Samstag, August 23, 2008

Entropie

Manchmal merkt man an Kleinigkeiten, dass es sich bei der Hertha langsam zum Besseren wendet. Das Stadion-Magazin kostet in dieser Saison wieder zwei Euro, die fünfzig Cents Erhöhung vom letzten Jahr wurden zurückgenommen. Ich nehme an, dass es sich dabei um eine Art Sanierungszuschlag handelte (den "Sani"), der maßgeblich dazu beitrug, den Schuldenstand zu reduzieren. Das Match hat dann in Erinnerung gerufen, dass auch die neue Hertha von Coach Favre durch die seltsame Genetik des Fußballs noch immer die alte Hertha ist, die Spiele liegenlässt und Überlegenheiten verspielt. Das ist in diesem Fall ganz wörtlich zu verstehen, je länger das Match dauerte, desto weniger funktionierte die Balleroberung, und die Arminia ließ die intrikaten Kombinationsversuche mit stoischem Nihilismus über sich ergehen. Der Coach hatte Simunic trotz der überzeugenden Leistung in Frankfurt auf die Bank gesetzt, vertraute defensiv zentral den durch die lange Vorbereitung eingespielten Kaká und von Bergen, links hatte Stein in der ersten Halbzeit viele Spielanteile, rechts wirkte der in die Mannschaft zurückgekehrte Kapitän Friedrich ein wenig rostig. Im Mittelfeld hielt Lustenberger den beiden Ausschwärmern Cicero und Kacar den Rücken frei, Ebert spielte rechts und Raffael eine Art linken Flügelstürmer. Pantelic war überall. Von Beginn an war das eine klare Sache. Hertha dominierte mühelos und schuf Chancen, die schönste Kombination bestand eigentlich nur aus Balleroberung und einem Lupfer von Ebert, den Pantelic nach einem Drittel der Spielzeit mit einem Lupfer verwertete. Bald darauf kam Bielefeld aus so heiterem Himmel, dass mir die Entstehung entging, zum Ausgleich durch Wichniarek (dass man ihn auspfeift, verstehe ich nicht, er ist ein Guter). Danach gab es noch zwanzig Minuten Bemühungen, bevor Bielefeld das Match endgültig in einen entropischen Zustand brachte. Das magische brasilianische Zweieck Raffael und Cicero auf links deutete an, wie sich die Hertha künftig noch öfter selbst schwächen könnte: inkonsequentes Pressing und elegantes Ballschleppen nahmen den letzten Schwung aus einer Begegnung, die Bielefeld als eine Meisterleistung im Stiebitzen erscheinen muss. Dass es auch sonst mit der Euphoriebremse gut funktioniert in Berlin, zeigte die Zuschauerzahl: 36000 ließen das Stadion sommerlich luftig erscheinen, selbst die Ostkurve war heute ein wenig dösig. Auf dem Heimweg gerieten wir dann noch an einen autoritären Buslenker, der es sich auf dem Schienenersatzverkehr am Halleschen Tor nicht nehmen ließ, jeden Fahrschein einzeln zu kontrollieren, wodurch sich die Einsteigzeit beträchtlich verlängerte. Der Mann war ein Defensivkünstler im falschen Metier, er sollte sich für den Trainerstab der Arminia bewerben.

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