Mittwoch, Juni 23, 2010
Wedding Prince
Zum direkten Duell der Brüder Boateng wird es heute nicht kommen, wenn Deutschland gegen Ghana um einen Platz im Achtelfinale der Fußball-WM spielt. Jerome aus Wilmersdorf wird zumindest zu Beginn auf der Bank sitzen, Kevin-Prince aus dem Wedding wird bei Ghana im defensiven Mittelfeld spielen.
In den letzten Wochen ist in fast allen von mir konsultierten Medien eine Geschichte über die ungleichen Brüder erschienen, fast überall konnte man aus diesen Geschichten sehr schön die Grenzen des Journalismus ersehen - durchweg beruhten sie auf kurzen bis kürzesten Gesprächen mit den Betroffenen, der Rest war "Lokalkolorit" und Aufwärmen alter Hüte (die Gummistiefel des kleinen Kevin-Prince). Das "Familienduell" wurde nicht selten auf die "Grätsche" hin stilisiert, mit der Jerome im Notfall dann eben doch seinen eigenen Bruder "umsäbeln" müsste. Und es werden auch seltsame Fragen gestellt: Wie kann es kommen, dass einer vom Bolzplatz nicht "ankommt" im System Nationalmannschaft?
Das ist dann eben die Kehrseite der Anpassungsleistung, die ein Integrationswunder wie das Team von "Jogi" Löw erforderlich macht - die schwierigen Talente scheiden aus. Kevin-Prince schreibt definitiv den interessanteren Entwicklungsroman, auch deswegen, weil er sich in der Premier League inzwischen einigen Respekt verschafft hat - dort beurteilt man ihn nicht an dem Foul an Ballack im FA-Cup-Finale, sondern an seinen sehr guten Leistungen für den FC Portsmouth, wo er ein "Führungsspieler" im Abstiegskampf war, bevor eine Verletzung ihn zurückwarf und der Club endgültig ins finanzielle Chaos stürzte.
Das "Familienduell" wird also wohl in England im nächsten Jahr stattfinden, denn Jerome hat bei Manchester City ja schon unterschrieben, und Kevin-Prince hat nach seinen Leistungen in Südafrika alle Chancen auf ein Angebot von einem guten englischen Team. Hätte er gute Berater, er könnte immer noch ein Großer werden.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen