Sonntag, August 24, 2008
Craven Cottage
Der Hertha gegenüber habe ich mir in den letzten Jahren einen halbwegs heiteren Gleichmut angewöhnt, der mir bei den Spielen von Arsenal meistens fehlt. Gestern kam ich direkt aus dem Stadion zum Auswärtsmatch bei Fulham in Craven Cottage, ich meine natürlich die Live-Übertragung. Das Spiel ging mit 0:1 verloren, es war eine erbärmliche Darbietung, die darauf hindeutet, dass sich das Gefüge der Mannschaft durch den Abgang von Flamini doch viel massiver verändert hat, als der Coach, der noch immer mit einem neuen Mann für das defensive Mittelfeld zögert, zugeben will. Gestern fehlte auch Fabregas, im Zentrum spielten Denilson und Eboué, dahinter ermöglichte Gallas mit einem Aussetzer bei einem Corner das Gegentor. Der Kapitän von Arsenal ist ein seltsamer Typ. Er macht es möglich, dass der englische Ko-Kommentator einen "big, strong, ugly centerhalf" einfordern kann, womit Gallas doch gut beschrieben ist. Aber nur äußerlich. Innerlich ist er ein zartes Gemüt, ein wenig hin und her gerissen zwischen Eitelkeit und Patzigkeit, seine Virilität (Irokesenschnitte in allen Varianten) ist demonstrativ und nicht natürlich. Was ich hier schreibe, ist natürlich Deutung, ich beobachte den Mann ja schon eine ganze Weile. Gestern fehlten Arsenal eigentlich nur zwei Stammspieler, eben Fabregas und sein noch unbestimmter Nebenmann (gelegentlich fällt der Name Xabi Alonso von Liverpool, der ist bisher zu teuer). Trotzdem war das Team kaum zu erkennen. Nasri war schwach, Walcott kam wenig zur Geltung, van Persies Freistöße waren eine Karikatur derer des Vorjahres. Im letzten Jahr lag Arsenal gleich zu Saisonbeginn gegen Fulham daheim bis knapp vor Ende mit 0:1 zurück, drehte das Spiel noch (Hleb schoß spät den Siegestreffer, so wie Gerrard gestern an der Anfield Road für Liverpool in einer vergleichbaren Konstellation). Der Sieg vor einem Jahr legte die Basis für den langen Lauf von Arsenal, der erst in Birmingham am Tag der Verletzung von Eduardo endete. Heuer geht schon das zweie Spiel recht schnöde einfach verloren. Mich beschleicht manchmal der Gedanke, das Arsène Wengers Zeit bei Arsenal allmählich ablaufen könnte - sein Konzept ist ja nicht vollständig den wirtschaftlichen Realitäten des Clubs geschuldet, sondern enthält auch einen prinzipiellen Protest gegen den Betrieb, der sich in der Position eines globalen Großclubs schnell in bizarren Widersinn verwandeln kann. Die wohlwollenden englischen Zeitungen verwenden dafür das Adjektiv "quixotic", ich glaube aber, dass wir Arsène Wenger in der Charakterkunde von Molière eher wiederfinden.
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