Freitag, November 23, 2007

Fanfreundschaft

Wäre die Hertha lernfähig (wofür es wenig Indizien gibt), dann müsste sie dieses Spiel ganz genau studieren: 1:2 beim Karlsruher SC, nach einer Pausenführung von 1:0. Der Sieg für die Heimmannschaft war in jeder Hinsicht verdient und erspielt, und zwar in einer Weise, die ziemlich genau dem entsprechen dürfte, was Lucien Favre sich unter einem "jouer juste" vorstellt. Kombinationssicher aus der Verteidigung heraus, laufbereit und immer wieder über die Flügel, so hat Karlsruhe auch dann die Ruhe nicht vollständig verloren, als Pantelic einmal zeigte, was wirksam sein könnte - er lief in einen riskanten Querpass, nahm den Ball mit, ein Weltklassehaken und ein Schuss aus 20 und ein paar Metern, das war gegen den Spielverlauf, und genau so hätte die Hertha das heute auch gewinnen können. Sie hätte dazu die Balleroberung in der Hälfte von Karlsruhe noch ein wenig leidenschaftlicher betreiben müssen, und sie hätte die gut zehn Minuten vor der Pause, als der Gegner ein wenig irritiert war, nicht verschleppen sollen. Hat sie aber getan, danach wurde sie Opfer des eigenen Phlegmas. In der Entstehungsgeschichte des Ausgleichs kann man deutlich erkennen, wie zum Beispiel Dardai in der Rückwärtsbewegung ein paar Schritte mit zu Boden gerichtetem Kopf dahintrabt, ein Spieler, der geistig gar nicht da ist, und dann auch nicht, als der wieder einmal völlig apathische Chahed eine flache Flanke von seiner Seite zulässt, die Hajnal annimmt, den in dieser Szene wieder einmal "schlendrierenden" Simunic verlädt, und einsendet. Beim Siegestreffer sah Malik Fathi alt aus, der Freis laufen ließ. Favre hatte halb mutig, halb konservativ aufgestellt, mit Lustenberger in der Spielmacherolle, und Dardai neben Simunic zentral defensiv im Mittelfeld. Pisczek rechts und Ebert links auf den Flügeln, allerdings nicht wirklich mit Zug nach außen und an die Grundlinie, auch deswegen, weil Chahed und Fathi von hinten die Variationsmöglichkeiten nicht schaffen und die Räume nicht offenlaufen. Man könnte das ganze Spiel heute auch deswegen zu einem Lehrspiel machen, weil die Körpersprache so viel verrät: die locker gespielten Pässe, die wirken wie im Training und auch tatsächlich in einem Spiel dieser Kategorie fehl am Platz sind - daran erkennt man, dass sich die Hertha immer noch nicht begreift, und gegen eine taktisch gute, willensstarke Mannschaft, die vom Standing her eigentlich "unter" ihr steht, findet sie selbst keine Mittel. Die Fans feiern jetzt noch Party, aus historischen Gründen, die sich meiner Kenntnis entziehen, gibt es eine Fanfreundschaft mit Karlsruhe. Ich war erst einmal in dieser Stadt, wegen eines Interviews mit Peter Sloterdijk, der mir in Jogginghose morgens die Tür öffnete. Es ging damals um ein Buch über Blasen. Der Hertha möchte ich zurufen: Get real, ihr Memmen! Und ich möchte zumindest Chahed und Dardai nicht mehr sehen, auch Okoronkwo nicht in der Form von heute, und für die rechte Offensivposition braucht es auch noch einen Mann. Und Favre könnte sich allmählich auf ein erkennbares Konzept konzentrieren - er redet fast nur von Taktik, verändert sie dabei dauernd, und lässt die Mentalität der Mannschaft, als wäre Coach Götz noch da. Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden.

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