Freitag, Oktober 31, 2008

Weserstadion

Home, sweet home: Es gibt ja doch nichts Schöneres, als wieder daheim zu sein, am Schreibtisch zu sitzen und auf das olle Kreuzberg hinauszuschauen. Zwar rumort immer noch das Arsenal-Match vom Mittwoch in mir, da es aber morgen schon weiter geht, wird sich auch das wieder legen. Neben meinem Computer liegt auch eine grüne Eintrittskarte für das Spiel der Hertha morgen bei Werder Bremen. Ich habe mir das Ticket vor zwei Wochen aus einer Laune heraus gekauft, nun werde ich morgen wohl tatsächlich die Fahrt machen, zumal A. beschlossen hat, über das Wochenende nach Frankfurt zu fahren, wo sie sich über Ausbildungsmöglichkeiten informieren wird (sie wälzt weitreichende Pläne). Erst jetzt habe ich so richtig mitgekriegt, dass der 3:0-Sieg über Hannover auch ein Opfer innerhalb der Mannschaft gefordert hat: Raffael, der mir in den letzten Wochen, in denen ich die Hertha allerdings nur zerstreut gesehen habe, gut gefallen hat, wurde zur Pause durch Voronin ersetzt und wird nun vielleicht eher mit der drögen ersten Halbzeit assoziiert werden. Wahrscheinlich aber scheint mir, dass er morgen wieder aufläuft, und zwar neben Voronin, während der umstrittene und streitbare Pantelic auf die Bank muss. Coach Favres Umgang mit dem von den Medien schon wundgerittenen Thema zeugt nicht von großer Souveränität - ich finde im Gegensatz zum Trainer, dass Pantelic ein Star und ein Teamplayer ist, und dass er die überregionale Ausstrahlung der Hertha phasenweise im Alleingang schafft. Das muss nicht unbedingt mit einem Siebenjahresvertrag abgegolten werden, sollte aber in Rechnung stehen.

Donnerstag, Oktober 30, 2008

Nimbus

Heute werde ich nach Berlin zurückkehren, gestern saß ich noch einmal in der Wiener Sportbar, rechts lief die deutsche Konferenz, zentral ein wenig später die Übertragung des Londoner Derbys zwischen Arsenal und Tottenham auf Sky Sports. Während die Hertha einen schönen Arbeitssieg mit 3:0 gegen Hannover herausspielte, führte Arsenal mit einem jetzt schon sagenumwobenen 4:4 wieder einmal tief in die Geheimnisse des Fußballs. Was die Mannschaft von Arsène Wenger nun schon seit dieser ominösen Saison der "Unbesiegbaren" von 2003/04 immer wieder zeigt, ist gewissermaßen die Kehrseite dessen, wie Hertha sich immer mehr in die Saison und in die Liga hineinarbeitet. Arsenal hat gestern einen typischen frühen Gegentreffer durch einen Wunderschuss von Bentley hinnehmen müssen, hat dann aber das Match gedreht, nach zwei Dritteln stand es 3:1, dann fiel durch einen geistesgegenwärtig verarbeiteten Querschläger der Anschlusstreffer für die Spurs, aber schon fast im Gegenzug vollendete van Persie einen superben Konter zum 4:2. Danach war alles klar, bis Clichy drei Minuten vor dem Ende ein wenig begriffstutzig auf den Ball trat, ausrutschte und Jenas ziehen ließ, der aus 20 Metern souverän abschloss. Es gab (aus unerfindlichen Gründen) vier Minuten Nachspielzeit, an deren Ende Lennon das vierte Freak-Tor für Tottenham an diesem Abend schoss. Das 4:4 fühlte sich an wie ein Debakel, weil Arsenal einmal mehr zu erkennen gegeben hatte, dass sie zwar das Spiel so großartig wie keine andere Mannschaft beherrschen, dass sie aber keine Kontrolle darüber haben. Ihnen fehlt es an Nimbus und an Souveränität, und so murksen sie sich durch die Saison, während Liverpool ein uns andere Mal 1:0-Siege verbucht, bei denen die rigorose Kontrolle des Spiels und die Ausschaltung jeglichen Zufalls absolute Priorität hat. Arsenal schafft Dramen und Delirien, Liverpool aber könnte den Titel schaffen. Was ist mir lieber? Nun, nachdem die Hertha ja heuer ganz gut mitspielt und ich nicht ständig in der Premier League Trost für das Gestiefel in Berlin suchen muss, kann ich mit der Situation gut leben. Ich fürchte nur, dass es die Mannschaft zerreißt, wenn Arsenal heuer nichts gewinnt: Fabregas, Adebayor und einige weitere Spieler werden dann zur Beute der Großclubs, und Arsenal wird in das Mittelmaß versinken. Und um das wettzumachen, wird Hertha noch einige Epochen brauchen.

Montag, Oktober 27, 2008

Pulk

19. 18. 17. 16. 15. 15. 14. 14. 13. 13. 13. Das sind die Punktestände der Teams, die in der Bundesliga derzeit Platz 1 bis 11 besetzen. Ein dichter Pulk, in dem man schnell durchgereicht wird, wenn die Konzentration nachlässt oder die Müdigkeit überhand nimmt. Die Hertha geht also gerade durch eine harte Schule. Das 1:1 beim BVB habe ich gestern Abend unter stark entfremdeten Umständen kaum mitgekriegt - in einer Sportsbar in Wien, in der aus allen Richtungen englischer Fußball, deutsche Konferenz, American Football und Eishockey akustisch auf mich einstürzten. Ich versuchte mich aus pragmatischen Gründen auf das Londoner Derby zwischen West Ham und Arsenal zu konzentrieren, davon gab es eine Sky Sports-Übertragung auf einem Schirm, auf dem ich zuvor schon den Auswärtssieg des FC Liverpool beim FC Chelsea gesehen hatte, neben mir zwei Besucher des Filmfestivals "Viennale", die intensiv für die Reds fieberten, denen ich mich aber nicht als meinerseits Besucher dieses Festivals zu erkennen gab. Arsenal plagte sich dann zu einem 2:0 und hielt sich damit in einem Titelrennen, das auch erst eine Viertelsaison alt ist, in dem der Druck aber jetzt schon noch viel brutaler ist. In Deutschland kann Wackel-Werder immer noch alle Chancen für sich reklamieren, und Hoffenheim wird sich die Sache nach dem Match gegen Hertha Anfang November noch einmal genauer ansehen wollen. Das Remis gestern war vielleicht gar nicht so schlecht, andernfalls wäre einigen Spielern der Kamm geschwollen, so aber spüren sie die Hitze im Pulk, wenn sie am Mittwoch gegen Hannover (befindet sich im zweiten, unteren Pulk) antreten müssen.

Freitag, Oktober 24, 2008

Etap

Rechtzeitig zur zweiten Halbzeit von Hertha gegen Benfica kam ich gestern in das Diskonthotel in Graz zurück, in das mich die Gastgeber gesteckt hatten, die mich zu einem Vortrag über Kino und Religion eingeladen hatten. Ich sah also noch, wie Kacar für Dardai ins Spiel kam und die Hertha dann meiner Meinung nach eine sehr feine zweite Halbzeit spielte, bei der es ihr nur an jener letzten Klarheit fehlte, die mit größerer Erfahrung kommen müsste. Der Schock war natürlich die Zuschauerzahl. 26000. Was soll das? Was wollen die Berliner denn noch? Sind alle so große Fans von Bela Rethy, dass sie das lieber vor der Kiste sehen wollen und sich von dem öden Kommentator ein Spiel zerreden lassen, das im Stadion sicher in der zweiten Halbzeit mitreißend gewirkt hat? Denn die Hertha hat gestern gut nach vorn gespielt, ich finde, da war keine Rede davon, dass sie das Spiel nicht machen kann. Zweitens ist dann natürlich die Sache mit Pantelic öde. Als wäre das die größte Sache der Welt, kommen die Reporter davon nicht herunter. Der Serbe hat nachher übrigens ein super Interview gegeben, das ich gern einmal transkribiert lesen würde - er spricht definitiv eine eigene Sprache (Markisch?), die aber verständlich ist. Kein Stress, das war die Grundaussage. Sie wird von Coach Favre, dessen Stimme sich häufig überschlägt, immer wieder widerlegt. Aber der Trainer macht gute Figur, auch modisch. Weil Pantelic gestern das Tor gemacht hat, steht Favre wieder dort, wo er zu Beginn der Saison war - er muss aus drei Angreifern einen Sturm machen, in dem Raffael nicht fehlbesetzt wird. Der Brasilianer war gestern ein guter Antreiber, einige Manöver waren zum Schnalzen mit Zunge. In einer Stunde checke ich aus dem Etap aus, der Vormittag wird den Grazer Ausstellungen gewidmet, am Nachmittag geht es zurück nach Wien. Kein Stress, Mann.

Mittwoch, Oktober 22, 2008

Sportbars

Gestern bin ich nach Wien geflogen, wo ich mich in den nächsten paar Tagen auf dem Filmfestival herumtreiben werde (Abstecher nach Oberösterreich zur Familie und nach Graz sind auch eingeplant). Den ersten Abend verbringe ich inzwischen schon fast traditionell in der Sportbar im Ringstraßenhotel Marriott, wo ich in zugiger Atmosphäre die CL-Konferenz auf einem der unzähligen Schirme angeschaut haben (Arsenal vorn super, hinten wacklig - 5:2 bei Fenerbahce). In Berlin war derweil Valdano, Korrespondent und "private eye" dieser Seite, nicht untätig und hat folgenden Bericht zu unserer losen Serie "Josip Simunics Feierabend" beigesteuert: "Ein Champions-League-Abend in der Sportsbar meines Vertrauens – das ist meist auch eine gute Gelegenheit, das Freizeitverhalten von Jo Simunic zu studieren, der sich zwei Tage vor dem Auftritt gegen Benfica sehr entspannt präsentierte. Das erste Bayern-Tor lockte ihn weg vom Kartenspiel im Nebenraum, er blieb dann auch sitzen und verzehrte mit gutem Appetit eine nicht allzu einladend aussehende Pizza vom Lieferservice. Nach all den gastrosophischen und ernährungsphysiologischen Einlassungen über die Verpflegung von Fußballern, mit denen wir seit Klinsmanns Übernahme der Nationalelf traktiert worden sind, war das sicher kein sehr professionelles Verhalten – aber vielleicht sieht Lucien Favre die Sache ja lockerer und hätte auch gegen eine Currypommes kurz vorm Spiel nichts einzuwenden. Was Jo zu den laufenden Spielen mit den vielen Toren zu sagen hatte, muss im Dunklen bleiben, da er sämtliche Kommentare auf Kroatisch abgab. Sicher ist nur, dass er das Gros der zweiten Halbzeit vorm Spielautomaten verbrachte und lediglich ab und an zum Computer in der anderen Ecke des Lokals pendelte, an dem die Gäste ihre Wetteinsätze tätigen. Den insgesamt 36 Toren dieses CL-Abends begegnete er mit Gleichmut; er wird wohl wissen, dass Hertha da nicht wird mithalten können." Hoffe nur, dass Simunic am Donnerstag nicht zuviel Geld auf Benfica setzt. Aber da ist vermutlich doch seine Sportlerehre größer.

Sonntag, Oktober 19, 2008

Minimalismus

Gojko Kacar zeigt, wo die Hertha hin will: nach oben, in das Tabellendrittel hinter Hoffenheim. Sie will das mit dosiertem Aufwand erreichen, gestern gegen den VfB Stuttgart hat es funktioniert. Das Heimspiel endete 2:1, nach Führung durch Nicu in der ersten Halbzeit, Ausgleich durch Cacau nach einem Corner gleich nach der Pause und einem tollen späten Siegtreffer durch Gojko Kacar. In den meisten Medien wird das Spiel heute anders dargestellt, als ich es gesehen habe. Ich habe eine Hertha gesehen, die gut gearbeitet und den Schwaben den Zahn gezogen hat. In der ersten Halbzeit war allerdings wenig Nachdruck da, die meiste Zeit war Voronin mit seinem beeindruckenden Engagement auf sich allein gestellt, umgeben von dem zaghaften Nicu auf links, dem allzu lässigen Cicero und dem bissigen Dardai im Zentrum, dem unsteten Lustenberger auf rechts und der hängenden Spitze Raffael, der auf seiner Lieblingsposition allmählich in Fahrt kam. Hinten stand die Viererkette mit Chahed, Friedrich, Simunic und Stein so, dass individuelle Unzulänglichkeiten weitgehend folgenlos blieben. Entscheidend war, dass die Mannschaft in der zweiten Halbzeit und nach dem Ausgleich der Stuttgarter etwas für sie Neues entdeckte. Sie war hungrig, verlor aber nicht den Kopf, probierte einiges aus, und wurde mit einem großartigen Tor belohnt. Für dieses eine Mal muss ich sogar Abbitte bei Pal Dardai leisten. Er hat gestern gut gespielt und mit seiner Leidenschaft wesentlich für Zug nach vorn gesorgt. Dass der vertikale Pass in den leeren Raum (österreichisch: der Lochpass) nun schon zum dritten Mal in Serie funktioniert hat, hängt mit einer gewachsenen Laufbereitschaft zusammen und mit der Unverdrossenheit, die ein Fußballer einfach braucht, wenn er drei, vier Mal vergeblich startet - der fünfte Sprint findet dann Träsch einen Schritt zu weit hinten, das Abseits ist aufgehoben, den Rest erledigt Nicu. Die Hertha agiert minimalistisch in dieser frühen Saison, sie hat jetzt zehn Tore geschossen, aber nur neun bekommen. Sie ist, das wird Armin Veh zugeben, schwer zu spielen. Marko Pantelic sah das Spiel von der Ehrentribüne aus. Es kann ihm nicht gefallen haben, was er da sah: nach vier Jahren der absoluten Unentbehrlichkeit glauben jetzt nur noch die Medien daran, dass es ohne ihn in Berlin nicht geht. Coach Favre steht nun vor dem Problem, seinen Star wieder zu integrieren. Mein Mann des Spiels war aber gestern Voronin, denn sein Aufwand blieb ohne persönliches Ergebnis, und doch schuf er die Räume, in die Raffael und Kacar dann gingen.

Freitag, Oktober 17, 2008

Bulletin

Nach einer Länderspielpause zücken die Clubtrainer erst einmal ihre Notizblöcke und schreiben auf, wer mit welcher Verletzung und wer heil zurückgekommen ist. Bei der Hertha ist die Sache glimpflich ausgegangen. Arne Friedrich muss zwar seine Auswechselung nach zwei Dritteln des Spiels gegen Wales wegstecken (und die Tatsache, dass er in der Nationalmannschaft isoliert wirkt und von sich aus wenig dagegen unternimmt), er ist aber einsatzbereit und wird morgen gegen Stuttgart wohl in der Innenverteidigung auflaufen. Dieser Job lässt sich konservativer interpretieren, das liegt dem Hertha-Kapitän mehr. Marko Pantelic hat wesentlich dazu beigetragen, dass Serbien die Österreicher in deren Heimstadion mit 3:1 gedemütigt hat. Am Donnerstag hat er sich auf den Lorbeeren dieses Triumphs (respektive auf seinem Sofa in Berlin) ausgeruht und das Training mit der Hertha geschwänzt. Den Berliner Tabloids, die dringend eine Geschichte brauchen, hat das gut gepasst, sie haben den ganzen Tag bei Pantelic angerufen, der hatte aber sein Handtelefon auf lautlos gestellt und in der Sporttasche, wie "Bild" spätabends erfuhr. Schwieriger ist die Situation bei meiner anderen Lieblingsmannschaft: Zu Arsenal kam eine ganze Reihe ramponierter Spieler zurück. Gallas, Sagna, Bendtner, Fabregas, Djourou sind angeschlagen. Das sieht alles nicht so gut aus bei meinem "Dream Team", das am Samstag gegen Everton in den Kampf muss. Get well soon, boys!

Montag, Oktober 13, 2008

Verkaufen

Zwei Börsennachrichten, weil es gerade in die allgemeine Stimmung passt: Die Aktie von Borussia Dortmund hat einen historischen Tiefstand erreicht, sie notiert knapp über 90 Cents, vor acht Jahren hatte sie elf Euro gekostet. Das ist eine Unterperformanz, die nicht einfach parallel mit dem in der allgemeinen Liquidität ersaufenden Kapitalismus einher geht, sondern schon speziell mit dem Fußballstandort Deutschland zu tun hat. Die komplementäre Nachricht liefert dafür vielleicht sogar eine Erklärung: Die Aktie von Premiere wird von Analysten auf "Verkaufen" gestuft, es gibt ein Kursziel von 0,50 Euro (momentaner Stand 2,91), irgendwann stand das Papier einmal bei 40 Euro. Seither hat sich herausgestellt, dass der arrogante Bezahlsender nur 800000 Sportkunden hat, die wiederum vor allem wegen des Fußballs dabei sein werden. Das bedeutet, dass die Bundesliga niemals so irre Summen erwirtschaften wird können wie England oder Spanien, wo die Pay-TV-Angebote auf breiterer Basis durchgesetzt wurden und wo schon der Fernsehfußball ein teures Vergnügen ist (von den Stadionpreisen nicht zu reden). Nun könnte man daraus auch eine positive Lehre ziehen: Die Bundesliga mit ihrem Modell der auskömmlichen Wirtschaft hat sich von den Ausschlägen der Börsenwirtschaft gut abgekoppelt. Selbst der BVB spielt ja noch immer mit, und - nachdem die Hertha ihn vor ein paar Wochen aus Faulheit von der Kippe springen ließ - sogar wieder weiter oben. Es müsste der Buli jetzt nur gelingen, durch kompetente Arbeit an vielen Orten den internen Konkurrenzdruck so zu verstärken, dass die Mannschaften bei einem Antreten im internationalen Bereich nicht so geschockt sein müssen, wie sie es heute noch häufig sind. Vieles spricht dagegen, denn Systeme nivellieren sich häufiger auf ein Mittelmaß, so auch die deutsche Liga. Das ist auch all denen bewusst, die das Niveau mit Finanzspritzen heben wollen, wobei Manager Hoeneß von Hertha BSC bisher wenigstens nur von konservativen Kapitalisierungen gesprochen hat. Immerhin ist die Hertha so billig auch nicht, dass wir Fans sie kaufen könnten. Schade eigentlich, im Moment ließen sich viele Ersparnisse mobilisieren, schätze ich.

Sonntag, Oktober 12, 2008

Poker

Das Länderspiel zwischen Deutschland und Russland habe ich nicht gesehen. Über Arne Friedrich lese ich, dass es eine für ihn typische Leistung war, eher unauffällig, sporadisch interessant, aber auch fehlerhaft. In die Vertragsverhandlung mit der Hertha geht er mit dem Selbstbewusstsein eines Nationalspielers, das er als Nationalspieler allerdings selten zeigt - dort ist er ein Mitläufer. Im Club hat er zuletzt zentral (und gut) gespielt, diese Position mag er lieber, im Nationalteam hat er dort aber nur den Status einer Zweitbesetzung. Die Berliner Tabloids melden heute, dass Hertha einen Linksverteidiger kaufen könnte, um Marc Stein auf rechts einsetzen zu können. Die Nachricht gehört schon zum Poker um Friedrich, denn Manager Hoeneß wird es nicht vertreten können, einem guten, aber keineswegs herausragenden Spieler einen Lebensabendvertrag zu geben, der sich wie ein "golden handshake" zu Lebzeiten anfühlt. Meine Landsleute, die Österreicher, haben sich gestern bei ihrem Angstgegner auf den Färöer-Inseln wieder einmal eine Blöße gegeben und sind über ein 1:1 nicht hinausgekommen - inwiefern dabei die schockierende Nachricht vom Unfalltod des Politikers Jörg Haider vielleicht den Geist gelähmt hat, kann natürlich niemand wissen. Wie die Herthaner sich international geschlagen haben, werde ich morgen dem "Kicker" entnehmen, für eine Online-Recherche fehlt mir heute die Zeit.

Freitag, Oktober 10, 2008

Hauptsponsor

Heute war ich kurz in Hamburg, aus beruflichen Gründen. Dabei habe ich auch erstmals die schnelle Verbindung im ICE ausprobiert, astreine Sache, alles pünktlich früh am Morgen, legere 20 Minuten Verspätung am Nachmittag. Es ist nicht so, dass man in Hamburg an jeder Straßenecke das Gefühl hat, in der Stadt des kommenden deutschen Fußballmeisters zu sein. Aber ein bisschen freuen würde es mich schon, wenn die Hertha den selben Hauptsponsor wie Arsenal hätte: die Fluglinie Emirates, die angeblich ja auch mit Berlin verhandelt hat seinerzeit, nun aber auf der Brust von Jerome Boateng e.a. prangt. Die Deutsche Bahn ist zweifellos ein guter Ersatz, das Ekel Mehdorn hin oder her. Dieser Herbst wird nun aber auch in zweifacher Hinsicht richtungsweisend sein für die Zukunft dieses (auslaufenden) Vertrags: Erstens wäre es angeraten, dass die Hertha bei den attraktiven Uefacup-Spielen auch attraktive Leistungen und vielleicht sogar Ergebnisse bringt, und damit das elegante rotweiße DB-Logo nicht in die Nähe von Sedativen rückt. Zweitens hat die Bahn gerade ihren Börsengang verschoben, wodurch die Hertha jetzt auch ein wenig von der Zukunft des Kapitalismus selbst abhängt - das "going public" des Staatskonzern war ja eines der Motive, sich einen Fußballclub als Werbeträger zu suchen. Vielleicht gibt es das "public" aber bald nicht mehr in der Form, wie wir es kannten. Dann müsste man sich den Hauptsponsor im Mittelstand suchen: Konnopke?

Dienstag, Oktober 07, 2008

Losglück

Ist das nun Lospech, oder Losglück, dass Hertha BSC in der Gruppenphase des Uefacups zwei attraktive und zwei schwierige Gegner zugelost bekommen hat? Benfica Lissabon (Heimspiel am 23. Oktober) ist für mich vor allem deswegen von Interesse, weil José Antonio Reyes dort gelandet ist, einstmals Arsenal, von dort nach Spanien zurückgekehrt und nun in Portugal gelandet. Er ist ein großartiger Fußballer, dem aber in vielen Bereichen das Zeug zum großen Fußballer zu fehlen scheint. Benfica wird die Hertha das Laufen lehren, darauf freue ich mich, auch wenn ich das Spiel nicht live sehen kann, weil ich zu diesem Zeitpunkt in Wien sein werde. Danach eine Auswährtsfahrt in die Ukraine, zu Metalist Charkow, die unbekannte Größe, da sehe ich die Hertha eindeutig in der Außenseiterrolle. Der Schlager wird sicher das Heimspiel gegen Galatasaray Istanbul, bei dem Hertha vermutlich - wie bei den Spielen gegen den FC Bayern - im eigenen Stadion ein Auswärtsspiel haben wird. Und kurz vor Weihnachten nach Griechenland, wo Olympiakos Piräus dann hoffentlich immer noch damit hadern wird, dass sie gegen Anorthosis Famagusta die CL verpasst haben. Drei von fünf Mannschaften kommen weiter. Leicht wird das nicht, aber allzu leicht war der Uefacup bisher für die Hertha in diesem Jahr. Jetzt kann sie zeigen, dass sie das auch in Zukunft haben, tun, genießen will - in Europa spielen, mit Mannschaften, deren Namen nach Fußball klingen.

Jesus

Coach Favre hat einen kuriosen Blick in seine Vorstellungswelt gegeben, als er Keeper Drobny, der gegen Bayer 04 Leverkusen am Wochenende gut gehalten ist, mit Jesus verglichen hat. Die Presse hat das gleich aufgegriffen, dabei aber in der Regel in die falsche Richtung gedacht. Denn Drobny hat kein Wunder vollbracht, er hat sich einfach nur lang und breit gemacht, mit einem Wort: er hat sich für die Hertha kreuzigen lassen. Diese Körperhaltung war es, auf die Favre sich bezog, wenn ich seine eigene Geste richtig interpretiere, mit der er seine Aussage begleitet hat. Heute werden die Gruppen für die nächste Phase des Uefacups ausgelost. Einer meiner Wunschgegner kann Hertha leider nicht zugelost werden, weil er im gleichen Lostopf D ist: Aston Villa ist von den englischen Teams dasjenige, das besonders konsequent auf ein ähnliches Konzept wie Hertha setzt, dabei aber eine vorbildliche Homogenität und Stabilität und auch Aggressivität erreicht hat. Der Trainer Martin O'Neill könnte für Favre eine Inspiration sein. Hier also meine Wunschgruppe, in sechs Stunden wissen wir mehr: Tottenham Hotspur, Deportivo La Coruna, Galatasaray Istanbul, Lech Posen.

Samstag, Oktober 04, 2008

Anzeichen

Der FC Bayern hat heute gegen Bochum bis wenige Minuten vor Schluss mit 3:1 geführt, und dann noch zwei Gegentreffer hinnehmen müssen, für die es, so Uli Hoeneß später in einem Interview, "überhaupt keine Anzeichen" gegeben hatte. So ist Fußball also auch, ein Spiel aus heiterem Himmel, die Anzeichen müssen die Bayern jetzt in der Analyse suchen. Bei Bayer 04 Leverkusen werden sie heute auch nach Anzeichen dafür suchen, dass sie dieses Heimspiel gegen Hertha mit 0:1 verlieren konnten. Sie werden ihre vielen eigenen Chancen vergessen müssen und sich die Phase nach der 55. Minute anschauen müssen. Die Hertha hatte da einige Ballverluste (zum Beispiel durch Raffael oder Nicu), die so hanebüchen waren, dass ich keinen Cent auf sie gesetzt hätte (ich kam da gerade erst von einem Interview mit einem deutschen Filmemacher nach Hause, der einen Beitrag zur Lage der Nation dreht). Dann bekam die Hertha aber mehr Spielanteile, mehr vom Ball, sie begann, ihre Pässe weiter vorn zu spielen, und allmählich mehrten sich die Anzeichen dafür, dass das letzte Wort in diesem Match nicht notwendigerweise von Leverkusen gesprochen werden müsste. In der 78. Minute deutete Voronin mit der rechten Hand an, wohin er der Ball haben wollte. Nicu sah das und spielte entsprechend den Lochpass, da musste Adler zum ersten Mal die Flügel spreizen. Das war schon mehr als ein Anzeichen. Der Pass, den Arne Friedrich in der vorletzten Minute aus der Defensive herauslaufend auf den weit links hängenden Voronin spielte, war dann eigentlich eher nur entlastend, aber auch öffnend. Der Ukrainer gab sich nicht damit zufrieden, mit dem Ball an die Cornerfahre zu gehen und das torlose Remis zu halten, mit dem die Hertha heute auch schon zufrieden hätte sein müssen - er zog zur Mitte, ließ zwei Verteidiger schlecht aussehen und schoss den Siegtreffer, den Lucien Favre so dringend gebraucht hat, weil er ihm erlaubt, weiterhin auf positive Pädagogik zu setzen. Er hat heute Marc Stein eine Denkpause gegeben, Steve von Bergen rehabilitiert, und Dardai in die Mannschaft zurückgeholt. Selbst der alte Ungar lernt noch etwas beim Schweizer Coach. Die Hertha hat gespielt, wie Cottbus gegen die Hertha spielt - je länger das Spiel gedauert hat, desto mehr hat sie ihr Spiel aber über das ganze Feld entwickelt. Der Sieg war heute kein Diebstahl, hatte aber doch etwas Trickbetrügerisches: Gegner einlullen, Gegner über's Ohr hauen. Das war heute 60 Prozent alte Hertha (vergleiche das 0:0 unter Falko Götz in Stuttgart in der Meistersaison der Schwaben), 30 Prozent Anzeichen für eine neue Hertha, und 10 Prozent Dusel.

Mittwoch, Oktober 01, 2008

Sankt Patrick

Das war gestern ein Fußballabend für mich, der in zwei Welten stattfand, die nicht direkt aneinandergrenzen. Zuerst brachte sich die Hertha in Dublin zu einem schmeichelhaften torlosen Remis bei St. Patrick's Athletics, was den Aufstieg in die Gruppenphase des Uefacups bedeutete. Später zeigte Arsenal daheim im Emirates eine wunderbare, höchst lebendige Teamleistung, die mit einem 4:0 gegen den FC Porto belohnt wurde. Zur Hertha: Natürlich sind Spiele dieser Art, auf außerirdisch anmutenden Plätzen, vor noch weniger Zuschauern als vor zwei Wochen in Berlin, keine Sache, zu der man leicht ein Verhältnis gewinnt - zumal, wenn aus dem Hinspiel ein Vorsprung mit zwei Toren zur Verfügung steht. Es gibt aber individiduelle Aspekte. Immerhin wurde heuer der Kader so gestaltet, dass Stammplätze nicht auf jeder Position garantiert werden müssen. Deswegen haben mich gestern vor allem Lustenberger und Nicu interessiert, beide hätten gute Gründe, jedes Spiel zu nützen, um sich zu empfehlen. Der junge Schweizer wird aber zunehmend verzagter und unkonzentrierter, ich sehe nun schon sehr konkret das Dardai-Gespenst wieder Realität werden. Nicu zeigt sich defensiv schlecht orientiert und offensiv mäßig inspiriert - nachdem Stein gestern pausieren durfte (musste), ist die linke Seite jetzt schon eine Großbaustelle. Raffael bekam gestern einen kleinen Wutausbruch, nachdem er zur Hälfte der zweiten Halbzeit aus dem Spiel gehen musste - er muss sich auch ein wenig als Opfer eines überbelegten, qualitativ aber durchweg überschaubaren Mittelfelds vorkommen. Würde mich interessieren, wie detailliert der Coach ihm seine Rochaden erläutert. Und in welcher Sprache?
Zu Arsenal: Gestern stand zum ersten Mal meine Idealformation für diesen Herbst auf dem Platz. Almunia. Sagna-Touré-Gallas-Clichy. Walcott-Fabregas-Denilson-Nasri. Adebayor-van Persie. Die Eleganz dieser Elf war gestern phasenweise atemberaubend, sie hat ungeheuer viele Möglichkeiten, und trotzdem war die heißeste Szene des Spiels ein Porto-Konter, bei dem fünf Spieler auf einer Linie in rasendem Tempo das Feld überquerten, dazwischen nicht minder rasend die in Reichweite befindlichen Arsenal-Defensivkräfte, die verzweifelt herauszufinden versuchten, wo sie eingreifen könnten. Der Konter scheiterte schließlich an seiner eigenen Geschwindigkeit - zwar kam der Ball gut von rechts in den Fünfmeterraum, der heranrennende Mann war aber noch zu schnell und setzte ihn knapp über die Querlatte. So ein Manöver habe ich noch nie gesehen, es sollte ein Schulbeispiel auch für die Hertha werden. Von Patrick Ebert, der Herthas bisher besten Konter in diesem Jahr gegen Frankfurt so super abgeschlossen hat, hört man, dass er an der Leiste operiert werden muss. Er wird vier Wochen fehlen, und zwar wirklich - die Lücke konnte bisher niemand füllen.