Eine Niederlage von Energie Cottbus in Sandhausen verschafft Hertha heute die Gelegenheit, mit einem Heimsieg gegen den FC Köln die Verhältnisse an der Tabellenspitze ein wenig weiter zu verdeutlichen. Der Abstand zu Platz 4 betrüge dann sieben Punkte, die Auswärtsfahrt in die Lausitz stünde damit unter einem Vorzeichen von Gelassenheit. Doch noch ist es nicht soweit, erst muss gespielt werden. Die Begegnung hat für mich einen deutlichen Vanitas-Zusammenhang. Denn ziemlich genau drei Jahre ist es her, dass Hertha gegen Köln ein Heimspiel in der ersten Liga hatte (um genau zu sein, es war der 8. November). Es war ein echtes Sch***-Spiel, in dem Raffael zweimal an die Stange schoss, und in dem am Ende Novakovic ein Tor für Köln erzielte, die in dieser Saison in der Liga blieben (obwohl ich damals einem Fan der Geißböcke verheißen hatte, dass eine spielerisch so unproduktive Truppe keine Erstligaberechtigung hat. Inzwischen hat sich mein damaliger Wunsch erfüllt, auch wenn er längst nicht mehr so heftig ist wie damals im unmittelbaren Gefühl der Ohnmacht. Köln liegt deutlich hinter Hertha in Liga 2, und in Berlin sieht es zumindest sportlich gut aus, wie auch der ungefährdete, vom Spielverlauf begünstigte und zu keinen größeren Analysen inspirierende Auswärtssieg in Aue am Wochenende bestätigte.
Am Montag fand eine kurze Mitgliederversammlung ohne Kontroversen statt. In der momentanen guten Stimmung wollte niemand ausführlicher auf die finanzielle Situation eingehen, aus der allerdings deutlich hervorgeht, dass Hertha inzwischen in einem wirtschaftlichen Gesamtzustand ist, der auf Jahre hinaus das Schicksal einer Fahrstuhlmannschaft erwarten lässt. Mit 42 (nach anderer Rechnung: 67) Millionen Euro Schulden und dem entsprechend limitiert verstärkbaren Zweitligakader in die nächste Erstligasaison zu gehen (vom alternativen Szenario will ich nicht reden), verheißt schwierige Zeiten, und zwar auf längere Frist. Das trübt für meine Begriffe doch sehr eindeutig das schöne Bild des Moments. Michael Preetz hat mit Jos Luhukay eine überzeugende Personallösung für den sportlichen Bereich gefunden, was die Finanzen anlangt, vertrauen er und Präsident Gegenbauer in Ingo Schiller noch immer dem Mann, der schon die Schuldenära Hoeneß mitgetragen und mitgestaltet hatte.
Hertha braucht dringend einen vernünftigen Wirtschaftskurs, stattdessen lassen sich die Bosse mit Ion Tiriac fotografieren, als wäre es allen Ernstes eine Option, dass jemand Geld in Hertha investiert, das er vorher dem rumänischen Gemeinwesen entzogen hat. Solange das so ist, solange Hertha finanziell agiert wie Griechenland vor 2008, bleibe ich Fan unter Vorbehalt. Sportlich bin ich dabei, aber einer Entlastung des Managements würde ich nicht zustimmen. Deswegen bin ich auch gar nicht hingegangen.
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