Die Rivalität zwischen dem Arsenal FC und Tottenham Hotspur bringt regelmäßig großartige Spiele hervor. Mein Favorit bleibt wahrscheinlich noch lange ein 4:1 von Arsenal an der White Hart Lane vor zwei Jahren, in einer Begegnung im Carling Cup, die in die Verlängerung ging und vielleicht die beste Leistung von Samir Nasri im englischen Fußball mit sich brachte. Aber es war die Weise, wie Arsenal sich damals das Spiel zu eigen machte, die für mich unvergesslich ist.
Es ist wirklich erstaunlich, wie die von den Businessfaktoren her ja eigentlich deutlich zu favorisierende Mannschaft von Arsenal gegen Tottenham immer wieder den Kopf aus der Schlinge zieht - besonders wegweisend war das im Mai 2006, als Tottenham am letzten Tag den vierten Platz verspielte. Es war der Sommer, in dem Arsenal das neue Stadion bezog, und ich möchte mir gar nicht ausmalen müssen, wie die Geschichte verlaufen wäre, hätte Arsenal damals die CL-Qualifikation nicht geschafft (vielleicht allerdings hätten sie damals, auch das hätten die Parzen sich ausdenken können, ein paar Wochen später den FC Barcelona im CL-Finale besiegt ....).
Wie auch immer, ich habe eine Menge im Kopf, wenn es wieder zu einem Derby kommt wie gestern im Emirates. Zwei nicht gerade vor Kraft strotzende Mannschaften kamen da zusammen, es war dann aber eine klare Sache, und ein Moment erwies sich als der entscheidende: Nach einem übermotivierten und brutal aussehenden Tackle von Adebayor gegen Cazorla sah der Wanderarbeiter aus Togo die rote Karte ("straight red"), da war das Spiel noch keine zwanzig Minuten alt, und Tottenham führte 1:0 durch - Adebayor (ein Abstaubertor).
Mit zehn Mann hätte Tottenham nun eigentlich Arsenal die ultimative Blamage bereiten können: Sie hätten nur "den Bus parken" müssen, wie das Sunderland oder Norwich manchmal so perfekt können, und Arsenal hätte einmal mehr seine Impotenz gegen kompakte Teams zeigen können. Doch erstens ist das Mittelfeld von Tottenham mit Sandro und Huddlestone eher durchschnittlich besetzt, zweitens hatte Naughton mit Walcott zu viele Probleme, und drittens tauchte Per Mertesacker, der die Arsenal-Viererkette immer wieder mit utopischen Abseitsfallen überfordert, einmal vorne auf und erzielte mit Tony-Adams-Luftstand den Ausgleich.
Danach lief es eine pausenübergreifende halbe Stunde sehr gut für Arsenal, bevor Bale beim Stand von (aus seiner Sicht) 1:4 mit einem Treffer die blanken Nerven im Emirates wieder spürbar machte. Es gab dann aber doch noch einen fünften Treffer durch Walcott, und so wurde es kein Zittersieg, sondern ein Ergebnis, das man in England als "emphatic" bezeichnet. Es ist noch nicht einmal ein halbes Jahr her, da gab es das gleich Ergebnis, und damals erwies sich das Spiel als wegweisend: Arsenal schaffte einmal mehr die CL-Platzierung, Tottenham fiel aus der Spitzengruppe (in dieser kuriosen vergangenen Saison, als kein einziges Team wirklich kontinuierlich gut war).
Für Arsenal gibt es vor allem eine Lektion aus dem Derby-Sieg: Die Vertragsverhandlungen mit Theo Walcott müssen zu einem positiven Ende gebracht werden. Der Winger, der gern der nächste Thierry Henry werden würde (dafür müsste er zentral spielen, wie er meint), ist nicht nur einer der größten Stars der Mannschaft, er ist auch eine Integrationsfigur, und er ist torgefährlich (als Scorer und als Assistent). Er ist längst ein Führungsspieler, und sollte auch wie ein solcher bezahlt werden. Walcott kommt jetzt in das Alter (und zeigt zunehmend jene Erfahrung und Spielintelligenz), in dem er zu einem echten Topspieler werden könnte. Ihn jetzt ziehen zu lassen, wäre in jeder Hinsicht das falsche Zeichen.
Ein weiteres positives Indiz aus den letzten Spielen ist das Selbstbewusstsein von Giroud. Er lässt das Offensivspiel zunehmend besser zusammenwachsen, er trifft inzwischen regelmäßig, vor allem aber kann er den Ball behaupten, Freistöße ziehen, sogar Pässe spielen. Ihm sehe ich im Moment fast am liebsten zu, ein Schicksal wie das von Chamakh sollte ihm erspart bleiben, schließlich hat Giroud keinen Van Persie, gegen den er sich behaupten müsste - er muss nur einfach den Niederländer vergessen machen. Derzeit sieht es so aus, als würde er sich das zutrauen.
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