Mittwoch, Mai 19, 2010

Durchinformierung

Wäre die Hertha eine Partei, dann wäre das gestern eine Parteiaussprache gewesen: "Hertha im Dialog" im ICC. 900 Mitglieder wollten sich mit mit Präsidium und Geschäftsführung über Vergangenheit und Zukunft besprechen. Die Veranstaltung erfüllte ganz und gar ihren Zweck: Vor der Mitgliederversammlung am 31. Mai wurde oppositionelle Energie sanft in vagen Optimismus umgelenkt. Dabei konnten sich Präsident Gegenbauer sowie die Manager Preetz und Schiller in allen wesentlichen Fragen so weit bedeckt halten, dass sie nun eine Weile in Ruhe arbeiten können werden.

Das Ritual war zweigeteilt, zuerst gab Moderator Axel Kruse die Stichworte für einen ersten Durchlauf, dann kamen die Mitglieder selber zu Wort mit zumeist vernünftigen Fragen und Anregungen, zwischendurch gab es dann aber auch Lobbyarbeit für die Berliner Braubranche ("Warum haben wir Carlsberg als Sponsor, gibt doch so gute Biere in der Stadt?"). Das Stichwort des Abends war "Durchfinanzierung", die nächste Saison ist, wie mehrfach im Kompetenzjargon betont wurde, "durchfinanziert", die entsprechende Durchinformierung, woher das Geld dafür kommen wird, blieb vor allem an einer Stelle aus, an der jemand wissen wollte, wie Hertha die Anleihe Ende des Jahres zurückzahlen möchte.

Interessant war eine Zusatzbemerkung: 2010/2011 ist "ohne Transfererlöse" durchfinanziert, wenn doch verkauft wird, dann gehen nur 50 Prozent der Erlöse in den Schuldendienst. Markus Babbel ließ sich zu Beginn kurz bejubeln, dann gehörte das Podium aber Preetz, Gegenbauer und Schiller, die ein veritables Politbüro abgeben.

Die Torwartfrage wurde per negativer Akklamation zumindest insoweit geklärt, als Gerhard Tremmel es nicht werden wird - da ist wieder alles offen. Aus dem Nachwuchs wird Sebastian Neumann einen Profivertrag bekommen, außerdem sollen Marvin Knoll und Alfredo Morales an den Kader herangeführt werden.

Der Abend verlief wirklich zu aller Zufriedenheit, weil es ja nicht um Information ging, sondern um Beruhigung - eine aufsässige Basis ist etwas, was die Hertha im Moment so gar nicht brauchen kann. Erst ganz zum Schluss, als sich notorische Querulanten zu Wort meldeten, fiel Axel Kruse ein wenig aus der Rolle und verletzte die technokratischen Sprachregelungen doch empfindlich: "Die Hertha kämpft ums nackte Überleben", rief er in den Saal, um entstehenden Streit schon im Ansatz zu befrieden. Da mag vielleicht die Rampensau mit ihm durchgegangen sein, vielleicht lag er mit diesem Ruf aber auch ein wenig näher an der Wahrheit als die großen Beruhiger auf dem Podium.

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