollständig lässt - auch wenn Referee Stark es zwanzig Minuten später der Form halber noch komplettieren ließ. Stellen wir uns folgenden Fall vor: Hertha hätte tatsächlich in der 97. Minute noch das dritte Tor geschafft. Wie hätten sich die Fans, die zu diesem Zeitpunkt längst an den Linien zum Sturm bereithielten, dann verhalten? Düsseldorf hatte schon vor dem Platzsturm die Sicherheit im Stadion nicht mehr gewährleistet (von den Kontrollen an den Einlässen kann man das sicher auch nicht behaupten).
Hertha hat alle Gründe, Protest einzulegen, bloß keine sportlichen. Aber die zählen auch nicht.
Das lässt sich mit guten Gründen bestreiten wie behaupten. Für meine Begriffe ist die Integrität der Spielzeit für den Fußball unabdingbar. Das heißt, dass die 45 Minuten pro Halbzeit nicht durch äußere Ereignisse unterbrochen werden dürfen. Wenn ein Spieler auf dem Feld verletzt wird und lange Behandlung braucht, wie es manchmal leider vorkommt, ist das eine Unterbrechung aus dem Spiel heraus, sie zählt zum Spiel, dieses geht danach weiter. Auch da gibt es Ausnahmen: Als Fabrice Muamba kürzlich einen Herzstillstand erlitt und mit ungewisser Diagnose ins Krankenhauzs gebracht werden musste, wurde das Spiel zwischen Bolton und Tottenham abgebrochen.
Wenn aber Fans während des Spiels das Feld stürmen, und auch wenn dieses nur noch eine Minute dauern sollte, dann liegt für meine Begriffe (ich bin kein DFB-Jurist, versuche nur, vernünftig zu denken) kein Fall von höherer Gewalt vor, sondern einer von Obstruktion, der das Spiel unvollständig lässt - auch wenn Referee Stark es zwanzig Minuten später der Form halber noch komplettieren ließ. Stellen wir uns folgenden Fall vor: Hertha hätte tatsächlich in der 97. Minute noch das dritte Tor geschafft. Wie hätten sich die Fans, die zu diesem Zeitpunkt längst an den Linien zum Sturm bereithielten, dann verhalten? Düsseldorf hatte schon vor dem Platzsturm die Sicherheit im Stadion nicht mehr gewährleistet (von den Kontrollen an den Einlässen kann man das sicher auch nicht behaupten).
Hertha hat alle Gründe, Protest einzulegen, bloß keine sportlichen. Aber die zählen auch nicht.
Mittwoch, Mai 16, 2012
Skandalspiel
In einem Hotel in Bukarest habe ich gestern in einem englisch kommentierten Stream das zweite Entscheidungsspiel zwischen Hertha und Fortuna Düsseldorf gesehen. Es hatt schließlich fast etwas Symbolisches, wie sich die Sache für Michael Preetz auf eine Entscheidung zuspitzte, die sportpolitisch eher als sportlich war: Sollte Hertha nach dem ganzen Chaos in den letzten Minuten noch einmal antreten, um ein Spiel zu Ende zu spielen, das zu diesem Zeitpunkt längst irregulär geworden war? Die Mannschaft kam dann doch noch einmal auf das Feld, und es blieb bei dem 2:2, das Düsseldorf eine Aufstiegsfeier bescherte, die unter sportgerichtlichem Vorbehalt steht. Stehen muss, denn hier steht mehr auf dem Spiel als nur die Frage, wo Hertha im kommenden Jahr spielt. Fans beider Mannschaften haben gestern das Spiel in einem Maß gestört, das beunruhigend ist, und das auf die Leidenschaften verweist, die sich da in zunehmendem Maß wieder Bahn brechen. Das Familienunternehmen Bundesliga beginnt an den Bruchstellen zu brodeln - und die Relegationsspiele sind solche Bruchstellen. Als sie vor einigen Jahren wieder eingeführt wurden, habe ich mich dagegen ausgesprochen, damals eher, weil ich gegen die radikale kommerzielle Auspressung des Spiels bin. Nun stehen wir vor den Ereignissen von gestern und fragen uns: War es das, was die Liga wollte? Nun, sie hat es bekommen.
Bis zur Pause hatte das Spiel alle Elemente eines kleinen Klassikers. Der Führungstreffer für Fortuna in der ersten Minute, wie ein Verdikt der Götter über eine einfach immer wieder zu träge und inkonsequente Mannschaft aus Berlin. Die Zurückweisung dieses Verdikts durch Hertha, die sich das Spiel holte, den Ausgleich erzielte, Düsseldorf vollkommen dominierte, aber es (wie schon im Hinspiel) versäumte, noch vor der Pause das zweite Tor zu machen. In Halbzeit zwei fiel alles ein wenig auseinander, die gelb-rote Karte ausgerechnet für den Positivspieler Ben-Hatira traf schwer, gleich darauf die erneute Führung für Fortuna, aber kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit zeigten Raffael und Ramos noch einmal, was für ein brillantes Angriffsduo sie für Berlin hätten sein können, wären sie nicht monatelang in Schwermut versunken gewesen: Die Kombination zum 2:2 war eine der besten, die wir von Hertha kennen. Danach war leider nur noch Hektik.
Die Sache wird uns noch eine Weile beschäftigen, doch im Grunde haben die Kommentatoren recht, die schreiben: Hertha hatte im Jahr 2012 nicht ausreichend bundesligareife Phasen (gelegentlich 20, 30 Minuten reicht eben nicht). Die Entscheidung für Otto Rehhagel erwies sich als falsch. Kleine Ironie am Rande: Ronny rief gestern beinahe die Leistung ab, die Michael Skibbe sich zu Beginn der Rückrunde in Nürnberg anscheinend von ihm erwartet hatte. Fünf Monate zu spät. Andreas Ottl, für mich insgesamt die Schlüsselfigur in dieser Saison, saß gestern nicht einmal auf der Bank. Wenigstens das hat der Mann mit der unendlichen Erfahrung begriffen.
Bis zur Pause hatte das Spiel alle Elemente eines kleinen Klassikers. Der Führungstreffer für Fortuna in der ersten Minute, wie ein Verdikt der Götter über eine einfach immer wieder zu träge und inkonsequente Mannschaft aus Berlin. Die Zurückweisung dieses Verdikts durch Hertha, die sich das Spiel holte, den Ausgleich erzielte, Düsseldorf vollkommen dominierte, aber es (wie schon im Hinspiel) versäumte, noch vor der Pause das zweite Tor zu machen. In Halbzeit zwei fiel alles ein wenig auseinander, die gelb-rote Karte ausgerechnet für den Positivspieler Ben-Hatira traf schwer, gleich darauf die erneute Führung für Fortuna, aber kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit zeigten Raffael und Ramos noch einmal, was für ein brillantes Angriffsduo sie für Berlin hätten sein können, wären sie nicht monatelang in Schwermut versunken gewesen: Die Kombination zum 2:2 war eine der besten, die wir von Hertha kennen. Danach war leider nur noch Hektik.
Die Sache wird uns noch eine Weile beschäftigen, doch im Grunde haben die Kommentatoren recht, die schreiben: Hertha hatte im Jahr 2012 nicht ausreichend bundesligareife Phasen (gelegentlich 20, 30 Minuten reicht eben nicht). Die Entscheidung für Otto Rehhagel erwies sich als falsch. Kleine Ironie am Rande: Ronny rief gestern beinahe die Leistung ab, die Michael Skibbe sich zu Beginn der Rückrunde in Nürnberg anscheinend von ihm erwartet hatte. Fünf Monate zu spät. Andreas Ottl, für mich insgesamt die Schlüsselfigur in dieser Saison, saß gestern nicht einmal auf der Bank. Wenigstens das hat der Mann mit der unendlichen Erfahrung begriffen.
Montag, Mai 14, 2012
Endspiele
Im Publikum war Christian Streich, dessen großartigen Auftritt im ZDF-Sportstudio man online noch sehen kann, gelegentlich war die Kamera auch auf Michael Preetz gerichtet. Hertha war insgesamt wohl doch die um ein Tor weniger reife Mannschaft, aber es tut doch gut, ein Nachwuchsteam wieder einmal in einem Entscheidungsspiel zu sehen, nachdem zuletzt wenig von den Jungen zu hören gewesen war.
Nico Schulz hinterließ nach dem, was im Fernsehen mitzukriegen war, einen guten Eindruck. Er war ja die ganze Saison hindurch weit weg vom Profikader, auch für ihn hängt vom Spiel in Düsseldorf sehr viel ab, allerdings auf eine vertrackte Weise: Er könnte von einem Abstieg von Hertha sogar profitieren, sich in Liga zwee eher festspielen.
Am Samstagabend dann das Pokalfinale, das ich nicht konzentriert sehen konnte, das aber vor allem auch gezeigt hat, was im Olympiastadion möglich wäre, wenn dort mehr als einmal im Jahr ein großes Spiel stattfinden würde. Die Inszenierung mit den einmarschierenden Tülldamen ging ja schon fast ein bisschen zu weit, was die Dortmunder allerdings später mit dem Riesentor machten, kann man getrost als weitere Entmythologisierung der monumentalen Lücke sehen, durch die Nazideutschland einst in den Westen blickte.
Alles wurde aber am Sonntag überboten vom mehrfachen Thriller in der englischen Liga. Um ein Haar hätten die Queens Park Rangers es geschafft, den Triumph der "noisy neighbours" von Manchester City zu verhindern. Ich habe schon einmal an dieser Stelle auf das absolut bewunderungswürdige Ethos dieser Mannschaft verwiesen, das wäre eine Orientierungsmarke für Hertha gewesen, schon seit Wochen (abzüglich des nicht zurechnungsfähigen Joey Barton allerdings). Mit zehn Mann hielt QPR bis zur 90. Minute ein 2:1 auf gegnerischem Platz, bevor dann durch Tore von Dzeko und Aguero die Dämme brachen (zu diesem Zeitpunkt hatte Bolton schon das 2:2 hinnehmen müssen, sodass die Rangers trotz der Niederlage die Klasse halten werden).
Der Triumph von "Moneybags City" hat zwei Seiten. Auf der einen Seite ist er natürlich erkauft und kam unter unfairen Bedingungen zustande. Aber so ist das Leben, wir alle konkurrieren tagtäglich mit Leuten, die Startvorteile haben. Auf der anderen Seite gab es gestern Fans zu sehen, denen deutlich anzumerken war, dass sie viele Jahre auf so einen Moment gewartet haben – und sie haben ihn würdig und euphorisch begangen. Die Fans haben mich mit dem Moment versöhnt, muss ich sagen, obwohl es eigentlich eines meiner Saisonwunschziele war, dass City nichts gewinnt (aber da war auch ein wenig persönlicher Groll auf Samir Nasri dabei, der sich nun in seiner Abkehr von Arsenal bestätigt sehen kann).
Wie würde ich reagieren, käme für Hertha ein Scheich? Ich könnte mich über eine Geschichte wie die von City nicht wirklich freuen. Auf eine bestimmte Weise bin ich nämlich doch Fußballromantiker: ich möchte Entwicklung sehen, und keine evolutionären Übersprünge. Ein Meistertitel für 400 Millionen Euro ist nun einmal kein nur sportliches Faktum. Andererseits sind die Standortfaktoren zumindest bei Arsenal und Manchester United so, dass sie eigentlich konkurrenzfähig wären - doch United hatte ein Übergangsjahr, und bei Arsenal wird, obwohl gestern Platz 3 gesichert wurde, nicht gut genug gearbeitet.
Die erste Mannschaft von Hertha steht morgen vor einem wegweisenden Spiel. Aber auch das ist relativ. Entscheidend ist, was sich im Moment schon hinter den Kulissen anbahnt. Wie wird der Verein in Zukunft geführt, und von wem? In den drei Jahren seit der Ablöse des Wolkenkuckucksmanagers Hoeneß hat Hertha im Grunde noch kein Bein auf den Boden gebracht. Morgen werden die Grundlagen für die Diskussionen geschaffen, die auch dann zu führen sind, sollte der Abstieg noch verhindert werden. Zu viel läuft nämlich falsch bei Hertha.
Freitag, Mai 11, 2012
Selbsttorheit
Die ganze Unerbittlichkeit des Fußballs hat Hertha im ersten Relegationsspiel gegen Fortuna Düsseldorf zu spüren bekommen. 40 Minuten lang, von der 10. bis zur 50., sah das nach einer souveränen Angelegenheit aus, das volle Olympiastadion gab einen wunderbaren Rahmen ab für ein Spiel, das sich im Detail dann allerdings als tückisch erwies. Aus Düsseldorf war ein veritabler Fanblock angereist, sodass sich die beiden Kurven ein gutes Duell liefern konnten - dass die Ostkurve numerisch stärker war, war nicht immer eindeutig zu bemerken. Hertha spielte mit der Formation aus dem Hoffenheim-Spiel, mit einer Ausnahme: der Bär ist ja leider schwer verletzt, an seiner Stelle kam Ramos als Stürmer zum Einsatz. Er schloss nahtlos an seine problematische Saison an, schon nach wenigen Minuten ließ er Bodzek zum Kopfball kommen, eine sehr knappe Sache.
Dann bemächtigte Hertha sich aber des Spiels, begünstigt durch den Führungstreffer, einen Kopfball von Hubnik nach Ecke von Ben-Hatira. Die erste Halbzeit schien wie ein klassisches Favoritenspiel: Hertha hatte Ballbesitz, Kontrolle, auch Chancen. Nur die letzte Konsequenz fehlte, die Sache sah einfach ein wenig zu klar aus. Norbert Meier, der hinterher bei der Pressekonferenz auch beeindruckend auftrat, muss es geschafft haben, seiner Mannschaft das Spiel in der Pause besser aufzuschlüsseln.
Denn danach war Düsseldorf besser präsent, und ab der 50. Minute konnte man den Eindruck bekommen, dass es mit dem zweiten Tor vielleicht auch nichts werden könnte. Dass dann allerdings Bröker gleich darauf mit einem Solo über die linke Seite (wieviele Tore hat Hertha da heuer bekommen? eine Menge auf jeden Fall!) alles auf den Kopf stellen würde, das hatte sich nicht abgezeichnet. Hubnik sah nicht gut aus in dieser Szene, er spielte eine verworrene Abseitsfalle mit sich selbst, den Schützen bedrängte er nicht. Nur wenige Minuten später lenkte Ramos einen Freistoß unhaltbar ins eigene Tor. Ein "Selbsttor", wie der Mann mit der unendlichen Erfahrung das nennt.
Rückschläge kann diese Mannschaft schlecht verarbeiten, auch gestern war bis auf einen Freistoß von Ronny nichts mehr weiter zu sehen. Und so fährt Hertha als Außenseiter nach Düsseldorf, zu einem Spiel, in dem theoretisch aber natürlich immer noch alles möglich ist. Denn Tore kann man gegen Düsseldorf schaffen, auch die mindestens zwei, die es brauchen wird. Wenn Hertha es schaffen würde, in Führung zu gehen, dann ginge die berühmte Rückspiellogik los. Und Fortuna kann dann ja kein weiteres Auswärtstor schießen.
Ob es aber gelingt, den Spielern diesen weiteren Rückschlag noch einmal aus den Köpfen zu bekommen? Ben-Hatira wirkte im Interview auf HerthaTV doch sehr erschöpft und leer, sein Spiel war auch nicht mehr so energisch wie am Samstag. Personell sind nicht viele Alternativen vorhanden. Ottl saß gestern nicht einmal auf der Bank, das finde ich richtig, und das soll auch so bleiben. Aber ob Lell nicht doch noch einmal eine Chance bekommen sollte, Janker dafür in die Innenverteidigung, Niemeyer zu Kobiashvili nach vorn, Bastians statt Holland - das sind alles Szenarien, die jetzt eine Rolle spielen müssten, auch aus Gründen der Frische. Im Moment aber ist noch Leere.
Dann bemächtigte Hertha sich aber des Spiels, begünstigt durch den Führungstreffer, einen Kopfball von Hubnik nach Ecke von Ben-Hatira. Die erste Halbzeit schien wie ein klassisches Favoritenspiel: Hertha hatte Ballbesitz, Kontrolle, auch Chancen. Nur die letzte Konsequenz fehlte, die Sache sah einfach ein wenig zu klar aus. Norbert Meier, der hinterher bei der Pressekonferenz auch beeindruckend auftrat, muss es geschafft haben, seiner Mannschaft das Spiel in der Pause besser aufzuschlüsseln.
Denn danach war Düsseldorf besser präsent, und ab der 50. Minute konnte man den Eindruck bekommen, dass es mit dem zweiten Tor vielleicht auch nichts werden könnte. Dass dann allerdings Bröker gleich darauf mit einem Solo über die linke Seite (wieviele Tore hat Hertha da heuer bekommen? eine Menge auf jeden Fall!) alles auf den Kopf stellen würde, das hatte sich nicht abgezeichnet. Hubnik sah nicht gut aus in dieser Szene, er spielte eine verworrene Abseitsfalle mit sich selbst, den Schützen bedrängte er nicht. Nur wenige Minuten später lenkte Ramos einen Freistoß unhaltbar ins eigene Tor. Ein "Selbsttor", wie der Mann mit der unendlichen Erfahrung das nennt.
Rückschläge kann diese Mannschaft schlecht verarbeiten, auch gestern war bis auf einen Freistoß von Ronny nichts mehr weiter zu sehen. Und so fährt Hertha als Außenseiter nach Düsseldorf, zu einem Spiel, in dem theoretisch aber natürlich immer noch alles möglich ist. Denn Tore kann man gegen Düsseldorf schaffen, auch die mindestens zwei, die es brauchen wird. Wenn Hertha es schaffen würde, in Führung zu gehen, dann ginge die berühmte Rückspiellogik los. Und Fortuna kann dann ja kein weiteres Auswärtstor schießen.
Ob es aber gelingt, den Spielern diesen weiteren Rückschlag noch einmal aus den Köpfen zu bekommen? Ben-Hatira wirkte im Interview auf HerthaTV doch sehr erschöpft und leer, sein Spiel war auch nicht mehr so energisch wie am Samstag. Personell sind nicht viele Alternativen vorhanden. Ottl saß gestern nicht einmal auf der Bank, das finde ich richtig, und das soll auch so bleiben. Aber ob Lell nicht doch noch einmal eine Chance bekommen sollte, Janker dafür in die Innenverteidigung, Niemeyer zu Kobiashvili nach vorn, Bastians statt Holland - das sind alles Szenarien, die jetzt eine Rolle spielen müssten, auch aus Gründen der Frische. Im Moment aber ist noch Leere.
Donnerstag, Mai 10, 2012
Herthuna BSC
Das heutige erste Spiel von Hertha gegen die Relegation in Liga zwee gibt Anlass zu ein paar Reminiszenzen. Denn so lange ist es noch gar nicht her, dass es zuletzt gegen Fortuna Düsseldorf ging. In der Saison im Exil 2010/11 wurden beide Spiele gewonnen (2:1 und 3:2), die Siege waren nicht souverän, aber in beiden Fällen auch irgendwie folgerichtig. Das ist noch nicht einmal zwei Jahre her, und doch ist seither so viel passiert: Pal Dardai ist endgültig kein Kandidat mehr für das defensive Mittelfeld (er saß auch damals schon nur noch auf der Bank); die Frage, ob Valeri Domovchyiski irgendwann doch noch sein Talent zur Anwendung bringen würde, hat sich wohl in diesem Jahr in Duisburg negativ entschieden; ein gewisser Bär-Michel Lasogga hat sich in den zwei Jahren gegen Rob Friend und eigentlich auch gegen Adrian Ramos als bester Berliner Stürmer durchgesetzt. Coach Babbel ist Geschichte.
Für das Hin- und Heimspiel gegen Düsseldorf dürfen wir mit einem ziemlich vollen Stadion rechnen. Das Spiel gegen Hoffenheim mit dem ekstatischen Schlussmoment hat dafür die Bedingungen geschaffen. Und auf dieser Leistung muss die Mannschaft auch aufbauen, die vermutlich unverändert antreten wird, sieht man von Lasogga ab, der wegen seiner schweren Verletzung lange ausfallen wird (an seiner Stelle wird Ramos spielen). Offen ist auch die Position von Christian Lell. Eigentlich spräche für meine Begriffe vieles dafür, Janker auch heute das Vertrauen auszusprechen - nicht, weil er so viel besser wäre, sondern weil er letzten Samstag dabei war und Lell seit Wochen schwach gespielt hat.
Perdedaj oder Ronny? Diese Frage ist am schwersten zu entscheiden, ich wäre wegen der zumindest ansatzweise vorhandenen Torgefährlichkeit eher für Ronny.
In den beiden Zweitligabegegnungen hat Hertha jeweils so gewonnen, wie es in vielen Spielen in diesem seltsamen Jahr war: selten gut gespielt, meistens doch ohne große Anfechtung siegreich geblieben. Wie in den großen europäischen Spielen halte ich es auch hier für einen Vorteil, dass das zweite Spiel auswärts stattfindet. Hertha hat alle Chancen. Ich hoffe das Beste.
Für das Hin- und Heimspiel gegen Düsseldorf dürfen wir mit einem ziemlich vollen Stadion rechnen. Das Spiel gegen Hoffenheim mit dem ekstatischen Schlussmoment hat dafür die Bedingungen geschaffen. Und auf dieser Leistung muss die Mannschaft auch aufbauen, die vermutlich unverändert antreten wird, sieht man von Lasogga ab, der wegen seiner schweren Verletzung lange ausfallen wird (an seiner Stelle wird Ramos spielen). Offen ist auch die Position von Christian Lell. Eigentlich spräche für meine Begriffe vieles dafür, Janker auch heute das Vertrauen auszusprechen - nicht, weil er so viel besser wäre, sondern weil er letzten Samstag dabei war und Lell seit Wochen schwach gespielt hat.
Perdedaj oder Ronny? Diese Frage ist am schwersten zu entscheiden, ich wäre wegen der zumindest ansatzweise vorhandenen Torgefährlichkeit eher für Ronny.
In den beiden Zweitligabegegnungen hat Hertha jeweils so gewonnen, wie es in vielen Spielen in diesem seltsamen Jahr war: selten gut gespielt, meistens doch ohne große Anfechtung siegreich geblieben. Wie in den großen europäischen Spielen halte ich es auch hier für einen Vorteil, dass das zweite Spiel auswärts stattfindet. Hertha hat alle Chancen. Ich hoffe das Beste.
Sonntag, Mai 06, 2012
Ironien und Signale
Beinahe hätte Hertha gestern das (wie man so schön sagt) Ende der Fahnenstange in Liga eins erreicht. Doch die Mannschaft hat gekämpft, und mit einem 3:1 gegen die TSG 1899 Hoffenheim in der letzten möglichen Runde den Platz 16 erreicht, der zu zwei Ausscheidungsspielen gegen einen Gegner als Liga zwee berechtigt. Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass der Fußballgott derzeit geradezu Lehrstunden darüber abhält, wie ihm zu begegnen ist, dieses Spiel hat ihn erbracht. Denn Hertha hat verdient gewonnen, der Sieg war aber voller Ironien und Signale.
Das erste Signal kam von der Aufstellung. Rehhagel, Tretschok und Covic verzichteten neuerlich auf Ottl, zudem war Lell verletzt, sodass Hertha zum Ende dieser vertrackten Saison hin eine deutliche Abkehr von der Bajuwarengenetik vollzog, mit der diese begonnen hatte. (Kraft habe ich nie dazu gezählt, der ist ja Westfale.) Taktisch bedeutete dies, dass endlich, endlich die zentrale Lähmung, die Herthas markantestes Charakteristikum über den Verlauf der Saison hinweg war, behoben wurde: Kobiashvili und Perdedaj sind ein relativ dynamisches Duo, jedenfalls aber leidenschaftlicher strukturiert als Ottl und Niemeyer (der eine Reihe weiter hinten gut spielte). Als Perdedaj kurz vor der Pause durch einen Wechsel heruntergekühlt werden musste, kam Ronny (und nicht Ottl) - die seit Monaten überfällige Einsicht in die Unbrauchbarkeits Ottls bestätigte sich auch noch in dieser Personalie.
Das zweite Signal kam von den Flügeln. Zwei Berliner Jungs waren dort tätig, und vor allem Änis Ben-Hatira nutzte die letzte Gelegenheit, einmal mehr als nur interessante Andeutungen zu machen. Er prägte dieses Spiel durch Lauffreude (mit 11,64 Kilometern war er Top-Herthaner) und Präsenz, er sorgte mit einem Freistoß nach einer Viertelstunde auch für die Führung. Hertha war durch die Aufstellung in Mittelfeld und außen kompakt, und dies trotz zweier Außenverteidiger, die nicht unbedingt zur ersten Wahl zählen: Janker und Holland.
Die wesentliche Ironie des Spiels war sicher, dass der schwache Schiedsrichter Kinhöfer durch eine gelbrote Karte für Babel für ein Ungleichgewicht sorgte, das in der zweiten Halbzeit gelegentlich leicht surreal wirkte. Denn Hoffenheim verzichtete danach weitgehend auf Ambition, und Hertha hatte relativ leichtes Spiel. Zu der zweiten gelben Karte gegen Babel hatte Kobiashvili mit einem Fall beigetragen, dem man ein schauspielerisches Element nicht absprechen kann. Es war keine Wiederholung der Einlage von Igor de Camargo, die sich so dramatisch auf Herthas Saison ausgewirkt hat. Es war eher so etwas wie ein Zitat, eine Anspielung nur, deren Folgen dieses Mal aber eben positiv für Hertha waren.
Ähnlich glücklich war Hertha in der Szene, in der Schipplock allein vor Kraft auftauchte, dessen Einladung aber nicht annahm, sondern das Foul ausschlug, und sich danach noch so verzettelte, dass Hubnik ihn am Abschluss hindern konnte. Das war vermutlich der eigentliche Peripetiepunkt des Spiels, denn eine rote Karte gegen Kraft wäre kaum zu verkraften gewesen (Elfmeter hätte es glaube ich nicht gegeben, mir schien die Szene knapp außerhalb des Sechzehners.)
Das waren die Momente, in denen der Fußballgott in seiner unendlichen Willkür zweimal auf grün für Hertha schaltete. Die Kreuzung musste die Mannschaft aber doch selbst überqueren, und sie tat es mit Überzeugung, sodass man beinahe den Eindruck haben könnte, ein kathartisches Spiel (in dem Raffael noch die absolute Klimax eines dritten Tors in allerletzter Minute setzte) könnte die Wochen davor vergessen machen. Die Verantwortlichen wussten, dass ein Sieg gegen Hoffenheim die positiven Energien freisetzen könnte, die Hertha auch in den beiden Relegationsspielen antreiben könnten.
Dazu kommt, dass wichtige "Typen" in dieser Phase wieder dabei sind: Hubnik und Kobiashvili, auch Niemeyer, und Raffael hat trotz mehrere Momente, in denen er zu wenig auf die Nebenspieler vertraute, einige "typische" Szenen gezeigt (entscheidend auf jeden Fall sein Zusammenspiel mit Ramos, aus dem das 2:0 entstand). Wichtig aber ist, dass ein neuer Typ hinzukam: Änis Ben-Hatira, physisch ein Modellathlet, könnte unter richtiger Anleitung zu einer echten Identifikationsfigur werden. Aber das haben wir schon ein, zweimal über ihn gesagt - und jedesmal ist er danach für Wochen wieder verschwunden. Wann aber wäre eine bessere Gelegenheit, sich zu bestätigen, wenn nicht in den beiden kommenden Spielen?
Samstag, Mai 05, 2012
Relative Scheiße
Die "absolute Scheiße", die Hertha BSC in dieser Saison nach Aussage der eigenen Spieler häufig gezeigt hat, wurde beim 3:1 gegen Hoffenheim im letzten möglichen Moment relativiert. Köln steigt ab, Babbel bleibt Mittelmaß, Hertha spielt gegen die Relegation. Ich bin jetzt doch einigermaßen erleichtert, der Pessimismus von heute morgen erwies sich zumindest für den Moment als unbegründet. Morgen mehr, jetzt muss ich mich einmal sortieren.
Heimhoffen
Sieben Jahre ist es nun her, da ging ich auch an einem Samstag im Mai ins Olympiastadion. Hertha brauchte gegen Hannover unbedingt einen Sieg, um in die CL einzuziehen. Es wurde ein 0:0. Damals spielte eine Mannschaft, die im Rückblick als eine der klassischen neueren Hertha-Formationen gelten kann: Fiedler. Friedrich - van Burik - Simunic - Fathi. Niko Kovac - Neuendorf- Bastürk- Marcelinho. Rafael. Der Trainer hieß Falko Götz, der damals wohl auf dem Zenit seiner Arbeit stand, und Hertha war ein bestens etablierter Spitzenclub in der Liga. (es folgte dann aber schon eine peinliche Saison in Europa).
Ein Jahr später war Götz immer noch da, Hertha schaffte aber nur 48 Punkte, sinnlose Transfers wie der von Ellery Cairo hatten das Team nicht vorangebracht (man sprach damals auch schon häufiger von Sparen). 2007 war Götz am Ende der Saison (mit einigen absoluten Tiefpunkten im europäischen Bewerb) nicht mehr da, Hertha war mit 44 Punkten ins Mittelfeld zurückgefallen, im letzten Spiel gab es einen Sieg in Frankfurt: Torschützen Kevin-Prince Boateng und Marco Pantelic.
Es folgte der Sommer der großen Anspannung, und dann zauberte Manager Hoeneß Lucien Favre aus dem Hut, der aber in seinem ersten Jahr auch nur 44 Punkte schaffte. Es folgte seine erste (fast) große Saison (2008: 63 Punkte), es folgte der Absturz und Abstieg (2010: 24 Punkte), den Rest haben wir noch in frischer Erinnerung, und nun braucht Hertha heute wieder einmal unbedingt einen Sieg.
Wenn man sich die sieben Jahre vor Augen führt, die zwischen relativ gesicherter Zugehörigkeit zur oberen Ligahälfte und dem derzeitigen Chaos liegen, dann sind eigentlich nur zwei halbwegs eindeutige Beobachtungen sinnvoll: Falko Götz hätte der Thomas Schaaf von Hertha werden können, wenn er ein besserer (entwicklungsfähigerer) Trainer gewesen wäre und wenn er einen Sportdirektor an der Seite gehabt hätte, der eine klügere Einkaufspolitik gemacht hätte als die Mischung aus brillanten Schnäppchen (Pantelic) und Ramsch (Niko Kovac), die Dieter Hoeneß damals veranstaltete.
Lucien Favre kam zu früh in die Liga. Hertha musste den Preis für seine blinden Flecken zahlen, aber natürlich war nicht das entscheidend für den Abstieg, sondern die Arbeit von Friedhelm Funkel - die erste große Personalentscheidung von Manager Preetz, die er noch heute zu kompensieren versucht.
Mit welchen Emotionen fahre ich heute ins Olympiastadion? Meine Einstellung dem Spiel gegenüber hat sich seit 2005 deutlich gewandelt. Ich bin fatalistischer geworden, zugleich aber noch begeisterungsfähiger. Ich liebe den Fußball aus Gründen, die ich in Berlin leider seit längerer Zeit nicht wiederfinde. Die Saison in Liga zwee habe ich brav mitgemacht, und ich habe mich auch über den Wiederaufstieg gefreut. Die Arbeit von Markus Babbel habe ich akzeptiert, aber sie hat mich nie begeistert. Ich halte ihn für einen durchschnittlichen Ligacoach, der es aller Wahrscheinlichkeit nach "hingekriegt" hätte, Hertha in der Liga zu halten. Aber zu mehr als damals mit Falko Götz hätte es nicht gereicht. Er musste gehen, ich hielt das für richtig, es zeigte sich aber, dass die Saison damit komplett aus dem Gleichgewicht geriet.
Nun ist die Frage, was man sich nach dieser Rückrunde vernünftigerweise wünschen sollte? Eine ganze Reihe Leute sind - unabhängig vom Ergebnis heute - eigentlich hoffnungslos diskreditiert: König Otto, René Tretschok, Ante Covic, Raffael, Ramos, Ottl, Lell. Dazu der Manager, den ich als Gesicht von Hertha immer noch sehr schätze, der die Mannschaft aber in die Hilflosigkeit geführt hat. Macht die Phantasie von einem Neuanfang in Liga zwee Sinn? Ich glaube nicht. Natürlich ist es eher zu wünschen, den radikalen Umbau und Neuanfang, der notwendig ist, in der obersten Spielklasse zu veranstalten. Ich fürchte aber, dass eine Rettung in letzter Sekunde den Blick auf die Notwendigkeiten verstellen könnte. So gehe ich eher ratlos zum Spiel. Ich wäre schon zufrieden, wenn ich heute ein "statement of intent" sehen würde - eine Absichtserklärung in Form einer taktischen, läuferischen, kämpferischen Leistung, die Hoffenheim vor Probleme stellt. Alles weitere wird sich weisen.
Ein Jahr später war Götz immer noch da, Hertha schaffte aber nur 48 Punkte, sinnlose Transfers wie der von Ellery Cairo hatten das Team nicht vorangebracht (man sprach damals auch schon häufiger von Sparen). 2007 war Götz am Ende der Saison (mit einigen absoluten Tiefpunkten im europäischen Bewerb) nicht mehr da, Hertha war mit 44 Punkten ins Mittelfeld zurückgefallen, im letzten Spiel gab es einen Sieg in Frankfurt: Torschützen Kevin-Prince Boateng und Marco Pantelic.
Es folgte der Sommer der großen Anspannung, und dann zauberte Manager Hoeneß Lucien Favre aus dem Hut, der aber in seinem ersten Jahr auch nur 44 Punkte schaffte. Es folgte seine erste (fast) große Saison (2008: 63 Punkte), es folgte der Absturz und Abstieg (2010: 24 Punkte), den Rest haben wir noch in frischer Erinnerung, und nun braucht Hertha heute wieder einmal unbedingt einen Sieg.
Wenn man sich die sieben Jahre vor Augen führt, die zwischen relativ gesicherter Zugehörigkeit zur oberen Ligahälfte und dem derzeitigen Chaos liegen, dann sind eigentlich nur zwei halbwegs eindeutige Beobachtungen sinnvoll: Falko Götz hätte der Thomas Schaaf von Hertha werden können, wenn er ein besserer (entwicklungsfähigerer) Trainer gewesen wäre und wenn er einen Sportdirektor an der Seite gehabt hätte, der eine klügere Einkaufspolitik gemacht hätte als die Mischung aus brillanten Schnäppchen (Pantelic) und Ramsch (Niko Kovac), die Dieter Hoeneß damals veranstaltete.
Lucien Favre kam zu früh in die Liga. Hertha musste den Preis für seine blinden Flecken zahlen, aber natürlich war nicht das entscheidend für den Abstieg, sondern die Arbeit von Friedhelm Funkel - die erste große Personalentscheidung von Manager Preetz, die er noch heute zu kompensieren versucht.
Mit welchen Emotionen fahre ich heute ins Olympiastadion? Meine Einstellung dem Spiel gegenüber hat sich seit 2005 deutlich gewandelt. Ich bin fatalistischer geworden, zugleich aber noch begeisterungsfähiger. Ich liebe den Fußball aus Gründen, die ich in Berlin leider seit längerer Zeit nicht wiederfinde. Die Saison in Liga zwee habe ich brav mitgemacht, und ich habe mich auch über den Wiederaufstieg gefreut. Die Arbeit von Markus Babbel habe ich akzeptiert, aber sie hat mich nie begeistert. Ich halte ihn für einen durchschnittlichen Ligacoach, der es aller Wahrscheinlichkeit nach "hingekriegt" hätte, Hertha in der Liga zu halten. Aber zu mehr als damals mit Falko Götz hätte es nicht gereicht. Er musste gehen, ich hielt das für richtig, es zeigte sich aber, dass die Saison damit komplett aus dem Gleichgewicht geriet.
Nun ist die Frage, was man sich nach dieser Rückrunde vernünftigerweise wünschen sollte? Eine ganze Reihe Leute sind - unabhängig vom Ergebnis heute - eigentlich hoffnungslos diskreditiert: König Otto, René Tretschok, Ante Covic, Raffael, Ramos, Ottl, Lell. Dazu der Manager, den ich als Gesicht von Hertha immer noch sehr schätze, der die Mannschaft aber in die Hilflosigkeit geführt hat. Macht die Phantasie von einem Neuanfang in Liga zwee Sinn? Ich glaube nicht. Natürlich ist es eher zu wünschen, den radikalen Umbau und Neuanfang, der notwendig ist, in der obersten Spielklasse zu veranstalten. Ich fürchte aber, dass eine Rettung in letzter Sekunde den Blick auf die Notwendigkeiten verstellen könnte. So gehe ich eher ratlos zum Spiel. Ich wäre schon zufrieden, wenn ich heute ein "statement of intent" sehen würde - eine Absichtserklärung in Form einer taktischen, läuferischen, kämpferischen Leistung, die Hoffenheim vor Probleme stellt. Alles weitere wird sich weisen.
Mittwoch, Mai 02, 2012
Defensivverhalten
Dienstag, Mai 01, 2012
Decider
Selten gab es für ein reguläres Ligaspiel größere globale Aufmerksamkeit als für das Manchester Derby, das gestern abend für eine Vorentscheidung über den Premier-League-Titel 2012 sorgen sollte. Der "decider" zwischen City und United hielt dem Hype stand, allerdings ein wenig anders, als man es vielleicht hätte erwarten wollen. Es war ein Spiel, das durch eine besondere Form von Spannung bestimmt wurde, und das Ergebnis von 1:0 durch einen Kopfballtreffer von Kompany war das einzig logische.
Von den Spitzenspielen in dieser Saison in England waren eine ganze Reihe ein wenig plem plem (United-Arsenal 8:2, United-City 1:6, Chelsea-Arsenal 3-5, Arsenal-Tottenham 5-2). Gestern aber zeigte City, in welcher Hinsicht es mit seinen Millionen tatsächlich zu einem definierenden Team werden kann. Denn nach einer Anfangsviertelstunde, in der beide Mannschaften noch nicht richtig bei der Sache waren und Paul Scholes im Mittelfeld locker die Organisation bestimmen konnte, bemächtigte sich City des Spiels, ohne dass deswegen viele Chancen entstanden wären. Es war nur einfach so, dass für United nichts mehr ging. City sorgte für einen Aggregatzustand auf dem Platz, der Zweikampfstärke in Nimbus umschlagen ließ. Es gab zwar mächtig Räume auf den Platz, aber sie waren irrelevant, weil es keine Möglichkeit gab, jemanden dorthin zu entsenden. United war einfach zu beschäftigt, und die berühmten diagonalen Bälle hatten weder einen Sender noch einen Empfänger.
Sicher war es kein genialer Schachzug, Park gegen Yaya Touré spielen zu lassen, aber der Koreaner gehört nun einmal zur Startformation von United, wann immer die Millionen aus Asien zuschalten, und mit der Ferguson-Taktik, die offensichtlich auf ein Remis abzielte, harmonierte die Entscheidung gut. Umgekehrt hatte auch City bei aller Dominanz nicht allzuviele Chancen, sodass die Art und Weise, wie das Tor fiel, sehr bezeichnend für das Match insgesamt ist: Bei einem Eckball kommt es ja auf Zentimeter an, es ist enorm eng in so einem Strafraum, und doch kam Kompany, wuchtig und mit super Timing, so perfekt in Alleinstellung im Zentrum in der Luft zu stehen, dass das Tor wie ein Urteil über das Spiel wirkte.
Es war ein "decider", der verdeutlichte, warum die EPL nach wie vor das Maß der Dinge im Fußball ist, auch wenn die europäische Bilanz der Clubs in diesem Jahr es anders erscheinen lässt. Nirgends wird den Spitzenteams im Lauf eines Jahres mehr abverlangt als auf der Insel, deswegen haben sie alle ihre Schwächephasen (eine Sondertabelle der drei Feiertagsspiele um Neujahr würde zeigen, dass man diese auch als Exhibition werten könnte, dann niemand kann sich in dieser Phase einen Vorteil verschaffen). Vor einem halben Jahr hat City schon in nahezu der gleichen Manier gegen Arsenal gewonnen, auch damals 1:0. Nach dem Sieg in Schlagerspiel ist die Position von Mancini wohl gesichert, auch dann, wenn sie den Titel noch verspielen sollten (auswärts in Newcastle zum Beispiel). Aber die Premier League weiß jetzt, worauf sie sich einstellen muss.
Und für Europa zeichnet sich eine interessante neue Grundkonstellation ab. Deutschland gegen England, das nimmt ja das CL-Finale schon einmal vorweg. Wie sich der BVB nächstes Jahr in Europa schlägt, welches Momentum der FCB mitnehmen wird können, das trifft auf die Frage, ob City im zweiten europäischen Topjahr sich noch einmal so kalt erwischen lässt wie heuer, ob United den notwendigen Umbruch schafft (mit Kagawa?), ob Arsenal die richtigen Schlüsse aus dieser Saison zielt. Deutschland gegen England, das könnte auf Clubebene ja schon im August beginnen, wenn Arsenal zum Beispiel CL-Qualifikation spielen muss - gegen Gladbach? Theoretisch ist das möglich.
Von den Spitzenspielen in dieser Saison in England waren eine ganze Reihe ein wenig plem plem (United-Arsenal 8:2, United-City 1:6, Chelsea-Arsenal 3-5, Arsenal-Tottenham 5-2). Gestern aber zeigte City, in welcher Hinsicht es mit seinen Millionen tatsächlich zu einem definierenden Team werden kann. Denn nach einer Anfangsviertelstunde, in der beide Mannschaften noch nicht richtig bei der Sache waren und Paul Scholes im Mittelfeld locker die Organisation bestimmen konnte, bemächtigte sich City des Spiels, ohne dass deswegen viele Chancen entstanden wären. Es war nur einfach so, dass für United nichts mehr ging. City sorgte für einen Aggregatzustand auf dem Platz, der Zweikampfstärke in Nimbus umschlagen ließ. Es gab zwar mächtig Räume auf den Platz, aber sie waren irrelevant, weil es keine Möglichkeit gab, jemanden dorthin zu entsenden. United war einfach zu beschäftigt, und die berühmten diagonalen Bälle hatten weder einen Sender noch einen Empfänger.
Sicher war es kein genialer Schachzug, Park gegen Yaya Touré spielen zu lassen, aber der Koreaner gehört nun einmal zur Startformation von United, wann immer die Millionen aus Asien zuschalten, und mit der Ferguson-Taktik, die offensichtlich auf ein Remis abzielte, harmonierte die Entscheidung gut. Umgekehrt hatte auch City bei aller Dominanz nicht allzuviele Chancen, sodass die Art und Weise, wie das Tor fiel, sehr bezeichnend für das Match insgesamt ist: Bei einem Eckball kommt es ja auf Zentimeter an, es ist enorm eng in so einem Strafraum, und doch kam Kompany, wuchtig und mit super Timing, so perfekt in Alleinstellung im Zentrum in der Luft zu stehen, dass das Tor wie ein Urteil über das Spiel wirkte.
Es war ein "decider", der verdeutlichte, warum die EPL nach wie vor das Maß der Dinge im Fußball ist, auch wenn die europäische Bilanz der Clubs in diesem Jahr es anders erscheinen lässt. Nirgends wird den Spitzenteams im Lauf eines Jahres mehr abverlangt als auf der Insel, deswegen haben sie alle ihre Schwächephasen (eine Sondertabelle der drei Feiertagsspiele um Neujahr würde zeigen, dass man diese auch als Exhibition werten könnte, dann niemand kann sich in dieser Phase einen Vorteil verschaffen). Vor einem halben Jahr hat City schon in nahezu der gleichen Manier gegen Arsenal gewonnen, auch damals 1:0. Nach dem Sieg in Schlagerspiel ist die Position von Mancini wohl gesichert, auch dann, wenn sie den Titel noch verspielen sollten (auswärts in Newcastle zum Beispiel). Aber die Premier League weiß jetzt, worauf sie sich einstellen muss.
Und für Europa zeichnet sich eine interessante neue Grundkonstellation ab. Deutschland gegen England, das nimmt ja das CL-Finale schon einmal vorweg. Wie sich der BVB nächstes Jahr in Europa schlägt, welches Momentum der FCB mitnehmen wird können, das trifft auf die Frage, ob City im zweiten europäischen Topjahr sich noch einmal so kalt erwischen lässt wie heuer, ob United den notwendigen Umbruch schafft (mit Kagawa?), ob Arsenal die richtigen Schlüsse aus dieser Saison zielt. Deutschland gegen England, das könnte auf Clubebene ja schon im August beginnen, wenn Arsenal zum Beispiel CL-Qualifikation spielen muss - gegen Gladbach? Theoretisch ist das möglich.
Abonnieren
Posts (Atom)