Dienstag, Juni 01, 2010

Populismus

Die Mitgliederversammlung gestern Abend habe ich ausgelassen, nach der Informationsveranstaltung von neulich war schon sehr klar, dass es zu keinen außergewöhnliche Vorkommnissen kommen würde.

Dass Raffael dann höchstpersönlich seinen neuen Vertrag den anwesenden Mitgliedern zur Kenntnis brachte, finde ich gut - und es zeugt nebenbei von einem Umstand, den man doch einigermaßen erstaunlich finden kann: Michael Preetz ist mit dem Ende der Saison und mit der neuen Situation in kürzester Zeit zu einem veritablen Politiker gereift, der sogar die notwendige Dosis Populismus mitbringt. Wie in den letzten Tagen und Wochen der Unmut der Basis abgefangen wurde, wie mit der geschickten Vertaktung von Personalnachrichten die Stimmung ins Positive gewendet wurde, das nötigt durchaus Respekt ab.

Der Transfer von Raffael musste zwar über die Bande der Verpflichtung seines Bruders gespielt werden, sodass Preetz mit Ronny und Kobiashvili bisher ein wenig linkslastig in seinen Personalien ist - aber es deutet doch alles darauf hin, dass man um das "bigger picture" weiß, dem der Kader in der neuen Saison entsprechen muss.

Abgesehen von den unterschriebenen Verträgen ist fast alles, was derzeit so geschieht, vor allem Zeitgewinn: Die Hertha wird wohl die Lizenz auf Basis der Annahmen bekommen, die der Club für die nächste Saison getätigt hat, und die DFL-Lizenzierer werden ihr wohl auch den Optimismus abnehmen, dass das veranschlagte Defizit von 2,5 Millionen Euro beherrschbar ist (de facto wurde es ja so dargestellt, dass diese Zahl auf vorsichtigen Annahmen beruht, die durch positivere Ergebnisse da und dort - im DFB-Pokal oder bei Transfers - bald übertroffen werden sollten).

Der wichtigste Wermutstropfen betrifft den Nachwuchs: Das Budget für die Akademie wird auf ein Fünftel (!) reduziert, dagegen sind die 100000 Euro für ein Eliteprogramm der Jungen nur symbolische Kompensation. Und auch hier erweist sich Preetz als Populist: Dass er den Akademiebetrieb jetzt mit Hertha-Recken wie Andreas Neuendorf oder Andreas Thom auffüllt, gefällt den Fans, sagt aber wenig über die einschlägige Kompetenz, die gerade im Nachwuchsbereich ja sehr stark auch von erworbenem Wissen abhängt, das nicht direkt aus dem Betrieb selbst kommen kann.

Bei der Hertha tut sich was, und wenn es nur dass ist, dass Michael Preetz in eine Rolle hineinwächst, zu der ihn erst der Abstieg so richtig befreit zu haben scheint.

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