Freitag, Dezember 31, 2010
Jahr der Extreme: 2010
Mein Fußballjahr 2010 im Rückblick:
HÖHEPUNKTE
* Der Besuch im Emirates Stadium - wegen der Live-Erfahrung, wegen Nasri und Chamakh und wegen des in Berlin so nicht nachvollziehbaren Erlebnisses eines Spiels, das sich danach langsam in die Stadt hinein verströmt (noch Stunden später konnten wir in einem Restaurant Leute darüber diskutieren sehen, die auch dort gewesen waren)
* Die zwei Tore von Marco Djuricin gegen RW Oberhausen - weil sie für ein paar Sekunden die Tür in eine mögliche Hertha-Zukunft öffneten, die mich absolut begeistern würde
* Der "Clasico" FC Barcelona - Real Madrid 5:0 am 29. November - wegen der Fußballdemonstration, wegen Sky Italia HD in einer Sportbar in Schöneberg
* Das WM-Finale - wegen Fabregas und Iniesta
TIEFPUNKTE
* Hertha gegen Nürnberg am 13. März - weil es an diesem Tag danach aussah, als hätte sich alles gegen Berlin verschworen, und weil Hertha niemanden in seinen Reihen hatte (schon gar nicht Friedhelm Funkel), der diesen Bann hätte brechen können
* Arsenal gegen Barcelona in der Champion's League - weil die Mannschaft, die mich am meisten von allen begeistern kann, naiv und schlecht eingestellt, sich fälschlicherweise "auf Augenhöhe" wähnend, gegen ein ganz großes Team unterging
* Das WM-Finale
AUSSER KATEGORIE
* Ghana - Uruguay am 2. Juli Der ganze Wahnsinn des Fußballs in dem Bild von Suarez, der zerknirscht vom Platz geht und der sich, nachdem Asamoah Gyan den Elfmeter verschossen hat, ungläubig umdreht und zu lachen beginnt
* Das CL-Finale als große Oper unter der Leitung eines "positiv Verrückten" ließ in der TV-Berichterstattung spät am Abend zunehmend Öffnungen zu im sonst so undurchdringlichen AV-Protokoll des Fernsehsports Fußball
Donnerstag, Dezember 30, 2010
Emirates (3)
Montag, Dezember 27, 2010
Emirates (2)
Samstag, Dezember 25, 2010
Emirates (1)
Da im Moment eine nachrichtenarme Zeit ist, nütze ich die Woche bis zum Jahreswechsel für eine kleine Fotoserie. Sie bezieht sich auf meinen Besuch im Emirates Stadium im Oktober dieses Jahres, der selbstverständlich ein Höhepunkt war, und den ich deswegen in der Rückschau ein wenig inszenieren werde. Wie ich damals berichtet habe, ist mir der Besuch des Spiels des FC Arsenal gegen Birmingham fotografisch ziemlich missglückt, ich habe aber immerhin ein paar Aufnahmen, die ich auf dem Weg ins Emirates gemacht habe, aus diesen werde ich meine Silvesterserie 2010 gestalten - kommenden Samstag gibt es dann den "money shot", die eine Aufnahme aus dem Innenraum, die ich geschafft habe. Hier aber einmal der traditionelle Auftakt, die Arsenal Tube Station, an der ich vor einigen Jahren schon einmal mit Valdano war.
Donnerstag, Dezember 23, 2010
Urlaubsplanung
Nach allem, was Dieter Hoeneß gestern so erkennen ließ, wäre er heute gern in Urlaub gegangen - in einen kurzen Erholer über Weihnachten zumindest. Doch das Ausscheiden des VfL Wolfsburg im DFB-Pokal gegen Cottbus hat eine sowieso schon missratene Hinrunde zu einem passenden Ende gebracht, und jetzt muss der ehemalige Manager von Hertha darüber verhandeln, ob er mit Steve McClaren weitermachen darf.
Ich kann nicht verhehlen, dass Wolfsburg für mich in einer Saison, in der Hertha nicht erste Liga spielt, ein Nebenschauplatz ist, auf den sich manche meiner weniger positiven Affekte richten. Ich habe meine Vorbehalte gegen den Fußballmanager Dieter Hoeneß ja schon häufig zu begründen versucht, und nun, da er mit Stab (Wojtowitz) und Spielern (Friedrich, Cicero) eine Stunde nach Westen gezogen ist, sehe ich das mit einer gewissen Befriedigung, wenn es dort auch nicht klappt.
Denn es ja ein etwas schiefes Experiment, das aus Sicht eines Hertha-Fans abläuft: In Wolfsburg könnte Hoeneß unter finanziell besseren Bedingungen beweisen, dass er die sportliche Kompetenz hat, einen Trainer und einen Kader zusammenzuführen, die internationales Format haben können - etwas, was ihm in Berlin nicht nur deswegen nie auf längere Sicht gelungen ist, weil er selbst hier im Lauf der Zeit die finanziellen Umstände herbeigeführt hat, die dies zum Teil verhindert haben.
Kurz gesagt: dort könnte er noch einmal zeigen, dass er das doch kann, was er in Berlin nicht konnte. Und weil ich ja nicht glaube, dass er das kann, sehe ich mich durch die Wolfsburger Hinrunde bestätigt.
Auf den DFB-Pokal werden auch die aktuellen Verantwortlichen bei Hertha ein Auge gehabt haben, denn mit Cottbus und Duisburg haben sich zwei direkte Konkurrenten um den Aufstieg ein motivierendes Weihnachtsgeschenk gemacht.
Meine Urlaubsplanung sieht nun so aus: Wir bleiben über die Feiertage in Berlin, was nicht nur traditionell besonders erholsam ist, sondern auch noch den Vorteil zahlreicher Premier-League-Spiele bietet, immer vorausgesetzt, der englische "Jahrhundertwinter" lässt den Spielbetrieb nicht vollständig zum Erliegen kommen.
Schöne Feiertage allerseits!
Ich kann nicht verhehlen, dass Wolfsburg für mich in einer Saison, in der Hertha nicht erste Liga spielt, ein Nebenschauplatz ist, auf den sich manche meiner weniger positiven Affekte richten. Ich habe meine Vorbehalte gegen den Fußballmanager Dieter Hoeneß ja schon häufig zu begründen versucht, und nun, da er mit Stab (Wojtowitz) und Spielern (Friedrich, Cicero) eine Stunde nach Westen gezogen ist, sehe ich das mit einer gewissen Befriedigung, wenn es dort auch nicht klappt.
Denn es ja ein etwas schiefes Experiment, das aus Sicht eines Hertha-Fans abläuft: In Wolfsburg könnte Hoeneß unter finanziell besseren Bedingungen beweisen, dass er die sportliche Kompetenz hat, einen Trainer und einen Kader zusammenzuführen, die internationales Format haben können - etwas, was ihm in Berlin nicht nur deswegen nie auf längere Sicht gelungen ist, weil er selbst hier im Lauf der Zeit die finanziellen Umstände herbeigeführt hat, die dies zum Teil verhindert haben.
Kurz gesagt: dort könnte er noch einmal zeigen, dass er das doch kann, was er in Berlin nicht konnte. Und weil ich ja nicht glaube, dass er das kann, sehe ich mich durch die Wolfsburger Hinrunde bestätigt.
Auf den DFB-Pokal werden auch die aktuellen Verantwortlichen bei Hertha ein Auge gehabt haben, denn mit Cottbus und Duisburg haben sich zwei direkte Konkurrenten um den Aufstieg ein motivierendes Weihnachtsgeschenk gemacht.
Meine Urlaubsplanung sieht nun so aus: Wir bleiben über die Feiertage in Berlin, was nicht nur traditionell besonders erholsam ist, sondern auch noch den Vorteil zahlreicher Premier-League-Spiele bietet, immer vorausgesetzt, der englische "Jahrhundertwinter" lässt den Spielbetrieb nicht vollständig zum Erliegen kommen.
Schöne Feiertage allerseits!
Sonntag, Dezember 19, 2010
Herbstzweiter
Hertha überwintert in Liga zwee auf Platz zwee, dank eigener Leistungen und des Mikroklimas im Erzgebirge, wo in den vergangenen Tagen so viel Schnee fiel, dass Aue sein Heimspiel gegen FSV Frankfurt nicht austragen konnte.
33 Punkte aus 17 Spielen, gestern kam noch einer hinzu durch ein 1:1 beim Herbstmeister Augsburg, in einem eigentlich ziemlich guten Spiel von Hertha, das aber durch Ereignisse überschattet war. Coach Babbel hatte eine interessante Personalentscheidung getroffen, indem er Ramos auf der Bank ließ und den zurückkehrenden Niemeyer neben Lustenberger aufstellte. Raffael bekam dadurch alle Freiheiten für einen beeindruckenden, auch defensiv starken Aktionsradius, Ronny und Rukavytsya spielten flexibel auf den Außenpositionen, und Lasogga fuhrwerkte im Sturmzentrum.
Hinten blieb Burchert in der ersten Elf, und Hubnik bildete mit Mijatovic wieder das Nadelöhr in der Viererkette, durch das schon so mancher Gegner ein großes Kamel hindurchgeschickt hat. Gestern war es Rafael, der Mijatovic schon nach einer Viertelstunde auf dem falschen Fuß erwischte, sodass der Kapitän zu einer ungeschickten Intervention gezwungen war, die mit einer roten Karte geahndet wurde. Es gab Proteste, aber ich sehe nicht, dass das etwas anderes als die Vereitelung einer klaren Torchance war, die sich trotz des tiefen Bodens nach wenigen Metern für Nando Rafael ergeben hätte.
Der Berliner Junge aus Angola und Amsterdam zeigte gestern, warum er wahrscheinlich in der zweiten Liga ganz gut aufgehoben ist, andererseits wüsste ich gern, was aus ihm hätte werden können, wenn er in den entscheidenden Jahren einen anderen Trainer als Falko Götz gehabt hätte.
Hertha ließ sich durch den personellen Nachteil nach der Hinausstellung von Mijatovic nicht aus dem Konzept bringen, spielte gut gegen den Ball und zeigte sogar die Ansätze des Kombinationsfußballs, die eben nur möglich sind, wenn viel gelaufen wird. Ronny, der ja schon im ersten Spiel gegen Oberhausen die Kunst des "Lochpasses" (österreichisch für "jemanden in die Gasse schicken") gezeigt hatte, schickte gestern nach knapp einer halben Stunde Rukavytsya, und der flinke Australier aus der Ukraine schloss sehr schön ab.
Hertha kontrollierte das Spiel auch in Unterzahl und war einem zweiten Treffer immer näher als Ausgburg dem Ausgleich, bis Schiedsrichter Gagelmann einen dubiosen Elfmeter gab: Burchert hatte einen Schuss nicht festhalten können, tapperte dam Ball nach, und Oehrl fiel hin, als hätte sich unter seinen Beinen der Erdboden geöffnet.
Den Elfmeter verwandelte Nando Rafael souverän, danach wurde das Spiel grotesk, weil Gagelmann sich durch eine Reihe von seltsamen Entscheidungen in ein Schlamassel der Konsequenzen hineinmanövriert hatte, in dem er keine andere Möglichkeit sah, als zuerst zwei Augsburger und dann auch noch Hubnik nach einer zweiten gelben Karte vom Platz zu stellen (der Tscheche hatte im Getümmel im Strafraum einen Ball zu gewinnen versucht, den der Tormann schon hatte).
Hertha wird damit gegen Oberhausen im neuen Jahr entweder Janker reaktivieren müssen, oder mit Lustenberger neben Neumann in der Innenverteidigung spielen, oder aber van Buyten oder Demichelis kaufen, die beim FCB vielleicht auf den Markt kommen. (Soviel zu den Rensing-Spekulationen, die hoffentlich nur solche gelangweilter Tabloiden sind.)
Aus dem Augsburg-Spiel kann man immerhin eine Erkenntnis mitnehmen: Die Mannschaft hat es drauf (der Trainer wohl doch auch, die letzten beiden Formationen sprechen wieder für ihn), wenn sie sich nicht hängen lässt oder aber arg ungeschickt ist, ist der Aufstieg zu schaffen.
33 Punkte aus 17 Spielen, gestern kam noch einer hinzu durch ein 1:1 beim Herbstmeister Augsburg, in einem eigentlich ziemlich guten Spiel von Hertha, das aber durch Ereignisse überschattet war. Coach Babbel hatte eine interessante Personalentscheidung getroffen, indem er Ramos auf der Bank ließ und den zurückkehrenden Niemeyer neben Lustenberger aufstellte. Raffael bekam dadurch alle Freiheiten für einen beeindruckenden, auch defensiv starken Aktionsradius, Ronny und Rukavytsya spielten flexibel auf den Außenpositionen, und Lasogga fuhrwerkte im Sturmzentrum.
Hinten blieb Burchert in der ersten Elf, und Hubnik bildete mit Mijatovic wieder das Nadelöhr in der Viererkette, durch das schon so mancher Gegner ein großes Kamel hindurchgeschickt hat. Gestern war es Rafael, der Mijatovic schon nach einer Viertelstunde auf dem falschen Fuß erwischte, sodass der Kapitän zu einer ungeschickten Intervention gezwungen war, die mit einer roten Karte geahndet wurde. Es gab Proteste, aber ich sehe nicht, dass das etwas anderes als die Vereitelung einer klaren Torchance war, die sich trotz des tiefen Bodens nach wenigen Metern für Nando Rafael ergeben hätte.
Der Berliner Junge aus Angola und Amsterdam zeigte gestern, warum er wahrscheinlich in der zweiten Liga ganz gut aufgehoben ist, andererseits wüsste ich gern, was aus ihm hätte werden können, wenn er in den entscheidenden Jahren einen anderen Trainer als Falko Götz gehabt hätte.
Hertha ließ sich durch den personellen Nachteil nach der Hinausstellung von Mijatovic nicht aus dem Konzept bringen, spielte gut gegen den Ball und zeigte sogar die Ansätze des Kombinationsfußballs, die eben nur möglich sind, wenn viel gelaufen wird. Ronny, der ja schon im ersten Spiel gegen Oberhausen die Kunst des "Lochpasses" (österreichisch für "jemanden in die Gasse schicken") gezeigt hatte, schickte gestern nach knapp einer halben Stunde Rukavytsya, und der flinke Australier aus der Ukraine schloss sehr schön ab.
Hertha kontrollierte das Spiel auch in Unterzahl und war einem zweiten Treffer immer näher als Ausgburg dem Ausgleich, bis Schiedsrichter Gagelmann einen dubiosen Elfmeter gab: Burchert hatte einen Schuss nicht festhalten können, tapperte dam Ball nach, und Oehrl fiel hin, als hätte sich unter seinen Beinen der Erdboden geöffnet.
Den Elfmeter verwandelte Nando Rafael souverän, danach wurde das Spiel grotesk, weil Gagelmann sich durch eine Reihe von seltsamen Entscheidungen in ein Schlamassel der Konsequenzen hineinmanövriert hatte, in dem er keine andere Möglichkeit sah, als zuerst zwei Augsburger und dann auch noch Hubnik nach einer zweiten gelben Karte vom Platz zu stellen (der Tscheche hatte im Getümmel im Strafraum einen Ball zu gewinnen versucht, den der Tormann schon hatte).
Hertha wird damit gegen Oberhausen im neuen Jahr entweder Janker reaktivieren müssen, oder mit Lustenberger neben Neumann in der Innenverteidigung spielen, oder aber van Buyten oder Demichelis kaufen, die beim FCB vielleicht auf den Markt kommen. (Soviel zu den Rensing-Spekulationen, die hoffentlich nur solche gelangweilter Tabloiden sind.)
Aus dem Augsburg-Spiel kann man immerhin eine Erkenntnis mitnehmen: Die Mannschaft hat es drauf (der Trainer wohl doch auch, die letzten beiden Formationen sprechen wieder für ihn), wenn sie sich nicht hängen lässt oder aber arg ungeschickt ist, ist der Aufstieg zu schaffen.
Freitag, Dezember 17, 2010
Reloads
Die Auslosung für die europäischen Clubwettbewerbe im neuen Jahr hat zwei interessante "Reloads" mit sich gebracht: Bayern gegen Inter und Arsenal gegen Barcelona. Außerdem wird es einen hübschen Fall von Wiederkehr geben: Kevin-Prince Boateng, der Hertha einmal sieben Millionen Euro gebracht hat, wird mit dem AC Milan an die White Hart Lane zurückkehren, zu Tottenham Hotspur, wo er keine gute Zeit hatte (genau genommen begann seine gute Zeit und sein Erwachsenwerden in Portsmouth, und das Foul an Ballack im Sommer 2010 war so etwas wie der Umschlagpunkt, von da an ging es bergauf).
Zu Arsenals Chancen gegen Barcelona lässt sich im Moment nur so viel sagen, dass ich auf eine ähnliche Problematik wie im Vorjahr tippe: Wenn die Mannschaft von Arsène Wenger den Ball nicht bekommt (wie auch erst neulich in Old Trafford), dann ist sie eigentlich locker im Zaum zu halten.
Aber es liegen auch noch zwei Monate zwischen jetzt und dann, und immerhin damit hat Wenger recht, dass in dieser Zeit noch eine Menge passieren kann. Lech Poznan, auf das ich immer ein Auge habe, weil ich dem dortigen Stadion bei Gelegenheit einer spannenden Paarung einen Fanbesuch abstatten möchte, zog Sporting Braga - da werde ich wohl eher zuwarten.
Zu Arsenals Chancen gegen Barcelona lässt sich im Moment nur so viel sagen, dass ich auf eine ähnliche Problematik wie im Vorjahr tippe: Wenn die Mannschaft von Arsène Wenger den Ball nicht bekommt (wie auch erst neulich in Old Trafford), dann ist sie eigentlich locker im Zaum zu halten.
Aber es liegen auch noch zwei Monate zwischen jetzt und dann, und immerhin damit hat Wenger recht, dass in dieser Zeit noch eine Menge passieren kann. Lech Poznan, auf das ich immer ein Auge habe, weil ich dem dortigen Stadion bei Gelegenheit einer spannenden Paarung einen Fanbesuch abstatten möchte, zog Sporting Braga - da werde ich wohl eher zuwarten.
Mittwoch, Dezember 15, 2010
Just another Classico
Einer der Gründe dafür, dass ich die Premier League so mag, ist, dass sie viele Clasicos hat und nicht nur den einen, der zweimal im Jahr gespielt wird wie der zwischen Real und Barca in Spanien.
Umso ärgerlicher ist es, dass Arsenal seit längerer Zeit in den Klassikanern gegen Chelsea und Mean United nichts zu bestellen hat - auch am Montag war das wieder so, in Old Trafford, wo sie bei einem 0:1 kaum eigene Torchancen hatten. Der immer interessante Kevin McCarra hat die Sache im Guardian gut analysiert, auch bei Zonalmarking gibt es dazu einen Text.
Da ich zunehmend zu der beträchtlichen Fraktion der Arsenal-Fans zähle, die auf eine baldige Ablöse von Arsène Wenger hoffen, will ich noch zwei Dinge nennen, die ihm anzulasten sind: Er hat, wie übrigens auch Ferguson (dieser aber mit mehr Erfolg), in der ersten Halbzeit das Mittelfeld massiert, indem er Rosicky statt van Persie brachte.
Das erwies sich als unproduktiv, denn es gab dadurch noch weniger Platz in der Zentrale, und der Tscheche fiel kaum auf. Eine originellere Variante wäre gewesen, Nasri und Walcott auf den Flügeln spielen zu lassen, und Arshavin endlich einmal dort einzusetzen, wo er am besten ist: hinter der Spitze.
Das hätte die Folge gehabt, dass der auch defensiv starke Nasri links mit Clichy stärker gegen Nani hätte arbeiten können, und die allgemeine Balance des Matches verändert.
Positives habe ich auch gesehen: Der junge Tormann Szczesny hat gut gehalten, wenngleich der Einwand von Zonalmarking richtig ist, seine Abwürfe und Abschläge müssen erst an den Spielaufbau angebunden werden. Bester Mann bei Arsenal war für mich Koscielny, der in der Innenverteidigung sehr gut gearbeitet hat und fast nur vertikale Eröffnungspässe gespielt hat - es war fast ein Schulbeispiel dafür, wie man aus der Viererkette den Ball nach vorn bringen kann.
Leider sieht Wenger auch seit Wochen nicht, dass sein anderer defensiver Einkauf, Squillaci, ein Gefahrenherd erster Ordnung ist. Für die nächsten Wochen würde ich mir in Abwesenheit von Vermaelen eine Kombination von Djourou und Koscielny in der Innenverteidigung wünschen.
Ein "Clasico" war das also nicht am Montag, in den nächsten Wochen gibt es aber gleich noch ein paar potentielle, zuerst spielt MeanU bei Chelsea, dann Chelsea bei Arsenal, und Tottenham und Moneybags City drängen auch mit Macht auf Klassikanerstatus, während der FC Liverpool sich wohl von der Körpersprache seines Trainers Roy Hodgson allmählich zur Verzweiflung bringen lässt - der gute Mann wirkt momentan nicht so, als wüsste er noch, was zu tun ist. Aber auch in diesem Fall wie in dem von Arsenal hilft nur Geduld. Die Premier League wird mir wie jedes Jahr über die Feiertage helfen, es gibt Spiele quasi wie Mahlzeiten.
Umso ärgerlicher ist es, dass Arsenal seit längerer Zeit in den Klassikanern gegen Chelsea und Mean United nichts zu bestellen hat - auch am Montag war das wieder so, in Old Trafford, wo sie bei einem 0:1 kaum eigene Torchancen hatten. Der immer interessante Kevin McCarra hat die Sache im Guardian gut analysiert, auch bei Zonalmarking gibt es dazu einen Text.
Da ich zunehmend zu der beträchtlichen Fraktion der Arsenal-Fans zähle, die auf eine baldige Ablöse von Arsène Wenger hoffen, will ich noch zwei Dinge nennen, die ihm anzulasten sind: Er hat, wie übrigens auch Ferguson (dieser aber mit mehr Erfolg), in der ersten Halbzeit das Mittelfeld massiert, indem er Rosicky statt van Persie brachte.
Das erwies sich als unproduktiv, denn es gab dadurch noch weniger Platz in der Zentrale, und der Tscheche fiel kaum auf. Eine originellere Variante wäre gewesen, Nasri und Walcott auf den Flügeln spielen zu lassen, und Arshavin endlich einmal dort einzusetzen, wo er am besten ist: hinter der Spitze.
Das hätte die Folge gehabt, dass der auch defensiv starke Nasri links mit Clichy stärker gegen Nani hätte arbeiten können, und die allgemeine Balance des Matches verändert.
Positives habe ich auch gesehen: Der junge Tormann Szczesny hat gut gehalten, wenngleich der Einwand von Zonalmarking richtig ist, seine Abwürfe und Abschläge müssen erst an den Spielaufbau angebunden werden. Bester Mann bei Arsenal war für mich Koscielny, der in der Innenverteidigung sehr gut gearbeitet hat und fast nur vertikale Eröffnungspässe gespielt hat - es war fast ein Schulbeispiel dafür, wie man aus der Viererkette den Ball nach vorn bringen kann.
Leider sieht Wenger auch seit Wochen nicht, dass sein anderer defensiver Einkauf, Squillaci, ein Gefahrenherd erster Ordnung ist. Für die nächsten Wochen würde ich mir in Abwesenheit von Vermaelen eine Kombination von Djourou und Koscielny in der Innenverteidigung wünschen.
Ein "Clasico" war das also nicht am Montag, in den nächsten Wochen gibt es aber gleich noch ein paar potentielle, zuerst spielt MeanU bei Chelsea, dann Chelsea bei Arsenal, und Tottenham und Moneybags City drängen auch mit Macht auf Klassikanerstatus, während der FC Liverpool sich wohl von der Körpersprache seines Trainers Roy Hodgson allmählich zur Verzweiflung bringen lässt - der gute Mann wirkt momentan nicht so, als wüsste er noch, was zu tun ist. Aber auch in diesem Fall wie in dem von Arsenal hilft nur Geduld. Die Premier League wird mir wie jedes Jahr über die Feiertage helfen, es gibt Spiele quasi wie Mahlzeiten.
Sonntag, Dezember 12, 2010
Rautismus
Liga zwee ist, wenn der Tabellenführer beim Ligakrösus wie ein Abstiegskandidat antritt - sehr defensiv, aggressiv bis an die Schmerzgrenze, noch bei den Kontergelegenheiten zurückhaltend. Hertha hat gegen Erzgebirge Aue mit 2:0 gewonnen, es war ein ungefährdeter Sieg, sieht man von ein, zwei guten Eingriffen von Sascha Burchert ab.
Die Mannschaft schien sich heute wieder einmal wohl zu fühlen auf dem Platz, vermutlich hatte das auch mit der gut ausgewählten Formation zu tun. Weil Mijatovic wieder mitmachen konnte, wurde Lustenberger für die Sechserposition an Stelle des gesperrten Niemeyer frei (wodurch Neuendorf nur zu einer ganz späten Einwechslung kam). Ronny und Rukavytsya spielten auf den Flügeln, Lasogga und Ramos im Sturm, und Raffael dahinter, wodurch das System häufig der klassischen Raute entsprach, die nicht einmal Werder Bremen mehr so richtig spielt. Raffael arbeitete auch nach hinten, aber einen zweiten Sechser, wozu ihn manche Medien noch vor zehn Tagen umfunktionieren wollten, gab er nicht.
Der entscheidende Vorteil dürfte gewesen sein, dass alle auf einer Position spielten konnten, die ihnen behagte, wobei Ronny auf jeden Fall ein positiver Faktor war. Wofür der Elfmeter in Halbzeit eins, den Kobiashvili zur Führung verwertete, genau gegeben wurde, muss ich mir erst im Fernsehen anschauen. Auf jeden Fall beruhigte sich dadurch das Spiel, gegen eine Mannschaft wie Aue ist es wichtig, vorn zu liegen, denn andernfalls liegen die dauernd behandlungsbedürftig auf dem Rasen herum und lassen keinen Rhythmus zu.
In der 65. Minute fiel dann die Entscheidung, ausnahmsweise durch die Mitte der Aue-Defensive, ein feiner Durchstecker von Rukavytsya, und Lasogga schmiss die Nerven nicht weg. Den Treffer hatte er sich durch viel Arbeit echt verdient.
Obwohl das heute nominell ein Spitzenspiel war, musste Hertha nicht an die Grenze gehen, deswegen bleibt es weiterhin schwierig, die Situation einzuschätzen. Aue hat wohl nur bis zum Gegentreffer wirklich an etwas geglaubt, und erst nach dem 0:2 ließen sie noch einmal ein paar Ansätze erkennen. Die Hinrunde bekommt nun am kommenden Wochenende ein echtes Entscheidungsspiel: Hertha und Augsburg, beide mit 32 Punkten ganz vorn, spielen um den Herbstmeistertitel, insgesamt ist die Spitzengruppe aber viel zu dicht besetzt, um richtig durchatmen zu können.
Immerhin liegt die Mannschaft im Plan, und heute hat sich gezeigt, dass der Kader Reserven hat: Burchert, Lustenberger und Ronny waren heute alle drei eher Teil der Lösung als Teil des Problems. Weil ich selbst vor Ort war, gibt es noch eine kleine Fotostrecke.
Samstag, Dezember 11, 2010
Tonnenlast
Hertha bereitet sich auf das richtungweisende Heimspiel gegen Erzgebirge Aue am Sonntag vor. Gegen Ende der Woche hat Coach Babbel es dann doch noch geschafft, sich selbst aus den Schlagzeilen zu bringen - und einen alten Hertha-Recken hinein: Andreas Neuendorf, dessen "Künstlernamen" ich ungern nenne, weil mich die damit verbundenen politischen Optionen der rechten wie der linken Verfassungsfeindlichkeit nicht zu faszinieren vermögen, Andreas Neuendorf also trainierte diese Woche wieder mit den Profis und wird allgemein am Sonntag auch in der ersten Elf erwartet.
Dies hat mit Verletzungen und mit der Personalpolitik zu tun, und lässt sehr schön erkennen, was in dieser Hinrunde bisher schiefgegangen ist. Dass Niemeyer ausgerechnet in einem so wichtigen Spiel nach fünf gelben Karten gesperrt ist, hat auch damit zu tun, dass er so oft taktisch verschlissen wurde - als einziges Bindeglied zwischen Viererkette und Offensivformation.
Dass Perdedaj verletzt ist, ist Pech, dass Lustenberger in der Viererkette aushelfen muss, ebenso, dass Pal Dardai von Coach Babbel nicht mehr richtig für die erste Elf in Erwägung gezogen wurde, halte ich prinzipiell für vernünftig. Aber es zeigt sich eben doch in der Kombination all dieser Umstände, dass da systemisch etwas nicht gut gelaufen ist, und das hat sich schon früh abgezeichnet.
Als die Saison mit einem DFB-Pokalspiel begann, schien der Plan von BP (Babbel-Preetz) noch aufzugehen: Friend als offensiver Turm, eine neue Stärke bei Standards, zwei, drei gute Flanken in den Strafraum reichten mit ein wenig Dusel zu Siegen. Aber dieses Konzept geriet bald in die Krise, die Standards verloren an Qualität, die Flanken versiegten, Friend geriet in eine Krise, und in dieser Situation, die durch ein glückliches 1:0 bei FSV Frankfurt noch nicht in ihrer Labilität erkannt wurde, bot Babbel der Mannschaft keine Spielidee an.
Das 4-1-4-1 beruht im Grunde darauf, dass sich die Situation offensiv irgendwie durch Überzahl von selber lösen wird, und tatsächlich hat Domovchyiski mit seinem Treffer gegen Fürth ja noch einmal gezeigt, dass das aufgehen kann - er stand gut in der Gegend herum, als Kobiashvili sich einmal durchtankte, und hatte dann die Technik, die Lücke zu nützen.
Aber natürlich macht das System sehr anfällig für kluge, schnelle Gegenangriffe, und es läuft Gefahr, entropisch zu werden, wenn ein Gegner auch nur anständiges Pressing spielt. Das ist zuletzt in der Regel passiert, Hertha hat ohne große Idee versucht, irgendwo ein Durchkommen zu finden. Diese Idee aber muss von Trainer kommen.
Die Berliner Zeitungen haben diese Woche begonnen, sich auf Babbel einzuschießen, und seine Reaktion (ein Interview im Kicker) beschränkt sich immer noch auf Einstellungsfragen ("die letzten zwei, drei Prozent, ein Tor erzwingen zu wollen", fehlen tatsächlich, aber sie fehlen auch deswegen, weil die 97 Prozent davor ein wenig vage sind).
Begierig haben alle Journalisten das Etikett "Ligakrösus" aufgegriffen, nachdem es einmal in Umlauf kam, und auch dagegen spielt Hertha nun an: Ein teures Team mit einem prominenten Trainer, der aber erst zeigen muss, dass er gegen die konkrete Kompetenz seiner unbekannteren Kollegen auch eine kompetente Taktik zu entwickeln vermag.
Gegen Aue am Sonntag wird da nicht viel zu erwarten sein, zu außergewöhnlich sind die personellen Umstände. Aber auch so können wir neugierig sein, ob Markus Babbel in der Lage ist, das Spiel anders neu zu strukturieren als nur einen Entsorgungsarbeiter (als solcher ließ Neuendorf sich gerade fotografieren) aus dem Hut zu zaubern. Die Tonnenlast dieses Wochenendes lässt sich aber immerhin mit einem Sieg ganz einfach in die Tonne werfen.
Dies hat mit Verletzungen und mit der Personalpolitik zu tun, und lässt sehr schön erkennen, was in dieser Hinrunde bisher schiefgegangen ist. Dass Niemeyer ausgerechnet in einem so wichtigen Spiel nach fünf gelben Karten gesperrt ist, hat auch damit zu tun, dass er so oft taktisch verschlissen wurde - als einziges Bindeglied zwischen Viererkette und Offensivformation.
Dass Perdedaj verletzt ist, ist Pech, dass Lustenberger in der Viererkette aushelfen muss, ebenso, dass Pal Dardai von Coach Babbel nicht mehr richtig für die erste Elf in Erwägung gezogen wurde, halte ich prinzipiell für vernünftig. Aber es zeigt sich eben doch in der Kombination all dieser Umstände, dass da systemisch etwas nicht gut gelaufen ist, und das hat sich schon früh abgezeichnet.
Als die Saison mit einem DFB-Pokalspiel begann, schien der Plan von BP (Babbel-Preetz) noch aufzugehen: Friend als offensiver Turm, eine neue Stärke bei Standards, zwei, drei gute Flanken in den Strafraum reichten mit ein wenig Dusel zu Siegen. Aber dieses Konzept geriet bald in die Krise, die Standards verloren an Qualität, die Flanken versiegten, Friend geriet in eine Krise, und in dieser Situation, die durch ein glückliches 1:0 bei FSV Frankfurt noch nicht in ihrer Labilität erkannt wurde, bot Babbel der Mannschaft keine Spielidee an.
Das 4-1-4-1 beruht im Grunde darauf, dass sich die Situation offensiv irgendwie durch Überzahl von selber lösen wird, und tatsächlich hat Domovchyiski mit seinem Treffer gegen Fürth ja noch einmal gezeigt, dass das aufgehen kann - er stand gut in der Gegend herum, als Kobiashvili sich einmal durchtankte, und hatte dann die Technik, die Lücke zu nützen.
Aber natürlich macht das System sehr anfällig für kluge, schnelle Gegenangriffe, und es läuft Gefahr, entropisch zu werden, wenn ein Gegner auch nur anständiges Pressing spielt. Das ist zuletzt in der Regel passiert, Hertha hat ohne große Idee versucht, irgendwo ein Durchkommen zu finden. Diese Idee aber muss von Trainer kommen.
Die Berliner Zeitungen haben diese Woche begonnen, sich auf Babbel einzuschießen, und seine Reaktion (ein Interview im Kicker) beschränkt sich immer noch auf Einstellungsfragen ("die letzten zwei, drei Prozent, ein Tor erzwingen zu wollen", fehlen tatsächlich, aber sie fehlen auch deswegen, weil die 97 Prozent davor ein wenig vage sind).
Begierig haben alle Journalisten das Etikett "Ligakrösus" aufgegriffen, nachdem es einmal in Umlauf kam, und auch dagegen spielt Hertha nun an: Ein teures Team mit einem prominenten Trainer, der aber erst zeigen muss, dass er gegen die konkrete Kompetenz seiner unbekannteren Kollegen auch eine kompetente Taktik zu entwickeln vermag.
Gegen Aue am Sonntag wird da nicht viel zu erwarten sein, zu außergewöhnlich sind die personellen Umstände. Aber auch so können wir neugierig sein, ob Markus Babbel in der Lage ist, das Spiel anders neu zu strukturieren als nur einen Entsorgungsarbeiter (als solcher ließ Neuendorf sich gerade fotografieren) aus dem Hut zu zaubern. Die Tonnenlast dieses Wochenendes lässt sich aber immerhin mit einem Sieg ganz einfach in die Tonne werfen.
Sonntag, Dezember 05, 2010
Rückwärtsbewegung
Markus Babbel hat "eine gute Leistung" von seiner Mannschaft gesehen, sie hat trotzdem gerade 0:1 bei 1860 München verloren. Dem Befund des Trainers widerspricht vermutlich nicht nur diese eine Zahl, die Zweikampfwertung ist wahrscheinlich auch an die Münchner gegangen, und insgesamt war es eine verdiente Niederlage.
Dass diese noch durch einen Gastauftritt von Falko Götz beim Bezahlsender akzentuiert wurde, hat richtig gepasst - dabei hätte es seiner gar nicht bedurft, um an die denkbaren Paralleln in den Geschichten der beiden Clubs zu erinnern, die einander noch vor ein paar Jahren so schicksalhaft kreuzten (als Hertha sich direkt gegen 1860 und um das Haar eines verschossenen Elfmeters vor dem Abstieg in Sicherheit brachte), und die jetzt möglicherweise bald das Fahrwasser teilen.
Die Aufstellung war nicht ganz ohne Überraschungen: Lustenberger neben Hubnik in der Innenverteidigung war erwartet worden, Friend neben Ramos in einem 4-4-2 auch, es war der neben Niemeyer auflaufende Morales, den wohl viele Besucher erst einmal nachschlagen mussten. Der US-Berliner spielte statt Perdedaj.
Er geriet auch bald in die Schusslinie, als nämlich Kobiashvili ein zugegeben schon nicht optimales Zuspiel an der Seitenlinie lahm preisgab, wodurch es Lauth ermöglicht wurde, über halbrechts auf das Tor zuzulaufen. Hertha war in diesem Moment in Unterzahl, und dies mit Spielern, die neu im Team waren: Lustenberger und Morales orientierten sich verzweifelt im Raum, niemand ging Lauth an, der mit einer 27-Meter-Banane Sejna keine Chance ließ.
Davor und danach machte die Hertha das Spiel, oder sagen wir so: sie schob den Ball über den Platz, wurde aber gegen geschickt pressende Sechz'ger kaum einmal torgefährlich. Das hatte viele Gründe, die hier im Lauf der Wochen schon zur Genüge verhandelt wurden. Ein spezifischer war, dass die Systemumstellung wirkungslos blieb, weil sie inkonsequent umgesetzt wurde: Ramos spielte nämlich de facto nicht im Angriff, sondern auf der Raffael-Position (auch weil der Brasilianer heute fehlte).
Friend war ganz vorne wirkungsloser denn je. Aus der Vorsaison könnten wir noch wissen, dass Ramos am effektivsten ist, wenn er ganz vorn spielt - er schoss genau in dieser Saisonphase seine meisten Tore, im Winter holten Preetz und Funkel dann Gekas, den Rest wissen wir.
Nun wiederholt Babbel diesen Fehler, dabei hätte heute eine andere Aufstellung mehr Sinn gemacht: Ramos ganz vorn, Djuricin auf der "falschen 9", Schulz rechts, und Ronny links. Dass das besser funktioniert hätte, kann ich nicht beweisen, aber wir haben ja gesehen, was Friend heute gezeigt hat.
Zehn Minuten vor dem Ende raubte Sejna der Mannschaft dann die letzte Chance auf eine konzentrierte Schlussoffensive, als er einen Ball, den er einfach hätte wegschlagen müssen, außerhalb des Sechzehners souverän ins Toraus geleiten wollte, dabei kam er aber in Bedrängnis, er musste dann die Hand zu Hilfe nehmen - Rote Karte.
Weil Babbel da schon drei Mal ausgetauscht hatte, gelangte die individuelle Rückwärtsbewegung von Fabian Lustenberger im Team der Hertha (vom defensiven Mittelfeld in die Innenverteidigung) an ihr konsequentes Ende: Der Schweizer spielte den Rest der Begegnung im Tor und hielt im Stil eines Liberos den Kasten leer.
Hertha steckt jetzt im Pulk der Aue-Verfolger auf Platz 5, verloren ist noch gar nichts, aber die Indizien häufen sich, dass Coach Babbel der Mannschaft im Lauf des Semesters keine Identität angeboten hat, mit der sie leben kann. Die einschlägigen Vokabeln ("Gier") können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hertha kein System hat, das sie im Moment spielen kann.
Dass diese noch durch einen Gastauftritt von Falko Götz beim Bezahlsender akzentuiert wurde, hat richtig gepasst - dabei hätte es seiner gar nicht bedurft, um an die denkbaren Paralleln in den Geschichten der beiden Clubs zu erinnern, die einander noch vor ein paar Jahren so schicksalhaft kreuzten (als Hertha sich direkt gegen 1860 und um das Haar eines verschossenen Elfmeters vor dem Abstieg in Sicherheit brachte), und die jetzt möglicherweise bald das Fahrwasser teilen.
Die Aufstellung war nicht ganz ohne Überraschungen: Lustenberger neben Hubnik in der Innenverteidigung war erwartet worden, Friend neben Ramos in einem 4-4-2 auch, es war der neben Niemeyer auflaufende Morales, den wohl viele Besucher erst einmal nachschlagen mussten. Der US-Berliner spielte statt Perdedaj.
Er geriet auch bald in die Schusslinie, als nämlich Kobiashvili ein zugegeben schon nicht optimales Zuspiel an der Seitenlinie lahm preisgab, wodurch es Lauth ermöglicht wurde, über halbrechts auf das Tor zuzulaufen. Hertha war in diesem Moment in Unterzahl, und dies mit Spielern, die neu im Team waren: Lustenberger und Morales orientierten sich verzweifelt im Raum, niemand ging Lauth an, der mit einer 27-Meter-Banane Sejna keine Chance ließ.
Davor und danach machte die Hertha das Spiel, oder sagen wir so: sie schob den Ball über den Platz, wurde aber gegen geschickt pressende Sechz'ger kaum einmal torgefährlich. Das hatte viele Gründe, die hier im Lauf der Wochen schon zur Genüge verhandelt wurden. Ein spezifischer war, dass die Systemumstellung wirkungslos blieb, weil sie inkonsequent umgesetzt wurde: Ramos spielte nämlich de facto nicht im Angriff, sondern auf der Raffael-Position (auch weil der Brasilianer heute fehlte).
Friend war ganz vorne wirkungsloser denn je. Aus der Vorsaison könnten wir noch wissen, dass Ramos am effektivsten ist, wenn er ganz vorn spielt - er schoss genau in dieser Saisonphase seine meisten Tore, im Winter holten Preetz und Funkel dann Gekas, den Rest wissen wir.
Nun wiederholt Babbel diesen Fehler, dabei hätte heute eine andere Aufstellung mehr Sinn gemacht: Ramos ganz vorn, Djuricin auf der "falschen 9", Schulz rechts, und Ronny links. Dass das besser funktioniert hätte, kann ich nicht beweisen, aber wir haben ja gesehen, was Friend heute gezeigt hat.
Zehn Minuten vor dem Ende raubte Sejna der Mannschaft dann die letzte Chance auf eine konzentrierte Schlussoffensive, als er einen Ball, den er einfach hätte wegschlagen müssen, außerhalb des Sechzehners souverän ins Toraus geleiten wollte, dabei kam er aber in Bedrängnis, er musste dann die Hand zu Hilfe nehmen - Rote Karte.
Weil Babbel da schon drei Mal ausgetauscht hatte, gelangte die individuelle Rückwärtsbewegung von Fabian Lustenberger im Team der Hertha (vom defensiven Mittelfeld in die Innenverteidigung) an ihr konsequentes Ende: Der Schweizer spielte den Rest der Begegnung im Tor und hielt im Stil eines Liberos den Kasten leer.
Hertha steckt jetzt im Pulk der Aue-Verfolger auf Platz 5, verloren ist noch gar nichts, aber die Indizien häufen sich, dass Coach Babbel der Mannschaft im Lauf des Semesters keine Identität angeboten hat, mit der sie leben kann. Die einschlägigen Vokabeln ("Gier") können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hertha kein System hat, das sie im Moment spielen kann.
Donnerstag, Dezember 02, 2010
Cashkühe
Die Mitgliederversammlung von Hertha BSC ist am Dienstag ohne besondere Vorkommnisse zu Ende gegangen. Dass Manager Preetz den Aufstieg versprochen hat, fällt unter Politik und muss uns nicht weiter beschäftigen, denn schließlich geht es dabei nicht um Absichten, sondern um Leistung.
Die Frage spitzt sich im Moment ja darauf zu, ob Coach Babbel der richtige Mann ist, um die taktisch zunehmend versierten Kollegen in Liga zwee auch auf dieser Ebene herauszufordern. Die Berliner Tabloiden rufen jetzt für das Wochenende schon einmal gewohnt gelassen eine "Taktik-Revolution" aus, dazu aber näher zum Termin des Spiels gegen die Sechz'ger mehr.
Mich beschäftigt wieder einmal ein Sager von Geschäftsführer Schiller. Er hat die aktuelle Verschuldungslage von Hertha präsentiert, und dabei unter anderem auch einen hohen Jahresverlust aus der abgelaufenen Saison einräumen müssen. Er hat versucht, diesem die Brisanz nehmen, indem er sagte: "Wir haben keinen Cash-Verlust erlitten." Damit hat er wie immer recht, und trotzdem handelt es sich bei diesem Satz wie sehr oft um eine Vernebelung.
Bilanzen sind komplizierte Texte, worauf er vermutlich hinauswollte, ist eine Korrektur der Bewertung des Spielerkaders, insofern die daraus erzielbaren Einkünfte (bei Verkauf etwa von Raffael oder Ramos) ja ein Kapital für Hertha darstellen. Erstens verträgt sich Schillers Satz nicht ganz mit der Darstellung, dass der Jahresverlust von 5,9 Millionen Euro auch 3,1 Millionen faktisch getätigte Ausgaben für Transfers im Winter 2009/2010 enthält, das ist Geld, das sich in der Bilanzierung nicht einfach mit irgendwas gegenrechnen ließ und jetzt einfach fehlt.
Zweitens ist es so, dass sich ein gesunkener Kaderwert (der tatsächlich keinen Cash-Verlust darstellt, aber in der Bilanz negativ aufscheint) natürlich auch wieder kompensieren lässt, sodass daraus irgendwann sogar ein "Cash-Gewinn" erzielbar ist - dazu bedarf es aber eben einer faktischen Steigerung der Marktwerte einer ganzen Reihe von Spielern.
Die Politik von Coach Babbel, manchmal fast schon im Übermaß auf junge Kräfte zu setzen, stellt sich nach den Neuigkeiten der letzten Wochen nun in einem etwas anderen Licht dar: Das ist nicht einfach die Philosophie eines Trainers, der Lasogga, Schulz, Djuricin, Neumann, Perdedaj und demnächst anscheinend auch Morales und Knoll viel zutraut - das ist auch eine aus Perspektive des Unternehmens Hertha BSC nahezu alternativlose (fast schon letzte) Möglichkeit, Eigenkapital zu bilden.
Die Jungen müssen spielen, weil sie nur so ihren Marktwert steigern können. Sie sind noch keine Cashkühe, aber sie sollen es irgendwann werden. Paradoxerweise könnte das aber gleichzeitig das Projekt Wiederaufstieg gefährden, wenn nämlich die Balance im Mannschaftsgefüge dadurch verloren geht. Das ist nur eine weitere Facette des Drahtseilakts, in dem Hertha heuer begriffen ist.
Die Frage spitzt sich im Moment ja darauf zu, ob Coach Babbel der richtige Mann ist, um die taktisch zunehmend versierten Kollegen in Liga zwee auch auf dieser Ebene herauszufordern. Die Berliner Tabloiden rufen jetzt für das Wochenende schon einmal gewohnt gelassen eine "Taktik-Revolution" aus, dazu aber näher zum Termin des Spiels gegen die Sechz'ger mehr.
Mich beschäftigt wieder einmal ein Sager von Geschäftsführer Schiller. Er hat die aktuelle Verschuldungslage von Hertha präsentiert, und dabei unter anderem auch einen hohen Jahresverlust aus der abgelaufenen Saison einräumen müssen. Er hat versucht, diesem die Brisanz nehmen, indem er sagte: "Wir haben keinen Cash-Verlust erlitten." Damit hat er wie immer recht, und trotzdem handelt es sich bei diesem Satz wie sehr oft um eine Vernebelung.
Bilanzen sind komplizierte Texte, worauf er vermutlich hinauswollte, ist eine Korrektur der Bewertung des Spielerkaders, insofern die daraus erzielbaren Einkünfte (bei Verkauf etwa von Raffael oder Ramos) ja ein Kapital für Hertha darstellen. Erstens verträgt sich Schillers Satz nicht ganz mit der Darstellung, dass der Jahresverlust von 5,9 Millionen Euro auch 3,1 Millionen faktisch getätigte Ausgaben für Transfers im Winter 2009/2010 enthält, das ist Geld, das sich in der Bilanzierung nicht einfach mit irgendwas gegenrechnen ließ und jetzt einfach fehlt.
Zweitens ist es so, dass sich ein gesunkener Kaderwert (der tatsächlich keinen Cash-Verlust darstellt, aber in der Bilanz negativ aufscheint) natürlich auch wieder kompensieren lässt, sodass daraus irgendwann sogar ein "Cash-Gewinn" erzielbar ist - dazu bedarf es aber eben einer faktischen Steigerung der Marktwerte einer ganzen Reihe von Spielern.
Die Politik von Coach Babbel, manchmal fast schon im Übermaß auf junge Kräfte zu setzen, stellt sich nach den Neuigkeiten der letzten Wochen nun in einem etwas anderen Licht dar: Das ist nicht einfach die Philosophie eines Trainers, der Lasogga, Schulz, Djuricin, Neumann, Perdedaj und demnächst anscheinend auch Morales und Knoll viel zutraut - das ist auch eine aus Perspektive des Unternehmens Hertha BSC nahezu alternativlose (fast schon letzte) Möglichkeit, Eigenkapital zu bilden.
Die Jungen müssen spielen, weil sie nur so ihren Marktwert steigern können. Sie sind noch keine Cashkühe, aber sie sollen es irgendwann werden. Paradoxerweise könnte das aber gleichzeitig das Projekt Wiederaufstieg gefährden, wenn nämlich die Balance im Mannschaftsgefüge dadurch verloren geht. Das ist nur eine weitere Facette des Drahtseilakts, in dem Hertha heuer begriffen ist.
Dienstag, November 30, 2010
El Clasico
Zu den mäßig guten Witzen in einem demnächst erscheinenden Film über einen Touristen in Venedig gehört, dass besagter Amerikaner in Italien ständig Spanisch spricht, weil ihm der Unterschied nicht geläufig ist. Mit einem freundlichen "Gracias" macht man sich eine südeuropäische Kontinentalausbuchtung weiter östlich nicht beliebt.
Gestern hat es sich aber dank Valdano so ergeben, dass wir uns den spanischen "Clasico" zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid in einer neapolitanischen Kneipe angeschaut haben, die zum großen Ereignis rammelvoll war. Wir waren zu viert, wobei die Sympathien quer verteilt waren, Christian P. berief sich auf alte Zuneigung zu Real, meinte aber ganz offensichtlich stark das deutsche Nationalteam, das dort in Teilen aufläuft. Valdano hielt zu Barca und zu Özil und Khedira, was auch nicht so einfach war.
Ich hielt zu Guardiola und Barca und war restlos begeistert davon, dass uns die Katalanen, die beim deutschen Bezahlsender für Fußball ja nicht im Angebeot sind, so nachdrücklich auf den neuesten Stand brachten. Das Spiel verlief unerwartet, denn allgemein hatte man doch mit einer starken Abwürg- und Konterdynamik von Madrid rechnen müssen.
Dazu kam es aber nicht, denn ein Pressing war gar nicht möglich, so flink und klug und immer einen Gran weniger erwartbar als normal wählten die Spieler von Guardiola zwischen ihren Optionen (Pass, Dribbling, 360-Grad-Wirbel, Verdünnisieren mit oder ohne Ball) aus, dass der Widerstand sehr schnell geschlagen war.
Barcelona bewies nebenbei, dass das ganze Gerede von One-Touch-Fußball, das eine Weile en vogue war, ein Blödsinn ist: Xavi, Busquets, Iniesta, Messi halten den Ball so lange wie notwendig, und sie spielen ihn so schnell ab, wie es die Laufwege der Mitspieler ergeben; sehr häufig stoppen sie den Ball, schirmen ihn ab, gehen ein wenig, und spielen dann aber den Pass, der nicht den naheliegenden Mann erreicht, sondern einen, der sich daraus ergibt, dass hinter diesem ein Kollege einen interessanteren Lauf gestartet hat.
Dieses Gewimmel war gestern auf "Himmel Italien HD" (Sky Italia) ein Hochgenuss, der durch leidenschaftliche Chöre "Mourinho scemo imbecile va te ne a casa" nur gesteigert wurde. Ich mag Mourinho nicht ungern, aber er ist nun einmal ein solcher Luftballon, dass es gelegentlich Spaß macht, wenn ihm die Luft ausgelassen wird.
Heute ist Mitgliederversammlung von Hertha BSC, da schaffe ich es nicht hin, und morgen wollte ich eigentlich nach Posen fahren, wo Juventus Turin in der Europa League antritt - aber das wird wohl auch nicht klappen, immer noch ein wenig zu viel zu tun.
Gestern hat es sich aber dank Valdano so ergeben, dass wir uns den spanischen "Clasico" zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid in einer neapolitanischen Kneipe angeschaut haben, die zum großen Ereignis rammelvoll war. Wir waren zu viert, wobei die Sympathien quer verteilt waren, Christian P. berief sich auf alte Zuneigung zu Real, meinte aber ganz offensichtlich stark das deutsche Nationalteam, das dort in Teilen aufläuft. Valdano hielt zu Barca und zu Özil und Khedira, was auch nicht so einfach war.
Ich hielt zu Guardiola und Barca und war restlos begeistert davon, dass uns die Katalanen, die beim deutschen Bezahlsender für Fußball ja nicht im Angebeot sind, so nachdrücklich auf den neuesten Stand brachten. Das Spiel verlief unerwartet, denn allgemein hatte man doch mit einer starken Abwürg- und Konterdynamik von Madrid rechnen müssen.
Dazu kam es aber nicht, denn ein Pressing war gar nicht möglich, so flink und klug und immer einen Gran weniger erwartbar als normal wählten die Spieler von Guardiola zwischen ihren Optionen (Pass, Dribbling, 360-Grad-Wirbel, Verdünnisieren mit oder ohne Ball) aus, dass der Widerstand sehr schnell geschlagen war.
Barcelona bewies nebenbei, dass das ganze Gerede von One-Touch-Fußball, das eine Weile en vogue war, ein Blödsinn ist: Xavi, Busquets, Iniesta, Messi halten den Ball so lange wie notwendig, und sie spielen ihn so schnell ab, wie es die Laufwege der Mitspieler ergeben; sehr häufig stoppen sie den Ball, schirmen ihn ab, gehen ein wenig, und spielen dann aber den Pass, der nicht den naheliegenden Mann erreicht, sondern einen, der sich daraus ergibt, dass hinter diesem ein Kollege einen interessanteren Lauf gestartet hat.
Dieses Gewimmel war gestern auf "Himmel Italien HD" (Sky Italia) ein Hochgenuss, der durch leidenschaftliche Chöre "Mourinho scemo imbecile va te ne a casa" nur gesteigert wurde. Ich mag Mourinho nicht ungern, aber er ist nun einmal ein solcher Luftballon, dass es gelegentlich Spaß macht, wenn ihm die Luft ausgelassen wird.
Heute ist Mitgliederversammlung von Hertha BSC, da schaffe ich es nicht hin, und morgen wollte ich eigentlich nach Posen fahren, wo Juventus Turin in der Europa League antritt - aber das wird wohl auch nicht klappen, immer noch ein wenig zu viel zu tun.
Sonntag, November 28, 2010
Zufriedenheit
Zwei Tage vor der Mitgliederversammlung müssen die Verantwortlichen die erste ein wenig ernüchternde Zwischenbilanz in diesem Herbst ziehen. Das Heimspiel gegen MSV Duisburg ging gestern 0:2 verloren, dazu kommen zwei Aussagen aus der Dialog-Veranstaltung vom Donnerstag, die es in sich haben.
Geschäftsführer Schiller räumte dort einen Schuldenstand von 37,34 Millionen mit 30.6.2010 ein (das sind fast die wenige Tage davor noch dementierten 38 Millionen), aufhorchen muss aber vor allem ein Satz lassen: In der zweiten Liga ist mit einem Mannschaftsetat wie heuer an Schuldentilgung "nicht einmal theoretisch" zu denken (ich beziehe mich auf den wie immer verdienstvollen Ticker von der Veranstaltung).
Nun gerät aber die aktuelle (teure) Mannschaft in Liga zwee zunehmend an ihre Grenzen. Coach Babbel macht dies an zu großer "Zufriedenheit" und fehlender "Gier" fest, er beschränkt sich also auf Einstellungsaspekte, auf die Struktur der Mannschaft mag er nicht eingehen.
Gegen den MSV kam Domovchiyski für Perdedaj zurück in das Team, Rukavytsya blieb rechts offensiv im Dienst, Lasogga bekam das Vertrauen im Sturmzentrum. Gegen Bochum hatte neulich noch ein intensives Pressing zu einer deutlichen, letzlich produktiven Überlegenheit geführt. Gegen Duisburg beschränkte Hertha sich auf fadenscheiniges Aufbauspiel mit vielen Versuchen, die dichte Deckung des Gegners kleinteilig zu überwinden.
Ich predige hier keineswegs den langen Ball, das Problem scheint mir nach wie vor auf den Außenlinien zu liegen, die keinen Druck ausüben, sodass sich das Geschehen immer wieder zentriert. Ramos ist als Flügelspieler verschenkt, wenn er keinen Platz hat (also fast immer), Rukavytsya kommt über zwei, drei gute Ansätze pro Spiel nicht hinaus und hat inzwischen auch bei Standardsituationen an Gefahr eingebüßt. Der Routinier Kobiashvili ist eine der größten Enttäuschungen dieser Hinrunde, sein indifferentes Spiel mag nur wohlwollenden Beobachtern als Effizienz erscheinen.
Die beiden Gegentore werfen auch ein Licht auf die offensiven Defizite: Sie kamen nicht zuletzt dadurch zustande, dass alle Herthaner sich auf den Ball konzentrierten, und niemand einen Versuch unternahm, positionelle Möglichkeiten (auch des Gegners) zu antizipieren.
Das erste Tor ging auf einen Klassepass in die Lücke zwischen Hubnik und Neumann zurück, der Abpraller von der Latte hätte aber vielleicht entschärft werden können, wenn man beim entgeisterten Hinterherlaufen zumindest noch die Gegner im Augenwinkel behalten hätte. Ich weiß, das ist viel verlangt, wir sind in Liga zwee.
Beim zweiten Gegentor musste Djuricin persönliches Lehrgeld bezahlen, er allein hätte vielleicht den mitlaufenden Baljak noch erwischen können, doch er sah das nicht als seine Aufgabe, und bei Sebastian Neumann wurden in dieser Szene doch Schnelligkeitsdefizite deutlich.
Für die letzten drei Spiele täte der Mannschaft ein kleiner Umbau vermutlich gut. Ich plädiere sehr für Lustenberger neben Niemeyer, und fände auch eine grundsätzliche Modifikation des Angriffs überlegendswert - warum in der Allarena nicht einmal mit Ramos in der Zentrale beginnen, Ronny auf links, Djuricin oder Schulz auf rechts, Raffael zentral.
Der Kolumbianer hat sich im Jahr des Grauens mehrfach als kluger Läufer in die Lücken erwiesen, man müsste allerdings insgesamt daraus hoffen, dass die Linienrichter endlich einmal ihre Regeln lernen - in dubio pro attacante, das haben sie gestern auch wieder zweimal anders entschieden. Ob Hertha andernfalls gewonnen hätte? Auch dass hätte nichts daran geändert, dass es kein gutes Spiel war.
Geschäftsführer Schiller räumte dort einen Schuldenstand von 37,34 Millionen mit 30.6.2010 ein (das sind fast die wenige Tage davor noch dementierten 38 Millionen), aufhorchen muss aber vor allem ein Satz lassen: In der zweiten Liga ist mit einem Mannschaftsetat wie heuer an Schuldentilgung "nicht einmal theoretisch" zu denken (ich beziehe mich auf den wie immer verdienstvollen Ticker von der Veranstaltung).
Nun gerät aber die aktuelle (teure) Mannschaft in Liga zwee zunehmend an ihre Grenzen. Coach Babbel macht dies an zu großer "Zufriedenheit" und fehlender "Gier" fest, er beschränkt sich also auf Einstellungsaspekte, auf die Struktur der Mannschaft mag er nicht eingehen.
Gegen den MSV kam Domovchiyski für Perdedaj zurück in das Team, Rukavytsya blieb rechts offensiv im Dienst, Lasogga bekam das Vertrauen im Sturmzentrum. Gegen Bochum hatte neulich noch ein intensives Pressing zu einer deutlichen, letzlich produktiven Überlegenheit geführt. Gegen Duisburg beschränkte Hertha sich auf fadenscheiniges Aufbauspiel mit vielen Versuchen, die dichte Deckung des Gegners kleinteilig zu überwinden.
Ich predige hier keineswegs den langen Ball, das Problem scheint mir nach wie vor auf den Außenlinien zu liegen, die keinen Druck ausüben, sodass sich das Geschehen immer wieder zentriert. Ramos ist als Flügelspieler verschenkt, wenn er keinen Platz hat (also fast immer), Rukavytsya kommt über zwei, drei gute Ansätze pro Spiel nicht hinaus und hat inzwischen auch bei Standardsituationen an Gefahr eingebüßt. Der Routinier Kobiashvili ist eine der größten Enttäuschungen dieser Hinrunde, sein indifferentes Spiel mag nur wohlwollenden Beobachtern als Effizienz erscheinen.
Die beiden Gegentore werfen auch ein Licht auf die offensiven Defizite: Sie kamen nicht zuletzt dadurch zustande, dass alle Herthaner sich auf den Ball konzentrierten, und niemand einen Versuch unternahm, positionelle Möglichkeiten (auch des Gegners) zu antizipieren.
Das erste Tor ging auf einen Klassepass in die Lücke zwischen Hubnik und Neumann zurück, der Abpraller von der Latte hätte aber vielleicht entschärft werden können, wenn man beim entgeisterten Hinterherlaufen zumindest noch die Gegner im Augenwinkel behalten hätte. Ich weiß, das ist viel verlangt, wir sind in Liga zwee.
Beim zweiten Gegentor musste Djuricin persönliches Lehrgeld bezahlen, er allein hätte vielleicht den mitlaufenden Baljak noch erwischen können, doch er sah das nicht als seine Aufgabe, und bei Sebastian Neumann wurden in dieser Szene doch Schnelligkeitsdefizite deutlich.
Für die letzten drei Spiele täte der Mannschaft ein kleiner Umbau vermutlich gut. Ich plädiere sehr für Lustenberger neben Niemeyer, und fände auch eine grundsätzliche Modifikation des Angriffs überlegendswert - warum in der Allarena nicht einmal mit Ramos in der Zentrale beginnen, Ronny auf links, Djuricin oder Schulz auf rechts, Raffael zentral.
Der Kolumbianer hat sich im Jahr des Grauens mehrfach als kluger Läufer in die Lücken erwiesen, man müsste allerdings insgesamt daraus hoffen, dass die Linienrichter endlich einmal ihre Regeln lernen - in dubio pro attacante, das haben sie gestern auch wieder zweimal anders entschieden. Ob Hertha andernfalls gewonnen hätte? Auch dass hätte nichts daran geändert, dass es kein gutes Spiel war.
Donnerstag, November 25, 2010
Antikicker
Am Sonntagabend saß Christian Lell im RBB-Studio, geschminkt wie ein Held aus einem Sandalenfilm, und sprach zur aktuellen Lage von Hertha BSC. Er ist ja momentan Kapitän, weil Mijatovic verletzt ist. Es gab da aber auch noch eine andere Sache zu besprechen außer der Niederlage in Osnabrück, eine Sache, die noch keine 24 Stunden zurücklag, und die sich in München zugetragen hatte.
Eine Auseinandersetzung in der Diskothek P1, in der es anscheinend mehrere VIP-Zonen gibt, in die nicht immer jeder Promi mit seiner ganzen Entourage zu jedem Zeitpunkt ohne Weiteres hineinkommt. Dass Lell, wie es heißt, als "Antikicker" bezeichnet wurde, ist eine Äußerung, die sich so nicht gehört, auch wenn das in München sicher viele so sehen werden. Dass man die Mutter seiner Tochter und seine Tochter beleidigt hat, ist nicht hinzunehmen, allerdings steht stark in Zweifel, dass die Übeltäter satisfaktionsfähig sind, wie man das früher genannt hat - also Ehrenmänner.
Was immer Lell genau getan hat, der Club hat wenig Möglichkeiten, ihn jetzt groß abzustrafen - rechts hinten gibt es nicht einmal eine eigentliche Zweitbesetzung. Man wird also die Wahrheitsfrage suspendieren (und sich sicher nicht auf die farbenfrohe Postille verlassen, zu der Lell anscheinend besonders gute Beziehungen unterhält, indem er ihr dauernd Interviews gibt), und den Mann intern ins Gebet nehmen.
Es gibt wichtigere Themen zur Zeit. Heute findet die "Aussprache" der Club-Führung mit den Fans statt (ich bin verhindert), am Samstag kommt der MSV Duisburg ins Olympiastadion, und wenn die Sache ganz dumm läuft, denn fällt Hertha auf den Relegationsplatz zurück. Die "Bayern" der zweeten Liga müssen jetzt zeigen, dass sie Profis sind.
Eine Auseinandersetzung in der Diskothek P1, in der es anscheinend mehrere VIP-Zonen gibt, in die nicht immer jeder Promi mit seiner ganzen Entourage zu jedem Zeitpunkt ohne Weiteres hineinkommt. Dass Lell, wie es heißt, als "Antikicker" bezeichnet wurde, ist eine Äußerung, die sich so nicht gehört, auch wenn das in München sicher viele so sehen werden. Dass man die Mutter seiner Tochter und seine Tochter beleidigt hat, ist nicht hinzunehmen, allerdings steht stark in Zweifel, dass die Übeltäter satisfaktionsfähig sind, wie man das früher genannt hat - also Ehrenmänner.
Was immer Lell genau getan hat, der Club hat wenig Möglichkeiten, ihn jetzt groß abzustrafen - rechts hinten gibt es nicht einmal eine eigentliche Zweitbesetzung. Man wird also die Wahrheitsfrage suspendieren (und sich sicher nicht auf die farbenfrohe Postille verlassen, zu der Lell anscheinend besonders gute Beziehungen unterhält, indem er ihr dauernd Interviews gibt), und den Mann intern ins Gebet nehmen.
Es gibt wichtigere Themen zur Zeit. Heute findet die "Aussprache" der Club-Führung mit den Fans statt (ich bin verhindert), am Samstag kommt der MSV Duisburg ins Olympiastadion, und wenn die Sache ganz dumm läuft, denn fällt Hertha auf den Relegationsplatz zurück. Die "Bayern" der zweeten Liga müssen jetzt zeigen, dass sie Profis sind.
Samstag, November 20, 2010
Platzbelegung
Zu Osnabrück habe ich aus der Kindheit eine besondere Beziehung. Unsere Eltern vermieteten damals im Sommer immer ein sogenanntes Fremdenzimmer, in das dann Familie Tomcik aus Osnabrück einzog. Sie kamen mit dem Auto, brachten eine Menge Geschenke, und erschienen uns in jeder Hinsicht als Vertreter des Wirtschaftswunders, auch wenn ich diesen Begriff damals natürlich noch nicht kannte.
Tomciks hatten einen Hund (Asta), der Vater war Jäger, und in unserer Familie ist die Anekdote berühmt, dass er eines Tages vom Balkon unseres Hauses aus einen Rehbock schoss, der gar nicht zum Abschuss freigegeben war. Unser Vater musste danach seinen ganzen, durch das von ihm betriebene Versicherungsgeschäft im Tal nicht geringen Einfluss aufbieten, um die Sache beizulegen.
Es hat sich nie ergeben, dass ich meinerseits nach Osnabrück gekommen wäre, mit den Tomciks gibt es keinen Kontakt mehr. Das Auswärtspiel von Hertha habe ich gestern nur im Fernsehen gesehen. Es ging 0:2 verloren, insgesamt war es ein verdienter Sieg für Osnabrück, wenngleich der zweite Treffer aus einer Abseitsposition heraus vorbereitet wurde.
Ramos kam nach seiner Sperre in die Mannschaft zurück, "Prinz Lasagne" Lasogga war neuerlich zentraler Stürmer (und machte seine Sache nicht schlecht), Perdedaj erhielt den Vorzug gegenüber Domovchyiski, der seinen Verzicht auf ein Länderspiel mit Bulgarien nicht belohnt bekommen hat: er hat wenig gespielt diese Woche, und Loddar Matthäus hat ihm nun auch noch bedeutet, dass er unter seine Ägide nicht mehr zum Zug kommen soll (ich gehe einmal davon aus, dass Domo das überstehen wird, die paar Monate).
Nach einigen fruchtlosen Versuchen von Hertha, mit Kombinationsspiel zum Torerfolg zu kommen, verfiel der Kommentator des Bezahlsenders auf einen Begriff, den er Ralf Rangnick zuschrieb: Die "Platzbelegung" stimmte nicht bei der Mannschaft von Coach Babbel. Symptom dafür ist Rukavytsya, der bevorzugt nach innen zieht, und selten eine Flanke zusammenbringt. Dem Spiel von Hertha fehlt "width", wie die Engländer mit einem anspruchsvoll auszusprechenden Begriff sagen: Breite.
Ramos flankt auch ungern, gerät aber immerhin manchmal an das Empfängerende der einen Flanke, die Lell im Durchschnitt pro Spiel gelingt. Herthas Kombinationen sind mit ein wenig Einsatz durchaus zu unterbinden, weil sie oft ein wenig überhastet gespielt werden, man sieht der Mannschaft an, dass sie nicht regelmäßig genug gefordert wird.
Nun hat sie das zweite Auswärtsspiel en suite verloren, und macht allmählich Erfahrungen mit den Mühen der Ebene in Liga zwee. Noch gibt es keinen wirklichen Grund zur Beunruhigung, aber von einer Handschrift, von einem System Babbel/Widmayer kann man auch nicht so richtig sprechen - das ist im Grunde noch immer ein Restfavrismus, auf dem das Spiel von Hertha beruht, schon damals gab es dieselben Einseitigkeiten (zu wenig Flanken, zu wenig Einbindung der Außenverteidiger, zu wenig Willensleistung).
Osnabrück hat das erste Tor ganz klassisch nach einer Flanke erzielt, die Lell nicht verhinderte, und die Diabang unbehindert verwerten konnte. So macht man sich das Leben in der Provinz schwer. Ob wohl jemand von den Tomciks in der Osnatel-Arena war?
Tomciks hatten einen Hund (Asta), der Vater war Jäger, und in unserer Familie ist die Anekdote berühmt, dass er eines Tages vom Balkon unseres Hauses aus einen Rehbock schoss, der gar nicht zum Abschuss freigegeben war. Unser Vater musste danach seinen ganzen, durch das von ihm betriebene Versicherungsgeschäft im Tal nicht geringen Einfluss aufbieten, um die Sache beizulegen.
Es hat sich nie ergeben, dass ich meinerseits nach Osnabrück gekommen wäre, mit den Tomciks gibt es keinen Kontakt mehr. Das Auswärtspiel von Hertha habe ich gestern nur im Fernsehen gesehen. Es ging 0:2 verloren, insgesamt war es ein verdienter Sieg für Osnabrück, wenngleich der zweite Treffer aus einer Abseitsposition heraus vorbereitet wurde.
Ramos kam nach seiner Sperre in die Mannschaft zurück, "Prinz Lasagne" Lasogga war neuerlich zentraler Stürmer (und machte seine Sache nicht schlecht), Perdedaj erhielt den Vorzug gegenüber Domovchyiski, der seinen Verzicht auf ein Länderspiel mit Bulgarien nicht belohnt bekommen hat: er hat wenig gespielt diese Woche, und Loddar Matthäus hat ihm nun auch noch bedeutet, dass er unter seine Ägide nicht mehr zum Zug kommen soll (ich gehe einmal davon aus, dass Domo das überstehen wird, die paar Monate).
Nach einigen fruchtlosen Versuchen von Hertha, mit Kombinationsspiel zum Torerfolg zu kommen, verfiel der Kommentator des Bezahlsenders auf einen Begriff, den er Ralf Rangnick zuschrieb: Die "Platzbelegung" stimmte nicht bei der Mannschaft von Coach Babbel. Symptom dafür ist Rukavytsya, der bevorzugt nach innen zieht, und selten eine Flanke zusammenbringt. Dem Spiel von Hertha fehlt "width", wie die Engländer mit einem anspruchsvoll auszusprechenden Begriff sagen: Breite.
Ramos flankt auch ungern, gerät aber immerhin manchmal an das Empfängerende der einen Flanke, die Lell im Durchschnitt pro Spiel gelingt. Herthas Kombinationen sind mit ein wenig Einsatz durchaus zu unterbinden, weil sie oft ein wenig überhastet gespielt werden, man sieht der Mannschaft an, dass sie nicht regelmäßig genug gefordert wird.
Nun hat sie das zweite Auswärtsspiel en suite verloren, und macht allmählich Erfahrungen mit den Mühen der Ebene in Liga zwee. Noch gibt es keinen wirklichen Grund zur Beunruhigung, aber von einer Handschrift, von einem System Babbel/Widmayer kann man auch nicht so richtig sprechen - das ist im Grunde noch immer ein Restfavrismus, auf dem das Spiel von Hertha beruht, schon damals gab es dieselben Einseitigkeiten (zu wenig Flanken, zu wenig Einbindung der Außenverteidiger, zu wenig Willensleistung).
Osnabrück hat das erste Tor ganz klassisch nach einer Flanke erzielt, die Lell nicht verhinderte, und die Diabang unbehindert verwerten konnte. So macht man sich das Leben in der Provinz schwer. Ob wohl jemand von den Tomciks in der Osnatel-Arena war?
Freitag, November 19, 2010
Inhaberschuldverschreibung
Ich habe heute die aktuelle Hertha-Anleihe gezeichnet, nicht eigentlich aus finanziellen Gründen (ein Portfolio von mir existiert genau genommen gar nicht), sondern eher aus Neugierde. Ich wollte einfach sehen, wie sie das gemacht haben. Da ist dem Management nämlich schon wieder ein kleines Spin-Kunstwerk gelungen diese Woche, zwischen dem Heimspiel gegen Bochum und dem Auswärtsspiel gegen Osnabrück heute abend wurde die wohl schwierigste Klippe dieses Herbsts umschifft.
Ein großer Nebelwerfer muss dabei auch eine Rolle gespielt haben, denn die Berliner Tabloiden haben sich seltsamerweise gar nicht näher dafür interessiert, was hier genau geschehen ist. Ich versuche es so zu entschlüsseln, wie es sich einem finanziellen Laien, der auf Medienberichte angewiesen ist, darstellt.
Die Hertha muss in diesem Spätherbst eine alte Anleihe über sechs Millionen, die sie seinerzeit über die Berliner Volksbank ausgegegeben hatte, zurückzahlen. Sie gibt in diesem Spätherbst eine neue Anleihe über sechs Millionen aus, die sie dieses Mal weitgehend selbst vermarktet (ich habe meine, terminus technicus, Inhaberschuldverschreibung einfach online gezeichnet).
Die sechs Millionen, die man einzunehmen hofft, werden angeblich so verwendet: 4,2 gehen in die Tilgung von Krediten, der Rest dient der Stärkung der Liquidität. Die "Durchfinanzierung" (das Wort wird Ingo Schiller noch um die Ohren fliegen) der laufenden Saison ist offiziell von dieser Anleihe nicht betroffen.
Nun fragt sich natürlich der Laie: Wenn Hertha mit Geld aus der neuen Anleihe alte Kredite tilgt, mit welchem Geld zahlt sie dann wohl die alte Anleihe zurück? Vermutlich mit dem Geld, mit dem sie sonst die Kredite tilgen würde. Hier werden also Bilanzposten hin und her gerechnet, das Faktum aber bleibt bestehen, dass Hertha das Geld, das sie vor sechs Jahren durch eine Anleihe erhalten hat, in der Zwischenzeit nicht wieder hereingearbeitet hat, sondern dass sie diese Schuld refinanzieren muss.
Sie verhält sich also im Grunden so wie viele öffentliche Körperschaften, die ihre Schulden einfach vor sich her tragen: Deutschland zahlt seine Schulden ja auch nicht in dem Sinne zurück, sondern bezahlt alte Anleihen mit neuen Anleihen, und ein großer Teil der Steuergelder geht in den Zinsdienst, die Gesamtschuld wird irgendwann abstrakt. Bei einem Fußballclub geht das aber so auf Dauer nicht. Die Gesamtschuld wird irgendwann erdrückend.
Hertha verweist auf die attraktiven Zinsen von fünf Prozent, die es für die aktuelle Anleihe gibt - das ist tatsächlich deutlich höher, als was man auf einem normalen Tagesgeldkonto bekommt, muss aber eben auch von Hertha bezahlt, und damit erwirtschaftet werden. 300.000 Euro pro Jahr sind für einen solventen Erstligisten nicht so viel, für einen hochverschuldeten Zweitligisten kann das aber eine ganze Menge Geld sein.
Und niemand kann ausschließen, dass Hertha im kommenden Jahr das zweitere sein wird, alle aber können ausschließen, dass Hertha im kommenden Jahr das erstere sein wird - wenn schon Erstligist, dann kein problemlos solventer, sondern ein klammer (und, ich fürchte, wiederum abstiegsgefährdeter). Ich sage nicht, dass es zu dieser Refinanzierung eine Alternative gegeben hätte, angesichts der vergangenen sechs Jahre und der Wette, zu der sich Manager Preetz und die Verantwortlichen entschlossen haben: Nämlich alles auf die Karte dieser einen ("durchfinanzierten"!) Saison zu setzen, an deren Ende die Schulden höher sein werden als am Ende der Abstiegssaison, das Spielerkapital aber deutlich reduziert sein wird. Wenn das nicht gutgeht, dann habe ich vielleicht gerade einen dreistelligen Betrag vergeudet.
Ein großer Nebelwerfer muss dabei auch eine Rolle gespielt haben, denn die Berliner Tabloiden haben sich seltsamerweise gar nicht näher dafür interessiert, was hier genau geschehen ist. Ich versuche es so zu entschlüsseln, wie es sich einem finanziellen Laien, der auf Medienberichte angewiesen ist, darstellt.
Die Hertha muss in diesem Spätherbst eine alte Anleihe über sechs Millionen, die sie seinerzeit über die Berliner Volksbank ausgegegeben hatte, zurückzahlen. Sie gibt in diesem Spätherbst eine neue Anleihe über sechs Millionen aus, die sie dieses Mal weitgehend selbst vermarktet (ich habe meine, terminus technicus, Inhaberschuldverschreibung einfach online gezeichnet).
Die sechs Millionen, die man einzunehmen hofft, werden angeblich so verwendet: 4,2 gehen in die Tilgung von Krediten, der Rest dient der Stärkung der Liquidität. Die "Durchfinanzierung" (das Wort wird Ingo Schiller noch um die Ohren fliegen) der laufenden Saison ist offiziell von dieser Anleihe nicht betroffen.
Nun fragt sich natürlich der Laie: Wenn Hertha mit Geld aus der neuen Anleihe alte Kredite tilgt, mit welchem Geld zahlt sie dann wohl die alte Anleihe zurück? Vermutlich mit dem Geld, mit dem sie sonst die Kredite tilgen würde. Hier werden also Bilanzposten hin und her gerechnet, das Faktum aber bleibt bestehen, dass Hertha das Geld, das sie vor sechs Jahren durch eine Anleihe erhalten hat, in der Zwischenzeit nicht wieder hereingearbeitet hat, sondern dass sie diese Schuld refinanzieren muss.
Sie verhält sich also im Grunden so wie viele öffentliche Körperschaften, die ihre Schulden einfach vor sich her tragen: Deutschland zahlt seine Schulden ja auch nicht in dem Sinne zurück, sondern bezahlt alte Anleihen mit neuen Anleihen, und ein großer Teil der Steuergelder geht in den Zinsdienst, die Gesamtschuld wird irgendwann abstrakt. Bei einem Fußballclub geht das aber so auf Dauer nicht. Die Gesamtschuld wird irgendwann erdrückend.
Hertha verweist auf die attraktiven Zinsen von fünf Prozent, die es für die aktuelle Anleihe gibt - das ist tatsächlich deutlich höher, als was man auf einem normalen Tagesgeldkonto bekommt, muss aber eben auch von Hertha bezahlt, und damit erwirtschaftet werden. 300.000 Euro pro Jahr sind für einen solventen Erstligisten nicht so viel, für einen hochverschuldeten Zweitligisten kann das aber eine ganze Menge Geld sein.
Und niemand kann ausschließen, dass Hertha im kommenden Jahr das zweitere sein wird, alle aber können ausschließen, dass Hertha im kommenden Jahr das erstere sein wird - wenn schon Erstligist, dann kein problemlos solventer, sondern ein klammer (und, ich fürchte, wiederum abstiegsgefährdeter). Ich sage nicht, dass es zu dieser Refinanzierung eine Alternative gegeben hätte, angesichts der vergangenen sechs Jahre und der Wette, zu der sich Manager Preetz und die Verantwortlichen entschlossen haben: Nämlich alles auf die Karte dieser einen ("durchfinanzierten"!) Saison zu setzen, an deren Ende die Schulden höher sein werden als am Ende der Abstiegssaison, das Spielerkapital aber deutlich reduziert sein wird. Wenn das nicht gutgeht, dann habe ich vielleicht gerade einen dreistelligen Betrag vergeudet.
Dienstag, November 16, 2010
Sturmlauf
Friedhelm Funkels Rückkehr nach Berlin hat Hertha BSC gestern mit großer Höflichkeit garniert, als Hauptgericht gab es aber dann doch zwei Tore von Pierre-Michel Lasogga, eine sehr engagierte Mannschaftsleistung und damit die Verteidigung der Tabellenführung durch den Wasserkopf der Liga zwee.
In Österreich heißt es gelegentlich von Wien, es hänge wie ein überdimensioniertes Haupt an einem winzigen Land. Und so ähnlich verhält es mit der Hertha in dieser Saison - sie ist für diese Liga eigentlich zu groß. Das betrifft auch den Schuldenstand, der durch eine neue Anleihe in die Höhe getrieben wird - dazu aber ein ander Mal mehr.
Während Funkel noch einmal die Rückrunde 2010 schönredete, und Manager Preetz ihm dabei für meinen Geschmack ein wenig zu eilfertig beipflichtete, gaben die Fans trocken ihre Einschätzung des Zusammenhangs zu wissen: "Ohne Funkel wär'n wir gar nicht hier". Das hat viel für sich, aber Schwamm drüber. Ohne Funkel säße jetzt wohl auch nicht Markus Babbel in Berlin auf der Bank, der ein guter Motivator zu sein scheint, wenn auch augenscheinlich nicht im gleichen Maß ein Fußballlehrer.
Er bot gestern den 18 Jahre alten Pierre-Michel Lasogga statt Friend im Sturmzentrum auf, der von Leverkusen gekommene Junge ist eine markante Erscheinung mit einer Menge "Sehnsucht" (Arsène Wenger). Hinter Lasogga ging die Stammformation mit Ausnahme von Ramos (für ihn: Ronny) und Mijatovic (für ihn: Neumann) und Aerts (für ihn: Sejna) zu Werke. Selten habe ich Hertha einen so leidenschaftlichen Fußball spielen sehen, selbst der häufig lethargische Domovchiyski war sehr präsent, und so entwickelte sich nach einer frühen Riesenchance von Bochum ein Spiel auf ein Tor, von dem man allenfalls sagen müsste, dass es in Richtung Abschluss immer unstrukturierter wurde.
Es bedurfte deswegen eines Torwartfehlers bei Bochum, damit Lasogga einen Eckball von Raffael verwerten konnte - typisch unorthodox, halb vom Tor abgewandt, beinahe mit dem Hinterkopf, so jedenfalls sah es im Fernsehen aus. In der zweiten Halbzeit kam Funkels Elf ein wenig auf, dann stellte aber Rukavytsya mit einem Weitschuss Bochums Keeper Luthe vor große Probleme, und wie Lasogga diesen weit nach außen weggefausteten Ball verwertete - das hatte Klasse, und gab der Sehnsucht eine pfitschipfeilgerade Richtung ins Tor.
Am Ende stand mit Schulz, Djuricin, Perdedaj, Neumann und Lasogga eine halbe Jugendmannschaft auf dem Platz und zugleich an der Tabellenspitze von Liga zwee. Und in der ganzen guten Laune gilt es die Rückkehr einer alten Melodie zu vermelden: "Hey, was für'n Lauf, die Hertha steigt wieder auf". Zur Erinnerung: Als die Fans damit rauskamen, vor bald zwei Jahren und mit einem anderen Text in einer anderen Liga, stand Hertha am Ende auf Platz 4.
In Österreich heißt es gelegentlich von Wien, es hänge wie ein überdimensioniertes Haupt an einem winzigen Land. Und so ähnlich verhält es mit der Hertha in dieser Saison - sie ist für diese Liga eigentlich zu groß. Das betrifft auch den Schuldenstand, der durch eine neue Anleihe in die Höhe getrieben wird - dazu aber ein ander Mal mehr.
Während Funkel noch einmal die Rückrunde 2010 schönredete, und Manager Preetz ihm dabei für meinen Geschmack ein wenig zu eilfertig beipflichtete, gaben die Fans trocken ihre Einschätzung des Zusammenhangs zu wissen: "Ohne Funkel wär'n wir gar nicht hier". Das hat viel für sich, aber Schwamm drüber. Ohne Funkel säße jetzt wohl auch nicht Markus Babbel in Berlin auf der Bank, der ein guter Motivator zu sein scheint, wenn auch augenscheinlich nicht im gleichen Maß ein Fußballlehrer.
Er bot gestern den 18 Jahre alten Pierre-Michel Lasogga statt Friend im Sturmzentrum auf, der von Leverkusen gekommene Junge ist eine markante Erscheinung mit einer Menge "Sehnsucht" (Arsène Wenger). Hinter Lasogga ging die Stammformation mit Ausnahme von Ramos (für ihn: Ronny) und Mijatovic (für ihn: Neumann) und Aerts (für ihn: Sejna) zu Werke. Selten habe ich Hertha einen so leidenschaftlichen Fußball spielen sehen, selbst der häufig lethargische Domovchiyski war sehr präsent, und so entwickelte sich nach einer frühen Riesenchance von Bochum ein Spiel auf ein Tor, von dem man allenfalls sagen müsste, dass es in Richtung Abschluss immer unstrukturierter wurde.
Es bedurfte deswegen eines Torwartfehlers bei Bochum, damit Lasogga einen Eckball von Raffael verwerten konnte - typisch unorthodox, halb vom Tor abgewandt, beinahe mit dem Hinterkopf, so jedenfalls sah es im Fernsehen aus. In der zweiten Halbzeit kam Funkels Elf ein wenig auf, dann stellte aber Rukavytsya mit einem Weitschuss Bochums Keeper Luthe vor große Probleme, und wie Lasogga diesen weit nach außen weggefausteten Ball verwertete - das hatte Klasse, und gab der Sehnsucht eine pfitschipfeilgerade Richtung ins Tor.
Am Ende stand mit Schulz, Djuricin, Perdedaj, Neumann und Lasogga eine halbe Jugendmannschaft auf dem Platz und zugleich an der Tabellenspitze von Liga zwee. Und in der ganzen guten Laune gilt es die Rückkehr einer alten Melodie zu vermelden: "Hey, was für'n Lauf, die Hertha steigt wieder auf". Zur Erinnerung: Als die Fans damit rauskamen, vor bald zwei Jahren und mit einem anderen Text in einer anderen Liga, stand Hertha am Ende auf Platz 4.
Samstag, November 13, 2010
Außenbahner
Das 2:0 des BVB gegen den HSV am gestrigen Abend bei grimmigem Wetter war auch für Hertha-Fans von großem Interesse. Aus mehreren Gründen. Erstens standen drei Spieler auf dem Platz, die noch im Vorjahr in Berlin aktiv waren - ihre sehr unterschiedlichen Erfahrungen zeugen von den verschlungenen Wegen, die der Fußball nimmt.
Gojko Kacar stand beim HSV endlich einmal in der Startelf, musste aber schon nach einer halben Stunde mit einer Verletzung vom Platz, deren Ursache in der Zeitlupe furchtbar aussah. Jaroslav Drobny hatte bei den zwei Gegentoren keine Chance und konnte sich zwischendurch einmal bei einem Kopfball auszeichnen - aber der HSV war insgesamt zu chancenlos, als dass er aus diesem Spiel irgendetwas Positives hätte mitnehmen können, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass er spielte.
Der Glückliche war Lukasz Piszczek, der unter Jürgen Klopp auch rechts hinten spielt, der dann aber nach der Pause einmal offensiv durchging, seine Ablage zurück an den Elferpunkt brachte das Führungstor durch Kagawa mit sich. Der Pole wirkt gut integriert, was kein Wunder ist, denn der BVB wirkt insgesamt wie eine sehr gut ausbalancierte Mannschaft.
Und die Hertha könnte sich, zweitens, das System durchaus genauer anschauen: Denn anders als Babbel spielt Klopp nominell mit einer doppelten Sechs (Sahin und Bender), was konkret aber bedeutet, dass die Außenbahnen wichtiger und dynamischer sind, und dass generell im Offensivspiel eine große Flexibilität herrscht. Am Spiel der Hertha in Paderborn fiel ja auch auf, dass es ein richtiges Flügelspiel nicht gibt, weil der Übergang zwischen Spieleröffnung und dem "letzten Drittel" nur mäßig funktioniert.
Babbel hat in Paderborn umgestellt, dort aber aus defensiven Gründen. Ich finde, es ist höchst an der Zeit, das 4-1-4-1 zu verabschieden und - perspektivisch mit Lustenberger neben Niemeyer - ein zusammenhängenderes System zu wählen, aus dem heraus sich dann mehr ergibt.
Das zweite Tor des BVB gestern, an dem Piszczek nicht beteiligt war, war grandios aufgrund der Vielfalt an Qualitäten, die dabei zu sehen waren - ein gewonnener Kopfball im Mittelfeld, ein genial verzögerter vertikaler Pass von Kagawa in den Lauf von Götze, der schon fast am Fünfereck ist, als er querlegt (genau genommen war das, glaube ich, ein missglückter Lupfer, der eigentlich ein versuchter Torabschluss war), und dann dieser schon beinahe arrogante, dabei aber ganz und gar professionelle sanfte Ableger von Großkreutz mit dem Außenrist auf Barrios, der in der Mitte nur noch einschieben musste.
Das war ein Spielzug, wie Arsenal ihn lange Zeit patentiert hatte, heute aber nur noch selten zusammenbringt. Lukasz Piszczek hat bei der Hertha immer schon angedeutet, dass er in einer guten Mannschaft wachsen kann - jetzt ist er in der momentan besten deutschen gelandet. Ich bin gespannt, wie weit er noch kommt.
Gojko Kacar stand beim HSV endlich einmal in der Startelf, musste aber schon nach einer halben Stunde mit einer Verletzung vom Platz, deren Ursache in der Zeitlupe furchtbar aussah. Jaroslav Drobny hatte bei den zwei Gegentoren keine Chance und konnte sich zwischendurch einmal bei einem Kopfball auszeichnen - aber der HSV war insgesamt zu chancenlos, als dass er aus diesem Spiel irgendetwas Positives hätte mitnehmen können, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass er spielte.
Der Glückliche war Lukasz Piszczek, der unter Jürgen Klopp auch rechts hinten spielt, der dann aber nach der Pause einmal offensiv durchging, seine Ablage zurück an den Elferpunkt brachte das Führungstor durch Kagawa mit sich. Der Pole wirkt gut integriert, was kein Wunder ist, denn der BVB wirkt insgesamt wie eine sehr gut ausbalancierte Mannschaft.
Und die Hertha könnte sich, zweitens, das System durchaus genauer anschauen: Denn anders als Babbel spielt Klopp nominell mit einer doppelten Sechs (Sahin und Bender), was konkret aber bedeutet, dass die Außenbahnen wichtiger und dynamischer sind, und dass generell im Offensivspiel eine große Flexibilität herrscht. Am Spiel der Hertha in Paderborn fiel ja auch auf, dass es ein richtiges Flügelspiel nicht gibt, weil der Übergang zwischen Spieleröffnung und dem "letzten Drittel" nur mäßig funktioniert.
Babbel hat in Paderborn umgestellt, dort aber aus defensiven Gründen. Ich finde, es ist höchst an der Zeit, das 4-1-4-1 zu verabschieden und - perspektivisch mit Lustenberger neben Niemeyer - ein zusammenhängenderes System zu wählen, aus dem heraus sich dann mehr ergibt.
Das zweite Tor des BVB gestern, an dem Piszczek nicht beteiligt war, war grandios aufgrund der Vielfalt an Qualitäten, die dabei zu sehen waren - ein gewonnener Kopfball im Mittelfeld, ein genial verzögerter vertikaler Pass von Kagawa in den Lauf von Götze, der schon fast am Fünfereck ist, als er querlegt (genau genommen war das, glaube ich, ein missglückter Lupfer, der eigentlich ein versuchter Torabschluss war), und dann dieser schon beinahe arrogante, dabei aber ganz und gar professionelle sanfte Ableger von Großkreutz mit dem Außenrist auf Barrios, der in der Mitte nur noch einschieben musste.
Das war ein Spielzug, wie Arsenal ihn lange Zeit patentiert hatte, heute aber nur noch selten zusammenbringt. Lukasz Piszczek hat bei der Hertha immer schon angedeutet, dass er in einer guten Mannschaft wachsen kann - jetzt ist er in der momentan besten deutschen gelandet. Ich bin gespannt, wie weit er noch kommt.
Sonntag, November 07, 2010
Accatone
Heute nachmittag hätte ich ohnehin nicht so recht gewusst, was tun: Hertha und Arsenal spielten fast zur selben Zeit, wie es sich fügte, verloren auch beide 0:1, in Paderborn beim FC die einen, im Emirates Stadium gegen den FC Newcastle die anderen. Der Durchmarsch durch Liga zwee hat damit den ersten Stolperer, hoffentlich entwickelt sich daraus nicht ein "Verreiber", wie wir in Österreich sagen, also ein kapitaler Schaden.
Arsenal spielt in England zwar halbwegs oben mit, ist aber schon die ganze Saison hindurch menschlich, allzu menschlich, das heißt: sie zeigen viele Schwächen und spielen nahezu ohne Nimbus. Heute hat Lukasz Fabianski, der fehleranfällige polnische Torhüter, der gerade ein paar fehlerlose Spiele hinter sich hatte, einen Fehler gemacht, und das war es dann auch schon.
Ich habe beide Spiele nicht gesehen, weil wir an diesem Wochenende in Paris sind; wir waren um die entsprechende Zeit im Kino Accatone und haben "Chouga" von Darezhan Omirbajew gesehen, eine kasachische Adpation von "Anna Karenina". Großartiger Film, woran auch nichts ändert, dass wir eine Beta-Projektion sahen, bei der das Rot und das Grün gelegentlich auseinanderrutschten, sodass man im entstellten Bild irgendwann die französischen Untertitel nicht mehr lesen konnte und ich den Faden verlor.
Da hatte ich aber eben schon gesehen, dass es sich um eine konsequente Fortsetzung der Arbeit dieses zentralasiatischen Meisters handelt.
Mit Hertha werde ich mich in Berlin wieder beschäftigen, wohin wir am Dienstag zurückkehren, womit sich dann auch dieses unstete Jahr in eine ruhigere Zielgerade bewegen sollte, die es mir erlaubt, endlich wieder einmal ausgiebig Fußball zu schauen. Das fehlt mir nämlich, und nur ein Film wie "Chouga" vermag das einigermaßen aufzuwiegen.
Arsenal spielt in England zwar halbwegs oben mit, ist aber schon die ganze Saison hindurch menschlich, allzu menschlich, das heißt: sie zeigen viele Schwächen und spielen nahezu ohne Nimbus. Heute hat Lukasz Fabianski, der fehleranfällige polnische Torhüter, der gerade ein paar fehlerlose Spiele hinter sich hatte, einen Fehler gemacht, und das war es dann auch schon.
Ich habe beide Spiele nicht gesehen, weil wir an diesem Wochenende in Paris sind; wir waren um die entsprechende Zeit im Kino Accatone und haben "Chouga" von Darezhan Omirbajew gesehen, eine kasachische Adpation von "Anna Karenina". Großartiger Film, woran auch nichts ändert, dass wir eine Beta-Projektion sahen, bei der das Rot und das Grün gelegentlich auseinanderrutschten, sodass man im entstellten Bild irgendwann die französischen Untertitel nicht mehr lesen konnte und ich den Faden verlor.
Da hatte ich aber eben schon gesehen, dass es sich um eine konsequente Fortsetzung der Arbeit dieses zentralasiatischen Meisters handelt.
Mit Hertha werde ich mich in Berlin wieder beschäftigen, wohin wir am Dienstag zurückkehren, womit sich dann auch dieses unstete Jahr in eine ruhigere Zielgerade bewegen sollte, die es mir erlaubt, endlich wieder einmal ausgiebig Fußball zu schauen. Das fehlt mir nämlich, und nur ein Film wie "Chouga" vermag das einigermaßen aufzuwiegen.
Samstag, Oktober 30, 2010
Lunch Crunch
Der Spielplan von Liga zwee hat es mit sich gebracht, dass ich heute auf das Heimspiel der Hertha gegen Ingolstadt gute Sicht hatte, obwohl ich gerade in Wien bin. In der Sportbar im Marriott Hotel war ich der einzige Gast, der Samstag um 13h zum "lunch crunch" etwas sehen wollte, sie schalteten dann für mich auch gleich von der Konferenz auf das Einzelspiel um.
So konnte ich ohne viel Spannung einen weiteren Sieg beobachten, und muss einmal mehr feststellen: Hertha spielt in diesen Wochen ganz einfach deswegen nicht besser, weil sie nicht muss. Domovchyiski, der nach der Pause mit dem 2:1 die Richtung wies, ist dafür ein gutes Beispiel. Er bringt sich wenig ein, kann aber, wenn ihm ein Ball wie der von Friend im Strafraum vor die Füße fällt, inzwischen soweit die Ruhe bewahren, dass er genau jene Feinjustierung noch hinbekommt, die zu einem sehenswerten Schuss führte.
Beim Jubel konnte man dann sehen, dass der junge Bulgare es inzwischen mit der Coolness ein wenig zu übertreiben beginnt - aber gut, fünf Tore sind auch ein Argument, und Ingolstadt war über 90 Minuten nicht die Mannschaft, die Systemfragen an Hertha zu stellen wusste.
An der Stelle von Rukavytsya war heute Ronny in die erste Mannschaft gerückt, sein Bruder Raffael feierte diesen Umstand nach einer guten Viertelstunde mit einem Flachschuss von halblinks (nach schönem Pass von Kobiashvili). Ein paar Minuten später ergab sich aus inkonsequenter Arbeit gegen den Ball im eigenen Drittel ein Gegentor, an dem der Sky-Kommentator Sebastian Neumann die Schuld gab. Wer genauer hinsah, würde aber wohl zuletzt Hubnik und Lell daran beteiligen wollen, Lell ließ einen Querpass von der Grundlinie zu, und Hubnik blieb im leeren Raum, wodurch erst Neumann dazu gezwungen wurde, zwischen zwei Ingolstädtern zu wählen - er kam dadurch zu spät.
Die erste Halbzeit verlief danach ohne große Ereignisse, in der zweiten gab es noch den Treffer von Domo und ein Kopfballtor von Ramos nach Corner von Raffael. Dass sich am 3:1 nichts mehr änderte, lag auch daran, dass einige Konter zerstreut zu Ende gespielt wurden, immerhin deutete Lasogga, der für den still mit der Welt hadernden Friend kam, an, dass er weiß, wo der Torpfosten steht. Hertha segelt durch den Bewerb, dicht gefolgt von (!) Erzgebirge Aue. Ich gehe jetzt wieder ins Kino, viereinhalb Stunden mit den "Geheimnissen von Lissabon" stehen auf dem Programm.
So konnte ich ohne viel Spannung einen weiteren Sieg beobachten, und muss einmal mehr feststellen: Hertha spielt in diesen Wochen ganz einfach deswegen nicht besser, weil sie nicht muss. Domovchyiski, der nach der Pause mit dem 2:1 die Richtung wies, ist dafür ein gutes Beispiel. Er bringt sich wenig ein, kann aber, wenn ihm ein Ball wie der von Friend im Strafraum vor die Füße fällt, inzwischen soweit die Ruhe bewahren, dass er genau jene Feinjustierung noch hinbekommt, die zu einem sehenswerten Schuss führte.
Beim Jubel konnte man dann sehen, dass der junge Bulgare es inzwischen mit der Coolness ein wenig zu übertreiben beginnt - aber gut, fünf Tore sind auch ein Argument, und Ingolstadt war über 90 Minuten nicht die Mannschaft, die Systemfragen an Hertha zu stellen wusste.
An der Stelle von Rukavytsya war heute Ronny in die erste Mannschaft gerückt, sein Bruder Raffael feierte diesen Umstand nach einer guten Viertelstunde mit einem Flachschuss von halblinks (nach schönem Pass von Kobiashvili). Ein paar Minuten später ergab sich aus inkonsequenter Arbeit gegen den Ball im eigenen Drittel ein Gegentor, an dem der Sky-Kommentator Sebastian Neumann die Schuld gab. Wer genauer hinsah, würde aber wohl zuletzt Hubnik und Lell daran beteiligen wollen, Lell ließ einen Querpass von der Grundlinie zu, und Hubnik blieb im leeren Raum, wodurch erst Neumann dazu gezwungen wurde, zwischen zwei Ingolstädtern zu wählen - er kam dadurch zu spät.
Die erste Halbzeit verlief danach ohne große Ereignisse, in der zweiten gab es noch den Treffer von Domo und ein Kopfballtor von Ramos nach Corner von Raffael. Dass sich am 3:1 nichts mehr änderte, lag auch daran, dass einige Konter zerstreut zu Ende gespielt wurden, immerhin deutete Lasogga, der für den still mit der Welt hadernden Friend kam, an, dass er weiß, wo der Torpfosten steht. Hertha segelt durch den Bewerb, dicht gefolgt von (!) Erzgebirge Aue. Ich gehe jetzt wieder ins Kino, viereinhalb Stunden mit den "Geheimnissen von Lissabon" stehen auf dem Programm.
Mittwoch, Oktober 27, 2010
Runde zwo ist nicht Liga zwee
Als ich gestern Abend gegen halbneun in das Sportcafe im Wiener Hotel Marriott kam, das traditionell um diese Jahreszeit in diesem Blog auftaucht (weil ich in Wien auftauche), ging gerade ein Spieler mit rotem Trikot vom Platz.
Es handelte sich dabei nicht um, wie der wie gewöhnlich gut informierte Aushilfsreporter von Sky wusste, "Nando Raffael", sondern um den Spielmacher und Star von Hertha BSC. Er hatte eine rote Karte kassiert, weil ihn ein Spieler von TuS Koblenz in seinem Vorwärtsdrang mit miesen Mitteln gehindert hatte, woraufhin Raffael aus vollem Lauf noch ein wenig nachtrat - ein Indiz für den Frust, den Hertha in der zweiten Runde des DFB-Pokals schob.
Koblenz lag mit 2:0 in Front. Ramos erzielte sehr spät noch einen Anschlusstreffer, zu mehr kam es aber nicht mehr. Immerhin entnehme ich den Berichten, dass die Gegentreffer nicht auf das Konto des jungen Innenverteidigers Sebastian Neumann gehen, dem ich einen positiveren Start gewünscht hätte - das 0:1 war ein "freak goal", ein Koblenzer Befreiungsschlag aus der eigenen Hälfte, der über Sejna ins Hertha-Tor ging, das 0:2 ein Elfmeter, den Domovchiyski verursachte.
Ich kann aus den paar Szenen, die ich letztendlich nur gesehen habe, keine Schlüsse ziehen, mich macht aber ein Satz stutzig, den Markus Babbel anschließend im Interview von sich gab: "Ich wusste nach unserer Siegesserie ja gar nicht mehr, was ich den Jungs sagen soll - jetzt habe ich wieder Ansatzpunkte." Das klingt nicht gut.
Denn bei aller Dominanz von Hertha in Liga zwee muss den Verantwortlichen doch klar sein, dass das bisher auch ein wenig trügerisch war - es hätte genug zu besprechen gegeben, gerade in den Details, auf die es in engen Spielen ankommt. Der Trainer hat also vermutlich selbst ein wenig zu den Einstellungsproblemen beigetragen, die Hertha in Koblenz allen Berichten nach hatte.
So entsteht ein Erlebnis des "same as it ever was": es wird Herbst, Hertha scheidet aus dem DFB-Pokal aus, Raffael werden die Füße kalt, wir werden uns wärmer anziehen müssen.
Es handelte sich dabei nicht um, wie der wie gewöhnlich gut informierte Aushilfsreporter von Sky wusste, "Nando Raffael", sondern um den Spielmacher und Star von Hertha BSC. Er hatte eine rote Karte kassiert, weil ihn ein Spieler von TuS Koblenz in seinem Vorwärtsdrang mit miesen Mitteln gehindert hatte, woraufhin Raffael aus vollem Lauf noch ein wenig nachtrat - ein Indiz für den Frust, den Hertha in der zweiten Runde des DFB-Pokals schob.
Koblenz lag mit 2:0 in Front. Ramos erzielte sehr spät noch einen Anschlusstreffer, zu mehr kam es aber nicht mehr. Immerhin entnehme ich den Berichten, dass die Gegentreffer nicht auf das Konto des jungen Innenverteidigers Sebastian Neumann gehen, dem ich einen positiveren Start gewünscht hätte - das 0:1 war ein "freak goal", ein Koblenzer Befreiungsschlag aus der eigenen Hälfte, der über Sejna ins Hertha-Tor ging, das 0:2 ein Elfmeter, den Domovchiyski verursachte.
Ich kann aus den paar Szenen, die ich letztendlich nur gesehen habe, keine Schlüsse ziehen, mich macht aber ein Satz stutzig, den Markus Babbel anschließend im Interview von sich gab: "Ich wusste nach unserer Siegesserie ja gar nicht mehr, was ich den Jungs sagen soll - jetzt habe ich wieder Ansatzpunkte." Das klingt nicht gut.
Denn bei aller Dominanz von Hertha in Liga zwee muss den Verantwortlichen doch klar sein, dass das bisher auch ein wenig trügerisch war - es hätte genug zu besprechen gegeben, gerade in den Details, auf die es in engen Spielen ankommt. Der Trainer hat also vermutlich selbst ein wenig zu den Einstellungsproblemen beigetragen, die Hertha in Koblenz allen Berichten nach hatte.
So entsteht ein Erlebnis des "same as it ever was": es wird Herbst, Hertha scheidet aus dem DFB-Pokal aus, Raffael werden die Füße kalt, wir werden uns wärmer anziehen müssen.
Montag, Oktober 25, 2010
Talente
Im RBB-Sportplatz gab es am Sonntag ein kurzes Interview mit Sebastian Neumann zu sehen. Das ist nicht ganz selbstverständlich, denn andere Clubs nehmen einen neunzehnjährigen Innenverteidiger, der gerade wegen Verletzung des Kapitäns für mherere Wochen in die erste Mannschaft nachrückt, gern einmal ein wenig aus dem Rampenlicht. Der Junge bekommt dann Interviewverbot, er muss an den Medienvertretern brav vorbeigehen. Nicht so bei Neumann, der sich sachkundig geäußert hat und auf den ich sehr neugierig bin (ein paar Mal habe ich ihn ja schon gesehen).
Es ist dieser Aspekt an der Hertha 2010/2011, der mir die Erfahrungen in der zweeten Liga fast aufwiegt. Schulz, Perdedaj, Djuricin, Lasogga und Neumann hätten wir bei Klassenerhalt wahrscheinlich nicht so schnell so nahe an der ersten Elf gesehen, nun aber machen sie Erfahrungen, die nahelegen, dass sie nächstes Jahr bei Aufstieg ohne Weiteres ihre Aufgaben wahrnehmen könnten.
Dieses Evolutionäre am Fußball ist etwas, das mich endlos interessiert - ich kann mich noch erinnern, wie Fabregas zum ersten Mal bei Arsenal auftauchte, da war er noch jünger als Schulz jetzt; gestern führte er sein Team zu einem 3:0 bei Manchester "Moneybags" City (das Ergebnis täuscht allerdings ein wenig, das ist nach wie vor eine wacklige Angelegenheit bei Arsenal 2010/2011). Der Berliner Junge Jerome Boateng spielte gestern bei City in der Viererkette - so schnell geht Entwicklung nicht immer, aber hier zeigt sich, was im Positiven möglich ist.
Dass Coach Babbel das so durchzieht, wird von allen Medien goutiert. Es ist im Grunde das eigentlich interessante Geschehen in einem Jahr, in dem Hertha notgedrungen mit einem Team spielt, das auf vielen Positionen eine Übergangsbesetzung aufweist (Aerts, Kobiashvili, Lell, Mijatovic, Hubnik, Rukavytsya, Friend sehe ich nur mit Einschränkungen in der ersten Liga) - wenn der Aufstieg gelingt, muss noch einmal eine neue Mannschaft her, und dass Babbel daran offensichtlich schon denkt, denken muss, das kann nur unsere Zustimmung finden.
Es ist dieser Aspekt an der Hertha 2010/2011, der mir die Erfahrungen in der zweeten Liga fast aufwiegt. Schulz, Perdedaj, Djuricin, Lasogga und Neumann hätten wir bei Klassenerhalt wahrscheinlich nicht so schnell so nahe an der ersten Elf gesehen, nun aber machen sie Erfahrungen, die nahelegen, dass sie nächstes Jahr bei Aufstieg ohne Weiteres ihre Aufgaben wahrnehmen könnten.
Dieses Evolutionäre am Fußball ist etwas, das mich endlos interessiert - ich kann mich noch erinnern, wie Fabregas zum ersten Mal bei Arsenal auftauchte, da war er noch jünger als Schulz jetzt; gestern führte er sein Team zu einem 3:0 bei Manchester "Moneybags" City (das Ergebnis täuscht allerdings ein wenig, das ist nach wie vor eine wacklige Angelegenheit bei Arsenal 2010/2011). Der Berliner Junge Jerome Boateng spielte gestern bei City in der Viererkette - so schnell geht Entwicklung nicht immer, aber hier zeigt sich, was im Positiven möglich ist.
Dass Coach Babbel das so durchzieht, wird von allen Medien goutiert. Es ist im Grunde das eigentlich interessante Geschehen in einem Jahr, in dem Hertha notgedrungen mit einem Team spielt, das auf vielen Positionen eine Übergangsbesetzung aufweist (Aerts, Kobiashvili, Lell, Mijatovic, Hubnik, Rukavytsya, Friend sehe ich nur mit Einschränkungen in der ersten Liga) - wenn der Aufstieg gelingt, muss noch einmal eine neue Mannschaft her, und dass Babbel daran offensichtlich schon denkt, denken muss, das kann nur unsere Zustimmung finden.
Samstag, Oktober 23, 2010
Matchplan
Hertha hat am Freitagabend mit 2:0 gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth gewonnen, sie hat sich dabei nicht sehr schwer getan, es hing am Ende vor allem davon ab, eine der erarbeiteten Chancen auch zu nützen. Im Vorfeld hatten die gewohnt sachlichen Berliner Tabloiden von einem "Giganten-Gipfel" geschrieben (gibt es Giganten in einer zweiten Liga?), davon war im Olympiastadion vor fast 40000 Zuschauern nichts zu sehen.
Der Matchplan von Fürth muss ungefähr so ausgesehen haben: Zuerst lullen wir die Berliner eine Halbzeit lang ein, und dann wiegen wir sie sachte aus dem Spiel. Das wäre auf ein torloses Remis hinausgelaufen, zu dem Lell mit seinem Hauptanspielpartner Hubnik dann wohl die meisten gelungenen Berliner Pässe beigesteuert hätte. Zum Glück nahm das Spiel zwischendurch gelegentlich ein wenig Fahrt auf, häufig über Ramos.
In der zweiten Halbzeit war es schließlich Kobiashvili, der ausnahmsweise einmal dynamisch an die Grundlinie ging und zu Domovchyiski zurücklegte, der mit Übersicht halbhoch abschloss. Gleich darauf hatte Fürth noch eine sehr gute Ausgleichschance, und in den sterbenden Momenten des Spiels (englische Kommentatorenlyrik: "in the dying moments") setzte Raffael nach Zuarbeit von Ramos den Luxustreffer, der aber umso mehr Freude machte, als das Match davor doch eher Pflicht als Kür war.
Es ist ein bisschen seltsam in dieser Liga, aber man hat doch gelegentlich den Eindruck, dass das keine ernsthafte Herausforderung ist. Oder sagen wir so: Wir haben uns doch in der Regel geistig auf umkämpfte Begegnungen eingestellt, in denen Hertha ihre Vorteile nur mühsam wird durchsetzen können.
Nun steht sie mit 7-2-0 S-U-N an der Tabellenspitze, und arbeitet daran, vielleicht als "Invincibles" durch die Saison zu gehen. Systemdebatten erübrigen sich angesichts der Tabellensituation, aber auch gestern war wieder zu sehen, dass die Spieleröffnung weiterhin mühsam bleibt, weil die Offensivabteilung zwar brav gegen den Ball arbeitet, sich aber bei Ballbesitz Sejna, Mijatovic oder Hubnik schnurstracks weit nach vorn begibt, sodass Niemeyer das weite Land dazwischen fast für sich allein hat. Zugegeben, Raffael und zunehmend auch Domo haben darauf reagiert, und es kam ja auch mehr Pepp ins Spiel.
Ich kann es mir immer noch nicht vorstellen, dass Hertha so problemlos durch die ganze Saison gehen könnte, gestern dachte ich dann aber zwischendurch (weil ja Zeit war dafür) an so einige vermaledeite Momente aus der letzten Saison, und war dann doch ein wenig erstaunt, dass sich das jetzt fast vollständig ins Gegenteil verkehrt. Hertha gleitet durch den Bewerb - nur eben durch den, den sie lieber bei Zuteilung eines normal komplizierten Geschicks gern vermieden hätte. Um es ganz offen zu sagen: Ich freue mich, dass es so gut läuft, aber ich langweile mich auch ein bisschen.
Der Matchplan von Fürth muss ungefähr so ausgesehen haben: Zuerst lullen wir die Berliner eine Halbzeit lang ein, und dann wiegen wir sie sachte aus dem Spiel. Das wäre auf ein torloses Remis hinausgelaufen, zu dem Lell mit seinem Hauptanspielpartner Hubnik dann wohl die meisten gelungenen Berliner Pässe beigesteuert hätte. Zum Glück nahm das Spiel zwischendurch gelegentlich ein wenig Fahrt auf, häufig über Ramos.
In der zweiten Halbzeit war es schließlich Kobiashvili, der ausnahmsweise einmal dynamisch an die Grundlinie ging und zu Domovchyiski zurücklegte, der mit Übersicht halbhoch abschloss. Gleich darauf hatte Fürth noch eine sehr gute Ausgleichschance, und in den sterbenden Momenten des Spiels (englische Kommentatorenlyrik: "in the dying moments") setzte Raffael nach Zuarbeit von Ramos den Luxustreffer, der aber umso mehr Freude machte, als das Match davor doch eher Pflicht als Kür war.
Es ist ein bisschen seltsam in dieser Liga, aber man hat doch gelegentlich den Eindruck, dass das keine ernsthafte Herausforderung ist. Oder sagen wir so: Wir haben uns doch in der Regel geistig auf umkämpfte Begegnungen eingestellt, in denen Hertha ihre Vorteile nur mühsam wird durchsetzen können.
Nun steht sie mit 7-2-0 S-U-N an der Tabellenspitze, und arbeitet daran, vielleicht als "Invincibles" durch die Saison zu gehen. Systemdebatten erübrigen sich angesichts der Tabellensituation, aber auch gestern war wieder zu sehen, dass die Spieleröffnung weiterhin mühsam bleibt, weil die Offensivabteilung zwar brav gegen den Ball arbeitet, sich aber bei Ballbesitz Sejna, Mijatovic oder Hubnik schnurstracks weit nach vorn begibt, sodass Niemeyer das weite Land dazwischen fast für sich allein hat. Zugegeben, Raffael und zunehmend auch Domo haben darauf reagiert, und es kam ja auch mehr Pepp ins Spiel.
Ich kann es mir immer noch nicht vorstellen, dass Hertha so problemlos durch die ganze Saison gehen könnte, gestern dachte ich dann aber zwischendurch (weil ja Zeit war dafür) an so einige vermaledeite Momente aus der letzten Saison, und war dann doch ein wenig erstaunt, dass sich das jetzt fast vollständig ins Gegenteil verkehrt. Hertha gleitet durch den Bewerb - nur eben durch den, den sie lieber bei Zuteilung eines normal komplizierten Geschicks gern vermieden hätte. Um es ganz offen zu sagen: Ich freue mich, dass es so gut läuft, aber ich langweile mich auch ein bisschen.
Donnerstag, Oktober 21, 2010
Camp Nou
Nachdem ich aus dem Emirates ohne Film nach Hause gekommen bin, trifft es sich gut, dass Valdano, ständiger Mitarbeiter dieser Seite, seinen Besuch am selben Wochenende beim FC Barcelona besser genützt hat. Hier sein Bericht, und unten sein Film (aufgenommen mit dem Telefon): "Ein Abend wie im Spätsommer, der Himmel wie gemalt, als wir aus der Metrostation Collblanc kommen, keine Fahnen, kaum Polizei, nur ein paar Barca-Schals und viele im Trikot, Messi, Villa und Xavi sind am häufigsten vertreten. Camp Nou ragt nicht so hoch über die Häuser, wie man erwartet, weil ein Teil des Stadions unterm Straßenniveau liegt. Gelassene Menschen, keine Leibesvisitationen, reibungsloser Zugang, obwohl insgesamt 86.000 Zuschauer kommen werden, um das Spitzenspiel gegen den FC Valencia zu sehen. Man steigt hoch wie im Treppenhaus eines Parkhauses, immer höher, wir sitzen in der fünft- oder sechstletzten Reihe in der Nordkurve, und das Spielfeld liegt vor uns wie eine große, grüne Taktiktafel. Die ideale Analyseperspektive. Zwei Reihen vor uns ein einsamer Valencia-Schalträger. Ein Gästeblock ist nirgends zu erkennen, auch der Barca-Fanblock in der Südkurve ist sehr überschaubar. Vor und nach dem Anpfiff wird die Vereinshymne gespielt. Die erste Halbzeit enttäuscht, der Barca-Flow stockt immer wieder, Valencia macht das 1:0 und hätte 2:0 führen müssen. Guardiola reagiert, zieht Villa nach links und Iniesta nach rechts. Xavis Genie dreht das Spiel, zwei tolle Vorlagen erst auf Iniesta, dann auf Puyols Kopf - und zu viele vergebene Chancen an einem Abend, an dem man immer mal wieder den Blick vom Rasen wendet, um sich klar zu machen, wo man hier eigentlich ist: in Europas größtem Fußballstadion."
Sonntag, Oktober 17, 2010
Anfaengerfehler
Gestern nachmittag, waehrend die Hertha in Frankfurt zu einem 1:0 kam und damit die Tabellenfuehrung verteidigte, war ich auf der Central und danach auf der Piccadilly Line unterwegs zur Station Arsenal in London N5. Ich hatte eine Karte fuer das Heimspiel von Arsenal gegen Birmingham, und unabhaengig davon, dass es sich dabei um eine durchschnittliche PL-Begegnung handelt, hatte ich doch ein wenig das Gefuehl von Weihnachten und Ostern an einem Tag - soll heissen, das Gefuehl eines sehr hohen Feiertags in der Ersatzreligion, die Fussball zweifellos auch fuer mich ist.
Dummerweise hatte ich unterlassen, die Batterieanzeige meiner Kamera zu ueberpruefen, und so kam es, dass ich diesen Hoehepunkt in meinem Leben nur schlecht dokumentieren kann - den Film, den ich eigentlich vom Hineingehen drehen wollte, gibt es nicht, auch den Groundhopper-Trophyshot von mir selbst vor majestaetischem Rund nicht. Ich werde also bald wiederkommen wollen.
Ein paar Bilder habe ich, die werde ich nachtragen, wenn ich wieder in Berlin bin - morgen abend, dann werde ich mir auch ansehen, wie Hertha das gemacht hat beim FSV Frankfurt. Zu Arsenal vorerst nur so viel: Das Emirates ist vielleicht tatsaechlich, wie immer wieder behauptet wird, das am besten geplante Stadion, es wird bespielt von einer Mannschaft, die ihre Fans auf Nadeln sitzen laesst, im besten wie im uebelsten Sinn. Es war grossartig!
Dummerweise hatte ich unterlassen, die Batterieanzeige meiner Kamera zu ueberpruefen, und so kam es, dass ich diesen Hoehepunkt in meinem Leben nur schlecht dokumentieren kann - den Film, den ich eigentlich vom Hineingehen drehen wollte, gibt es nicht, auch den Groundhopper-Trophyshot von mir selbst vor majestaetischem Rund nicht. Ich werde also bald wiederkommen wollen.
Ein paar Bilder habe ich, die werde ich nachtragen, wenn ich wieder in Berlin bin - morgen abend, dann werde ich mir auch ansehen, wie Hertha das gemacht hat beim FSV Frankfurt. Zu Arsenal vorerst nur so viel: Das Emirates ist vielleicht tatsaechlich, wie immer wieder behauptet wird, das am besten geplante Stadion, es wird bespielt von einer Mannschaft, die ihre Fans auf Nadeln sitzen laesst, im besten wie im uebelsten Sinn. Es war grossartig!
Donnerstag, Oktober 14, 2010
Rhythmus
Morgen beginnt die aktuelle Saison nun schon zum dritten Mal gefühlt von vorn. Die langen Länderspielpausen verhindern einen guten Rhythmus nicht nur bei den Teams, auch die Fans sind ein wenig aus der Spur so wie ich, der ich aus Gründen des Übertragungsrechtlichen ein 4:4 von Österreich in Belgien nicht sehen konnte (und wohl auch andernfalls nicht eingeschaltet hätte, obwohl mich der Weg von Arnautovic interessiert).
Auf die deutschen Matches hatte ich ein Auge, wenn auch eher zerstreut, und dass Valeri Domovchyitski in einem bulgarischen Freundschaftsspiel ein Tor gegen Saudi-Arabien erzielt hat, müssen wir auch nicht zu hoch hängen.
So bliebt als für dieses kleine Blog relevante Nachricht aus der Pause, dass Fabian Lustenberger sich einen Muskelfaserriss zugezogen hat und damit die von mir als Option erhoffte Mittelfeldkonstellation Niemeyer-Lustenberger wieder einmal auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss. Dafür ist Daniel Beichler wieder fit, auf den ich wie die meisten Hertha-Fans gespannt bin. Er könnte das Flügelspiel über rechts beleben, dort gibt es dann ja bald ein echtes Überangebot (Ebert, Schulz, Beichler, Rukavytsya), dem Vernehmen nach kann er aber auch als zentrale hängende Spitze spielen und sollte damit ein wenig Druck auf Domo machen, der für meine Begriffe allzu platzhirschig durch das Aachen-Spiel stolziert ist.
Wie auch immer, nach zehn Tagen mit dürftiger herthanischer Nachrichtenlage geht es allmählich wieder los, mit den internationalen Angelegenheiten werde ich mich demnächst beschäftigen, denn vor allem in England tut sich eine Menge (Liverpool wechselt den Besitzer, die Betreiberin eines Pubs hat gegen die nationalen Pay-TV-Monopole bei Fußballübertragungen geklagt, Nicklas Bendtner ist wieder fit, you name it).
Auf die deutschen Matches hatte ich ein Auge, wenn auch eher zerstreut, und dass Valeri Domovchyitski in einem bulgarischen Freundschaftsspiel ein Tor gegen Saudi-Arabien erzielt hat, müssen wir auch nicht zu hoch hängen.
So bliebt als für dieses kleine Blog relevante Nachricht aus der Pause, dass Fabian Lustenberger sich einen Muskelfaserriss zugezogen hat und damit die von mir als Option erhoffte Mittelfeldkonstellation Niemeyer-Lustenberger wieder einmal auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss. Dafür ist Daniel Beichler wieder fit, auf den ich wie die meisten Hertha-Fans gespannt bin. Er könnte das Flügelspiel über rechts beleben, dort gibt es dann ja bald ein echtes Überangebot (Ebert, Schulz, Beichler, Rukavytsya), dem Vernehmen nach kann er aber auch als zentrale hängende Spitze spielen und sollte damit ein wenig Druck auf Domo machen, der für meine Begriffe allzu platzhirschig durch das Aachen-Spiel stolziert ist.
Wie auch immer, nach zehn Tagen mit dürftiger herthanischer Nachrichtenlage geht es allmählich wieder los, mit den internationalen Angelegenheiten werde ich mich demnächst beschäftigen, denn vor allem in England tut sich eine Menge (Liverpool wechselt den Besitzer, die Betreiberin eines Pubs hat gegen die nationalen Pay-TV-Monopole bei Fußballübertragungen geklagt, Nicklas Bendtner ist wieder fit, you name it).
Dienstag, Oktober 05, 2010
Establishment
Im Montagabendspiel der 7. Runde der aktuellen Saison in Liga zwee blieb Hertha gestern tor- und gegentorlos gegen Alemannia Aaachen. Die Nullnummer bringt es mit sich, dass der Vorsprung auf das Establishment in dieser Klasse vor der Länderspielpause einen Punkt beträgt. Hertha hat 17 Zähler, dahinter kommen schon Greuter Fürth und Erzgebirge Aue (dies vielleicht eher eine Momentaufnahme), Duisburg hat 15 Punkte.
In zwei Wochen muss Hertha zum FSV Frankfurt, und am Freitag darauf wird das Olympiastadion zum Ort eines Spitzenspiels werden: Berlin gegen Franken, Hertha gegen Fürth. Liga zwee, "scheißegal", sangen auch gestern wieder viele der fast 35.000 Zuschauer.
Den leichten Rückschlag nach ein paar Wochen Hurra-Akklimatisierung hat Hertha paradoxerweise dem Umstand zuzuschreiben, dass Coach Babbel ein zu offensives System spielen lässt: Das 4-1-4-1 wurde gestern ein wenig zu buchstäblich verstanden, im Spielaufbau gab es empfindliche Mängel. Das lag einerseits daran, dass die Außendecker Lell und Kobiashvili von den klug spielenden Aachenern gut beschäftigt wurden (und wenn sie Raum nach vorn hatten, agierte vor allem Lell oft überhastet).
Vor allem aber hapert es in der Zentrale, und Domovchyiski ist der Mann, dem ein großer Teil des Mankos zuzuschreiben ist. Er scheint seine Rolle nicht ganz zu begreifen, oder vielleicht hat ihm Babbel auch die Instruktionen gegeben, de facto als zweiter Stürmer neben Friend zu operieren. Er tat jedenfalls weder das eine noch das andere, er ließ sich kaum einmal fallen, um Niemeyer zu unterstützen, und er machte keine Läufe hinter die Aachener Linie. Sein Arbeitsbereich blieb weitgehend auf 30, 40 Meter beschränkt, und während ich ihm da die ganze Zeit zusah, wie er unbeeindruckt von der aktuellen Situation weitgehend am Spiel vorbeitrabte, wurde mir klar: Er hat wohl doch nicht das Zeug zu einem wichtigen Spieler. Denn ein solcher begreift, wenn er etwas tun muss, was über das Minimalprogramm hinausgeht.
Von Raffael war das gestern immer wieder zu sehen, er holte sich Bälle, hatte einen großen Radius, aber auch er ließ nach einer Stunde nach. Dazu kam dann, dass Babbel den guten Schulz durch Rukavytsya ersetzte, während Djuricin sehr (zu!) spät für Domo kam. Und so lief das Match langsam aus, gelegentlich erregte Hubnik mit einem seiner Chaospässe die Menge, am Ende standen häufig fünf Offensivkräfte in einer Linie in der Aaachener Hälfte und warteten darauf, dass Niemeyer entweder im Doppelpass mit sich selbst den Ball nach vorn brachte - oder aber, wahrscheinlicher, auf den langen Ball, auf den die Hertha sich in Liga zwee zu sehr verlässt.
Das System bedarf der Korrektur, zum Glück bieten sich bald Alternativen an. Ich könnte mir zum Beispiel gut vorstellen, dass Lustenberger neben Niemeyer eine interessante, offensivere Rolle spielen könnte, aber eben eine verbindende zwischen den einfach nicht gut aufeinander abgestimmten Mannschaftsteilen.
Links würde ich immer noch gern einmal eine Chance für Radjabali-Fardi sehen, rechts haben wir leider keine wirklich gute Alternative zu Lell. Positiv lässt sich vermerken, dass die Defensive insgesamt ganz gut gearbeitet hat, vor allem auch der Torhüter. Das war aber auch notwendig, denn Aaachen hat gestern so gespielt, wie Hertha dies hätte tun sollen - in einem Duell auf Augenhöhe, das wohl endgültig klar gemacht hat, dass von einem Durchmarsch keine Rede sein kann.
In zwei Wochen muss Hertha zum FSV Frankfurt, und am Freitag darauf wird das Olympiastadion zum Ort eines Spitzenspiels werden: Berlin gegen Franken, Hertha gegen Fürth. Liga zwee, "scheißegal", sangen auch gestern wieder viele der fast 35.000 Zuschauer.
Den leichten Rückschlag nach ein paar Wochen Hurra-Akklimatisierung hat Hertha paradoxerweise dem Umstand zuzuschreiben, dass Coach Babbel ein zu offensives System spielen lässt: Das 4-1-4-1 wurde gestern ein wenig zu buchstäblich verstanden, im Spielaufbau gab es empfindliche Mängel. Das lag einerseits daran, dass die Außendecker Lell und Kobiashvili von den klug spielenden Aachenern gut beschäftigt wurden (und wenn sie Raum nach vorn hatten, agierte vor allem Lell oft überhastet).
Vor allem aber hapert es in der Zentrale, und Domovchyiski ist der Mann, dem ein großer Teil des Mankos zuzuschreiben ist. Er scheint seine Rolle nicht ganz zu begreifen, oder vielleicht hat ihm Babbel auch die Instruktionen gegeben, de facto als zweiter Stürmer neben Friend zu operieren. Er tat jedenfalls weder das eine noch das andere, er ließ sich kaum einmal fallen, um Niemeyer zu unterstützen, und er machte keine Läufe hinter die Aachener Linie. Sein Arbeitsbereich blieb weitgehend auf 30, 40 Meter beschränkt, und während ich ihm da die ganze Zeit zusah, wie er unbeeindruckt von der aktuellen Situation weitgehend am Spiel vorbeitrabte, wurde mir klar: Er hat wohl doch nicht das Zeug zu einem wichtigen Spieler. Denn ein solcher begreift, wenn er etwas tun muss, was über das Minimalprogramm hinausgeht.
Von Raffael war das gestern immer wieder zu sehen, er holte sich Bälle, hatte einen großen Radius, aber auch er ließ nach einer Stunde nach. Dazu kam dann, dass Babbel den guten Schulz durch Rukavytsya ersetzte, während Djuricin sehr (zu!) spät für Domo kam. Und so lief das Match langsam aus, gelegentlich erregte Hubnik mit einem seiner Chaospässe die Menge, am Ende standen häufig fünf Offensivkräfte in einer Linie in der Aaachener Hälfte und warteten darauf, dass Niemeyer entweder im Doppelpass mit sich selbst den Ball nach vorn brachte - oder aber, wahrscheinlicher, auf den langen Ball, auf den die Hertha sich in Liga zwee zu sehr verlässt.
Das System bedarf der Korrektur, zum Glück bieten sich bald Alternativen an. Ich könnte mir zum Beispiel gut vorstellen, dass Lustenberger neben Niemeyer eine interessante, offensivere Rolle spielen könnte, aber eben eine verbindende zwischen den einfach nicht gut aufeinander abgestimmten Mannschaftsteilen.
Links würde ich immer noch gern einmal eine Chance für Radjabali-Fardi sehen, rechts haben wir leider keine wirklich gute Alternative zu Lell. Positiv lässt sich vermerken, dass die Defensive insgesamt ganz gut gearbeitet hat, vor allem auch der Torhüter. Das war aber auch notwendig, denn Aaachen hat gestern so gespielt, wie Hertha dies hätte tun sollen - in einem Duell auf Augenhöhe, das wohl endgültig klar gemacht hat, dass von einem Durchmarsch keine Rede sein kann.
Sonntag, Oktober 03, 2010
Zeit und Geld
Das große Geheimnis im Fußball ist die Verstetigung von Erfolg. Das hat damit zu tun, dass ständig etwas passiert, und nicht auf alle Herausforderungen gibt es eine Patentlösung als Reaktion.
Mainz hat gestern zum siebenten Mal in Serie in dieser Bundesligasaison gewonnen, Coach Tuchel hat hinterher in Interviews in einer Weise gesprochen, die sich nur als grundlegend vernünftig (rational) beschreiben lässt - nämlich auch in Hinsicht auf das, worauf er Einfluss hat. Mainz ist eine mittelkleinere deutsche Stadt, das Stadion ist auf Mittelgröße gebracht worden, die finanziellen Verhältnisse sind mittelmäßig gut.
Wolfsburg und Leverkusen (zehn Millionen für Schürrle, nachdem sie auch schon Helmes und Kießling aus dem jüngeren Offensivpool der Liga abgeschöpft hatten) spielen unter anderen Bedingungen, aber deswegen nicht notwendig stetig besser.
Hertha hat - heute ist der Tag der deutschen Einheit - spezifische Bedingungen, die eine ähnlich allmähliche Bewegung auf das Niveau ihrer Standortvorteile (Hauptstadt, Olympiastadion, Trainingsgelände, Osterweiterung der Fanbasis) nahelegt, wie sie die Stadt Berlin insgesamt gerade durchläuft. Vorausgesetzt, sie stürzt nicht doch noch ganz ab, weil der Rucksack aus den zu wenig allmählichen Hoeneß-Jahren einfach zu schwer ist.
Ich schreibe das alles vor dem Hintergrund dessen, dass diese Woche einige massive Ziffern bekannt geworden sind, vor allem in England. Manchester City (von der Daily Mail bereits in "Moneybags City" umbenannt) hat in der vergangenen Saison einen Verlust von 121 Millionen Pfund gemacht (der von den Investoren aus Abu Dhabi übernommen wird) - mit dem Geld soll Entwicklung beschleunigt und sofort verstetigt werden.
Der FC Arsenal wiederum meldet einen Jahresgewinn von 56 Millionen Pfund vor Steuern (in die Differenz zu MCity passen wahrscheinlich die Etats der halben Bundesliga), und nicht nur vor diesem Hintergrund fragt sich mehr oder weniger alle Welt, warum Arsène Wenger im Sommer kein Geld in die Hand genommen hat, um einen Tormann zu kaufen, der unbelastet an seine Aufgabe herangehen kann. Bei Manuel Almunia und vor allem Lukasz Fabianski (Flappy Handski), der heute gegen Chelsea im Tor erwartet wird, ist das nämlich nicht der Fall. Beide haben eine Geschichte der Nervosität, gegen die sie nun in extremis die Ruhe bewahren sollten, dies hinter einer Mannschaft, die auch gelegentlich im Verbund die Nerven wegschmeißt - man kann eine Gruppe auch überfordern, oder aber man kann sie von hinten her konsolidieren.
Wenger weist zu Recht darauf hin, dass Transfersummen gar nicht so sehr das Problem sind, es sind die ständig steigenden Gehaltskosten, die mit dem Signing von großen Namen einher gehen. Man könnte sehr zugespitzt sagen, dass Hertha auch deswegen in Liga zwee musste, weil man die beiden noch von Dieter Hoeneß verbliebenen Großverdiener Simunic und Friedrich loswerden musste, die allein im Jahr fast schon den Betrag gekostet haben, den Hertha demnächst aus einer Anleihe zurückzahlen muss. Als diese Verträge unterschrieben wurden, hatte der Manager anscheinend ein Projekt à la Schalke im Kopf, dort pumpen sie aber noch ganz andere Summen in den Betrieb und haben trotzdem eine unstete sportliche Bilanz.
Wenn man es genau nimmt, ist das alles ein großes Durcheinander, aus dem gelegentlich ein Phänomen in den Vordergrund rückt, so wie Mainz 05 in diesem Herbst. Thomas Tuchel spricht über seine Arbeit mit einer Umsicht und Klugheit, an der mich wirklich jeder Nebensatz beeindruckt; genau genommen vor allem diese Nebensätze, denn sie verraten, was er in jeder Sekunde alles mitbedenkt, er lässt sich gar nicht auf die Komplexitätsreduktion der Reporter ein. Damit ist er bisher aufregend weit gekommen - vielleicht trifft Arsène Wenger ja irgendwann eine visionäre Entscheidung und baut ihn zu seinem Nachfolger auf. Das Zeug dazu scheint er ja zu haben, dieser Thomas Tuchel, oder, wie sie ihn in der PL wohl nennen würden, Thomas Tukkel.
Mainz hat gestern zum siebenten Mal in Serie in dieser Bundesligasaison gewonnen, Coach Tuchel hat hinterher in Interviews in einer Weise gesprochen, die sich nur als grundlegend vernünftig (rational) beschreiben lässt - nämlich auch in Hinsicht auf das, worauf er Einfluss hat. Mainz ist eine mittelkleinere deutsche Stadt, das Stadion ist auf Mittelgröße gebracht worden, die finanziellen Verhältnisse sind mittelmäßig gut.
Wolfsburg und Leverkusen (zehn Millionen für Schürrle, nachdem sie auch schon Helmes und Kießling aus dem jüngeren Offensivpool der Liga abgeschöpft hatten) spielen unter anderen Bedingungen, aber deswegen nicht notwendig stetig besser.
Hertha hat - heute ist der Tag der deutschen Einheit - spezifische Bedingungen, die eine ähnlich allmähliche Bewegung auf das Niveau ihrer Standortvorteile (Hauptstadt, Olympiastadion, Trainingsgelände, Osterweiterung der Fanbasis) nahelegt, wie sie die Stadt Berlin insgesamt gerade durchläuft. Vorausgesetzt, sie stürzt nicht doch noch ganz ab, weil der Rucksack aus den zu wenig allmählichen Hoeneß-Jahren einfach zu schwer ist.
Ich schreibe das alles vor dem Hintergrund dessen, dass diese Woche einige massive Ziffern bekannt geworden sind, vor allem in England. Manchester City (von der Daily Mail bereits in "Moneybags City" umbenannt) hat in der vergangenen Saison einen Verlust von 121 Millionen Pfund gemacht (der von den Investoren aus Abu Dhabi übernommen wird) - mit dem Geld soll Entwicklung beschleunigt und sofort verstetigt werden.
Der FC Arsenal wiederum meldet einen Jahresgewinn von 56 Millionen Pfund vor Steuern (in die Differenz zu MCity passen wahrscheinlich die Etats der halben Bundesliga), und nicht nur vor diesem Hintergrund fragt sich mehr oder weniger alle Welt, warum Arsène Wenger im Sommer kein Geld in die Hand genommen hat, um einen Tormann zu kaufen, der unbelastet an seine Aufgabe herangehen kann. Bei Manuel Almunia und vor allem Lukasz Fabianski (Flappy Handski), der heute gegen Chelsea im Tor erwartet wird, ist das nämlich nicht der Fall. Beide haben eine Geschichte der Nervosität, gegen die sie nun in extremis die Ruhe bewahren sollten, dies hinter einer Mannschaft, die auch gelegentlich im Verbund die Nerven wegschmeißt - man kann eine Gruppe auch überfordern, oder aber man kann sie von hinten her konsolidieren.
Wenger weist zu Recht darauf hin, dass Transfersummen gar nicht so sehr das Problem sind, es sind die ständig steigenden Gehaltskosten, die mit dem Signing von großen Namen einher gehen. Man könnte sehr zugespitzt sagen, dass Hertha auch deswegen in Liga zwee musste, weil man die beiden noch von Dieter Hoeneß verbliebenen Großverdiener Simunic und Friedrich loswerden musste, die allein im Jahr fast schon den Betrag gekostet haben, den Hertha demnächst aus einer Anleihe zurückzahlen muss. Als diese Verträge unterschrieben wurden, hatte der Manager anscheinend ein Projekt à la Schalke im Kopf, dort pumpen sie aber noch ganz andere Summen in den Betrieb und haben trotzdem eine unstete sportliche Bilanz.
Wenn man es genau nimmt, ist das alles ein großes Durcheinander, aus dem gelegentlich ein Phänomen in den Vordergrund rückt, so wie Mainz 05 in diesem Herbst. Thomas Tuchel spricht über seine Arbeit mit einer Umsicht und Klugheit, an der mich wirklich jeder Nebensatz beeindruckt; genau genommen vor allem diese Nebensätze, denn sie verraten, was er in jeder Sekunde alles mitbedenkt, er lässt sich gar nicht auf die Komplexitätsreduktion der Reporter ein. Damit ist er bisher aufregend weit gekommen - vielleicht trifft Arsène Wenger ja irgendwann eine visionäre Entscheidung und baut ihn zu seinem Nachfolger auf. Das Zeug dazu scheint er ja zu haben, dieser Thomas Tuchel, oder, wie sie ihn in der PL wohl nennen würden, Thomas Tukkel.
Donnerstag, September 30, 2010
BMO Field Toronto
Bei Hertha sind gerade "slow news days", bis zum nächsten Spiel gegen Aaachen ist es noch eine Weile, weil es dieses Mal erst am Montag zur Sache geht. Die eher entspannte Trainingswoche mit Tabellenführung und gutem Gewissen wurde zu einem Laktakttest genützt (von dem aber keine grundstürzenden Erkenntnisse zu erwarten sind), außerdem absolvierte die Mannschaft am Mitwoch ein Showtraining in Lichtenberg. Hertha BSC treibt also geduldig seine Osterweiterung voran, das wird sowieso noch eine Weile dauern.
Die Tabloiden delektieren sich in der langsamen Zeit an dem "knallharten" Coach Markus Babbel, auf den sie endlich wieder einmal ihre Disziplinierungsphantasien so richtig ungehemmt projizieren können (nur weil er Rukavytsya gegen Cottbus daheim ließ, wofür nach der Leistung von Schulz durchaus auch sportliche Gründe zu nennen wären).
Ich nütze die Gelegenheit der ereignisarmen Tage und trage noch etwas von meiner Reise nach Toronto nach: Den kleinen Film vom Betreten des BMO Fields, wo der Toronto FC seine Heimspiele in der Major League Soccer austrägt - in Fortsetzung eines Projekts, das Simon mit kurzen Filmen aus der Allianz-Arena und dem römischen Stadio Olimpico begonnen hat, die sich irgendwo in den Tiefen meiner Seite finden, das ich im Sommer in Warschau fortgesetzt habe, und das nun auf einen Höhepunkt zusteuert: Am 16. Oktober werde ich, wenn nichts dazwischen kommt, in London zum ersten Mal das neue Arsenal Stadion "The Emirates" von innen sehen.
Die Tabloiden delektieren sich in der langsamen Zeit an dem "knallharten" Coach Markus Babbel, auf den sie endlich wieder einmal ihre Disziplinierungsphantasien so richtig ungehemmt projizieren können (nur weil er Rukavytsya gegen Cottbus daheim ließ, wofür nach der Leistung von Schulz durchaus auch sportliche Gründe zu nennen wären).
Ich nütze die Gelegenheit der ereignisarmen Tage und trage noch etwas von meiner Reise nach Toronto nach: Den kleinen Film vom Betreten des BMO Fields, wo der Toronto FC seine Heimspiele in der Major League Soccer austrägt - in Fortsetzung eines Projekts, das Simon mit kurzen Filmen aus der Allianz-Arena und dem römischen Stadio Olimpico begonnen hat, die sich irgendwo in den Tiefen meiner Seite finden, das ich im Sommer in Warschau fortgesetzt habe, und das nun auf einen Höhepunkt zusteuert: Am 16. Oktober werde ich, wenn nichts dazwischen kommt, in London zum ersten Mal das neue Arsenal Stadion "The Emirates" von innen sehen.
Sonntag, September 26, 2010
Sackhüpfen
Arsenal hat gestern im Emirates Stadium 2:3 gegen Westbromwich Albion verloren, und das war mehr als nur eine überraschende Niederlage - vielfach wird das als die frühe Ernüchterung gesehen, die aus einem Meisterschaftskandidaten wieder den Talenthaufen macht, aus dem nie wieder eine große Mannschaft hervorgehen wird.
Man muss zweieinhalb Jahre zurückgehen, um die Vorgeschichte dieser Niederlage zu begreifen. Im Januar 2008 spielte Arsenal im Carling Cup bei Tottenham Hotspur und verlor mit 1:5. Auch wenn dies nur den drittwichtigsten englischen Bewerb betraf, wurde das kleine Debakel doch als richtungsweisend empfunden, und Arsenal - zu diesem Zeitpunkt in der PL punktgleich mit MeanU auf Platz 2 - beendete das Jahr tatsächlich "nur" auf Platz 3. Reifetest wieder einmal nicht bestanden.
Am vergangenen Dienstag trat Arsenal wieder im Carling Cup bei Tottenham an, dieses Mal stellte Arsène Wenger eine ziemlich starke Elf auf und sah einen nach Verlängerung begeisternden 4:1-Sieg - wie gesagt, im drittwichtigsten Bewerb. Der symbolisch wichtige Triumph gegen die "fiercest rivals" erwies sich als kostspielig, denn gegen Westbrom war die Mannschaft gestern schwach, und am Ende waren zwei entscheidende Spieler schwer beschädigt.
Der Torhüter Manuel Almunia, dem Wenger bis zum Ende der Transferperiode das Misstrauen ausgesprochen hatte, indem er sich halbherzig, aber offen um Mark Schwarzer von Fulham bemüht hatte, sah bei zwei Toren schlecht aus, und wird nun nach starken Saisonbeginn wieder als Schwachpunkt betrachtet werden. (In diesem Zusammenhang fast wichtiger noch ist, dass Wenger mit Fabianski stur an einem nicht konkurrenzfähigen zweiten Tormann festhält.)
Der zweite ramponierte Spieler ist Laurent Koscielny, der mit brillanten Leistungen in die Saison gestartet war, gestern aber zum Opfer einer generellen Problematik wurde: Die ehemals großen Fullbacks von Arsenal, Clichy und Sagna, sind nicht mehr ganz auf der Höhe von einst. Dazu kommen ein seit Wochen schwacher Arshavin, der auf links defensiv auch viele Lücken lässt, ein wieder einmal unkonzentrierter Abou Diaby im Mittelfeld, ein vazierender Ebouè, und schon ist der momentan grandiose Samir Nasri weitgehend auf sich allein gestellt.
Westbrom bot gestern das, was Mainz in der Bundesliga zeigt - perfektes Pressing, geschicktes Laufen, freche Pässe, eiskalten Abschluss. Am Ende hüpften die "Baggies" jubelnd über das Feld. In der PL sieht man noch viel deutlicher, was auch in der Liga deutlich ist: Mittlere Mannschafte mit kompetenten Trainern stellen die großen Teams Woche für Woche vor enorme Herausforderungen. Sunderland, Birmingham, Westbrom sind momentan in England die "upsetters", auch Bolton schließt auf. Vor ein paar Jahren hätte man das noch Konzeptfußball genannt, der Begriff hätte sich sicher nicht so schnell verschlissen, wäre er nicht damals mit Uwe Rapolder und Bielefeld in Verbindung gestanden.
Gewinner der Runde in England ist nun Manchester City, die Chelsea mit einer kühlen Performance die Luft ausließen, ein Konter genügte Tevez zum entscheidenden Tor. Und das alles musste ich mir gestern auch noch zu dem oberflächlichen Geschwätz der deutschen Kommentatoren anhören, weil Sky ohne Angabe von Gründen den englischen Kommentar aus dem World Feed abgeschaltet hat, angeblich nur an diesem Wochenende, aber in der gewohnten Kundenfeindlichkeit ohne Angabe von Gründen und ohne Ausdruck des Bedauerns.
Man muss zweieinhalb Jahre zurückgehen, um die Vorgeschichte dieser Niederlage zu begreifen. Im Januar 2008 spielte Arsenal im Carling Cup bei Tottenham Hotspur und verlor mit 1:5. Auch wenn dies nur den drittwichtigsten englischen Bewerb betraf, wurde das kleine Debakel doch als richtungsweisend empfunden, und Arsenal - zu diesem Zeitpunkt in der PL punktgleich mit MeanU auf Platz 2 - beendete das Jahr tatsächlich "nur" auf Platz 3. Reifetest wieder einmal nicht bestanden.
Am vergangenen Dienstag trat Arsenal wieder im Carling Cup bei Tottenham an, dieses Mal stellte Arsène Wenger eine ziemlich starke Elf auf und sah einen nach Verlängerung begeisternden 4:1-Sieg - wie gesagt, im drittwichtigsten Bewerb. Der symbolisch wichtige Triumph gegen die "fiercest rivals" erwies sich als kostspielig, denn gegen Westbrom war die Mannschaft gestern schwach, und am Ende waren zwei entscheidende Spieler schwer beschädigt.
Der Torhüter Manuel Almunia, dem Wenger bis zum Ende der Transferperiode das Misstrauen ausgesprochen hatte, indem er sich halbherzig, aber offen um Mark Schwarzer von Fulham bemüht hatte, sah bei zwei Toren schlecht aus, und wird nun nach starken Saisonbeginn wieder als Schwachpunkt betrachtet werden. (In diesem Zusammenhang fast wichtiger noch ist, dass Wenger mit Fabianski stur an einem nicht konkurrenzfähigen zweiten Tormann festhält.)
Der zweite ramponierte Spieler ist Laurent Koscielny, der mit brillanten Leistungen in die Saison gestartet war, gestern aber zum Opfer einer generellen Problematik wurde: Die ehemals großen Fullbacks von Arsenal, Clichy und Sagna, sind nicht mehr ganz auf der Höhe von einst. Dazu kommen ein seit Wochen schwacher Arshavin, der auf links defensiv auch viele Lücken lässt, ein wieder einmal unkonzentrierter Abou Diaby im Mittelfeld, ein vazierender Ebouè, und schon ist der momentan grandiose Samir Nasri weitgehend auf sich allein gestellt.
Westbrom bot gestern das, was Mainz in der Bundesliga zeigt - perfektes Pressing, geschicktes Laufen, freche Pässe, eiskalten Abschluss. Am Ende hüpften die "Baggies" jubelnd über das Feld. In der PL sieht man noch viel deutlicher, was auch in der Liga deutlich ist: Mittlere Mannschafte mit kompetenten Trainern stellen die großen Teams Woche für Woche vor enorme Herausforderungen. Sunderland, Birmingham, Westbrom sind momentan in England die "upsetters", auch Bolton schließt auf. Vor ein paar Jahren hätte man das noch Konzeptfußball genannt, der Begriff hätte sich sicher nicht so schnell verschlissen, wäre er nicht damals mit Uwe Rapolder und Bielefeld in Verbindung gestanden.
Gewinner der Runde in England ist nun Manchester City, die Chelsea mit einer kühlen Performance die Luft ausließen, ein Konter genügte Tevez zum entscheidenden Tor. Und das alles musste ich mir gestern auch noch zu dem oberflächlichen Geschwätz der deutschen Kommentatoren anhören, weil Sky ohne Angabe von Gründen den englischen Kommentar aus dem World Feed abgeschaltet hat, angeblich nur an diesem Wochenende, aber in der gewohnten Kundenfeindlichkeit ohne Angabe von Gründen und ohne Ausdruck des Bedauerns.
Samstag, September 25, 2010
Horizontaltackling
Das niedrigere Niveau in der zweeten Liga bezieht sich auch auf die Menschen, die davon berichten. Der von mir abonnierte Bezahlsender entsendet zu den Spielen von Hertha zwar immer noch gelegentlich einen von den wenigen Profis, die er unter seinen Kommentatoren hat. Häufig aber kommen Menschen zu Wort, die Nico Schulz bis heute für einen Verteidiger halten (weil der Junge vor langer Zeit mal in dieser Kategorie geführt wurde), und die glauben, in den unteren Spielklassen müsste mehr gegrätscht werden.
So erregte gestern in Cottbus ein leidenschaftliches Einschreiten von Raffael Aufsehen, der um die 65. Minute ein schwungvolles Horizontaltackling hinlegte, sich rasch wieder auf seine zwei Beine begab und mit dem gewonnenen Ball einen Konter einleitete, der dann allerdings "nicht gut zu Ende gespielt wurde".
Die Hertha konnte sich das leisten, denn Energie Cottbus schoss gestern mehrmals mit Verve knapp daneben, vor allem Emil Jula tat sich wieder dabei hervor (ich habe seine Chance noch deutlich vor Augen, die er vor eineinhalb Jahren vernebelte, als Hertha schließlich 3:1 in der Lausitz gewann und danach der Manager tanzte - damals war ich auch selbst vor Ort).
Hertha gewann das Spitzenspiel in dieser frühen Phase der Saison mit 1:0 durch ein Tor von Friend nach mächtiger Banane von Lell und Ableger per Schienbein von Ramos. Der echte Freund stand dort, wo er in so einer Situation erwartet wird: im Fünfmeterraum.
Der Sieg war verdient, weil die Spielkontrolle trotz einer Reihe brenzliger Situationen eindeutig in Berliner Hand lag. Es fehlte nur die letzte Konzentration, die sich die Spieler erst allmählich erarbeiteten. Ein Beispiel dafür war Lell, der eine Stunde brauchte, um seinen dynamischen Vorstößen auch ein wenig Präzision beizufügen, auch das Zusammenspiel mit Schulz bedurfte der allmählichen Abstimmung. (Auch Mijatovic scheint immer gegen Ende der Spiele besser zu werden.)
Für meine Begriffe war es aber wieder das neue, noch nicht magische, aber doch schon sehr wirksame Dreieck aus Niemeyer, Raffael und Domovchyiski, das den entscheidenen Vorteil verschaffte. Raffael ging gelegentlich so leidenschaftlich auf den ballführenden Gegenspieler, dass er nach gut dreißig Minuten nur knapp einer roten Karte entging - eine brutale Grätsche ging zu diesem Zeitpunkt zum Glück ins Leere, Foul musste nicht gepfiffen werden.
Dass schließlich ganz am Ende ausgerechnet Ramos einen Ball von Radu knapp vor der Linie entschärfte, spricht ebenfalls für eine neue Geistesgegenwart aller Beteiligten (dass der Rumäne allerdings dort halblinks überhaupt so allein stehen konnte, hat mit einem übertriebenen Verschieben zu tun).
Die Grätsche muss nicht das Stilmittel dieser Zweitliga-Hertha werden, es reicht, wenn sie sich auf das geschickte Tackling konzentriert, und auf das Ablaufen, das auf kluger Laufarbeit beruht, und das gestern nicht nur Niemeyer mehrmals demonstrierte. Wir sind in der zweiten Liga, das sechste Spiel brachte einen wichtigen Sieg, die Hertha wappnet sich mit Punkten für schwierigere Zeiten, die sicher noch kommen werden, zum Beispiel dann, wenn die Füße kalt werden und der Boden schwer.
So erregte gestern in Cottbus ein leidenschaftliches Einschreiten von Raffael Aufsehen, der um die 65. Minute ein schwungvolles Horizontaltackling hinlegte, sich rasch wieder auf seine zwei Beine begab und mit dem gewonnenen Ball einen Konter einleitete, der dann allerdings "nicht gut zu Ende gespielt wurde".
Die Hertha konnte sich das leisten, denn Energie Cottbus schoss gestern mehrmals mit Verve knapp daneben, vor allem Emil Jula tat sich wieder dabei hervor (ich habe seine Chance noch deutlich vor Augen, die er vor eineinhalb Jahren vernebelte, als Hertha schließlich 3:1 in der Lausitz gewann und danach der Manager tanzte - damals war ich auch selbst vor Ort).
Hertha gewann das Spitzenspiel in dieser frühen Phase der Saison mit 1:0 durch ein Tor von Friend nach mächtiger Banane von Lell und Ableger per Schienbein von Ramos. Der echte Freund stand dort, wo er in so einer Situation erwartet wird: im Fünfmeterraum.
Der Sieg war verdient, weil die Spielkontrolle trotz einer Reihe brenzliger Situationen eindeutig in Berliner Hand lag. Es fehlte nur die letzte Konzentration, die sich die Spieler erst allmählich erarbeiteten. Ein Beispiel dafür war Lell, der eine Stunde brauchte, um seinen dynamischen Vorstößen auch ein wenig Präzision beizufügen, auch das Zusammenspiel mit Schulz bedurfte der allmählichen Abstimmung. (Auch Mijatovic scheint immer gegen Ende der Spiele besser zu werden.)
Für meine Begriffe war es aber wieder das neue, noch nicht magische, aber doch schon sehr wirksame Dreieck aus Niemeyer, Raffael und Domovchyiski, das den entscheidenen Vorteil verschaffte. Raffael ging gelegentlich so leidenschaftlich auf den ballführenden Gegenspieler, dass er nach gut dreißig Minuten nur knapp einer roten Karte entging - eine brutale Grätsche ging zu diesem Zeitpunkt zum Glück ins Leere, Foul musste nicht gepfiffen werden.
Dass schließlich ganz am Ende ausgerechnet Ramos einen Ball von Radu knapp vor der Linie entschärfte, spricht ebenfalls für eine neue Geistesgegenwart aller Beteiligten (dass der Rumäne allerdings dort halblinks überhaupt so allein stehen konnte, hat mit einem übertriebenen Verschieben zu tun).
Die Grätsche muss nicht das Stilmittel dieser Zweitliga-Hertha werden, es reicht, wenn sie sich auf das geschickte Tackling konzentriert, und auf das Ablaufen, das auf kluger Laufarbeit beruht, und das gestern nicht nur Niemeyer mehrmals demonstrierte. Wir sind in der zweiten Liga, das sechste Spiel brachte einen wichtigen Sieg, die Hertha wappnet sich mit Punkten für schwierigere Zeiten, die sicher noch kommen werden, zum Beispiel dann, wenn die Füße kalt werden und der Boden schwer.
Freitag, September 24, 2010
Stadium der Freundschaft
Eine Reihe von beruflichen Reisen hat es mit sich gebracht, dass ich bisher noch gar nicht so richtig in die Saison gekommen bin. Jetzt bin ich aber wieder in Berlin, und muss demnächst auch nicht mehr gröber weg. Gestern habe ich mir dann gleich einmal das 4:0 gegen den Karlsruher SC vom Dienstag noch angeschaut, der dritte Heimsieg, der erste ohne Gegentor - und eigentlich auch ohne Gegenwehr.
Die Mannschaft aus dem Südwesten hat es der Hertha sehr leicht gemacht, die befreundeten Fans beider Clubs hatten Party. Nach 14 (anderen Zeitrechnungen zufolge nach 17) Sekunden lag Hertha bereits mit 1:0 in Führung, nachdem Ramos sich über links in den Strafraum durchgesetzt hatte. Der Kolumbianer hatte zusammen mit Raffael nach dem Spiel bei Union eine Sonderschicht mit Babbels Co Rainer Widmayer absolvieren müssen, er zeigte sich besser konzentiert und arbeitete auch defensiv eine Menge mit.
Entscheidend für den Erfolg war aber der Aktionsradius von Raffael, der wieder wie das Herz der Mannschaft auftrat, sich die Bälle weit hinten holte und sehr präsent war, auch in den Zweikämpfen. Zusammen mit dem diskreteren, aber auch nicht faulen Domo und dem starken Sechser Niemeyer ergab das eine plausible Leistung, die auch dazu führte, dass von der Viererkette nicht allzu viel verlangt wurde - in drei, vier Situationen war auch gegen Karlsruhe zu erkennen, wie leicht Hubnik und Mijatovic von einer auch nur ein wenig besseren Mannschaft auszuhebeln sind.
Da wird schon heute gegen den Energie Cottbus mehr geistige und körperliche Wendigkeit und Gegenwart aufzubringen sein, um die Tabellenführung zu verteidigen (wozu aller Voraussicht nach ein Remis nicht reichen würde).
Generell muss ich mich auf den Fußball in der zweiten Liga erst einstellen, ich bekomme die Scharfstellung meines Blicks noch nicht so recht hin, weil der Unterschied zwischen Topspielen (fast alle in der Premier League, aber auch die Bundesliga verzeichnet bemerkenswerte Qualitätsschübe, kommt mir vor) und Liga zwee doch beträchtlich ist. So kommt mir ein Auftritt wie der des KSC fast ein wenig surreal vor (verglichen zum Beispiel mit einem sagenhaft umkämpften Match wie dem 4:1 n.V. des FC Arsenal bei Tottenham ebenfalls am Dienstag im englischen Carling Cup).
Aber gegen Cottbus wird das wohl schon deutlich kompetitiver sein, wenn die Hertha heute aus dem Stadium der Freundschaft (mit dem KSC) in das Stadion der Freundschaft muss, wo es sicher keine Geschenke geben wird.
Die Mannschaft aus dem Südwesten hat es der Hertha sehr leicht gemacht, die befreundeten Fans beider Clubs hatten Party. Nach 14 (anderen Zeitrechnungen zufolge nach 17) Sekunden lag Hertha bereits mit 1:0 in Führung, nachdem Ramos sich über links in den Strafraum durchgesetzt hatte. Der Kolumbianer hatte zusammen mit Raffael nach dem Spiel bei Union eine Sonderschicht mit Babbels Co Rainer Widmayer absolvieren müssen, er zeigte sich besser konzentiert und arbeitete auch defensiv eine Menge mit.
Entscheidend für den Erfolg war aber der Aktionsradius von Raffael, der wieder wie das Herz der Mannschaft auftrat, sich die Bälle weit hinten holte und sehr präsent war, auch in den Zweikämpfen. Zusammen mit dem diskreteren, aber auch nicht faulen Domo und dem starken Sechser Niemeyer ergab das eine plausible Leistung, die auch dazu führte, dass von der Viererkette nicht allzu viel verlangt wurde - in drei, vier Situationen war auch gegen Karlsruhe zu erkennen, wie leicht Hubnik und Mijatovic von einer auch nur ein wenig besseren Mannschaft auszuhebeln sind.
Da wird schon heute gegen den Energie Cottbus mehr geistige und körperliche Wendigkeit und Gegenwart aufzubringen sein, um die Tabellenführung zu verteidigen (wozu aller Voraussicht nach ein Remis nicht reichen würde).
Generell muss ich mich auf den Fußball in der zweiten Liga erst einstellen, ich bekomme die Scharfstellung meines Blicks noch nicht so recht hin, weil der Unterschied zwischen Topspielen (fast alle in der Premier League, aber auch die Bundesliga verzeichnet bemerkenswerte Qualitätsschübe, kommt mir vor) und Liga zwee doch beträchtlich ist. So kommt mir ein Auftritt wie der des KSC fast ein wenig surreal vor (verglichen zum Beispiel mit einem sagenhaft umkämpften Match wie dem 4:1 n.V. des FC Arsenal bei Tottenham ebenfalls am Dienstag im englischen Carling Cup).
Aber gegen Cottbus wird das wohl schon deutlich kompetitiver sein, wenn die Hertha heute aus dem Stadium der Freundschaft (mit dem KSC) in das Stadion der Freundschaft muss, wo es sicher keine Geschenke geben wird.
Samstag, September 18, 2010
Blunderland
Meine beiden Teams marschieren im Gleichschritt, aber sie tun es in quite a different fashion. Arsenal musste gerade bei Sunderland ganz spät den Ausgleichstreffer hinnehmen und spielte 1:1 in einem typischen PL-Thiller mit allem, was das Spiel zu bieten hat, darunter auch diskutables Refereeing.
Aber man muss zuerst einmal den Führungstreffer durch Fabregas gesehen haben. Selten wurde "work rate" deutlicher belohnt - der Versuch einer Balleroberung in einem Bereich des Spiels, in dem schlechtere Spieler das Pressing allenfalls andeuten, führte hier zu einem Querschläger über 30 Meter und zur frühen Führung.
Ein "freak goal", so nennt man das in England, bald darauf musste Fabregas raus, und Arsenal bekam es mit einem Spiel zu tun, das ausnahmsweise fast ausschließlich der Gegner machte. Sie hingen also drinnen dort, bis zur 95. Minute, als Phil Dowd eigentlich schon abgepfiffen hätte haben sollen, er ließ aber noch einen Bonusangriff vortragen, und daraus wurde das 1:1. So ist dieses Spiel. I just love it (ich würde es noch mehr lieben, hätte Arsenal das über die Zeit gebracht).
Aber man muss zuerst einmal den Führungstreffer durch Fabregas gesehen haben. Selten wurde "work rate" deutlicher belohnt - der Versuch einer Balleroberung in einem Bereich des Spiels, in dem schlechtere Spieler das Pressing allenfalls andeuten, führte hier zu einem Querschläger über 30 Meter und zur frühen Führung.
Ein "freak goal", so nennt man das in England, bald darauf musste Fabregas raus, und Arsenal bekam es mit einem Spiel zu tun, das ausnahmsweise fast ausschließlich der Gegner machte. Sie hingen also drinnen dort, bis zur 95. Minute, als Phil Dowd eigentlich schon abgepfiffen hätte haben sollen, er ließ aber noch einen Bonusangriff vortragen, und daraus wurde das 1:1. So ist dieses Spiel. I just love it (ich würde es noch mehr lieben, hätte Arsenal das über die Zeit gebracht).
Ostgut
Das Berliner Derby habe ich noch in Toronto gesehen, kurz vor dem Rückflug, in einem Stream, der ausreichend Eindrücke gab, um das 1:1 ein wenig einordnen zu können. Ein schnelles Tor, wie es Niemeyer in diesem Fall gleich nach Spielbeginn per Kopf erzielte, reicht eben nicht, es müssen schon mindestens zwei sein, und dann sollte der Gegner auch noch nach Möglichkeit so devot sein wie die Bielefelder Arminia neulich.
Bei Union war das anders, sie waren motiviert, und sie ließen sich von der Hertha ins Spiel bitten, weil diese sich zunehmend empfahl - sie wollte mit diesem Derby nach dem Führungstreffer nicht mehr ganz so viel zu tun haben wie der Gegner. Das ergab schließlich in Summe 36 Prozent Ballbesitz und einen späten Ausgleichstreffer nach dem gefühlten zwanzigsten weitgehend unbehinderten Distanzschuss.
Woran haperte es? Coach Babbel änderte zur Halbzeit das System und brachte Perdedaj für Raffael, das war ein richtiger Gedanke, doch personell halte ich ihn für verkehrt - dass Domovchyiski besser gewesen wäre als der Brasilianer, ist mir nicht aufgefallen, und dass der Trainer sich ausgerechnet Raffael nun schon mehrmals zu öffentlichen Disziplinierungen ausgesucht hat (denn dieser Wechsel zur Pause gestern war auch wieder eine), zeugt von riskanter Psychologie.
Raffael ist eigentlich ein Typ, der anders zu motivieren ist, zumindest konnte das in der Abstiegssaison so erscheinen: Er lässt sich nicht unter Druck setzen, er lässt sich aber in die Verantwortung nehmen. Man muss ihn überzeugen, aber auch (positiv) privilegieren. Babbel aber privilegiert ihn negativ. Ich bin jedenfalls gespannt, ob der Coach und sein bester Spieler diese kleine Privatfehde, die es nun ja bald ist, wieder in den Griff kriegen.
Als es in der zweiten Halbzeit darum ging, gegen den zunehmenden Druck der Union wieder ein wenig Struktur ins Spiel zu bringen, war Domo jedenfalls auch nicht der Mann dafür, und der besonders schwache Ramos spielte sogar durch. Der schöne Sieg gegen Bielefeld war wohl doch eher trügerisch - die Hertha 2010 in Liga zwee hat spielerisch durchaus ihre Probleme, oder sagen wir es so: sie schafft es nicht immer, so richtig als Mannschaft aufzutreten. Das Personal ist da, aber es fehlt noch so etwas wie eine Struktur, eine Gruppendynamik, die von jemand ausgehen müsste - aber von wem? Das wird Babbel herausarbeiten müssen.
Bei Union war das anders, sie waren motiviert, und sie ließen sich von der Hertha ins Spiel bitten, weil diese sich zunehmend empfahl - sie wollte mit diesem Derby nach dem Führungstreffer nicht mehr ganz so viel zu tun haben wie der Gegner. Das ergab schließlich in Summe 36 Prozent Ballbesitz und einen späten Ausgleichstreffer nach dem gefühlten zwanzigsten weitgehend unbehinderten Distanzschuss.
Woran haperte es? Coach Babbel änderte zur Halbzeit das System und brachte Perdedaj für Raffael, das war ein richtiger Gedanke, doch personell halte ich ihn für verkehrt - dass Domovchyiski besser gewesen wäre als der Brasilianer, ist mir nicht aufgefallen, und dass der Trainer sich ausgerechnet Raffael nun schon mehrmals zu öffentlichen Disziplinierungen ausgesucht hat (denn dieser Wechsel zur Pause gestern war auch wieder eine), zeugt von riskanter Psychologie.
Raffael ist eigentlich ein Typ, der anders zu motivieren ist, zumindest konnte das in der Abstiegssaison so erscheinen: Er lässt sich nicht unter Druck setzen, er lässt sich aber in die Verantwortung nehmen. Man muss ihn überzeugen, aber auch (positiv) privilegieren. Babbel aber privilegiert ihn negativ. Ich bin jedenfalls gespannt, ob der Coach und sein bester Spieler diese kleine Privatfehde, die es nun ja bald ist, wieder in den Griff kriegen.
Als es in der zweiten Halbzeit darum ging, gegen den zunehmenden Druck der Union wieder ein wenig Struktur ins Spiel zu bringen, war Domo jedenfalls auch nicht der Mann dafür, und der besonders schwache Ramos spielte sogar durch. Der schöne Sieg gegen Bielefeld war wohl doch eher trügerisch - die Hertha 2010 in Liga zwee hat spielerisch durchaus ihre Probleme, oder sagen wir es so: sie schafft es nicht immer, so richtig als Mannschaft aufzutreten. Das Personal ist da, aber es fehlt noch so etwas wie eine Struktur, eine Gruppendynamik, die von jemand ausgehen müsste - aber von wem? Das wird Babbel herausarbeiten müssen.
Mittwoch, September 15, 2010
Umstundung
Zwei Tage vor dem Derby gegen Union hält der Zoff noch an, der sich daran entzündet hat, dass eine Stundung der Stadionmiete bekannt wurde, die Hertha schon in der Rückrunde der letzten Saison eingeräumt worden war. Da diese Miete nun nachträglich zurückgezahlt wird, können die aktuellen Zahlungen nicht bedient werden, die nun neuerlich gestundet werden, diese sollten allerdings niedriger sein, denn in der zweeten Liga ist die Miete niedriger.
Bei der Union regt das manchen auf, dass der teuerste Kader der Konkurrenz indirekt auch noch durch den Berliner Senat gefördert wird. Tatsächlich sieht das nicht gut aus, ein Vorwurf ist den Anbietern der Leistung allerdings nicht zu machen, denn sie haben für das Olympiastadion außer der Hertha keinen dauerhaften Mieter und sind damit in etwa in der Situation eines Investors, der an unrentabler Lage ein großes Objekt errichtet hat und nun seinem einzigen potentiellen Mieter ziemlich hilflos ausgeliefert ist.
Bedenklicher ist die Sache aus der Perspektive von Hertha, denn diese hat versucht, diesen Umstand vor den Mitgliedern und vor der Öffentlichkeit wenn schon nicht zu verheimlichen, dann doch zumindest so offensiv wie möglich nicht zu thematisieren. Das fällt ganz eindeutig unter Mauschelei, denn gerade dann, wenn der Eindruck entstehen könnte, hier richte es sich ein Club mit der lokalen Politik, ist Transparenz oberstes Gebot. Hertha hat auf diese Weise ja auch seine Fans bloßgestellt, die sich zu Recht über die indirekte Hilfe eines städtischen Gelsenkirchener Unternehmens an Schalke 04 mokiert haben, und nun blöd dastehen.
Das Detail aus dem Haushalt verdeutlicht nur, was ohnehin allen klar ist: Die Saison 2010/2011 hat etwas von einem Hasardakt. Dass der Hertha jetzt ausgerechnet vor dem Derby eine schwache Karte aus dem Blatt gefallen ist, bleibt hoffentlich ein Detail, das den großen Plan nicht stört. Die Gelegenheit, diese peinliche Sache offen und unumwunden nach vorn zu bringen, wurde im Mai 2010 versäumt, als zweimal die Mitglieder der Geschäftsführung und dem Präsidenten gegenüber saßen. Vielleicht wurde es ja sogar erwähnt, dann war ich aber nicht der einzige, der es überhört hat. Von damals bleibt mir als nachdrücklich immer noch die Aussage von Finanzvorstand Ingo Schiller in Erinnerung: "Die kommende Saison ist auch ohne Transfererlöse durchfinanziert." Bei aller Interpretierbarkeit selbst dieses Satzes - war das nicht einfach ganz eklatant gelogen?
Bei der Union regt das manchen auf, dass der teuerste Kader der Konkurrenz indirekt auch noch durch den Berliner Senat gefördert wird. Tatsächlich sieht das nicht gut aus, ein Vorwurf ist den Anbietern der Leistung allerdings nicht zu machen, denn sie haben für das Olympiastadion außer der Hertha keinen dauerhaften Mieter und sind damit in etwa in der Situation eines Investors, der an unrentabler Lage ein großes Objekt errichtet hat und nun seinem einzigen potentiellen Mieter ziemlich hilflos ausgeliefert ist.
Bedenklicher ist die Sache aus der Perspektive von Hertha, denn diese hat versucht, diesen Umstand vor den Mitgliedern und vor der Öffentlichkeit wenn schon nicht zu verheimlichen, dann doch zumindest so offensiv wie möglich nicht zu thematisieren. Das fällt ganz eindeutig unter Mauschelei, denn gerade dann, wenn der Eindruck entstehen könnte, hier richte es sich ein Club mit der lokalen Politik, ist Transparenz oberstes Gebot. Hertha hat auf diese Weise ja auch seine Fans bloßgestellt, die sich zu Recht über die indirekte Hilfe eines städtischen Gelsenkirchener Unternehmens an Schalke 04 mokiert haben, und nun blöd dastehen.
Das Detail aus dem Haushalt verdeutlicht nur, was ohnehin allen klar ist: Die Saison 2010/2011 hat etwas von einem Hasardakt. Dass der Hertha jetzt ausgerechnet vor dem Derby eine schwache Karte aus dem Blatt gefallen ist, bleibt hoffentlich ein Detail, das den großen Plan nicht stört. Die Gelegenheit, diese peinliche Sache offen und unumwunden nach vorn zu bringen, wurde im Mai 2010 versäumt, als zweimal die Mitglieder der Geschäftsführung und dem Präsidenten gegenüber saßen. Vielleicht wurde es ja sogar erwähnt, dann war ich aber nicht der einzige, der es überhört hat. Von damals bleibt mir als nachdrücklich immer noch die Aussage von Finanzvorstand Ingo Schiller in Erinnerung: "Die kommende Saison ist auch ohne Transfererlöse durchfinanziert." Bei aller Interpretierbarkeit selbst dieses Satzes - war das nicht einfach ganz eklatant gelogen?
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