Eine "wilde, undurchsichtige Saison" sieht ein Kommentator des zuständigen Bezahlfernsehens für die zweite deutsche Fußballliga heraufziehen. Das Beobachtungsmaterial, aus dem er diesen Schluss ableitete, lieferte das Spiel FSV Frankfurt gegen Hertha BSC, das mit 3:1 (0:1) für die Gastgeber endete. Der Absteiger aus Berlin hat damit nach zwei Spielen immerhin eines geschafft: Der Favoritennimbus ist weg. Niemand will ihn haben, schon gar nicht die kleinen Mannschaften, die als "upsetters" durch die Stadien ziehen und Traditionsteams wie Köln, Bochum oder eben Hertha blöd dreinschauen lassen. Es war, den Regeln entsprechend, ein Spiel mit zwei Spielhälften. Nach der ersten führte Hertha halbwegs verdient mit 1:0. Ndjeng hatte seiner offensiven Tendenz entsprechend in der gegnerischen Hälfte den Ball erobert, setzte sich gut durch, spielte zu Allagui, der in Gomez-Manier eine Pirouette hinlegte, den Ball an den Pfosten setzte, woraufhin Ben-Hatira gekonnt abstaubte.
Dieser Vorsprung ging bald nach der Pause verloren, als John Anthony Brooks einen Ball mit dem Kopf zu Burchert zurückspielen wollte. Das misslang, Kapllani ging dazwischen, Burchert gab ihm im Strafraum die Gelegenheit, sich ein Foul abzuholen. Das bedeutete Rot für den zweiten Goalie von Hertha, Einwechslung von Sprint für Knoll, Ausgleich durch Schlicke, und eine stark veränderte Situation in einem Spiel, das danach - nicht unbedingt notwendigerweise, aber doch folgerichtig - vollständig kippte. Ein perfekter Konter des FSV, den Leckie souverän abschloss, blamierte im Grunde die gesamte Berliner Formation, namentlich aber Ndjeng. In der Nachspielzeit erhöhte Verboek noch auf 3:1 (namentlich blamiert: Hubnik).
Manager Preetz nahm Brooks anschließend in Schutz, tat dies aber mit einem Satz, der mangelnde Überlegung verrät: "Brooks und Schulz dürfen Fehler machen". Das kann man so sehen, es fällt dabei allerdings ins Auge, dass JLu auf der linken Hertha-Seite eine ganze Fehlerkette aus jungen Kräften installiert hat, die von Knoll über Schulz bis Brooks reicht, sich beim zerstreuten Hubnik fortsetzt, und auch der defensiv nicht gerade großartige Ndjeng zählt noch dazu. Vernünftige Mannschaften stellen die unerfahrenen Kräfte auf Positionen, auf denen sie nicht unter sich sind. Hertha aber beginnt die Saison mit einem Fehlerblock.
Das liegt sicher auch an der Unwucht des ein wenig rätselhaft komponierten Kaders. Erstens ist da natürlich der überzählige Ramos, der dieses Mal auf dem Flügel auflief, aber über die üblichen winzigen Ansätze nicht hinauskam. Er blockierte heute den Platz, den Ben-Hatira für sein Spiel gebraucht hätte. Der beste Berliner spielte lange eine Art hängende Spitze, das ergab einige schöne Kombinationsversuche mit Allagui, öfter aber blockierte das rechtslastige Hertha-Spiel sich durch eigene Überzahl. Schulz, der eindeutig auf die Position von Knoll (oder auf die Ersatzbank) gehört, ist als Außendecker fehlbesetzt, das ist nach zwei Spielen schon recht klar.
Zweitens hat der Manager mit Wagner einen eher unproduktiven Spieler vor Kachunga, Sahar und (hoffentlich im neuen Jahr wieder) Lasogga gesetzt, sodass Luhukay da eine ganze Armada von Leuten bei Laune halten muss, während er in der Defensive offensichtlich unendlich langmütig ist. Brooks sollte sich bewähren dürfen, aber nicht neben Schulz, sondern von mir aus neben Bastians. Schulz sollte sich bewähren dürfen, aber als Winger. Ben-Hatira auf der Raffael-Position verdient einen weiteren Versuch, besser aber wäre wohl, Kachunga neben Allagui, Ben-Hatira nach außen, Ramos auf die Bank. Und Ronny? Kluge? Lustenberger? Ziemlich "puzzling", was da jedes Wochenende aufzulösen ist, während sich der schwächste Mannschaftsteil, die Defensive, fast von selbst aufzustellen scheint.
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