Für Arsène Wenger war die Niederlage gegen Manchester United gestern Abend das schlimmste Erlebnis in fünfundzwanzig Jahren als Trainer. Und man kann ihm das nachfühlen, denn die Auswirkungen auf sein Arsenal-Team könnten gravierend sein. Das Spiel war nach elf Minuten praktisch vorbei, nach dem 0:2 sah es nie danach aus, als würden Fabregas, Touré oder van Persie zumindest noch um die Ehre spielen. Sie waren so vor den Kopf gestoßen durch die beiden Tore von Park und Ronaldo, dass niemand in der Mannschaft auch nur stereotype Gesten der Aufmunterung versuchte.
Das erste Tor wird auf den Fehler von Kieran Gibbs zurückgeführt, der im Strafraum ausrutschte, aber sollte nicht schon der Querpass von Ronaldo unterbunden worden sein? Johan Djourou, der designierte nächste Innenverteidiger von Arsenal neben Touré, hat sich gestern für meine Begriffe aus diesem Job gespielt, er war auch beim dritten Tor, einem Konter in der zweiten Halbzeit, viel zu langsam gegen Ronaldo. Das zweite Tor war ein Freak-Freistoß von Ronaldo, bei dem Almunia nicht gut aussah. Das war's, der Rest war ein quälendes Warten auf den Schlusspfiff.
Eine Mannschaft wie Liverpool hätte sicher auch in so einer Situation mehr Stolz gezeigt, aber es zeugt eben von den Risiken der Politik von Arsène Wenger, dass er dem FC Arsenal für kritische Situationen dieser Art nichts anzubieten hat. Im Gegenteil schien Adebayor in der zweiten Hälfte im Geiste schon bei Transfergesprächen zu sein, van Persie war wütend, Fabregas unsichtbar.
Alle Arsenal-Fans, also auch ich, sind nun gespannt, was die Auswirkungen dieses Spiels sein werden. Der Nimbus, dass die Mannschaft in großen Momenten selbstzerstörerisch agiert (ich musste natürlich an die rote Karte denken, die Lehmann im CL-Finale vor drei Jahren nach kürzester Zeit kassierte), wird sich verfestigen - auch in den Köpfen wichtiger Spieler, die im Sommer von ihren Agenten schöne Angebote vorgelegt bekommen werden und dann kaum auf die nächste Stufe des Projekts Wenger verweisen werden.
Und es ist auch genau genommen gar nicht mehr erkennbar, worin dieses eigentlich besteht. Denn Manchester United hat in beiden Spielen so gespielt, wie Wenger dies eigentlich predigt: Schnelle, präzise Pässe, viel Bewegung, kreative Laufwege, Sicherheit in der Defensive, taktische Disziplin und kreative Freiheit. Das Modell Arsenal gibt es gar nicht, denn es ist ganz einfach das Modell moderner Spitzenfußball, das sich mit einem "Zerstörer" wie Cristiano Ronaldo (das Epitheton einer englischen Zeitung bezieht sich nicht auf seinen Stil, sondern auf seine Wirkung) an der Spitze perfekt realisieren lässt.
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