Das Spiel zwischen Deutschland und Kanada, mit dem gestern die Fußball-WM der Frauen eröffnet wurde (nachdem zuvor schon Nigeria und Frankreich gegeneinander gespielt hatten, gewissermaßen noch uneröffentlicht), war ein ganz normales, spannendes Fußballspiel. Und dann auch wieder nicht. Aber die ganzen Anstrengungen, so zu tun, als wäre es normales Fußballspiel, waren dann doch während der neunzig Minuten weitgehend vergessen.
Das Publikum im Olympiastadion, zu dem ich aufgrund unvorhersehgesehener Umstände dann auch zählte, bestand zu größten Teilen aus Menschen, die offensichtlich einfach dort weitermachen wollten, wo 2006 bis 2010 etwas rund um das deutsche Nationalteam entstanden ist, das nun auch auf die Frauen übertragbar ist. Dass das Team von Silvia Neid auch ein besonderes Identifikationsmodell für lesbische Frauen ist, davon wollen die meisten Medien nur verdruckst etwas wissen.
Dabei ist die Sache doch recht eindeutig: Wie und in welcher Intensität (und mit welchen Widerständen) man sich für Frauenfußball interessiert, das hat etwas mit sexueller Identität und den Rätseln der Geschlechterdifferenz (Bild) zu tun, ist also so kompliziert, wie diese Angelegenheiten nun einmal sind.
Ich würde gern einmal eine gescheite Psychoanalyse des Fußballs lesen, denn die Übertragungsbeziehungen, die da stattfinden, sind ja doch ganz enorm - nicht nur bei mir selbst. Die Beobachtungen, die ich im Olympiastadion gemacht habe, deuten nun aber darauf hin, dass es eine ähnlich starke Übertragungsbeziehung auf das Nationale gibt, was die Sache auch deswegen komplizierter macht, weil ja derzeit beide deutsche Nationalteams von, sagen wir es vorsichtig, nicht nur eindeutig heteronormativen Symboliken umgeben sind.
Das ließe sich eigentlich sehr schön in immer neue Sommermärchen einer nun wahrhaft freiheitlichen Gesellschaft umschreiben, wären da nicht die Zwänge von Organisatoren und Sponsoren, die alles daran setzen, den Eindruck zu erwecken, es ginge nur um Sport. Und nicht auch um Eros, Libido, Identität. Um den Titel meines heutigen Eintrags zu verstehen, müsste man sich übrigens die Folge "The Bowtie" (Season 5, Episode 2) aus der Serie "Curb Your Enthusiasm" ansehen - Larry David bricht dort bewusst komisch all jene Tabus, die gegenwärtig als immer noch sehr wirkmächtig erfahrbar sind.
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