Donnerstag, Mai 02, 2013

Galaktikaner

"Deutschland ist Champion's League-Sieger", jubelte der nicht immer leicht zu ertragende Euphoriker Kai Dittmann am Mittwochabend, nachdem der FC Bayern sich mit 3:0 (insgesamt 7:0) gegen den FC Barcelona durchgesetzt hatte. Europa hat damit das interessanteste denkbare Finale. Es wird von den beiden Mannschaften ausgetragen, die in den letzten Jahren am meisten dazugelernt haben. Nicht mehr dabei sind viele Mannschaften, die taktisch und konzeptionell stagnieren (die englischen, die spanischen), deren Ligen nicht mehr interessant sind (Italien), oder bei denen noch unklar ist, ob sie auf kleinerer Konjunktur oder langer Entwicklung beruhen (Donetsk, Paris Saint-Germain). Bayern, viele Jahre täppisch in der Verwendung des unermesslichen Reichtums, ist klüger geworden, und damit stand dem FC Barcelona erstmals seit langem ein Gegner gegenüber, der nicht durch schiere Obstruktion (wie Inter Mailand oder Chelsea), sondern durch ein integrales Konzept überzeugte. Bayern hat das, was Klopp bei Dortmund begann, weiterentwickelt, mit einer Elf, die aus vier Ausnahmetalenten aus dem eigenen Haus und aus sieben fertig zugekauften Spitzenkräften aus Europa besteht. Dabei lohnt es durchaus, das Ausmaß der Investition noch einmal anzuführen: Martinez (40), Mandzukicz (13), Dante (4,7), Boateng (13,5), Neuer (22), Robben (24), Ribéry (25); man könnte auch noch Gomez (30) und Gustavo (17) hinzuzählen, bei denen allerdings mancher den Begriff Spitzenkraft vermeiden wird wollen. Das sind in Summe 132 Millionen Euro in den letzten sechs Jahren, also deutlich unterhalb der Exzesse der Scheich-Ligen. Aber natürlich immer noch überwältigend.

Wie konnte es kommen, dass Barcelona so chancenlos war? Ich kann es mir nicht anders erklären, als dass die lange Abwesenheit von Tito Vilanova eine entscheidende Rolle gespielt hat. Die Mannschaft wirkte absolut uninstruiert, selbst während der beiden Spiele gab es ja nicht einmal einen Versuch symbolischen Coachings, in München waren auch die Einwechslungen so, dass man nicht den Eindruck haben konnte, Vilanova hätte einen Plan B oder auch nur eine taktische Idee. Dabei hatte Bayern gegen Juventus und schon gegen Arsenal genau sehen lassen, was kommen würde. Im Camp Nou mit seinem riesigen Feld war die Übermacht endgültig erschreckend: Bei Ballbesitz hatte Barcelona regelmäßig drei bis vier Rote in Nähe des ballführenden Spielers, ohne dass deswegen dahinter Räume nutzbar geworden wären.

Die taktischen Details werden anderswo genauer erörtert werden. Mich interessiert an diesem Spiel auch, wie es mit Cesc Fabrégas und Alexandre Song weitergeht. Beide verließen Arsenal, um zu einem Club mit Perspektive zu wechseln. Beide waren am Mittwoch schlecht, und können im Moment noch nicht behaupten, dass sie es sich entscheidend verbessert hätten. Allerdings ist auch Arsenal, immerhin die einzige Mannschaft, die Bayern in diesem CL-Frühling einmal ein wenig nervös machen konnte, weit von einem tragfähigen taktischen Konzept entfernt, das einen Anschluss auch nur an die englische, geschweige denn europäische Spitze denkbar machen würde.

Vilanova sagte nach dem Spiel, dass es keine großen Änderungen brauchen würde. Dass er Xavi und Iniesta auswechselte, deutete in eine andere Richtung. Dass der FCB vor allem auch physisch absolut überlegen war, ist interessant vor dem Hintergrund so vieler Berichte, die wir noch vor zwei Jahren lesen konnten, in denen die kleinen Wusler als Spielertyp der Zukunft gepriesen wurden (Thiago Alcantara, damals ein Beispiel, spielte am Mittwoch ein wenig, fiel aber nicht auf). Denken wir uns zu dieser Mannschaft noch Götze (der eher von der Bank kommen wird) und spätestens 2014 Lewandowski (im Spiel gegen den Ball fast so gut wie Mandzukic, im Abschluss einsame Superklasse) hinzu, so haben wir es eindeutig mit "Galaktikanern" zu tun. Sie werden nächstes Jahr auch wieder im Olympiastadion landen müssen.

Keine Kommentare: