Mein Ausflug ins dänische Herning am Pfingstsonntag war von Erfolg gekrönt, allerdings nur dank der freundlichen Mithilfe eines Deutschen, der in Brande für Siemens Wind Power als "Senior Buyer" arbeitet. Er stand wie ich vor dem Stadion und versuchte, an Karten zu kommen. Anders als ich wollte er aber mindestens sechs, ich hingegen suchte nur nach einer. Das Spiel der U21-EM zwischen Spanien und England war ausverkauft, und eine ganze Weile lang sah es nicht so aus, als würde es inmitten der vielen dänischen Familien mit Kindern jemand geben, der eine Karte abzugeben hatte. Der Kollege verfiel dann auf das einfache Mittel, einen Karton mit "Need Tickets" zu beschriften und hochzuhalten.
Ich blieb in seiner Nähe, und so verdanke ich ihm meine Karte - ein Sitzplatz auf einer Sponsorentribüne, perfekte Sicht, und der Besitzer wollte nicht einmal Geld von mir, er hatte wohl selbst nichts bezahlt, und nicht nur auf dieser Tribüne blieben schließlich eine Menge Plätze leer - das alte Problem bei solchen Ereignissen.
So sah ich also das Spiel, das ich zum Anlass meines Ausflugs nach Dänemark genommen hatte: Spanien gegen England, eine Startruppe gegen eine andere, und im Grunde eine Wiederholung des CL-Finales auf einer anderen Ebene. Auch hier wieder eine paradigmatische Auseinandersetzung um Ballbesitz und Zugriff auf das Spiel.
Spaniens U21 ist eine an technischer Virtuosität beinahe noch intensivere Variante des Modells kleinteiliger Ballbesitz, England hatte lange Zeit große Schwierigkeiten, überhaupt zu eigener Initiative zu gelangen. Der Führungsstreffer für Spanien fiel dann aber ein wenig unüblich nach einem Corner, und erst danach zeigten die englischen Fullbacks erstmals ein wenig Vorwärtsdrang. Flanken von der Grundlinie sind ein Mittel gegen Spanien, man muss nur erst einmal hinkommen.Der Ausgleich fiel spät, und er offenbart eine Konstante des spanischen Spiels, das tendenziell torarm ist: Hier konnte, auch wenn es nicht danach aussah, immer noch etwas passieren, in diesem Fall ein guter Lauf von Kyle Walker und ein souveräner Abschluss von Danny Welbeck. Es kann gut sein, dass England und Spanien in Dänemark noch einmal aufeinander treffen, das wäre dann aber wohl das Finale.
Warum sehe ich mir so etwas live und vor Ort an? In erster Linie ging es mir einfach darum, eine kleine Reise an einen Ort zu unternehmen, an den ich andernfalls wohl nie gefahren wäre - und Dänemark hat eine Menge zu bieten, vor allem eine vergleichsweise unzersiedelte Landschaft. Letztendlich war es aber dann doch das Spiel selbst und das ganze Drumherum, das den Höhepunkt darstellte. Es kommt ja kaum noch vor, dass man absoluten Topfußball unter Bedingungen wie in Herning sehen kann: ein Stadion ohne Sektoren, in dem man frei herumstreunen kann, und in dem ich mir schließlich selbst einen frei gebliebenen Platz aussuchte, von dem aus ich Jeffrén Suárez ("el nuevo Henry") 45 Minuten lang im Detail dabei beobachten konnte, wie er die David Villa-Rolle (linker Flügel) interpretierte, und wie im Gegenzug Chris Smalling in der zweiten Halbzeit sich immer mehr des Spiels bemächtigte. Es gibt Momente im spanischen Spiel, die lassen den Atem stocken, aber dieses England ist trotz der taktischen Defizite von Stuart Pearce ein tolles Team. Das Sommerloch ist also gar keines, jedenfalls nicht in den kommenden zwei Wochen.
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