Samstag, März 31, 2007
Nachmittag eines Fans
FC Liverpool - FC Arsenal 4:1. Hertha BSC II - Vfl Osnabrück 1:3. 1. FC Nürnberg - Hertha BSC Berlin 2:1. o Fanpunkte. Fandifferenz: 3:9. Fanlaune: Fatalismus.
Freitag, März 30, 2007
Gaudium et Spes
In meinem Heimatland Österreich geht es mit dem Fußball dramatisch bergab. Eben wurden den beiden Grazer Clubs Sturm und GAK wegen Konkurs deutliche Punktabzüge verordnet, der GAK liegt jetzt mit minus einem Punkt am Tabellenende, der SK Puntigamer Sturm Graz (für den Dr. Hödl, Nigeria-Konsulent dieser Seite, empfindet) hat 19 Punkte und steht auf Position 9. Vorne hat Red Bull alles im Griff. Michael Smejkal in der "SZ" nicht ohne Süffisanz: "So erlebt Österreich eine Meisterschaft ohne Bedeutung. Den Titel finanziert Mateschitz für Salzburg, um die Abstiegsfrage kümmern sich die Juristen. GAK-Torwart Andreas Schranz sagte: Ab jetzt spielen alle nur noch für die Gaudi." Zu meinem persönlichen Gaudium trägt übrigens bei, dass der Linzer Athletiker Sportklub (LASK), die erste Mannschaft in meiner Fanbiographie, souverän die Red-Zac-Erste Liga (also die zweite österreichische Liga) anführt und wohl im nächsten Jahr aus einem langen, tiefen Tal in den Spitzenfußball zurückkehren wird. In den österreichischen, wohlgemerkt.
Donnerstag, März 29, 2007
Andorra
Dass es im Fußball keine Zwerge mehr geben soll, ist ein Blödsinn, den die selbst nicht eben großen Österreicher nach einer Niederlage auf den Faröer-Inseln mit Inbrunst in Umlauf gebracht haben. Die Engländer haben sich den Satz so zu Herzen genommen, dass sie gestern allen Berichten zufolge mit einem Riesenbammel nach Barcelona fuhren, wo das EM-Qualifikationsspiel gegen Andorra stattfand (der Zwergstaat hat nicht einmal genug Platz für ein Länderspiel). Erst in der zweiten Halbzeit konnte Steven Gerrard mit zwei Toren und einer Torvorlage ein Resultat sichern, das der "Papierform" entsprach. Ebenfalls gestern holte Hertha BSC II bei RW Ahlen mit einem 1:1 einen Punkt im Abstiegskampf der Regionalliga Nord. Das Tor erzielte Assani Lukimya-Mulungoti in der 80. Minute. Auf einen Nichtabstiegsplatz fehlen nun sieben Punkte bei neun ausstehenden Spielen, wobei Holstein Kiel noch ein Spiel in der Hand hat. Beginnt mich immer mehr zu interessieren, die Sache.
Montag, März 26, 2007
Amateurstadion
Vier Euro zahlt ein Mitglied von Hertha BSC, das sich am Sonntagnachmittag im Amateurstadion die U23 ansehen möchte. Dort spielen die Hoffnungsträger, auf die das Management so gern verweist. Die Realität gestern: Abstiegsduell zwischen Hertha BSC II und Borussia Mönchengladbach II, Nachbarn auf den beiden letzten Tabellenplätzen der Regionalliga Nord. Ich konnte nur die erste Halbzeit sehen, weil wir für 16 Uhr Konzertkarten hatten, es war aber die lange Anreise in jeder Hinsicht wert. Die Hertha trat mit zahlreichen Stars an: Fathi, Kevin-Prince Boateng, Dejagah und Ebert waren in der Mannschaft. Es ging ein fieser Wind, den die Gladbacher in den ersten 45 Minuten im Rücken hatten. Der Führungstreffer fiel aus einer typischen Hertha-Situation: Wallschläger bekommt in der Innenverteidigung den Ball zur Spieleröffnung, weiß nichts damit anzufangen, weil ihm niemand entgegenkommt. Er spielt zurück zu Goalie Pellatz, dem sich niemand anbietet, der spielt wieder zu Wallschläger, der wieder zögert und neuerlich zu Pellatz zurückpasst. Dessen Ausschuss kam dann nicht weit, zu diesem Zeitpunkt war Gladbach aber schon so weit aufgerückt, dass nach Balleroberung ein kurzer, astreiner Flügelangriff zum Erfolg führte. In der zweiten Halbzeit konnten sie dann noch einen Konter verwerten. Das 0-2 tut weh, denn Hertha BSC II hat jetzt nur noch geringe Chancen, in der dritten Liga zu bleiben. Es tut vor allem deswegen weh, weil praktisch die ganze nächste Generation der ersten Mannschaft am Start war, mit Ausnahme von Jerome Boateng und Christopher Schorch, den ich aber noch nie selbst gesehen habe. Die Auftritte zumal von Fathi und Boateng I waren öde. Nur Ebert zeigte, dass er etwas will - für sich und für die Mannschaft. Er und eventuell Robert Müller (Innenverteidiger) waren die vier Euro wert. Nächsten Sonntag werde ich versuchen, zwei Halbzeiten im Amateurstadion zu sehen.
Sonntag, März 25, 2007
Länderspiele
Ich habe nur zerstreut zugesehen gestern abend, aber es sah doch recht überzeugend aus, was Deutschland gegen Tschechien zeigte. Das ist eine Mannschaft, bei der alle elf am Spiel teilnehmen wollen, und zwar auf recht ebenbürtigem Niveau. Da muss keiner für einen Nebenmann mitspielen, da kann jeder das tun, was er kann, und erwarten, dass der Kollege das auch tut. Marcel Jansen zumal hat die linke Seite gestern für sich gepachtet, in dieser Form wird er Lahm vorzuziehen sein, der dann vermutlich rechts Friedrich vorzuziehen sein wird, dem ja auch jetzt schon gelegentlich Fritz vorzuziehen ist. Herthas Nationalheld, dieses Mal verletzt, rutscht langsam in das zweite Glied, wie sein Verein. Die Drangphase der Tschechen nach der Pause habe ich auch deswegen ein wenig verpasst, weil ich herausfinden wollte, wie die Internet-Livebilder auf der Seite eines großen Wettanbieters aussehen: Griechenland-Türkei lief in einem Fenster von der Größe einer Streichholzschachtel, aber mit gutem Bild. Als Notbehelf wäre das vielleicht sogar tolerabel, wenn es einmal um ein Spiel ginge, das irre wichtig und gar nirgends zu sehen ist. Lustig dabei die ständigen Angebote für Spontan- und Live-Wetten, die parallel generiert werden. Ich riskieren folgende Nachspielwetten: Malik Fathi kehrt noch 2007 in das deutsche Nationalteam zurück 27.5. Arne Friedrich führt Deutschland als Kapitän nach Südafrika 180.0. Christopher Schorch gehört 2014 zum WM-Kader 12.25.
Dienstag, März 20, 2007
Privatbesitz
Am Sonntag hat Arsenal (ohne Henry, van Persie, Adebayor, Clichy, Eboué) durch ein Tor in letzter Minute 0:1 bei Everton verloren - ein Resultat von minderer Bedeutung, weil Bolton deutlicher gegen ManU unterging, und Liverpool bei Aston Villa über ein torloses Remis nicht hinauskam. Wichtiger ist, was heute im "Guardian" steht. Danny Fiszman, einer der Hauptanteilseigner von Arsenal, hat 659 Anteile verkauft, dafür gut vier Millionen Pfund lukriert. Gut für ihn, für Arsenal aber ist eine Zahl wichtig: Fiszman gehören nun nur noch 24,11 % des Londoner Clubs, also nicht mehr genug, um wirkungsvoll gegen eine Übernahme vorgehen zu können. Zudem weiß der "Guardian", dass Fiszman demnächst seinen Wohnsitz in ein anderes Land verlegen will, das wird so interpretiert, dass er die Steuern, die bei einem Buy Out anfallen würden, sparen möchte. Er rechnet also anscheinend damit, dass Arsenal demnächst nicht mehr in privater Hand sein wird. Der Geldadel von London zieht sich zurück, wie es aussieht. "Members are said to be ,very concerned'", schreibt der "Guardian".
Sonntag, März 18, 2007
Jens Lehmann
Was die Daily Mail da am Freitag zu berichten wusste, von einem Transfer von Jens Lehmann zu Hertha Berlin, finanziert durch einen Sondersponsor (die Auflagen der DFL beinhalten immer noch einen "ban on transfer fees", das wissen sie auf der Insel auch), klang zugleich plausibel im Detail und abstrus im Konzept. Manager Hoeneß hätte demzufolge den nationalen Hebel genutzt, und Lehmann ein Altenteil im eigenen Land angeboten, damit Fußballdeutschland den Sommermärchengoalie öfter sieht, und damit Nike seine feindliche Übernahme des DFB personalpolitisch ein wenig abfedern kann. Die Hertha würde sich als Hauptstadtclub profilieren, dem Repräsentation wichtiger ist als Leistung. Wenige Stunden, nachdem das Gerücht sich konkretisierte ("the plot thickened", wie die Engländer so schön sagen), kam das 0:1 gegen Cottbus, und die Einmauerung ins tiefe Mittelfeld, knapp hinter Hannover und vor Aachen. Was spräche für Lehmann? Erstens wird er natürlich, bei all dem Yoga, das er macht, noch zwei Jahre exzellent halten. Bei Eckbällen ist die Hertha sowieso schlecht, da kann er mit seinen kleinen Odysseen nicht viel ruinieren. Offensiv wird er die Viererkette schon durch seine Präsenz und seine schnellen Auswürfe geistig weiter nach vorn zwingen. Soweit das Spielerische. Das Perspektivische aber wäre wirklich relevant. Lehmann ist ein intelligenter Mann, der zudem bei Arsenal die Strukturen eines Weltclubs kennengelernt hat. Dieses Wissen in die Hertha zu importieren, und ihm zugleich eine künftige Tätigkeit für den Club in Aussicht zu stellen, würde ich sehr befürworten. Lehmann (als Sportdirektor) und Preetz (als Manager, oder umgekehrt), das hätte was. Dazu van Burik als Coach, ich als Scout, das klingt doch stark nach UI-Cup-Garantie, oder nicht?
Samstag, März 17, 2007
Drama Queen
Lange Nacht gestern, zuerst das Derby gegen Energie Cottbus live im Olympiastadion, als ich heimkam, schlief A. schon, und ich sah mir das ganze Match noch einmal in der ausführlichen Arena-Version an. Obwohl die Hertha nach dem 0:1 tief im Schlamassel steckt, kann man Coach Götz nach so einem Spiel nicht feuern. Dazu war Ebert zu gut, dazu deutet Boateng zu deutlich an, dass er im Mittelfeld eine wichtige Rolle spielen wird, dazu war die Hertha doch ein wenig zu gut. Sie verlor aber durch ein Tor, bei dem Jerome Boateng ungestüm einen Ball wegschlagen wollte, der prallte in den Lauf eines Gegners, und schon war eine Kontersituation da, die schulmäßig abgeschlossen wurde (Simunic sah schlecht aus, Radu tat seinen Job). Mann der ersten Halbzeit war Marko Pantelic, er machte an diesem Abend den Unterschied. Seit er seine Form sucht, hat er sich zu einer echten "Drama Queen" entwickelt - so heißen bei A. die Menschen, die aus allem ein Drama machen, anstatt nach Lösungen zu suchen. Schon in der 4. Minute wollte Pantelic den ersten Elfmeter (lächerlicher Faller im Getümmel), später lief er allein auf Tremmel zu, hatte sich den Ball aber schon viel zu weit vorgelegt, flog dann noch spektakulär ab - hätte ich auch nicht gepfiffen. Drei Minuten vor der Pause war er dann aber tatsächlich in bester Position im Strafraum, der schon abgehängte McKenna zog ihn so deutlich am Trikot, dass ich es auf dem Oberring noch mitbekam - der Pfiff blieb aus, man konnte förmlich spüren, dass der Referee ihm die lächerlichen Posen von davor noch nachtrug. Die zweite Halbzeit war weniger überzeugend, es gab aber weiter Chancen, und Dejagah erzielte ein reguläres Tor, das wegen Handspiels aberkannt wurde. Der Linienrichter, der die Fahne hob, konnte nicht sehen, dass zwar die Hände hochgingen, dass der Ball aber klassisch mit der Brust mitgenommen wurde - wenn er es aber nicht sehen konnte, konnte er das Gegenteil auch nicht sehen! Das ist alles ärgerlich, zumal Pantelic im Vorfeld vom "saisonentscheidenden Spiel" gesprochen hatte. Die Berliner Fans rächten sich an den vielen Angereisten aus dem Osten auf ihre Weise. "Ihr seid die Hauptstadt von Polen", sangen sie auf dem Heimweg. Im Fernsehen sah ich spätnachts noch Kevin-Prince Boateng und Patrick Ebert astreine Interviews geben, ohne Selbstmitleid und ziemlich professionell in ihren Einschätzungen. Sie würden es verdienen, nächstes Jahr in einer konkurrenzfähigen Mannschaft zu spielen.
Freitag, März 16, 2007
Alte Plumpe
Dass die Hertha aus einem Problembezirk (Wedding) kommt, sieht man ihr zwar an, wird aber häufig vergessen. Coach Götz hat diese Woche in einem Interview mit "Focus" darauf hingewiesen. Er hat auch erzählt, dass er schon einmal bei Boatengs im Wedding zu Besuch war. "Er (Kevin-Prince und Jerome, Anm. Marxelinho) hat viele Geschwister, alle von anderen Vätern. Aber das ist kein Makel. Das gehört zur Stadt. Berlin ist eben multikulturell." Das gab ein wenig Stunk, vermutlich wird sich das Grollen gegen den autoritären und unsensiblen Coach untergründig noch ein wenig verstärken. Das ganze Interview wirkt übrigens, als wäre es gekauft oder zumindest bestellt - wüsste man nicht, dass dies bei "Focus" völlig ausgeschlossen ist, wie anders sollte man Fragen wie diese deuten: "Man sagt Ihnen zudem nach, Sie seien selbstbewusst, akribisch, ein guter Psychologe und Taktiker, auch ein Kopfmensch und Frühaufsteher, der Unpünktlichkeit hasst. Was davon stimmt?" Ja, das wüssten wir auch gern über den Coach, der vielleicht einfach mal ausschlafen sollte. Im Problembezirk selbst hat "Focus" auch recherchiert: "Im Wedding wird noch Straßenfußball gespielt. Aber dort bekämpfen sich auch Jugendbanden in Straßenschlachten bis aufs Blut." Das ist das Pech der Hertha. Die Besten kommen gar nicht in die Jugendakademie. Sie sterben zu früh, oder haben die falschen Väter. Noch sechseinhalb Stunden bis zum Problemgipfel gegen Energie Cottbus.
Montag, März 12, 2007
Team Building
Nürnberg hat nun schon den zweiten Transfer für die nächste Transfer bekannt gegeben: Aus Gladbach wird Peer Kluge nach Franken wechseln, mit Misimovic vom Vfl Bochum war man sich schon in der Winterpause einig. Hans Meyer betreibt Team Building, er kauft zwei Spieler, die auch für Hertha interessant gewesen wären, aber in Berlin ist an Investitionen nicht zu denken. Die ständige Rede, dass man schon zwei, drei mögliche Nachfolger für Bastürk im Auge habe, scheint wenig glaubhaft. Diese Woche muss der Verein bei der DFL die Unterlagen für die Erteilung der Lizenz für das kommende Jahr abgeben - schon zwischendurch hiess es aus der Geschäftsführung jedoch, dass es mit der Reduzierung der Schulden erst im nächsten Jahr losgehen werde. Hertha bleibt also wohl noch ein, zwei weitere Jahre teilentmündigt, an Investitionen ist nicht zu denken, an Sanktionen für das schlechte Wirtschaften auch nicht. Der Aufsichtsrat nickt alles ab. Die Berliner Presse beginnt in der Zwischenzeit wenigstens, den Führungsstil von Coach Götz kritisch zu hinterfragen - heute werfen ihm mehrere Blätter einen doppelzüngigen Umgang mit den jungen Spielern vor.
Sonntag, März 11, 2007
Sportdirektor
Seit einigen Tagen ist der gebürtige Berliner Christian Ziege neuer Sportdirektor in Mönchengladbach. Es sagt viel über das Niveau der deutschen Fußballberichterstattung, dass der Reporter von Arena nach dem 3:1 der Borussia über Hertha BSC Berlin vor allem wissen wollte, ob Ziege für diesen Erfolg schon verantwortlich zu machen sei. Dabei war es ein Sieg, der sich einfach so ergab, weil die Hertha ihn nicht wollte. Drei groteske Gegentore stellen dem Team von Falko Götz (und damit auch seiner Einstellungsleistung als Coach) ein übles Zeugnis aus. In der ersten Halbzeit gab es einen öffnenden Pass in unsere Hintermannschaft, bei dem ich in allen Zeitlupen vergeblich nach der Viererkette der Hertha gesucht habe. Letzter Mann war Dardai, außerdem lief dann noch Mineiro gemächlich nach hinten - als der Ball nur an den Pfosten ging, entstand neue Zeit zum Eingreifen, die aber nicht genutzt wurde, und so konnte Nando Rafael einen schönen, weil unbehinderten Flugkopfball setzen. Danach war das Spiel immer noch leicht zu gewinnen, dazu hätte es aber einer taktisch inspirierten Leistung bedurft, und ein wenig Flügelspiel hätte nicht geschadet. Gimenez ist ein guter Kopfballspieler, wie er beim Ausgleich bewies, den er nach weiter Flanke von Gilberto souverän ins lange Eck setzte. Gimenez ist aber weniger gut für das seltsame Spiel der Hertha geeignet, die gern mit scharfen, vertikalen Pässen in die Spitze - definitionsgemäß müsste sich der Passgeber oder ein Kollege im selben Moment auf einen Laufweg begeben, in den hinein ihm der Ball "abgetropft" wird. Das Konzept scheitert zum Beispiel an der Technik von Gimenez, dem der Ball immer fünf Meter wegspringt. Dadurch schafft er sich kleine, persönliche Ballrückeroberungs- und Ballbehauptungsprobleme, die bei Ballbesitz der eigenen Mannschaft ein zerstörerischer Luxus sind. Außerdem ist diese Methode der ansatzweise eleganten Kombinatorik wegen ihrer hohen Fehleranfälligkeit ein schlechtes Mittel gegen Mannschaften, die sich wehren. Man braucht sehr viele Versuche, wenn man den Ball am Gegner vorbeischwindeln will. Die Hertha übt sich also taktisch in Illusionismus, ihre Tricks sind aber durchschaubar. Wenn dann ein "Führungsspieler" wie Gilberto, der die ganze Saison schon sehr schwach ist, einen sicheren Ball am eigenen Sechzehner an Kluge verschlampt, ist der erneute Gegentreffer eine fast logische Konsequenz (Schütze war wieder Nando Rafael, einst Sturmhoffnung bei Hertha, hier nicht glücklich geworden, weil auch schlecht aufgestellt und angespielt - auch seine Ballbehandlung hatte häufig Mängel). Vor der endgültigen Entscheidung zeigte dann Ashkan Dejagah, dass das technische Spiel der Hertha auch die eigenen Spieler frustriert: Er ging an der Mittellinie in ein aussichtsloses Dribbling, daraus wurde ein Konter, den Delura locker abschloss. Abends kam dann noch Marcel Jansen in das Aktuelle Sportstudio und verbreitete gute Stimmung. Drei Mannschaften muß Gladbach noch überholen, um nicht abzusteigen. Welche sollen denn das sein?, fragte Poschmann, und der junge Nationalspieler gab eine kassandrische Antwort: Das könnten auch Teams sein, die jetzt noch gar nicht daran denken, dass sie mit dem Abstiegskampf zu tun haben könnten. Das war sicher nur eine Floskel, das Sportdirektorium der Hertha sollte aber aufgehorcht haben. Sie hat aber gar keines, und Manager Hoeneß und Coach Götz werden einander so lange die Treue halten, bis der Hauptstadtclub in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sein wird.
Donnerstag, März 08, 2007
PSV Eindhoven
Die beiden Finalisten der CL 2006, Barcelona und Arsenal, sind in dieser Runde ausgeschieden. Barcelona unterlag einem beeindruckend souveränen FC Liverpool, Arsenal schlug sich gegen den PSV Eindhoven wieder einmal zur Hälfte selbst. Damit bleibt es bei drei Vertretern der Premier League unter den letzten acht Teams. Die Bayern sind auch weiter - dieses Spiel habe ich nicht gesehen, das erste Tor durch Makaay hat mich aber in mancherlei Hinsicht an die Performance von Liverpool am Tag davor erinnert, vor allem die Energie und Schärfe, mit der Salihamidzic auf die Situation reagierte, die sich durch eine Blödheit von Roberto Carlos ergab. Aber natürlich hat mich Arsenal am meisten interessiert, und das dumpfe Gefühl, das ich hatte, trog nicht: Die Auswärtstorregel ist einfach ungeheuer tückisch, und die sehr jung aufgestellte Mannschaft von Arsène Wenger spielte gestern über weite Strecken mit einer latenten Depression aufgrund der vergebenen Chancen im Hinspiel. Dort hatte sie 45 Minuten lang souverän dominiert - wie es aussieht, hatten sie sich aber nur von Ronald Koeman ins Bockshorn jagen lassen. Gestern fiel zwar nach einer Stunde das 1:0 durch ein Eigentor von Alex (exzellenter brasilianischer Verteidiger, der eigentlich Chelsea gehört), danach ging es ein paar Minuten hoch her, und das zweite Tor war eine reale Möglichkeit. Als sich das Spiel wieder beruhigt hatte, stand es zwar nominell 1:1, aber es war klar, dass jedes Tor des PSV doppelt zählen würde. Und es fiel dann auch, aus einem Kopfball nach einer dummen Standardsituation, ausgelöst von Hleb durch ein Gerangel an der Cornerfahne. Alex stieg so enorm in die Höhe, dass der eingewechselte Abou Diaby nicht mitkam - das Tor gehört aber Lehmann, der unmotiviert im leeren Fünfmeterraum herumsurfte. Wäre er auf der Linie geblieben, hätte er den Ball locker gepflückt. Egal, das Hinspiel war ausschlaggebend, und da hat sich dann eben doch anscheinend etwas von der Arsenal-DNS gezeigt, eine Mischung aus Überheblichkeit und Ineffizienz, zu der gestern dann schon eine deutlich spürbare Angst kam. Touré hatte rechts eine Menge Raum, er hat ihn aber mit Fortdauer des Spiels immer weniger genützt, und nicht zufällig entstand dort dann auch die Situation, die eine ganze Saison in den Leerlauf versetzte. Arsenal hat nun als einziges verbliebenes Ziel die direkte Qualifikation für die nächste Champion's League. Meine Sympathien im laufenden Bewerb gelten nun den "Reds", die am Dienstag eine außergewöhnliche Definition von modernem Fußball zeigten.
Montag, März 05, 2007
Hans Meyer
Jetzt erst lese ich das Interview mit Hans Meyer, das die FAZ am Samstag gebracht hat. Interessant, weil er eine kleine Fehde mit dem deutschen Fußballjournalismus einflechten kann. Nach längeren Ausführungen über die Manndeckung heißt es: "Das sind Dinge, die ich als Journalist gerne erfahren würde. Aber Ihre Leser interessiert das vermutlich einen Dreck. Also werde ich mich weiter darauf einstellen, Fragen zu beantworten, die aus meiner Sicht idiotisch sind." Nun aber die Ausführungen zur Manndeckung: "Es ist ja erwünscht, dass die Spieler auf einer bestimmten Position bleiben und ihren Gegner an den nächsten Mitspieler übergeben. Wenn der übergebende Spieler in dem Moment aber keinen anderen Gegner im Auge hat und alleine dasteht, funktioniert das nicht. Gerade im letzten Drittel eines Spielfeldes vergisst der eine oder andere Spieler, dass er einen klaren Mannbezug haben muss. Man muss sich nur die Tore anschauen, die dort fallen!" Mögliche Anwendung: Simunic hätte mehr den Mann Makaay als den Raum um Makaay decken können. Weitere interessante Auskunft: "Am Dienstag und am Mittwoch sind die Spieler den ganzen Tag hier, von morgens um acht oder halb neun bis abends um fünf oder sechs Uhr. An diesen Tagen wird morgens und nachmittags trainiert, wir frühstücken und esse zusammen, spielen Karten, machen eine Mannschaftssitzung et cetera. Worüber ich mich wundere, ist, dass sich Journalisten darüber wundern." Worüber ich mich wundere, ist, wie die Hertha mit dem bisschen Training, das sie vorschreibt, an der Mannschaft arbeiten will. Letzter Vergleich, wieder ein Zitat von Hans Meyer: "In dem Augenblick, in dem unsere Mannschaft den Ball verliert, versuchen wir, den Ball ein bisschen aktiver zurückzuerkämpfen als manch andere." Gute Taktik, aber nur die halbe Wahrheit, denn bei der Hertha zum Beispiel liegen die Probleme ganz deutlich in der Vorwärtsbewegung - dadurch kommt es nach tapferer Ballerkämpfung zu gehäuften Ballverlusten noch vor der Mittellinie, das Zurückerkämpfen wird zum Dauerbetrieb, irgendwann sind entscheidende Fehler nicht mehr zu vermeiden. Man kann es auch simpel sagen: Die Hertha kann derzeit mit dem Ball nicht viel anfangen.
Sonntag, März 04, 2007
Tabell'
Ich kann mich noch gut erinnern, wie ausgelassen Marko Pantelic an dem Tag im Herbst war, als Hertha kurzfristig die "Tabell'" angeführt hat. Heute bietet die Tabelle ein seltsames Bild: Vorne eine Vierergruppe aus bewährten Kräften, dahinter vier Mannschaften, die um einen Uefa-Cup-Platz kämpfen, und schon auf Rang 9 steht mit Wolfsburg ein Team, das nur zwei Punkte Vorsprung auf einen Aufstiegsplatz hat. Zehn Teams sind also gefährdet, und weil bei einer so grossen Zahl ja auch noch viele Spiele zwischen den betroffenen Parteien anstehen, könnte eine grössere Entflechtung ausbleiben. Im Prinzip ist auch die Hertha mit ihren 34 Punkten und einer Tordifferenz von -3 noch nicht in Sicherheit. Die Liga hat flache Hierarchien ausgebildet, ein gutes Zeichen ist das nicht.
West Ham United
Als kleiner Junge habe ich meine Sympathien im englischen Fussball vorwiegend nach dem Klang der Namen vergeben. Den FC Liverpool liebte ich wegen Spielern wie Steve Highway oder Phil Neal, unter den Klubs gefiel mir immer besonders West Ham United. Ich wusste nicht einmal so richtig, dass es sich dabei um eines der vielen Traditionsteams aus London handelt. Heute enthüllt der Guardian in einem raren Stück investigativen Fussballjournalismus' ziemlich üble Zustände in der gegenwärtigen Mannschaft von West Ham, die elf Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz hat. Zwei Spieler (Torhüter Roy Carroll und Matthew Etherington) sind wegen Spielsucht in Therapie, während andere weiterhin regelmässig um sehr hohe Beträge pokern. So sollen selbst im Mannschaftsbus auf dem Weg zu Spielen bis zu 50000 Pfund gewonnen und verloren worden sein. Der Trainer Alan Curbishley hat keinerlei Autorität über die Mannschaft, ein talentierter Spieler wie Nigel Reo-Coker sieht sich längst bei Arsenal (wo er seiner Arroganz wegen aber nicht hinkommen wird), und das neue Gehaltsgefüge nach dem Aufstieg hat die alten Teamstrukturen zerstört. Interessantes Fallbeispiel. Wir sind momentan in der fünften Staffel der Sopranos, wir wissen daher, dass mit Spielschulden nicht zu spassen ist, und vor allem, dass Pokern kein gutes Training für einen Sport an der frischen Luft ist.
Samstag, März 03, 2007
Senderos
Arsenal hatte eine üble Woche hinter sich, vor dem heutigen Ligamatch gegen Reading: ein Cup-Finale verloren, im FA-Cup gegen Blackburn ausgeschieden, längere Sperren für Touré, Eboué und Adebayor, dazu eine Verletztenliste von Henry bis Hoyte, also quer über das Feld. Gegen Reading reichte es dann doch zu einer dominanten Leistung. Der starke Clichy holte einen Elfer heraus, den Gilberto verwandelte, und bald danach sorgte Julio Baptista für die Vorentscheidung. Fünf Minuten vor Schluss kam Philippe Senderos für Hleb, und dann bekam das Spiel noch eine besondere Note: Der Schweizer Verteidiger flog unter einem Corner hindurch, der Ball fiel Fabregas vor die Füsse, der mit einem schönen Fersler zu einem Eigentor verwertete. Es blieb beim 2:1, die drei Punkte sind auf dem Konto, und das Mittelfeld, das vor der Einwechslung von Senderos aufgestellt war, ist grandios: Diaby-Denilson-Fabregas-Hleb. In den britischen Zeitungen stand nun aber auch verschiedentlich zu lesen, dass für eine Topmannschaft wie Arsenal der Posten des linken Innenverteidigers mit Senderos nicht adäquat besetzt ist - das heutige Gegentor fiel erst, als er im Spiel war, und er hatte nicht direkt die Verantwortung dafür. Trotzdem wäre die ideale Defensivlinie eine ohne Senderos: Clichy-Gallas-Touré-Eboué/Hoyte. Im Sturm brachte Wenger heute die Besetzungen #4-6 (hinter Henry-Adebayor-van Persie): Walcott-Julio Baptista, später Aliadière. Was für ein dicker Kader! Reicht aber doch nur für das Verfolgerfeld, denn ManU und Chelsea marschieren unerbittlich.
Sedisvakanz
Für das Heimspiel gegen den FC Bayern München bin ich nicht rechtzeitig fit geworden. Es war auch ein wenig eine Motivationsfrage, ich habe mir wenig erwartet, das Wetter war unfreundlich, und dann sind die Heimspiele gegen Bayern ja nie richtige Heimspiele, weil immer so viele Bayern-Fans kommen. Egal, Simon ist dort gesessen, wo sonst ich sitze, und wo auf dem Bild eine Sedisvakanz zu sehen ist. Gleich nach dem 0:2 habe ich auf die Premier League umgeschaltet, wo Arsenal gegen Reading gespielt hat. Habe also erst später in der Zusammenfassung gesehen, was ich live versäumt habe. Arsenal gewann 2-1, dazu in einem eigenen Post mehr. Zwischendurch bekam ich aus dem Olympiastadion eine Kurznachricht von einem Mann, den ich im Verdacht habe, dass er sich gelegentlich als ehemaliger Sportdirektor von Real Madrid ausgibt. Als das Spiel im Emirates schon entschieden schien, ging ich noch einmal kurz bei Hertha auf Sendung und sah, wie Josip Simunic eine diffuse Situation in der eigenen Hälfte desinteressiert beobachtete, während Makaay eine Chance antizipierte, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in Ansätzen zu sehen war. Den Vorsprung von zwei Metern, einer halben Sekunde und Lichtjahren an Professionalität konnte Simunic nicht mehr einholen - das war das 1:3, die Entscheidung, die Simunic später mit einer gelb-roten Karte noch einmal auf seine Weise bekräftigte. Falko Götz habe ich irgendwann auch noch reden gehört. Seine öden Phrasen passen zum Spiel der Hertha.
Freitag, März 02, 2007
Fatalismus
Der ehemalige Sportdirektor von Madrid hat in seinem Kommentar zu meinem letzten Eintrag alles gesagt, was zu Coach Götz und seiner Leistung zu sagen ist. Götz hat immer nur einen Plan A, und der geht schon lange nicht mehr auf. Man müsste eigentlich Hoeneß, Schiller und Götz gleichzeitig ersetzen - die beiden Manager sind dafür verantwortlich, dass Hertha als einziges Team in der Bundesliga de facto ein Investititonsverbot durch die DFL verhängt bekommen hat, der Coach hat dazu immer brav die Mär von der Nachwuchspolitik heruntergebetet, dabei aber in Kauf genommen, dass Talente wie Fathi stagnieren, weil ihnen niemand eine Perspektive (ein System) zeigt. Magnin (der Fathis Position bei Stuttgart spielt) hat gezeigt, was ein Aussenverteidiger zu tun hat, die Hertha hingegen musste immer schon aus dem Halbfeld flanken, weil es keine mannschaftliche Bewegung gab. Sukzessiv ist die Hertha zurückgefallen in den letzten Jahren, dabei hat sie einen Spieler wie Samba (inzwischen regelmässige Kraft in der Premier League) verkauft, und auf Spieler wie Schmidt und Dardai gesetzt. Jetzt fliegt den Führungskräften der Blödsinn, der so lange geredet wurde, um die Ohren. Und sie wissen nichts besseres, als es an der Mannschaft auszulassen.
Krisensitzung
77 Minuten hat Manager Hoeneß angeblich am Tag nach dem 0-2 gegen Stuttgart im Cup auf die Mannschaft eingeredet. "Wut und Ratlosigkeit" konnte der Berliner Boulevard heraushören, während ich marod daheim sitze und nicht einmal weiss, ob ich morgen die Motivation für den Klassiker gegen die recht nachklassisch daherkommenden Bayern aufbringe. Am Mittwoch hat nicht nur die Saison der Hertha eine Schlagseite bekommen, auch mein Lieblingsensemble Arsenal ist im FA Cup ausgeschieden - anders allerdings, durch ein 0-1 bei Blackburn nach überlegenem Spiel. Das Spiel der Woche hatte allerdings schon am Sonntag stattgefunden: Finale des Liga-Cups (Carling Cup) in Cardiff, eine junge Arsenal dominierte die Stammbesetzung von Chelsea auf imponierende Weise, verlor am Ende aber 1-2 und nach einer von Touré ausgelösten, von Chelsea aber geduldig herbeiprovozierten Massenrauferei auch noch mehrere Spieler (Touré, Adebayor, Eboué), die jetzt langfristig gesperrt werden. Zusammen mit der langen Verletztenliste ergibt das eine chaotische Personalsituation angesichts eines dichten Kalenders (nächste Woche kommt der PSV Eindhoven nach London, am Samstag schon das starke Team aus Reading). Für die Hertha sehe ich recht schwarz, für Arsenal sehe ich geniale Perspektiven (Diaby, Denilson, ...), aber langfristige Volatilität. Zuerst muss ich aber einmal selbst gesund werden.
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