Sonntag, März 01, 2009

Groteske

So sehr nach Frühling, wie ich gestern Vormittag vom Wohnzimmer aus dachte, sah es am Nachmittag im Olympiastadion nicht mehr aus. Es war ein typisch grauer, kalter Spätwintertag, aber man spürte doch, dass sich etwas verändert hat bei der Hertha. Das Stadion war zu zwei Dritteln gefüllt, das ist gegen einen Gegner wie Borussia Mönchengladbach schon bemerkenswert.

Die Mannschaft tat auch eine Menge, um der neuen Anspruchshaltung der Fans zu entsprechen. Sie spielte eine gelassen souveräne erste Halbzeit, in der zwei kluge Pässe (und natürlich die entsprechenden Läufe der Empfänger) zu zwei schönen Toren durch Voronin und Dardai führten. Beide Pässe, auch wenn der erste von Cicero über dreißig Meter ging, gehören in das Fach "Durchstecken" - zwei Spieler sehen eine Lücke, einer läuft hinein, der andere sieht den Lauf, alle anderen müssen zuerst begreifen, was los ist, und schon ist's geschehen.

Die Eleganz dieser Tore flog der Hertha in der zweiten Halbzeit aber noch um die Ohren. Denn sie wollte so weiterspielen, es ging aber nicht so, und allmählich zerfiel das Spiel in zwei Bewegungen - Gladbach drängte, schaffte durch einen Elfmeter von Bradley auch zwanzig Minuten vor Ende den Anschlusstreffer, und Hertha konterte, mit zunehmender Dauer des Spiels wurde das Ungeschick dabei grotesker. Nach dem Sieg steht Hertha BSC zumindest heute wieder ganz oben in der Tabelle, dabei ist deutlich zu sehen, dass zu einer Spitzenmannschaft noch viel fehlt.

Unübersehbar war auch gestern wieder, daß die Außenpositionen offensiv nicht gut funktionieren: Stein und Ebert, Rodnei und Nicu fielen durch zahlreiche tapsige Kombinationsversuche auf, das Berliner Publikum, das jetzt schon Verwöhnfußball erwartet, quittierte es durch stadionweites Aufstöhnen.

Das Spieltempo der Hertha ist nach wie vor niedrig, und zwar intensiv niedrig - eine Menge Bewegung geht einfach in das ständige Laufen in Position, auf Struktur hin. Raffael vermag sich am besten daraus zu befreien, er kann sich aus einem Gewühl lösen und Tempo aufnehmen, das ist großartig. Letztendlich war der Sieg gestern weniger glücklich, als die Medien heute schreiben. Aber es hätte eine Demonstration der Souveränität werden können. So aber hält die Hertha den Ball flach, um ihn diskret weiter "durchstecken" zu können.

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