Sonntag, März 18, 2012
Planstellwerk
"Mein Plan ist immer richtig", hat "König Otto" (hier fürderhin: KO) nach dem 0:6 gegen den FC Bayern München gesagt. Das ist eine souveräne Aussage, legt sie doch einen genauen Unterschied zwischen Ausdenken und Umsetzen fest. Ausdenken tut der Trainer, umsetzen tut die Mannschaft, der eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Früher hätte man gesagt: wer so spricht, präsentiert sich abgehoben (oder wirklichkeitsfremd), aber einem älteren Original mit "unendlicher Erfahrung" lassen die Medien alles durchgehen. In einer funktionierenden Öffentlichkeit, über die der Fußball nicht verfügt, hätte jemand nachfragen können: Was war denn genau der Plan?
Rehhagel gab dann noch einige Ansätze preis: er hatte die Mannschaft auf Ribéry und Robben hingewiesen, und wollte die Passwege zu den beiden hochklassigen Flügelspielern verschließen. Deswegen wohl kam es zu einer Rochade, die sich sehr schnell als Fehler erwies (ob es anders anders gekommen wäre, kann allerdings niemand wissen): Perdedaj spielte rechter Außendecker, Lell spielte vor Niemeyer mit Ottl ein Sechserdreieck, das nach zwanzig Minuten zu Bröseln zerrieben war.
In dieser Zeit lief Ottl wie gewohnt fleißig sinnlose Planquadrate zu, bestritt aber glaube ich keinen einzigen Zweikampf (im ganzen Spiel waren es fünf); Lell suchte nach seiner Planstelle, nur Niemeyer war in Ansätzen wirkungsvoll. Ribéry hingegen lief Perdedaj um die Ohren, dazu kamen Fehler im Aufbauspiel (Janker) und natürlich auch eine gewisse Wendigkeit der selbstbewussten Mannschaft des FCB (das 0:3 war fast eine Kopie des Gladbacher Siegtreffers in Berlin im Herbst, nur mit dem Umweg über einen Elfer, weil Müller gefoult wurde und nicht selbst abschließen konnte.)
Nun steht natürlich in Frage, wer bei Hertha im Moment die Pläne schmiedet. Die Trainingspläne stammen ja von Tretschok & Covic, die Aufstellung wird vermutlich im Konklave erfolgen (Manager Preetz hat da ja auch noch mitzureden, schließlich steht Mijatovic knapp vor einer automatischen Vertragsverlängerung, zu der es offensichtlich nicht kommen darf - finde ich richtig, wird aber die Stimmung nicht heben, den immer noch offiziellen Kapitän de facto zu mobben - so lange Schwänze können Entscheidungen haben, die Babbel im Sommer getroffen hat, nämlich mit Mijatovic als Kapitän weiterzumachen - und es hat ja sogar funktioniert, solange Mijatovic von Ottl und Niemeyer manngedeckt wurde). Die Idee, Raffael als einzige Spitze zwischen Ramos und Rukavytsya aufzubieten (zugunsten des dritten Sechsers), kann wie die mit Perdedaj auch als falsifiziert gelten - hätte Lasogga, ein relativ eifriger Presser, ganz vorne gespielt, wäre das Spiel gegen den Ball wahrscheinlich strukturierter gewesen.
Aber Hertha versteht sich als Mannschaft nicht so auf Kompaktheit, das ist vermutlich der entscheidende Nachteil im Abstiegskampf. Denn alle Konkurrenten können das, und der FCK liegt nur deswegen jetzt noch hinter Hertha, weil die Abschlussschwäche relativ historische Ausmaße hat. Das kann sich aber auch noch ändern.
Hertha hat mit einer komplizierten taktischen Umstellung gegen den FC Bayern verloren. Das Ergebnis war zu erwarten, wenn auch nicht in dieser Höhe. Auffällig (und bestürzend) sind die naheliegendsten Details: Dem Gegner reichten 108 Kilometer Teamlaufleistung (gegen 109,5 von Hertha), um den Eindruck absoluter Überlegenheit zu erzeugen. Zum Vergleich: Freiburg lief in Hamburg 120,2 gegen 110,6 der Heimmannschaft, und gewann 3:1. Ich weiß, dass schiere Kilometer nicht alles sind, aber dass Hertha permanent auch in diesem Bereich am unteren Ende der Liga ist, könnte sich am Ende der Saison als wichtiger Indikator erweisen.
Im Sportstudio des ZDF stellte KO sich dann noch einmal, da schon ein bisschen weniger selbstgerecht, aber immer noch so, dass man seine innere Distanz nicht übersehen konnte. Was immer er während der Woche macht (er spricht auch nach den Spielen für meine Begriffe immer ein wenig zu viel von "frei haben", "zur Familie gehen", "erst mal verarbeiten", so als wollte er im Grunde die Mannschaft nicht allzu oft sehen), in seiner öffentlichen Kommunikation erweckt er nicht den Eindruck großer Identifikation.
Er genießt, so gewinnt man den Eindruck, die Aufmerksamkeit, aber er sieht das unabhängig von der Leistung der Mannschaft. Viele Medienvertreter ja auch, für meine Begriffe aber ist KO weiterhin ein Skandal. Jetzt wäre noch einmal eine Gelegenheit, ihn freundlich von der Bühne zu bitten - lieber steige ich mit Tretschok und Covic ab, als mit dem "Rehakles of Oz". Aber den Medien ist natürlich das (allerdings längst abflauende) Theater lieber, und das Management von Hertha versteckt hinter dem Theater seine nun wirklich nicht mehr zu übersehende Verlegenheit.
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