Dienstag, Dezember 01, 2009

Putscherl



Wenigstens die zweite Mitgliederversammlung in diesem Jahr hat Hertha BSC gut hingekriegt. Bedenkt man, wie übel die sportliche Lage der Fußballer ist, mussten andere Nachrichten wie die über Nachwuchssorgen der Kegler als halb so wild erscheinen. Und alle Befürchtungen, unter den mehr als 1800 Erschienenen könnte sich das Bedürfnis nach einem Putsch entwickeln, erwiesen sich als unbegründet - es wurde nicht einmal ein Putscherl.

Die Mannschaft war dazu verdonnert worden, sich die ganze lange Prozedur auch anzutun, still saßen sie alle in der linken vorderen Ecke und verstanden wahrscheinlich in der Mehrzahl ohnehin nur Bahnhof oder "keine Alternative". (Was das Manöver für die Muskulatur drei Tage vor dem Spiel in Lettland bedeutet, will ich nicht genauer wissen, immerhin wurde für ausreichende Hydrierung gesorgt. Für das Selbstvertrauen von Artur Wichniarek, Marc Stein und Christoph Janker wäre es sicher besser gewesen, man hätte ihnen das erspart - sie wurden persönlich und heftig ausgepfiffen.)

Zwei große Abwesende gab es gestern, einer wurde häufig erwähnt, einer konsequent verschwiegen: Lucien Favres Nachrede bei den Hertha-Fans hat sehr gelitten, immerhin wird aber noch diskutiert, was er alles so angerichtet hat. Dieter Hoeneß hingegen wird nicht einmal mehr erwähnt, dabei hätte Michael Preetz doch alle Möglichkeiten gehabt, ihm den schwarzen Peter einer ruinösen Gebarung zuzuschiebe. Er hat es nicht getan, und das ehrt ihn.

Preetz hielt die entscheidende Rede des Abends, er schlug sich gut, denn er verzichtete auf populistische Erklärungen und gab stattdessen eine ausführliche Herleitung der gegenwärtigen Schwierigkeiten, die ja deswegen so schwer zu überwinden sind, weil sie auf so vielen Kleinigkeiten beruhen. Dass es "handwerkliche Fehler" gab, wie einige Fans in der freien Aussprache immer wieder mit professioneller Begrifflichkeit anmerkten, ist unbestritten.

Dass Preetz sich gegenüber Favre in der Causa Pantelic nicht durchsetzen wollte, erweist sich rückblickend als sein größter Fehler - die Sache fiel aber auch genau in den Übergang von Hoeneß auf Preetz, dann wäre allerdings ein ganzer langer Sommer Zeit gewesen, tätig zu werden. Ich persönlich bin ohnehin optimistisch, dass Ramos der neue Barrios werden könnte, die zwei Tore aus den letzten zwei Spielen hätte ich stärker verkauft, wäre ich der Redenschreiber von Preetz.

Der generelle Tenor, der Lucien Favre doch ein gewichtiges Stück der heutigen Probleme zuschreibt, wird von mir geteilt, gerade auch, weil das gestern nicht gehässig wurde, sondern die Trauer darüber durchklang, dass es mit ihm nicht geklappt hat. Alles in allen war das eine reife Leistung im ICC. Die Lage ist auch zu ernst für Abreaktionen. Jetzt muss die Mannschaft, die hoffentlich gestern noch einige Lockerungsübungen gemacht hat, eine Antwort geben, am besten schon am Donnerstag in Riga. Ich fliege hin.

2 Kommentare:

Natalie hat gesagt…

hoeneß hat sich wohl eine verschiegenheitsklausel unterschreiben lassen, preetz & co. können sich nicht dazu äußern, ohne eine klage zu riskieren. aber wozu auch, im prinzip läßt sich genug erahnen.

Maria hat gesagt…

Du fliegst tatsächlich nach Lettland?? :-) Na dann viel Spaß und bring einen Sieg mit.