Louis van Gaal klang fast ein wenig wie Carl Schmitt, als er gestern spät am Abend die Niederlage des FC Bayern im CL-Finale gegen Internazionale Mailand (0:2, zwei Tore von Milito) erklärte: Weil die Bayern sich für den "schwierigen Stil" entschieden hatten, stand ihnen für ihr Spiel nur der "kleine Raum" zur Verfügung, während Inter sich drei, vier Mal weidlich im "großen Raum" umtat, dabei aber zumindest beim ersten Tor auch von "gruppentaktischem Fehlverhalten" (Matthias "Mattes" Sammer) der Münchner Defensive unterstützt wurde.
Der schwierige Stil, das ist der Versuch, das Spiel zu machen, während die Mannschaft von Mourinho nur daran interessiert war, ein, zwei Tore zu machen. Van Gaal konnte seinen Ärger darüber, wie die Begegnung gelaufen war, kaum verbergen, fiel aber doch nicht aus der Gentleman-Rolle. Was wäre gewesen, wenn Bayern sich für den einfacheren Stil entschieden hätte, also auch eher abwartend gespielt hätte und die eigenen Räume dicht gemacht hätte? Die ersten paar Minuten deuteten darauf hin, dass Inter auch dann die besseren Mittel gehabt hätte.
Ganz abgesehen davon, dass man sich das nicht so richtig vorstellen kann, wie das gehen soll, wenn keine der beiden Mannschaften an umfangreichem Ballbesitz interessiert ist. Heuer hat die Mannschaft die CL gewonnen, die auf drei wesentliche Aufgaben die richtige Antwort fand. Ich bin sicher nicht der einzige, der erst durch das Auswärtsspiel von Mourinhos Team gegen Chelsea so richtig auf diesen Jahrgang aufmerksam wurde, der zur Überarbeitung ganzer Fußballphilosophien zu nötigen scheint (siehe den Kommentar zum letzten Eintrag).
Jonathan Wilson hat einen besonders galligen Kommentar über den FC Bayern abgegeben: "Selbst wenn er Schellen an den Füßen getragen hätte, hätte Robben keine bessere One-Man-Band sein können." Das steht in einem Text, der als Kompliment an den Niederländer gedacht ist.
Für einen neutralen Zuschauer, wie ich gestern einer war, war es ein großer Fernsehabend, bei dem auch die Bildregie stimmte (vor Beginn hatte ich schon Angst, die Seilkameras würden wieder für zahlreiche wilde Drohnenperspektiven eingesetzt werden, es kam dann aber eine astreine Aufbereitung ohne Nonsense), und der nach Mitternacht mit dem großen Egomanen Mourinho endete, der schon wie im Trance durch die Mixed Zone ging und nur noch von Real Madrid sprach.
Der europäische Clubfußball könnte seit gestern in ein neues klassisches Zeitalter eingetreten sein: Van Gaal in München, Guardiola in Barcelona, Ferguson in Manchester, Mourinho in Madrid. Inter wird es ohne den Trainer schwer haben, den Erfolg zu bestätigen, und Arsenal (die naiven Irrläufer dieses Jahres) wird es sehr schwer haben, da mitzumischen.
Nun beginnen vier Wochen ohne größeren Fußball, die ich mit Herthas U19 überbrücken werde (Mittwoch bei TeBe), und mit dem Vorgeschmack auf die Nationalteams, der gestern schon zu sehen war. Julio Cesar. Maicon. Robben. Milito. Sneijder. Eto'o.
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