Sonntag, August 15, 2010

4-2-3-Friend

Die Hertha hat die erste Pflichtaufgabe der neuen Saison mit Anstand absolviert: 2:0 beim SC Pfullendorf in der ersten Runde des DFB-Pokals. Zweite gegen vierte Liga, der Klassenunterschied war zu sehen, die Chancenverwertung spiegelt das Kräfteverhältnis nicht adäquat. Es war auch ganz deutlich zu sehen, dass dieses Team fast nichts mehr mit dem Favrismus zu tun hat, der im Vorjahr über viele Kombinationen in den Abstieg geführt hat.

Beide Tore fielen aus Standardsituationen, einmal traf Ramos per Kopf nach Freistoß von Rukavytsya, wenig später Friend nach Eckball von Kobiashvili. So richtig lässt sich natürlich noch nicht abschätzen, was diese Mannschaft gegen einen stärkeren Gegner tun würde, sie hat aber auf jeden Fall ihr Stilmittel schon einmal gezeigt, und es ist tatsächlich das Flügelspiel in einem 4-2-3-Friend, von dem die Berliner Medien den ganzen Sommer hindurch fast schon andächtig berichteten (weil es ja auch das System von J-Lö und eigentlich das des aktuellen Weltfußballs ist).

Einige neue Herthaner habe ich gestern zum ersten Mal gesehen, zum Teil fielen sie positiv auf: Rukavytsya spielte auf dem rechten Flügel, er ist offensichtlich eine Bereicherung, seine Standards waren viel besser als die von Kobiashvili, ich schätze ihn höher ein als Traoré, den die Hertha ziehen ließ. Lell und Niemeyer hatten eher diskrete Debüts (der Mann vom FCB gab hinterher aber noch ein gutes Interview, das ihn als relativ selbständigen Geist auswies), dafür konnte Perdedaj, der ja im strengen Sinne kein Debütant mehr war, echt überzeugen - er beherrscht diese im zentralen Mittelfeld so wichtige Kunst, den Ball abzuschirmen und sich aus einem Getümmel irgendwie nach vorn zu befreien, wenn das nicht geht, schafft er immer noch den Pass nach außen.

Rob Friend, bei dem ich mich gern eines Besseren belehren lasse, hat in mehrfacher Hinsicht positive Andeutungen gemacht: er ist auch technisch gar nicht schlecht, spielt mit und legt ab, er erinnert mich ein wenig an Peter Crouch (that is, zweite deutsche Liga). Ramos brauchte lange, um einen Zugang zum Spiel zu bekommen, er rochierte mit dem zentral startenden Domovchyiski, beide hatten viele gute Ansätze. Positiv fiel auf, dass alle schon früh mit der Balleroberung begannen, niemand ließ sich gegen einen unterklassigen Gegner hängen.

Am Freitag gegen Oberhausen wird Raffael statt Domo und vielleicht Dardai statt Perdedaj spielen (obwohl, warum eigentlich?), darüber hinaus werden wir die Elf von gestern dann auch im Oly sehen, und sie genauer kennenlernen können. Der erste Augenschein war jedenfalls nicht schlecht, und als Zuckerl konnte gegen Ende der 17jährige Nico Schulz noch ein paar Flügelläufe starten, um zu zeigen, dass die Hertha im Begriff ist, eine ihrer langjährigen Verkümmerungen zu beleben.

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