Hertha musste auf dem Betzenberg ein Kampfspiel bestehen, das in den Reibereien zwischen Franz und Idrissou seine markanteste Ausprägung fand, und auch ein zum Glück nicht spielentscheidendes Ergebnis: Der Stürmer der Lauterer, dessen aggressive Spielweise Franz mit der für ihn typischen Neigung zum Pathos entgegnete, holte einen Elfmeter heraus, dem kein Foul vorausging. Fehlentscheidung Kinhöfer, die aber eben lange vorbereitet worden war. Einen ähnlich unfairen Angreifer habe ich lange nicht gesehen, und doch wird in so einer Situation im Zweifelsfall der Verteidiger das Nachsehen haben. Was Franz lernen könnte (aber nicht mehr lernen wird), ist, dass ihm in so einer Situation alles dienlich ist, was nicht die Aufmerksamkeit auf die Konfrontation lenkt. Sprich: er hätte ein wenig professioneller, etwas weniger demonstrativ mit den Fiesheiten von Idrissou umgehen können, einfach aufgrund der Asymmetrie, die in dieser Konfrontation liegt. Im Strafraum ist der Stürmer dann einfach im Vorteil, und ich bin mir fast sicher, dass Kinhöfer den Elfer ohne die ständigen Fisimatenten zwischen den beiden nicht gegeben hätte (auch wenn im konkreten Moment Lustenberger als der unmittelbar Schuldige erschien).
Der unberechenbare Ronny machte die Sache schon zweieinhalb Minuten später wieder gut, aber eben nur halb, denn Hertha wäre möglicherweise als Sieger nach Hause gefahren, angesichts einer soliden Defensivleistung, einer plausiblen Gesamtanlage des Spiels, das auf Berliner Seite mit einer offensiven Defensivformation begonnen wurde. Ramos und Ronny, das ist prinzipiell eine gute Idee; Niemeyer nützt sich im zentralen Mittelfeld in seiner "Drecksau"-Rolle zunehmend ab - man könnte fragen, ob es nicht doch sinnvoller wäre, Lustenberger dort spielen zu lassen, oder soll Hubnik nun auf Dauer auf die Bank? Dort säße dann allerdings der Kapitän. Dass Luhukay lieber Ben-Hatira rausnehmen wollte als Ndjeng, ist eine Kleinigkeit, die darauf hinweist, dass jeder Trainer in seinen Personalien befangen ist. Ich hoffe, dass es bald Alternativen auf dem rechten Flügel gibt - warum nicht demnächst einmal mit Schulz und Ben-Hatira beginnen?
Wie auch immer: Hertha nimmt teil am Aufstiegsrennen, und allmählich wird ein System Luhukay doch erkennbar. Dass dieses im Grunde das System ist, auf den der ganze Fußball zur Zeit mit kleinen Variationen zusteuert, macht die Sache nicht weniger interessant. Hertha hatte in dieser Saison jetzt schon (gefühlt) mehr Ballgewinne vor der eigenen Mittellinie als in der ganzen letzten Rückrunde.
Am Sonntag spielte dann Arsenal bei den Geldsäcken, und zeigte eine phasenweise absolut begeisternde Leistung, gegen einen allerdings auch nicht auf der Nudelsuppe daher geschwommenen Gegner. Es gibt eine neue Ballsicherheit, eine Feinheit im Passspiel, eine Robustheit in der Ballbehauptung (trotz der üblichen Zerstreutheiten von Abou Diaby), die auf wunderbarer Laufarbeit beruhen, und dazu führten, dass Arsenal über weite Strecken wie eine Heimmannschaft agierte. Der Rückstand kam nach einer Ecke, und wurde nach einer Ecke wettgemacht. Das sagt viel über die Dichte dieses Spiels aus, in dem Podolski eher anonym blieb, während zum Beispiel Jenkinson rechts hinten nachdrücklich auf sich aufmerksam machte. In der Kommentatorensprache würde man sagen: es war ein Match für Taktikfans, aber ist nicht jedes Match ein solches?