Sonntag, Mai 24, 2009

Dirigismus

Vier Runden vor Ende dieser Meisterschaft haben nicht wenige Beobachter der Hertha das leichteste Restprogramm bescheinigt. Jetzt hat sie aus einem Heimspiel gegen Schalke und aus einem Auswärtsspiel beim KSC einen Punkt und ein Torverhältnis von 0:4 gemacht, das ergibt für die gesamte Saison 63 Punkte, eine schwache Tordifferenz von 48:41 und Platz 4, damit die Teilnahme an der Europa League.

Die Mannschaft hatte im entscheidenden Moment nichts zuzusetzen, zweimal konnte sie ein Spiel nicht gewinnen, das sie in den ersten dreißig Minuten dominierte, ohne dass sie einen Treffer erzielen konnte. Wer nach den Ursachen fragt, die für das Debakel von Karlsruhe zu nennen sind, wird viele Namen nennen müssen. Das 0:1 war eine Koproduktion zwischen defensivem Mittelfeld (Dardai und Kacar laufen nur bis 20 Meter vor dem Tor mit zurück, Cicero, über dessen linke Seite der Angriff kam, ließ sich besonders viel Zeit) und Viererkette (Simunic hatte sich - zu - weit herauslocken lassen, Stein ließ - die wievielte wichtige eigentlich? - die Hereingabe zu, Piszczek war ohne Unterstützung und kam zu spät).

Danach wurde das Spiel der Hertha immer umständlicher, kurz vor der Pause gab es aus einem Eckball den zweiten Gegentreffer (Cicero lässt Maik Franz gewähren, Simunic duckt sich weg), in der zweiten Halbzeit war nichts davon zu merken, dass Hertha um die Chance auf die CL spielte. Es wird über dieses Spiel und die ganze Saison noch viel zu sagen sein. Tatsache ist, dass gestern die Hoffnungsträger (Kacar) und die Routiniers (Simunic, Dardai) versagten. Cicero wurde schon zur Pause aus dem Spiel genommen, später kam Lucio, auf einen dritten Wechsel verzichtete der Coach, der dann auch noch dabei zusehen musste, wie von Bergen einen Treffer zuließ, während Friedrich wieder nur auf der Bank saß.

Die ganze Übertragung über war aus dem Off die schrille Stimme des Trainers zu hören, der das Spiel am liebsten wie ein Dirigent leiten würde - auf dem Platz sollte aber eine Mannschaft zu sehen sein, die mit Situationen umgehen kann und nicht jedes Detail hineingerufen bekommen muss.

Es war eine gute Saison, eine Menge spricht dafür, dass die nächste wesentlich schwieriger werden wird. Der Coach wird auch noch lernen müssen, dass zwischen Ausbildung und Dirigismus ein wesentlicher Unterschied liegt, nämlich jenes Maß an Eigenverantwortung, das die Mannschaft vermissen hat lassen, als es darauf ankam. Ich denke, dass es dabei doch auch von mehr als nur taktischer Bedeutung ist, ob der Kapitän auf dem Feld ist oder auf der Bank sitzt.

Jo Simunic, der diese Saison inoffiziell in das Amt des Kapitäns schlüpfte, war durch das Schalke-Spiel ja schon entthront. Jetzt muss Favre erst einmal Arne Friedrich Abbitte leisten, und wenn der Trainer auch im strengen Sinne nichts falsch gemacht hat, ist seine Autorität doch ein wenig angeknackst.

1 Kommentar:

Natalie hat gesagt…

du hast leider recht. das war das traurige ende einer tollen saison. dem ksc hat's nichts geholfen und wir nehmen den verve dieser saison nicht mit in die naechste. ein abschliessender sieg waere ueber die sommerpause hinweg nachhaltiger - und irgendwie auch repraesentativer. warum arne friedrich sein 200. bundesligaspiel (90 min) fuer hertha verwehrt wurde - als kapitaen und wichtigem leistungstraeger - ist mir unbegreiflich und wird wohl unbeantwortet bleiben.
ksc : hertha bsc - ein verlierer-verlierer-model, traurig!