Donnerstag, Februar 28, 2013

Feinspitzenspiel

Das DFB-Pokal-Viertelfinale zwischen Bayern und Dortmund war natürlich eine Sache von überregionalem Interesse. Ich habe auch zugeschaut, einerseits als Spielbeobachter für den FC Arsenal, andererseits als Fan, der wissen wollte, ob der FCB sich anschickt zu ein paar Jahren der totalen Dominanz. Nun: es sieht ganz so aus. Selten wird ein Trainer so ein bestelltes Feld übernehmen wie Josep Guardiola. Für den Fußball-Feinspitz war das ein tolles Match, auch wenn es lange Zeit eher die Kleinigkeiten waren, die es zu bestaunen gab.

In der ersten Halbzeit gab es eine Phase von vielleicht zehn Minuten, in denen der BVB ein wenig mehr Initiative zeigte - da gab es ein paar Szenen, die man Ronny zum Studium zeigen könnte. Wie Gündogan und Götze da den Ball mit geschmeidigen Bewegungen vom eigenen Sechzehner aus nach vorne brachten, das war schon eine Augenweide. Andererseits war es kein Zufall, dass der Super Mario so weit nach hinten kommen musste. Bayern hat eine einschüchternde Organisation, beginnend mit dem ebenso aufopferungsvollen wie abgefeimten Mandzukic, der als solcher zwar nicht zum Angreifermythos taugt, der aber als Rädchen im Getriebe fast schon unersetzlich ist (selbst Lewandowski wird sich anstrengen müssen, da heranzukommen). Und in Sachen Geschmeidigkeit stand Schweinsteiger seinem Kronprinzen Gündogan nicht nach. Dazu kamen ein paar tolle Pässe von Dante, denen sein gelbes Pendant Santana nicht Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte, und der interessant nach vorne laufende Martinez, sowie der aus guten Gründen leidenschaftliche Robben - insgesamt wurde der BVB deutlich auf seine Grenzen verwiesen.

In London wird man das Spiel hoffentlich genauestens studieren, denn der Arsenal FC muss ja in zwei Wochen nach München, und dort vermutlich mindestens vier Tore schießen, um noch eine Chance zu haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür würde ich mit zwei bis vier Prozent beziffern, daran muss aber nun gearbeitet werden. Dass van Buyten, den man in England vorher am ehesten als "weakest link" ausgemacht hatte (in Wahrheit kam Walcott in kein einziges Einszuseins gegen ihn), gestern beinahe schon wieder vorn getroffen hätte, ist ein weiteres Zeichen für die gefühlt totale Dominanz des derzeitigen FCB. Der BVB hatte eine Menge dagegenzusetzen, letztlich aber keine Chance.

Dienstag, Februar 26, 2013

Zweierkette

Schön langsam wird das eine eigene, ästhetische Übung: Hertha und die Effizienz. Gegen den FCK gab es im richtungsweisenden Spitzenspiel ein 1:0, den Treffer erzielte Kluge in der 68. Minute nach schönem, gleichwohl ein wenig experimentellem Zuspiel des in Halbzeit zwei eingewechselten Bären. Er kam für Pekarik, nachdem Baumjohann in der 33. Minute eine (eher harte) rote Karte gesehen hatte. Gegen zehn Pfälzer wurde das Spiel dann sehr einseitig, kurz vor dem Tor kam auch noch Wagner für Brooks (den ich hier in meiner neuen kunstfotografischen Serie "Digitalisierte Schemen bei der Feldarbeit" bei einem raren Vertikalpass erwischt habe), woraufhin Hertha im Grunde mit Zweierkette spielte. Die Übermacht mit Mittelfeld zahlte sich auch aus, denn Kluge, dessen Vorstöße in die Spitze generell interessant sind, war dann eben einmal zur Stelle (ziemlich genauso, wie Djeng es neulich war).

JLu hatte die Personalreserven dieses Mal durchaus originell sortiert. Allagui und Ben-Hatira nicht im Kader, Nico Schulz auf links (der Junge holte früh nach Lochpass von Ramos einen Elfer heraus, den Ronny allerdings nicht gut genug trat, Sippel wehrte ab), Fabian Holland hinter ihm. Insgesamt die typische Mischung aus Konsolidismus und Ausbildungsinitiative, die wir vom aktuellen Chefcoach schon kennen.

Ein paar Worte zu Ronny, mit dem Hertha ja gerade über einen neuen Vertrag verhandelt. Seine Leistung zeigte gestern deutlich, dass sein Können dringend des Managements bedarf (und damit meine ich nicht Dino Lamberti). Der wichtigste Herthaner dieser Saison neben Fabian Lustenberger fiel hauptsächlich durch Eigensinn auf, wollte zuviel selbst, hielt die meisten Bälle zu lang, war auch bei den Freistößen unkonzentriert, und hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Ich hoffe, man macht ihm auf konstruktive Weise klar, dass er ein Zweitligastar ist, der seine Erstligaqualitäten nur durch deutliche Steigerung und bessere Integration ins Team (Zusammenspiel mit anderen Kollegen außer Adrián Ramos jederzeit erlaubt) beweisen wird müssen. Schlecht wäre es auch nicht, jemand zu haben (oder wohl eher zu holen), der eine Alternative zu Ronny sein könnte.

Hertha müsste jetzt schon eine Menge Unsinn veranstalten, um nicht wieder in die erste Liga aufzusteigen. Und wir können sicher sein, dass mit diesem Morgen die konkreten Planungen beginnen (sofern sie nicht sowieso schon im Gange sind). Was dabei auf der Geschäftsstelle passiert, werden wir eher nicht sofort mitbekommen. Wir können nur sehen, was auf dem Platz so vorangeht. Ich formuliere einmal zwei Themen: Beim Herausspielen aus der eigenen Hälfte würde ich einfach einmal für ein Spiel die Option Rückpass auf Kraft verbieten. Dann würde sich das eine oder andere fünfminütige Jo-Simunic-Gedächtnisballgeschiebe verbieten (er konnte das ja wie kein anderer), und die Mannschaft würde nach Lösungen suchen müssen, wie sie Lethargie, Arroganz und Selbstbewusstsein nicht durcheinander bringt.

Zweitens wäre die Personalie Lasogga anzugehen. Der Junge ist zu gut, und als Sympathieträger und Identifikationsfigur zu wichtig, als dass er nicht mehr Spielzeiten bekommen sollte. Die Variante mit Ramos auf rechts lief eigentlich ganz gut, wenngleich ich auch glaube, dass der Kolumbianer zentral am besten aufgestellt ist. Da muss also nachgedacht und experimentiert werden, und damit bleibt die Saison auch weiterhin spannend.

Donnerstag, Februar 21, 2013

Langer Pfosten

Leider haben sich meine Befürchtungen am Dienstagabend mehr als bestätigt. Arsenal hatte gegen den FC Bayern nichts zu bestellen. Das 1:3 gibt aber zumindest eine Menge Material zur Analyse her, denn neben mentalen Faktoren (die Unterschiede im Selbstbewusstsein waren klar zu sehen) spielten auch taktische Angelegenheiten eine Rolle, und zwar solche, an denen Arsenal schon seit längerer Zeit laboriert.

Ich will aber mit einer Personalie beginnen. Der ganze Starrsinn von Arsène Wenger zeigt sich unter anderem darin, dass er den seinerzeitigen Panikkauf Per Mertesacker (wir erinnern uns, Arsenal hatte gerade 2:8 bei Manchester United verloren) immer noch für einen Innenverteidiger von Topformat hält. Der zweite Treffer der Bayern fiel nach einem Eckball, der offensichtlich einstudiert war - van Buyten geht auf den kurzen Pfosten, der lange Pfosten Mertesacker bleibt stocksteif stehen, Sczeszny kann nur abprallen lassen, Müller sendet ein. Was an dieser Szene so richtig ärgerlich ist, ist, dass sie drei Minuten davor schon einmal stattgefunden hatte, wie zur Probe war van Buyten Mertesacker schon einmal enteilt, da kam der Ball noch ein bisschen zu hoch, als dass daraus etwas entstehen hätte können.

Insgesamt kann man sagen, dass Arsenal durch das Bayern-Forechecking mächtig verunsichert war. Das erste Gegentor entsteht ja dadurch, dass Sczeszny, in seinen Abwürfen sowieso häufig zu unüberlegt, den Ball kurz auf Koscielny wirft, der wird von Kroos angelaufen, kann nur hoch nach vorne schlagen, Bayern nimmt auf, schaltet um, Arsenal ist defensiv durcheinander, Ribéry mischt sich auf Müllers Seite ein, Schweinsteiger ist auch da drüben, von Arsenal kümmert sich niemand um das Zentrum, Müller schlägt auf den Sechzehner herein, Ramsey haut daneben, Kroos hingegen trifft perfekt (auch hier geht Mertesacker merkwürdig in den Block, sich eigentlich wegdrehend von dem zu gewärtigenden Schuss).

Vernünftige Mannschaften spielen heutzutage ein integriertes Offensivdefensivkonzept, in dem man nicht einmal mehr eigentlich von Umschalten sprechen muss, sondern von ständigen Kontraktionen, wobei Bayern ganz eindeutig rechts mehr vorhatte als links. Vermaelen und der nicht immer gut zurücklaufende Podolski waren als "targets" ausersehen, und erwiesen sich auch als solche.

Woche für Woche bekommt Arsenal schon seit Jahren dieselbe Lektion. Die Räume für das berühmte "Kurzpassspiel", das inzwischen auch die besseren deutschen Journalisten aus dem Verkehr gezogen haben, werden selbst von mittelklassigen Mannschaften verlässlich zugelaufen, und die extra Arbeit, die Arsenal leisten müsste, um sie wieder offen zu laufen, wird nicht erbracht (Bayern lief sechs Kilometer mehr, zum Beispiel). Das Team ist einfach schlecht instruiert, das ist so offensichtlich, dass es fast schon peinlich ist. Die Qualität des Kaders ist nach wie vor ordentlich, aber in der momentanen Situation wird das "underachievement" geradezu gefördert.

Am Samstag kommt Aston Villa ins Emirates, dann werden die Weichen gestellt, ob diese Saison endgültig den Niedergang auch am Tabellenplatz erkennen lässt, den die Zahlen und der Augenschein längst deutlich gemacht haben.

Montag, Februar 04, 2013

Luft nach oben

Am Sonntag hat auch Hertha den Spielbetrieb wieder aufgenommen. Damit beginnt jene dichte Phase des Jahres, in der die Ligen und die Pokalbewerbe mehr oder weniger tagtäglich unsere Aufmerksamkeit beanspruchen. Und es geht gar nicht anders, als dass ich alle diese Spiele in einem Zusammenhang sehe: an diesem Wochenende das leidenschaftlich erkämpfte 2:0 von Bremen gegen Hannover (mit zwei besonderen Pirouetten von Elija); der eigentlich auch ziemlich engagiert bewerkstelligte 1:0-Sieg von Arsenal über Stoke (Torschütze "by deflection": Lukas Podolski, der inzwischen beachtliche Zahlen für sein erstes EPL-Jahr reklamieren kann); der gute Auftritt von Liverpool bei den hellblauen Geldsäcken von Roberto Mancini (dass es doch nur zu einem 2:2 reichte, lag an einer Koproduktion zwischen Pepe Reina und Aguero, der Keeper irrte herum, und der Angreifer sah sich dadurch zu einem Manöver inspiriert, das man nur als Kombination aus Chuzpe und Technik bezeichnen kann - allererste Güte!); die Intensität, mit der der BVB sich an die erste Verfolgerstelle der enteilten Bayern setzte.

Dazwischen Hertha in Regensburg, ein Spiel, das nicht nur aufgrund der viel tieferen Kameraperspektive in einer ganz anderen Dimension stattzufinden schien. Ein 5:1-Sieg, bei dem auch Marvin Knoll sich in die Schützenliste eintragen durfte, dazu ein vierfach beteiligter Ronny (besonders schön sein Tor zum 4:1, er bekommt den Ball so in den Lauf, dass er sich mit dem rechten Fuß ein wenig strecken muss, gerade diese Streckung nützt er aber dazu, ihn sich perfekt auf den linken zu legen). Mich freut die Überlegenheit von Luhukays auch dieses Mal wieder mindestens so sehr innenpolitisch wie taktisch formierter Elf, aber sie hat etwas Unwirkliches, denn sie lässt sich nicht projizieren: Sie betrifft ausschließlich diese Liga in dieser Saison, und sie wird von einer Mannschaft erspielt, von der ich mir nicht vorstellen möchte, wie es ihr eine Etage höher erginge.

Nach der ersten Halbzeit sprach die Sky-Reporterin (sie bewies, dass sie alle Kommentatorenphrasen drauf hat, eigener Ausdruck wird vielleicht noch kommen) von "Luft nach oben". Sie meinte das natürlich bezogen auf das Spiel in Regensburg, aber es lässt sich auf Herthas aktuellen Weg übertragen: Wir beobachten eine bemerkenswerte Binnen-Thermik in einem kleinen Seitental des Weltfußballs. Ob da aber etwas zusammenwächst, was den Turbulenzen des eigentlichen Betriebs gewachsen sein wird? Zum Glück muss die Frage jetzt nicht beantwortet werden, sie wird sich in den nächsten Monaten, Jahren von selbst beantworten. Nur eines können wir mit ziemlicher Sicherheit sagen: Derzeit hat Hertha einen Trainer, der genau für die Berliner Luft gemacht zu sein scheint, die bekanntlich immer dick und dünn zugleich ist.