Die Fahrt nach Cottbus brachte neben dem großen Erlebnis des tanzenden Dieter Hoeneß (das ich live nicht so genau mitbekommen habe) noch eine ganze Reihe anderer interessanter Eindrücke. Schon im Regionalexpress sorgte die Polizei gründlich für Ordnung, außer gelegentlichen Rufen wie "Polacken und Zigeuner raus" hielten sich auch anstößige Bemerkungen in Grenzen. Ich war allerdings überrascht (weil ich ja in diesen Fankreisen nicht verkehre), wie sehr es manchen Mitreisenden vor allem auf die Action ankommt - ich konnte einige Gespräche mithören, deren Teilnehmer genau über die Bengalos, Böller und Rauchbomben Bescheid wussten, die (wie?) ins Stadion gebracht werden würden und auf zu einem verabredeten Zeitpunkt (beim ersten Tor) gezündet werden sollten.
Dieses Ereignis war ihnen deutlich wichtiger als der Auftritt der Hertha. Sie müssen sehr zufrieden gewesen sein, als es dann so weit war. Ich musste vor dem Stadion der Freundschaft zwar meine Tasche abgeben, wurde aber nicht sehr genau kontrolliert, genau genommen: klassisch inkonsequent. Der lustigste Moment kam nach der Leibesvisitation, als ich dazu angehalten wurde, meine Schuhe auszuziehen. Ich hatte gerade meinen rechten in der Hand, da sagte der Security-Mann: "Okay, einer reicht." Meine Gegenfrage verstand er nicht so recht: "Was ist aber, wenn ich die Bombe im linken Schuh habe?" Der Mann ist wohl auch noch nie interkontinental geflogen. Das Stadion der Freundschaft und der Flughafen JFK in New York haben aber sowieso einiges gemeinsam, beide sind zu klein für ihre Zwecke und müssen deswegen improvisierend erweitert werden.
Von meinem Platz konnte ich stehend nur drei Cornerfahnen sehen, die vierte war hinter einem Gitter - und ich hatte noch einen relativ guten Platz. Auswärtsfans werden in kleinen Stadien gern wie in Käfigen gehalten. In Cottbus wurde aber die ganze Stadt in zwei Zonen geteilt, eine war nur für die Hertha-Fans, die in kleinen Pulks über gesperrte Ost-Avenuen zum Stadion zogen.
Was es die ganze Mühe dann wert machte, waren Details: der Hechtsprung, mit dem Arne Friedrich nach dem dritten Tor Voronin zum Jubeln "erlegte" (in der FAZ vom Montag dazu das großartige Foto), die Gesten, mit denen Voronin als vorderster Verteidiger das Spiel gegen den Ball organisierte (wobei Patrick Ebert ihm kaum einmal so weit vorn schon zu Hilfe kam), der Ball von Jula, der direkt auf uns zukam, statt im Netz zu zappeln. In Berlin sitze ich auf einem Platz, der einen Blick auf die Taktik erlaubt. In Cottbus war ich im Getümmel, und es war großartig.
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