Mit einem 2:1 gegen FSV Frankfurt hat Hertha dieses Jahr beendet. Das Spiel führte tief in die Geheimnisse des Fußballs, am Ende zählt aber auch hier nur die Statistik: 42 Punkte aus 19 Spielen, das ist mehr als in der Zweitligasaison vor zwei Jahren. Das ist beeindruckend, und das Spiel gegen Frankfurt machte beinahe den Eindruck, als wäre es selbst beeindruckt von dieser Hertha. Denn am Ende ergab es sich einfach, sodass ein Rückstand noch gedreht werden konnte. Der Kicker schrieb danach von einer Willensleistung, die notwendig war, um das Match zu drehen. Es war aber auch eine Mischung aus Zufall, Intuition, unklarer Regelauslegung, und dem Beitrag eines Mannes, der zu Recht zum Herthaner der Hinrunde gekürt wurde: Fabian Lustenberger war bei der Entstehung des Siegtreffers auf entscheidende Weise "instrumental", wie man da in England so schönt sagt. Der Schweizer macht jetzt auch noch den Hubnik (minus dessen Aussetzern) und schaltet sich vorne ein, wenn es Spitz auf Knopf steht. Es sagt viel über den Coach, von dem Hertha derzeit geleitet wird, dass er sich ohne Ansehen von Stand und Rang auf diese Innenverteidigung festgelegt hat: Lustenberger und Brooks wurden kaum rotiert (während Holland nach der Vertragsunterzeichung bis 2016 gleich einmal geschont wurde).
Wie schon im Hinspiel, als Brooks einem Gegentreffer den Weg bereitete, trug er auch dieses Mal mit einem Foul an der Strafraumgrenze dazu bei, dass der FSV an seinem Nimbus als Hertha-Nemesis arbeiten konnte: Der Freistoß wurde im Nachschuss zum 1:0 verwertet. Danach wechselte der Coach mehrfach offensiv ein, mit Mukhtar und Kachunga kamen junge Leute, aber es war der bis dahin eher schwache Ronny, der bei einem Freistoß für Hertha nicht auf seinen starken linken Fuß setzte, sondern ohne auf Ballfreigabe, Mauer etc. zu warten kurz auf Ndjeng spielte, der in den Sechzehner lief und kühl verwertete. Das war regulär, aber es bleibt immer ein wenig Ratlosigkeit, denn ganz offensichtlich war auch der Referee auf einen ruhenden Ball eingestellt, gesperrt war er aber nicht, und so zählte der Treffer. Ronny kam dann wenig später doch noch zum Schuss, dieses Mal aus dem Spiel heraus, und so ist zu diesem Weihnachtsfest für Hertha wirklich fast alles Eierlikör, vor allem der Vorsprung auf den FCK.
Unübersehbar war gegen FSV Frankfurt (das Spiel gegen Paderborn habe ich leider nicht gesehen), dass die Hertha-Offensive durchaus Probleme hat im Moment. Allagui fremdelt, Sahar auch, Ronny lässt sich zu leicht den Ball wegnehmen, Ramos suchte ihn auf dem ganzen Feld, so war es Kluge, der die Arbeit der Spielorganisation übernahm. Hertha gewann schließlich (und nicht zum ersten Mal) eher glücklich, und doch folgerichtig, wenn man sich die Zahlen ansieht: späte Tore gab es mehrfach, es existiert etwas in diesem Team, das in den letzten drei Monaten entstanden ist, eine Art unverdrossener Optimismus, das Glück auf seine Seite zwingen zu können (bestärkt von dem Wissen, dass es nicht ganz so schlimm ist, wenn das nicht gelingt, wie gegen Köln).
Die Ostkurve bemühte sich nach Kräften, den Protest gegen die DFL nicht in Weihnachtsstimmung aufzulösen, doch da zeigte sich, dass es gar nicht leicht ist, bei einem Spiel nicht mitzugehen. Hertha war nicht mitreißend, hat aber im Moment etwas von einem zielstrebigen Wanderer, dem man sich gern anschließen möchte, weil er das Gefühl vermittelt, er hätte die beste Schrittfrequenz, um den Gipfel zu erreichen.
Sonntag, Dezember 16, 2012
Donnerstag, Dezember 06, 2012
Sein linker Fuß
Es zählt zu den besten Momenten für Fußballbeobachter, wenn er ein Tor noch in der Entstehung schon begreift. So war es am Montagabend, als Ronny das Auswärtsspiel in Cottbus entschied. Diese Ballannahme am Sechzehnereck, in der eine mögliche Drehung schon enthalten war, das ließ sich vor dem Fernseher (als Möglichkeit) ausnehmen, inklusive der kurzen Ecke, die sich gleich danach anbieten würde. Die Freiheit der Schussbahn konnte sich nur in den Hundertstelsekunden ergeben, die zusammen genommen eine Aktion von vielleicht zwei Sekunden Dauer ausmachen, die aber doch im Kopf des Zuschauers (in den des Spielers kann ich ja nicht hineinschauen, aber da muss es ganz ähnlich sein) eine äußerst komplexe und doch ungeheuer einfache Sach ergeben: Ballannahme, Drehung, Tor. Die Qualität der Ballannahme (der Ball kam steil von oben) war in diesem Fall der entscheidende Faktor, alles andere war Trademark Ronny.
Hertha hat damit ein Spiel gewonnen, das gut auch remis hätte enden können. Ronny hat nämlich die Probleme hintangestellt, die durchaus vorhanden sind. Ramos fehlte, Ben-Hatira fehlt schon länger, Pekariks Fehlen lässt Djeng vorne fehlen. Allagui ist kein Winger. Sandro Wagner ist kein guter "target man". Das sah man besonders deutlich bei einer exzellenten Konterchance für Hertha kurz vor dem Gegentor, als Wagner es schaffte, den "linking pass" hinter die nachrückenden Kollegen ins Seitenaus in der Bastians-Gegend zu spielen. JLu stellt im Moment so auf, dass er zugleich Kaderpolitik und Talentabwägung betreibt. Er hält die Gruppe zusammen, auch um den Preis, dass es der Mannschaft ein bisschen an offensiver Schärfe fehlt.
Bei aller Freude über Ronny sollte man ja nicht übersehen, dass er durchaus zerstreut sein kann; er verliert auch eine Menge Bälle, und ein wenig musste man in Cottbus sogar Sorge haben, dass er sich eine zweite gelbe Karte einhandeln könnte. Doch er hat eine ganze Reihe entscheidender Momente gehabt in dieser Zweitligahinrunde. Zweifellos ist er der Herthaner der Stunde. Das lässt es abgebracht erscheinen, noch einmal an das Spiel zu erinnern, mit dem das Kalenderjahr für uns begonnen hat: Vor dem Auswärtsspiel in Nürnberg ließ der neue Coach Skibbe verkünden, dass er auf Ronny als Spielmacher setzen wolle; nach 45 (zugegeben schwachen) Minunten nahm er ihn aus der Mannschaft, und damit war die erste taktische Idee von Skibbe perdu. (Was den Abstieg anlangt, glaube ich immer noch, dass das sehr unglückliche Ausscheiden gegen Gladbach im Pokal das entscheidende Spiel war: Aber damit kommen wir nur in das Dickicht der Konjunktive, und mittelfristig wären wir mit Skibbe sicher nicht glücklich geworden.)
Jos Luhukay hat hingegen eine Personalpolitik, die anscheinend sehr langmütig ist, und es zahlt sich auch aus. Ramos fand wieder in die Spur, Ronny erfand sich nahezu neu, Lustenberger wird der neue Arne (nur weniger verkrampft), Holland hat Angebote, Brooks wird der neue Simunic. In Paderborn sollte die lange Serie der ungeschlagenen Spiele halten, dann könnte Hertha sich über den Winter in aller Ruhe personell neu aufstellen - mit den aus Verletzungspausen zurückkommenden Spielern wird der Wettbewerb nämlich noch einmal deutlich härter werden (Exempel: Hubnik). Luhukay macht da viel richtig, vor allem scheint er es auch gut zu kommunizieren (nach innen). Sieht viel danach aus, dass Entscheidungsträger ohne Profilierungsneurosen eben doch die bessere Arbeit leisten.
Hertha hat damit ein Spiel gewonnen, das gut auch remis hätte enden können. Ronny hat nämlich die Probleme hintangestellt, die durchaus vorhanden sind. Ramos fehlte, Ben-Hatira fehlt schon länger, Pekariks Fehlen lässt Djeng vorne fehlen. Allagui ist kein Winger. Sandro Wagner ist kein guter "target man". Das sah man besonders deutlich bei einer exzellenten Konterchance für Hertha kurz vor dem Gegentor, als Wagner es schaffte, den "linking pass" hinter die nachrückenden Kollegen ins Seitenaus in der Bastians-Gegend zu spielen. JLu stellt im Moment so auf, dass er zugleich Kaderpolitik und Talentabwägung betreibt. Er hält die Gruppe zusammen, auch um den Preis, dass es der Mannschaft ein bisschen an offensiver Schärfe fehlt.
Bei aller Freude über Ronny sollte man ja nicht übersehen, dass er durchaus zerstreut sein kann; er verliert auch eine Menge Bälle, und ein wenig musste man in Cottbus sogar Sorge haben, dass er sich eine zweite gelbe Karte einhandeln könnte. Doch er hat eine ganze Reihe entscheidender Momente gehabt in dieser Zweitligahinrunde. Zweifellos ist er der Herthaner der Stunde. Das lässt es abgebracht erscheinen, noch einmal an das Spiel zu erinnern, mit dem das Kalenderjahr für uns begonnen hat: Vor dem Auswärtsspiel in Nürnberg ließ der neue Coach Skibbe verkünden, dass er auf Ronny als Spielmacher setzen wolle; nach 45 (zugegeben schwachen) Minunten nahm er ihn aus der Mannschaft, und damit war die erste taktische Idee von Skibbe perdu. (Was den Abstieg anlangt, glaube ich immer noch, dass das sehr unglückliche Ausscheiden gegen Gladbach im Pokal das entscheidende Spiel war: Aber damit kommen wir nur in das Dickicht der Konjunktive, und mittelfristig wären wir mit Skibbe sicher nicht glücklich geworden.)
Jos Luhukay hat hingegen eine Personalpolitik, die anscheinend sehr langmütig ist, und es zahlt sich auch aus. Ramos fand wieder in die Spur, Ronny erfand sich nahezu neu, Lustenberger wird der neue Arne (nur weniger verkrampft), Holland hat Angebote, Brooks wird der neue Simunic. In Paderborn sollte die lange Serie der ungeschlagenen Spiele halten, dann könnte Hertha sich über den Winter in aller Ruhe personell neu aufstellen - mit den aus Verletzungspausen zurückkommenden Spielern wird der Wettbewerb nämlich noch einmal deutlich härter werden (Exempel: Hubnik). Luhukay macht da viel richtig, vor allem scheint er es auch gut zu kommunizieren (nach innen). Sieht viel danach aus, dass Entscheidungsträger ohne Profilierungsneurosen eben doch die bessere Arbeit leisten.
Samstag, Dezember 01, 2012
Reinkarnation
Beim Spiel von Hertha gegen den FC Köln am Donnerstag ist mir etwas klar geworden, was vermutlich andere auch schon bemerkt haben: In Berlin spielt wieder ein Marcelinho. Der prägende Spieler der nuller Jahre und der Ära Hoeneß hat in Ronny eine neue Inkarnation gefunden. Die Ähnlichkeiten sind auf jeden Fall verblüffend, und nicht alle sind nur positiv. Ronny neigt, wie sein Vorgänger, auch dazu, gelegentlich ein wenig zu viel selbst zu wollen. Dann bleibt er zu lange am Ball, und läuft sich fest. Bei seinem Tor gegen Köln hatte es aber wieder Sinn, dass er so lange am Ball blieb, er zog von rechts in Richtung Mitte, den Ball auf seinem linken Fuß, und brachte sich mit jedem weiteren Schritt in eine immer bessere Position für den Torabschluss, den er dann auch zustandebrachte. Schürrle von der anderen Seite hat dieses schwer zu verteidigende Manöver in der Bundesliga eine Weile gepachtet gehabt, aber Ronny ist dafür auch bestens geeignet. Was mich an ihm vor allem an Marcelinho erinnert, ist seine Ballführung. Er schleppt häufig den Ball so mit, als klebe er am Fuß, und spielt dann manchmal einen dieser öffnenden Vertikalpässe (gegen Köln waren das zwei, drei herrliche Beispiele).
Ronny scheint sich seiner neuen Position zunehmend bewusst zu werden, er tritt jedenfalls sehr selbstbewusst auf, geht lange Wege auf dem Platz, und hat sich somit auf jener Spielmacher-Angreifer-Schnittstelle etabliert, die Marcelinho auch für sich definiert hatte. Gegen Köln ging in der zweiten Halbzeit nicht mehr so viel, zum Glück folgt das nächste Spiel erst am Montag, denn in Sachen Offensivpressing war Hertha am Donnerstag eher ein Ausfall. Köln genügte eine solide Leistung, um das Spiel in Schach zu halten, das Tor durch McKenna war eher ein Zufallsprodukt, ermöglicht durch eine davor unterbeschäftigte und ein wenig passive Hertha-Defensive (die Flanke hätte so nicht kommen dürfen). Obwohl Sandro Wagner hinterher auf den "Zweipunkteschnitt" verwies, über dem Hertha liegt, machte das Spiel doch deutlich, dass diese Zweitligasaison schwieriger werden dürfte als die vor zwei Jahren, als Hertha schließlich ziemlich durchmarschierte. Gegen Cottbus gibt es die Möglichkeit, einen deutlichen Hinweis zu geben, wie es weitergehen soll.
Ronny scheint sich seiner neuen Position zunehmend bewusst zu werden, er tritt jedenfalls sehr selbstbewusst auf, geht lange Wege auf dem Platz, und hat sich somit auf jener Spielmacher-Angreifer-Schnittstelle etabliert, die Marcelinho auch für sich definiert hatte. Gegen Köln ging in der zweiten Halbzeit nicht mehr so viel, zum Glück folgt das nächste Spiel erst am Montag, denn in Sachen Offensivpressing war Hertha am Donnerstag eher ein Ausfall. Köln genügte eine solide Leistung, um das Spiel in Schach zu halten, das Tor durch McKenna war eher ein Zufallsprodukt, ermöglicht durch eine davor unterbeschäftigte und ein wenig passive Hertha-Defensive (die Flanke hätte so nicht kommen dürfen). Obwohl Sandro Wagner hinterher auf den "Zweipunkteschnitt" verwies, über dem Hertha liegt, machte das Spiel doch deutlich, dass diese Zweitligasaison schwieriger werden dürfte als die vor zwei Jahren, als Hertha schließlich ziemlich durchmarschierte. Gegen Cottbus gibt es die Möglichkeit, einen deutlichen Hinweis zu geben, wie es weitergehen soll.
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