Dienstag, Februar 26, 2013

Zweierkette

Schön langsam wird das eine eigene, ästhetische Übung: Hertha und die Effizienz. Gegen den FCK gab es im richtungsweisenden Spitzenspiel ein 1:0, den Treffer erzielte Kluge in der 68. Minute nach schönem, gleichwohl ein wenig experimentellem Zuspiel des in Halbzeit zwei eingewechselten Bären. Er kam für Pekarik, nachdem Baumjohann in der 33. Minute eine (eher harte) rote Karte gesehen hatte. Gegen zehn Pfälzer wurde das Spiel dann sehr einseitig, kurz vor dem Tor kam auch noch Wagner für Brooks (den ich hier in meiner neuen kunstfotografischen Serie "Digitalisierte Schemen bei der Feldarbeit" bei einem raren Vertikalpass erwischt habe), woraufhin Hertha im Grunde mit Zweierkette spielte. Die Übermacht mit Mittelfeld zahlte sich auch aus, denn Kluge, dessen Vorstöße in die Spitze generell interessant sind, war dann eben einmal zur Stelle (ziemlich genauso, wie Djeng es neulich war).

JLu hatte die Personalreserven dieses Mal durchaus originell sortiert. Allagui und Ben-Hatira nicht im Kader, Nico Schulz auf links (der Junge holte früh nach Lochpass von Ramos einen Elfer heraus, den Ronny allerdings nicht gut genug trat, Sippel wehrte ab), Fabian Holland hinter ihm. Insgesamt die typische Mischung aus Konsolidismus und Ausbildungsinitiative, die wir vom aktuellen Chefcoach schon kennen.

Ein paar Worte zu Ronny, mit dem Hertha ja gerade über einen neuen Vertrag verhandelt. Seine Leistung zeigte gestern deutlich, dass sein Können dringend des Managements bedarf (und damit meine ich nicht Dino Lamberti). Der wichtigste Herthaner dieser Saison neben Fabian Lustenberger fiel hauptsächlich durch Eigensinn auf, wollte zuviel selbst, hielt die meisten Bälle zu lang, war auch bei den Freistößen unkonzentriert, und hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Ich hoffe, man macht ihm auf konstruktive Weise klar, dass er ein Zweitligastar ist, der seine Erstligaqualitäten nur durch deutliche Steigerung und bessere Integration ins Team (Zusammenspiel mit anderen Kollegen außer Adrián Ramos jederzeit erlaubt) beweisen wird müssen. Schlecht wäre es auch nicht, jemand zu haben (oder wohl eher zu holen), der eine Alternative zu Ronny sein könnte.

Hertha müsste jetzt schon eine Menge Unsinn veranstalten, um nicht wieder in die erste Liga aufzusteigen. Und wir können sicher sein, dass mit diesem Morgen die konkreten Planungen beginnen (sofern sie nicht sowieso schon im Gange sind). Was dabei auf der Geschäftsstelle passiert, werden wir eher nicht sofort mitbekommen. Wir können nur sehen, was auf dem Platz so vorangeht. Ich formuliere einmal zwei Themen: Beim Herausspielen aus der eigenen Hälfte würde ich einfach einmal für ein Spiel die Option Rückpass auf Kraft verbieten. Dann würde sich das eine oder andere fünfminütige Jo-Simunic-Gedächtnisballgeschiebe verbieten (er konnte das ja wie kein anderer), und die Mannschaft würde nach Lösungen suchen müssen, wie sie Lethargie, Arroganz und Selbstbewusstsein nicht durcheinander bringt.

Zweitens wäre die Personalie Lasogga anzugehen. Der Junge ist zu gut, und als Sympathieträger und Identifikationsfigur zu wichtig, als dass er nicht mehr Spielzeiten bekommen sollte. Die Variante mit Ramos auf rechts lief eigentlich ganz gut, wenngleich ich auch glaube, dass der Kolumbianer zentral am besten aufgestellt ist. Da muss also nachgedacht und experimentiert werden, und damit bleibt die Saison auch weiterhin spannend.

2 Kommentare:

Feingeister für Hertha hat gesagt…

Auf der Tribüne haben wir durchaus auch mal "Dreierkette" oder "schweizer Einerkette" gemunkelt, für Momente meinten wir auch ein 3-1-4-2 zu erkennen. Was auch immer das nun sein sollte, eine erste Meisterleistung von J-Lu war es schon, in der Pause Platz für Lasogga zu schaffen. Man hatte ihn ja schon sich warmmachen sehen, und so rieten wir in der Halbzeit rum, wen der Trainer nun rausnehmen würde: Ronny etwa, der nach offizieller Lesart als unverzichtbar gilt? Ramos? Ja wohl nicht. Gegen die zehn roten Igel würde man ja mehr Offensive zu entfachen haben. Hm. Die Doppelsechs auflösen? Die ist zu wichtig fürs Team. Kurz vor Wiederbeginn dachten wir noch: Der Einzige, der wirklich abfiel, war ausnahmsweise Pekarik - aber wie jetzt die Mannschaft umbauen, um den rauszunehmen? J-Lu hatte seine Antwort längst, schob Ramos auf den Flügel und Knuffi Ndjeng nach hinten - und hatte nebenher wohl auch noch Zeit, um Ronny behutsam den Dickkopf zu waschen: In Halbzeit zwo spielte der dann endlich auch mal Direktpässe auf seine Mitspieler. Bis dahin war er ja viel zu eigensinnig - und in seinem Eigensinn dann auch viel zu berechenbar gewesen. Unser Held des Tages ist daher der Trainer, unter anderem auch deswegen, weil er es geschafft hat, eine wirklich überzeugende linke Seite aus eigenem Nachwuchs hinzustellen: Die Grünschnäbel Schulz und Holland waren in der ersten Halbzeit die Synonyme für Herthas Offensivspiel, klasse Sache, das.

Faase hat gesagt…

Zur roten Karte:
Es gibt da einen Schiedrichter-Podcast mit Namen "Collinas Erben". Sehr hörenswert, um die Handlungen des Schiedsrichtergespanns generell besser nachvollziehen zu können.
Unabhängig vom gestrigen Spiel wurde dort in einer der letzten Folgen kund getan, dass der DFB den Schiedsrichtern zur Rückrunde aufgegeben hat, Tritte gegen den Gegner mit "offener Sohle" schärfer (sprich: mit Rot) zu ahnden. Wie es aussieht, hat Hertha demnach von einer offiziellen neuen Schiedsrichter-Richtlinie profitiert.