Montag, Juni 21, 2010

Autoritätsverlust


Die Fußball-WM gibt in den letzten Tagen ein gutes Bild der Weltverhältnisse ab: Viele Länder werden von Trainern regiert, die für das komplexe Amt unterqualifiziert sind und sich in bewährte Verhaltensweisen (Sturheit, Phrasen, Durchhalteparolen, Schweigen) flüchten. Fabio Capello, Raymond Domenech, Sven-Göran Eriksson haben sich in unterschiedlichem Maße lächerlich gemacht, man darf sich vor allem im Falle Frankreichs wundern, wie blind die Offiziellen denn eigentlich auf Dauer sein dürfen, wenn sie nach den Triumphen von 1998 und 2000 zuerst den überforderten Roger Lemerre und dann den Kasperl Raymond Domenech für diese wichtige Aufgabe geeignet finden konnten.

Dass Eriksson, einer der größten Abzocker im Metier, jetzt auch noch mit der Elfenbeinküste seine Planlosigkeit öffentlich machen kann, muss als traurige Spätfolge des Kolonialismus verbucht werden. Dass aber auch Fabio Capello so schnell entzaubert werden konnte, dürfte dann doch an einer strukturellen Unregierbarkeit des nationalen englischen Fußballs liegen. Die Premier League ist ja ganz und gar auf globale Sichtbarkeit, globale Repräsentation und globales Teilnehmerfeld angelegt, damit muss zu tun haben, dass die englischen Spieler, sobald sie unter sich sind, von einer bedrückenden Ratlosigkeit befallen werden. Ist es Einsamkeit? Fabio Capello wurde von den Medien als Zuchtmeister verkauft, der seine Autorität aber in dem Moment einbüßt, in dem seine Entscheidungen nicht mehr vertretbar sind.

Ein Putschversuch durch John Terry, wie er heute in den Zeitungen beschrieben wird, das hat schon Züge von "Bananenrepublik", und das ist es genau, was mir an dieser WM zunehmend gefällt: Dass das alte Regime der etablierten Fußballnationen sich solche Blößen gibt (die Elfenbeinküste ist durch die Wahl des Coachs da ein wenig mit hineingeraten), während die Südamerikaner sich auch bei diesem Turnier als Postcaudillisten zeigen: Effizienzkollektive unter der Führung pragmatischer Taktiker. Man kommt den Klischees nicht leicht aus im Fußball, man kann sie aber immerhin ein wenig durcheinanderrühren, und dafür gibt es in Südafrika bestes Anschauungsmaterial. Im Bild: Zwei Fans auf einem Markt in Berlin, Kreuzberg.

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