Wahre Liebe kennt keine Liga, das hatten die Hertha-Fans gestern auf ein Transparent gemalt, und noch auf dem Weg nach Hause sangen sie ironisch: "Zweite Liga, wir sind dabei, scheißegal." Sie konnten es guten Mutes tun, denn beim 3:2 gegen RW Oberhausen stimmte das Ergebnis, und dazu kam die unglaubliche Geschichte, dass der Sieg einem siebzehnjährigen Nachwuchsstürmer zu verdanken war, den von den 48000 im Stadion sicher der Großteil vorher nicht gekannt hatte: Marco Djuricin kam schon nach einer Viertelstunde ins Spiel, nachdem Rob Friend bei dem Versuch eines Fallrücksziehers schwer zu Boden geplumpst war und dabei eine Gehirnerschütterung erlitt.
Oberhausen führte da schon 1:0 durch einen Treffer von Lamidi nach einem Eckball, und die Mannschaft von Markus Babbel suchte nach Orientierung in einem sehr interessanten Spiel. Bei den Personalien war eigentlich nur eine ein wenig fraglich gewesen, sie löste sich aber eindeutig: Perdedaj spielte neben Niemeyer, Dardai war nicht einmal im Kader.
Dass Hertha gestern gewann, verdankt sich einer technischen und spielerischen Überlegenheit, die aber so sicher nicht zum Aufstieg reichen wird. Denn Oberhausen tat das, was ein Außenseiter tun kann und muss: Sie störten, und zwar mit Nachdruck. Lell schaffte es in der ersten Halbzeit sicher drei, vier Mal nicht, einen einfachen Pass zu spielen, er war ganz offensichtlich geistig nicht auf Gegenwehr eingestellt.
Die Viererkette machte insgesamt keinen sonderlich guten Eindruck, vor allem bei Mijatovic hat Babbel sich mit der Entscheidung, ihn zum Kapitän zu machen, keinen Gefallen getan: Denn nun muss er ihn wohl oder übel spielen lassen, und damit hat Hertha als Spielführer einen langsamen, immer wieder ungeschickten Innenverteidiger, der in der Spieleröffnung gestern wie Hubnik und Lell auch weitgehend ratlos war.
Das lag aber auch daran, dass Niemeyer und Domovchyiski ein wenig faul spielten. Der Mann aus Bremen machte - anders als Perdedaj - selten die zwei, drei Schritte in den leeren Raum, die ihn bei Ballbesitz besser anspielbar gemacht hätten, und Domovchyiski, der auf der Position des "Spielmachers" agierte, war meistens zu weit vorn, und wartete nur auf das Ende von Kombinationen, dabei hätte er sie ja entscheidend mitgestalten sollen. So konnte er zwar nach schöner Vorarbeit von Rukavytsya und Ramos nach einer halben Stunde ausgleichen, insgesamt aber war er eine Enttäuschung.
Der Australukrainer auf dem rechten Flügel kam nach einer Weile ein wenig besser ins Spiel, er bereitet nach der Pause auch den Führungstreffer durch Djuricin vor, der nur abstauben musste. Dann wurde er durch Ronny ersetzt, der bei seinen Freistößen aber nicht überzeugen konnte. Nach fast 80 Minuten stellte sich Mijatovic bei einem längeren vertikalen Ball in die Oberhausener Spitze ungeschickt an, und Lamidi glich aus. Und dann kam der große Moment von Marco Djuricin: Er deutete Ronny, der noch in der eigenen Hälfte den Ball hatte, einen diagonalen Lauf hinter die Viererkette an, lief los, der Pass kam exakt rechtzeitig, und der österreichische Nachwuchsherthaner verwertete im Stil eines van Basten oder Higuain.
Da staunten alle Bauklötze, und die Hertha-Saison in Liga zwee hatte ihre erste große Story. Die erstaunlichen 48000 Zuschauer waren glücklich, die Mannschaft ließ sich in der Ostkurve feiern, über die Leistung wird der Trainer mit dem Team sprechen. Ich würde es mal so sagen (in der Fußballersprache): Da muss noch viel mehr kommen. Positiv auffällig waren die Jungen: Neben Djuricin gefiel mir vor allem Perdedaj, der als einziger eine positive Aggressivität zeigte.
Die Stadion-Regie bewies dann eine Viertelstunde nach Abpfiff noch Witz, und spielte einen Klassiker des Austropop von Wolfgang Ambros ein: "Zwickt's mi, I man i tram" (Kneif mich mal einer, ich glaube, ich träume). Nichts hätte besser zu diesem Abend von Marco Djuricin passen können. In dem Lied kommt auch die Zeile vor: "Die Jugend hat kein Ideal, keinen Sinn für wahre Werte." Die jungen Herthaner (auch Nico Schulz kam gestern noch zum Einsatz) deuten gerade das Gegenteil an. Schon kommende Woche soll Marco Djuricin einen Vierjahresvertrag unterschreiben - Eile ist geboten, denn das war mehr als nur eine Andeutung.
4 Kommentare:
Die Vorlage zum 1:1 kam von Djuricin, nicht von Rukavytsya.
er war also an allen drei toren beteiligt, hat auch sonst noch in einigen szenen gezeigt, dass er auch spielen kann, nicht nur abschließen
Die Vorlage zum 1:1 kam von Ramos, was habt ihr denn gesehen?
djuricin spielte den pass auf ramos, das hatte ich falsch gesehen gehabt
Kommentar veröffentlichen