Samstag, Februar 24, 2007

Berliner Mauer

Irgendwann in der 2. Halbzeit fiel das Bild dem Kommentator von Arena dann doch noch ein: Die Berliner Mauer, die Hertha gestern beim 0:0 in Stuttgart bildetet, erwies sich als feste Burg. Die Mannschaft wankte kaum, die Belagerung war aber auch beherrschbar. Hertha BSC hat also der Mannschaft der Stunde auswärts einen Punkt abgenommen und kein Tor zugelassen. Dies mit einer Taktik, die allen Ambitionen des Clubs Hohn sprechen muß: Dardai und Schmidt im defensiven Mittelfeld, Pantelic als einzige Spitze vorwiegend an der Mittellinie tätig. Die Taktik war richtig, sie hat aber nur zur Hälfte funktioniert. Die andere Hälfte, dafür wären die offensiven Mittelfeldspieler Ede (links), Gilberto (zentral) und Ebert (rechts) zuständig gewesen, und dieser Bereich des Spiels war leider blamabel. Das Unvermögen, mit dem Ball auch nur ein paar Schritte schnell zu gehen oder ihn so lange zu halten, bis ein interessanter Pass möglich gewesen wäre, war sicher auch darin begründet, daß es bei diesem Spielkonzept keine Anspielstationen gibt - jeder Ballkontakt der Hertha jenseits des eigenen Spielfelddrittels war von hilfloser Einsamkeit geprägt. Das Ergebnis ist auf eine interessante Weise doppeldeutig. Die Hertha hat gestern der ganzen Liga erklärt, daß sie nicht konkurrenzfähig ist - sie hat zugleich aber ein wenig an Sicherheit gewonnen, und man wird sehen, ob Coach Götz eine Tür kennt, die durch diese Berliner Mauer führt, in die er ja auch die eigene Mannschaft eingesperrt hat.

Donnerstag, Februar 22, 2007

Selbstmitleid



Arsène Wenger hatte wieder einmal Grund zum Jammern nach dem 0-1 beim PSV Eindhoven im Hinspiel des CL-Achtelfinales am Dienstag. Seine Mannschaft hatte gegen einen abwartenden Gegner kein Tor gemacht, und nach einer Stunde aus einem Distanzschuss eines bekommen. Jetzt wird es "tricky" werden beim Heimspiel in zwei Wochen. Wenger beklagte, daß der PSV nicht mitgespielt hätte. Damit hat er recht, das darf ihn aber auch nicht wundern, schließlich besteht Coaching doch darin, für die Möglichkeiten einer Mannschaft ein passendes taktisches Konzept zu finden. PSV hat eine ganze Halbzeit gebraucht, um sich darauf einzustellen, und Arsenal hat in diesen ersten 45 Minuten nicht den Nachdruck entwickelt, den es gebraucht hätte, um verdient in Führung zu gehen. Nach der Pause ging dann gar nichts mehr, und Eindhoven konnte schon an der Taktik für das Auswärtsspiel feilen. Die vielen Spiele machen sich bemerkbar, Fabregas wirkte ein wenig müde, Hleb ist noch nicht wieder ganz zurück in der Mannschaft, Gallas konnte rechts hinten nicht viel bewirken, selbst Clichy blieb ohne die gewohnte Dynamik. Und Henry gab mehrmals Signale, daß er mit der ganzen Sache unzufrieden war - er ist nicht immer der große Motivator, man sieht ihm an, daß er sich nur bedingt zum Spiel dazuzählt. Das ist das Dilemma eines Stürmers des Extraklasse, der nur noch zu den großen Matches antreten muß, und dann keinen Rhythmus hat. Ich wünschte, Arsenal würde es als Zeichen seiner Größe akzeptieren, daß sie häufig auf besonders vorsichtige Gegner treffen. Und sie sollten nicht vergessen, wie sie im Vorjahr gegen Villareal gewonnen haben - 1-0 daheim, 0-0 auswärts, minimalistisch. Das wird der PSV auch versuchen. Selbstmitleid ist dagegen keine Waffe.

Sonntag, Februar 18, 2007

Ohnmacht

Nach dem 1:2 gegen Mainz gestern im Olympiastadion ist Hertha auch daheim keine Macht mehr. Rechtzeitig vor einer schweren Woche ist der Nimbus verflogen, die Mannschaft gehört jetzt auch statistisch zum Mittelmaß einer schwachen Liga. Platz 6, Tordifferenz -2, 33 Punkte. Das Spiel gestern war nicht unbedingt zu verlieren, wurde aber nach der ersten Halbzeit aufgegeben. Vor der Pause war Mainz schwach, die Hertha war deutlich, aber nicht entscheidend überlegen. Angeblich wurden während der Woche im Training Schüsse aus der zweiten Reihe geübt. Dardai konnte auf diese Weise eine schöne Flanke von Pantelic (von links, mit dem rechten Außenrist, zum Glück kam Neuendorf bei seinem lächerlichen Versuch eines Fallrückziehers nicht an den Ball) versenken. Danach wäre etwas gegangen, das erschien den Spielern aber nicht notwendig. Das alte Dilemma der Mannschaft: Sie will sich alles erspielen, dafür fehlt ihr aber das letzte Maß an Präzision, und sie setzt nicht ausreichend nach. Es war eine Qual, Fathi dabei zuzusehen, wie er eine aussichtsreiche Konstellation auf rechts nach der anderen verschlief, und mit einem Querpaß auf Simunic auflöste. Mineiro konnte neuerlich nicht zeigen, wofür genau er gekauft wurde. Nur Pantelic war wieder besser im Spiel, seine Pässe sind manchmal zu gut für einen Partner wie Neuendorf. Nach der Pause war das Spiel eine Zeitlang offen, dann fiel aus einem zweifelhaften Elfmeter der Ausgleich, zehn Minuten später ließ sich Fathi versetzen, und Andreasen bewies, daß Mainz im neuen Jahr unter irgendeinem guten Stern stehen muß. Der Rest war eine halbe Stunde Krampf, wobei ich Coach Götz die Einwechslung von Christian Müller ankreide: Der junge Mann machte fast alles falsch, ich bin mir ziemlich sicher, daß Ebert schon aufgrund seiner Flanken mehr gebracht hätte. Aber das Spiel über die Flügel verachtet die Hertha, obwohl es auch gestern wieder zum Tor geführt hatte. Ermutigend war allein die Leistung von Jerome Boateng, der für den erbärmlichen Fathi kam. Am kommenden Freitag gegen Stuttgart wird er allerdings wieder auf der rechten Seite gebraucht, weil Kapitän Arne nach der fünften gelben Karte gesperrt sein wird.

Samstag, Februar 17, 2007

Schlechte Prognose

Yildiray Bastürk hat sich schon wieder verletzt, dieses Mal am anderen Knie. Vier Wochen Pause. In diesen vier Wochen empfängt die Hertha heute Mainz 05 und in zwei Wochen die Bayern, muß zweimal zum VfB Stuttgart (nächsten Freitag Liga, in der Woche drauf Cup), und dann geht es noch nach Gladbach. Nach der Degradierung von Dejagah (von der Coach Götz und Manager Hoeneß wohl am Montag wieder zurückrudern werden müssen) muß ich damit heute am Ende eine Hertha erwarten, die im Zentrum mit Senioren besetzt ist: Dardai und Neuendorf. Gewiß, die Verletztenliste ist lang (neben Bastürk noch Chahed und Boateng, zwei Perspektivkräfte), und Dejagah hat sich für die zentrale Position nie wirklich angeboten. Jetzt ist sie eben leer. Bisher hat die Hertha sich mit viel Glück ganz anständig durch die Saison gewurstelt -wenn sie Pech hat, kommt jetzt die ganze verschleierte Notlage (dünner Kader, falsche Ansprüche, fehlendes System) an den Tag.

Donnerstag, Februar 15, 2007

Gespenster


"Bang goes the Bolton bogey", lautet heute die Schlagzeite auf der Website von Arsenal. In einem allen Berichten nach dramatischen Spiel in der vierten Runde des FA Cups schlug die Mannschaft von Arsène Wenger gestern abend den Angstgegner Bolton Wanderers mit 3:1 nach Verlängerung. Arsenal macht heuer eine Kunst daraus, kaum einmal einfache Siege herauszuspielen. Fast immer müssen sie einen Rückstand aufholen oder in die Verlängerung, wie im Carling Cup gegen Tottenham. Das Spiel bei Bolton war auch nur notwendig geworden, weil im Hinspiel im Emirates nicht mehr als ein 1:1 herausgekommen war - nun aber ist das "Gespenst Bolton" vorerst gebannt, durch ein frühes Tor von Adebayor, einen Ausgleich in letzter Minute durch Meite, einen Treffer des erstmals nach langer Verletzung wieder spielenden Ljungberg in der Verlängerung und schließlicher Besiegelung der Sache durch Adebayor. Zudem verschossen Gilberto Silva und Julia Baptista einen Elfer, was - wie die sechs gelben Karten in dem höchst kontroversen 2:1-Heimsieg gegen Wigan vergangenen Sonntag - nicht auf große Abgeklärtheit schließen läßt. Arsenal arbeitet in dieser Saison an einem Epos der Nebenziele, holt dabei allerdings so unglaublich viele Talente nach vorne, daß ich jetzt schon kaum die Champion's League erwarten kann - das ist nämlich ein Hauptziel, von dem erst noch zu sprechen sein wird.

Aschenbahn

Ashkan Dejagah, genannt Asche, wird in der nächsten Saison nicht mehr bei Hertha BSC, sondern beim Vfl Wolfsburg spielen. Um dieses Faktum zu interpretieren, reicht ein Blick auf den Gehaltszettel nicht aus. Sicher wird der offensive Mittelfeldmann beim neuen Arbeitgeber mehr verdienen, zumal er anscheinend auch Offerten aus Nürnberg und Dortmund hatte. Vor allem aber scheint er bei Hertha keine richtige Perspektive für sich gesehen zu haben - wenn Boateng wieder fit wird, müßte Dejagah zurück auf die Bank. Das ist aber nicht der einzige Punkt. Dejagah hat offensichtlich gespürt, daß die Nachwuchsarbeit, mit der Hertha sich ständig brüstet, ihre Grenze dort erreicht, wo die Talente in die Obhut von Coach Götz kommen: In den zweieinhalb Jahren, in denen ich ihm nun bei der Arbeit zusehe, hat er keinen einzigen jungen Spieler so richtig entwickelt. Er fordert zwar unentwegt Leistung, das Spiel der Mannschaft läßt aber nicht erkennen, daß spezifisch an Stärken und Schwächen von Fathi, Boateng, Dejagah, Ede, Ebert gearbeitet wird. Sie sind auf sich allein gestellt, scheint es. Dejagah ist zweifellos begabt, er hat eine gute Schußtechnik (und ist damit eine Ausnahme bei der Hertha). Aber er ist für einen Spitzenspieler ein wenig zu langsam (das sieht man in der Defensivarbeit), und er muß auch erst lernen, einfache Lösungen zu suchen. Insgesamt glaube ich, daß er mit dem Wechsel zu einem mittelmäßigen Team die richtige Entscheidung getroffen hat (er paßt auch gut zu Marcelinho, mit dem er noch spielen wird). Das heißt nicht, daß die Hertha bei ihm alles richtig gemacht hat. Sie hat kräftig in eine Ausbildung investiert, deren Ergebnisse sie sich nicht zu sichern vermochte. Identifikation mit dem Projekt der "neuen Hertha" hat Coach Götz offensichtlich nicht zu stiften vermocht.

Samstag, Februar 10, 2007

Schale? Schalke!

Sieht ein wenig nach einer Vorentscheidung aus, was da heute in der Meisterschaft passiert ist. Die Hertha war live dabei, und hätte das auch aktiver über sich ergehen lassen können. Aber dazu braucht man eine Taktik für mehr als 45 Minuten, und die war nicht zu erkennen. Daß man gegen einen favorisierten und selbstbewußten Gegner torlos in die Pause möchte, sehe ich ein. Daß man in der zweiten Halbzeit aber auch offensiv etwas zeigen muß, um das Ungleichgewicht nicht zu groß werden zu lassen, kann Coach Götz allenfalls leise gesagt haben. Die Mannschaft hat es nicht gehört. Kommt dazu, daß Pantelic ausgerechnet jetzt in eine durch Eigensinn erarbeitete Formkrise stolpert - er läuft sich häufig fest, und läßt den Ball nicht mehr so zirkulieren, wie er es doch könnte. Auch die bevorzugte Offensivmethode der Hertha, das scharfe vertikale Anspiel in die Spitze, funktioniert nicht, wenn der Ball bei Gimenez wie bei Pantelic fast immer zu weit wegspringt. Chinedu Ede mußte das heute büßen, er bekam einen kurz abgespielten Freistoß von Gilberto so scharf vor die Beine, daß er darauf nicht richtig reagieren konnte. Sein Ballverlust leitete das 0:2 ein, das - nach einer ebenso ungestümen wie vergeblichen Intervention von Dardai - die Entscheidung durch einen Konter brachte, an dessen Ende der 18jährige Jerome Boateng allein war. Das 0:1 hatte seine Folgerichtigkeit durch das einseitige Eckenverhältnis bekommen - auch in dieser Situation war Jerome Boateng gegen Kuranyi von den Kollegen verlassen. Nach dem ersten Gegentor brachte Coach Götz den jungen Ede, nach dem 0:2 den jungen Ebert, später noch den jungen Christian Müller - das sieht alles so aus, als hätte er dieses Spiel als besseres Training betrachtet. Er kann damit aber auch einfach signalisiert haben, daß Hertha neben der Taktik auch keinen Kader für 90 Minuten hat. Das Manko war heute wieder die Schaltzentrale, wo Dardai und Mineiro kaum einmal produktiv waren - Hertha steht jetzt mit einer negativen Tordifferenz auf Platz 5!

Ariere? Premena!

Das ganze Hin und Her hat vorläufig ein Ende: Arena kauft 16 Prozent von Premiere, und speist die Bundesliga ab sofort auch wieder bei allen Premiere-Fußball-Kunden ein. Das große Wettbieten hat niemand genützt außer der Liga, die im Herbst gleich weiterversteigern wollte, und zwar Saisonen, die erst im nächsten Jahrzehnt gespielt werden. Nun sitzt die Liga wieder am kürzeren Ende des Astes, und muß darauf hoffen, daß T-Home sich bald als Vollanbieter etabliert - bei der Berlinale tritt das künftige Internet-Fernsehen schon als Hauptsponsor auf. Ich plädiere nach wie vor für die einfachste Lösung: Die DFL errichtet eine digitale Plattform, die über alle Kanäle sendet, und - neben diversen Paketlösungen - jedes Spiel einzeln zum Kauf anbietet. Für eine astreine Übertragung, mit allen Extras wie Bildern aus dem Tunnel, ausführlicher Analyse und konsequenter Werbefreiheit auf der Ebene des Signals würde ich bis zu 10 Euro bezahlen.

Freitag, Februar 09, 2007

Stan Kroenke

Sieht er nicht ein wenig aus wie Peter Sellers, dieser Herr? Es handelt sich um Stan Kroenke, der heute auf meinen Schirm kam, weil der "Independent" interessante Neuigkeiten über Arsenal hatte. Der Club aus London verhandelt anscheinend gerade mit dem Kapitalisten aus den USA über mögliche Formen der Partnerschaft. Dabei geht es vor allem auch um dessen Soccer-Mannschaft, die Colorado Rapids. Arsenal will in den USA präsent sein, wenn durch den Hype um David Beckham wieder mehr Aufmerksamkeit auf den Fußball gerichtet wird. Nach der Übernahme des FC Liverpool durch George Gillett jr. und Tom Hicks vor einigen Tagen ist Arsenal der letzte Club der "big four" in der Premier League, der noch in Privatbesitz ist. Danny Fiszman, Nina Bracewell-Smith und David Dein haben insgesamt rund 60 Prozent in ihrem Besitz, während der Hedge Fund Lansdowne Partners knapp drei Prozent hält. In einem Wort: Solange die drei Hauptanteilseigner die Ruhe bewahren, kann Arsenal aus eigenen Stücken durchaus gut weitermachen, nun, da das Stadion fertig ist, und die Schulden auf eine beherrschbare lange Frist verteilt sind. Fiszman und Dein sind dem Club aus Tradition eng verbunden, und Frau Bracewell-Smith hat im Hotelgewerbe noch ausreichend aktive Investments, sodaß sie das bei Arsenal vielleicht in Ruhe läßt. Wenn nicht, muß Arsène Wenger vielleicht demnächst zum Personalgespräch nach Denver fliegen. Goldrush, anybody?

Montag, Februar 05, 2007

Mannschaftsleistung

Gerade lief im Fernsehen noch einmal das Hertha-Match vom Samstag, die letzte Viertelstunde habe ich mir noch einmal angesehen. Dabei fiel mir auf, daß auch Dejagah sich als Freistoß-Schütze versuchte, mit kaum mehr Gefahr als Bastürk oder Gilberto. Arne Friedrich erhielt in der Kicker-Wertung mit 2 die beste Note, verdient, denn er war defensiv und offensiv stark, und spielt wie ein echter Kapitän. Ebenfalls gut benotet wurde Jerome Boateng mit einer 3 - es war tatsächlich beeindruckend, was der junge Nachrücker auf der rechten Seite zeigte. Damit kündigen sich Variationsmöglichkeiten für die Defensive an, die wir dringend gebrauchen können. Ich hoffe, daß Friedrich bald auf Dauer nach innen rückt, auch wenn van Burik am Samstag stark spielte (vielleicht ist ja Simunic der Wackelkandidat!). Für das Spitzenspiel gegen Schalke am kommenden Samstag bin ich nicht bang: Die Hertha wird aufatmen, daß sie endlich wieder einmal Außenseiter sein kann, und vielleicht sogar "über den Kampf ins Spiel finden".

Filippo Raciti


Hier ein Bild des italienischen Polizisten Filippo Raciti, der am Wochenende bei Ausschreitungen von Fans am Rande des Derbys zwischen Catania und Palermo getötet wurde. "Non ha mai amato il calcio", schreibt "La Republicca" über ihn, "er hat den Fußball nie gemocht". Kein Wunder. Il Calcio hat im Verlauf weniger Jahre die letzten Reste von Anstand und Ehre eingebüßt. Letzten Berichten zufolge könnte Raciti gezielt getötet worden sein, weil er unlängst in einem Prozeß gegen einen Ultra aus Catania ausgesagt hat. Die radikalen Fans sind stärker als die Exekutive. Bin schon gespannt, wie Michel Platini darauf reagieren wird, der neue Präsident der Uefa. In ein paar Wochen geht die Champion's League wieder los, in Italien pausiert der Spielbetrieb. Manche fordern das Undenkbare: Ein Jahr keinen Fußball in Italien.

Sonntag, Februar 04, 2007

Abstiegskampf

Der Niedergang des HSV begann am 6. Mai 2006 im Berliner Olympiastadion. Damals gewann die Hertha am vorletzten Spieltag mit 4:2, danach verloren die Hamburger noch daheim gegen Werder Bremen. Sie fielen damit zwar nur auf den dritten Platz zurück, und schafften im Sommer noch die Qualifikation für die CL, aber es gab schon deutliche Anzeichen dafür, daß die Mannschaft an den Grenzen ihrer Möglichkeiten operieren mußte. Gestern kam der HSV als Tabellenletzter ins Olympiastadion zurück, mit Huub Stevens und Ivica Olic, einem Stürmer, den die Hertha 1999 ein Jahr ausprobiert und dann verworfen hat. Es gab eine beinahe tragisch zu nennende Niederlage für den HSV durch einen Distanzschuß von Mineiro in der 92. Minute, nach dem Führungstreffer durch Laas in der ersten Halbzeit und dem späten Ausgleich durch einen Kopfball von Arne Friedrich in der 78. Minute. Selten war ein Spiel so sehr von den "Geschichten" bestimmt, die zwei Mannschaften in dieser Saison schreiben: Das Unvermögen des HSV, einen Sieg nach Hause zu bringen, und das irgendwie hartnäckig im Olympiastadion tätige Glück der Hertha, die wieder nicht richtig gut gespielt hat und doch gewann. Zum Teil leidet das Team zur Zeit darunter, daß Pantelic anscheinend seine Position in der Torschützenliste aufgefallen ist. Er spielt seither, das war schon gegen Hannover zu sehen, deutlich weiter vorn, beteiligt sich weniger am Aufbau und an der Defensive, mit einem Wort: er will bedient werden. Das verändert das ganze Konzept, das noch im Herbst so toll funktioniert hat, als Pantelic der spielende Stürmer war, der grandiose Pässe zu schlagen vermag. Den Elfmeter in der 9. Minute holte er sich selber, er verschoß ihn aber auch selber. Der Gegentreffer in der 33. Minute durch Laas gehörte Fathi (Ballverlust) und Fiedler (Fehler). Danach gehörte das Spiel der Hertha, die aber wenig damit anfangen konnte. Auffällig zum Beispiel, daß sie keinen Freistoßschützen hat. Bei Standardsituationen kommen Bastürk oder Gilberto an die Reihe, das scheint aber eher an Autorität oder Seniorität zu liegen als daran, daß sie auffällig gut schießen (im Vergleich mit Spezialisten ist es geradezu jämmerlich). Warum bekommt Dejagah da nicht öfter eine Chance? Warum wird das nicht trainiert? Gilberto brachte immerhin den Freistoß in der 78. Minute schön an die Sechzehnergrenze, wo Arne Friedrich mit imposantem Luftstand die Verwertung besorgte. Danach war es ein wildes Wogen, sowohl der HSV als auch die Hertha hatten Chancen zum entscheidenden Tor, als Mineiro sich ein Herz faßte, hatten aber alle schon das Remis akzeptiert. Umso verrückter die Menge, als sich die Parzen dann doch noch entschlossen, statt einer lauen Geschichte die Fortsetzung zweier kleiner Epen zu spinnen: Der Niedergang des HSV und die Heimstärke der Hertha bleiben "plot material".

Samstag, Februar 03, 2007

Heimsuchung

Für die Hertha entwickelt sich die Rückrunde zu einer Serie von Heimsuchungen: Zuerst kommt Marcelinho mit dem Vfl Wolfsburg, jetzt kommt Huub Stevens mit dem HSV. Beider Abgänge habe ich vollinhaltlich unterstützt, für heute kann ich nur hoffen, daß Stevens sein neues Team so vercoacht, wie seinerzeit oft die Hertha. Ich übe mich aber vorsichtshalber in Demut. Die Hertha hat heuer so oft glücklich gewonnen, und nur selten verdient, daß jetzt eine andere Form von Durchsetzung notwendig werden wird. Das 2:0 gegen Schalke in der Hinrunde sollte das Modell sein - das hat die Mannschaft danach nie mehr erreicht. Kriterien heute: Kommt Pantelic von seinem Egotrip herunter, den er in Hannover hatte? Wird Dejagah auch einmal ein Gewirr auflösen, anstatt sich darin festzulaufen? Kann Dardai seine Hektik bezähmen? Vielleicht spielt ja sogar Mineiro, und wird für den HSV zu einer Heimsuchung. Gestern abend ein Lüfterl des Historischen, als Nürnberg den FC Bayern München zerlegt hat, und zwar so, als ginge eine ganze Ära zu Ende: Hitzfeld, Hoeneß, Rummenigge, Beckenbauer - wer weiß da noch Rat?