Beinahe möchte ich es als Zeichen nehmen, dass diese vermaledeite Saison für Hertha BSC noch einen kleinen positiven Höhepunkt enthielt: Am Samstag haben die B-Junioren durch ein 2:0 gegen den VfB Stuttgart die deutsche Meisterschaft 2012 gewonnen. Das Team von Andreas Thom und Pál Dárdai konnte dabei auf eine bemerkenswerte Torhüterleistung von Marius Gersbeck bauen (eine Parade habe ich fast erwischt, unten), machte aber auch einen mannschaftlich guten Eindruck, obwohl das Chancenverhältnis vermutlich deutlich zugunsten Stuttgarts ausfiel (was natürlich per se kein gutes Zeichen ist, hier aber in den Kontext einer allmählichen Steigerung gehört, Herthas U17 fand erst allmählich ins Spiel).
Die Bedingungen waren nicht die besten, vor allem gegen Ende wurde es durch den wieder einsetzenden Regen immer glitschiger, aber insgesamt war das ein hochprofessionelles Match vor prominent besetzter Kulisse (Hertha-Oligarchie, Sammer, Bobic). Das wichtige Führungstor vor der Pause verdankte sich dem Spieler, von dem ich schon das eine oder andere gehört hatte, und der zu den Spitzenkräften dieses Jahrgangs gehört: Hany Mukhtar (Bild unten) spielte so, wie wir es uns von Raffael in der ersten Mannschaft wohl erwartet hätten, positiv aggressiv, vertikal, aber auch absichernd nach hinten. Sein Durchsetzungsvermögen in Zweikämpfen fiel mehrfach auf, er leitete dann mit einem Lauf mit dem Ball in die Spitze den Treffer ein - Anspiel nach außen, Pass ins Zentrum, dort fand sich der zuständige "target man" Faton Ademi und tat das seine.
In Halbzeit zwei hatte ich Herthas linke Seite vor Augen und konnte vor allem Mannsfeld und Ebot-Etchi genauer zuschauen; beide gefielen mir gut, der junge Mann mit der auffälligen Frisur hatte dreimal sehr gute Offensivläufe, spielte aber jedesmal einen Pass ins Abseits. Er ließ aber auch sehr gut erkennen, wie die Spieler das Übergeben in Defensivsituationen praktizieren, wie er sich je nach Spielsituation im Raum orientierte.
Ich kann mir eigentlich nichts Besseres für eine Clubleitung vorstellen, als alles zu tun, dass die Arbeit, die auf dieser Ebene geleistet wird, nicht vergeblich ist. Natürlich wissen wir, dass von den 14 Spielern, die da gestern aktiv waren, vermutlich höchstens drei oder vier, wenn überhaupt, eine richtige Profikarriere schaffen werden. Aber dazu gehört eben auch, dass die Wege nach oben nicht durch planloses Vorgehen auf den nächsten Ebenen verstopft werden. Das Gegenteil ist die Regel, gerade auch bei Hertha (siehe zuletzt Morales). Ein Mukhtar wird eine entsprechende Mannschaftsphilosophie brauchen, damit er nicht zum nächsten Bigalke oder Hartmann wird, sondern seine Stärken einbringen kann.
Mal sehen, ob JoLu da ein wenig Übersicht und Kontinuität hineinbringen kann. Nichts wäre mehr zu wünschen, ein geduldiger Neuaufbau vielleicht sogar besser als ein sofortiger Wiederaufstieg ohne tragfähigen Plan. Doch das werden wir alles sehen. Gestern konnten die Fans singen: "Deutscher Meister Hertha BSC".
Bilder: Die VfB-Fans haben ein Traditionsanliegen
Doppelspitze: Thom und Dárdai
Andere Ära: Fredi Bobic
Höchste Instanz: Matthias Sammer
Jubeltraube (darunter der Held: Marius Gersbeck)
Die Geschlagenen
Die Schale