Samstag, November 28, 2009

Pastrami

War das nun schon der Offenbarungseid heute, wie es der Reporter von Sky gegenüber Friedhelm Funkel nach dem 1:3 gegen Eintracht Frankfurt formulierte? Es sieht stark danach aus, die Hertha war in einem weiteren wegweisenden Heimspiel nicht gut genug, um einen (den zweiten) Sieg zu erringen.

Die Gründe sind vermutlich einfach zu benennen: Die Nerven und die Einstellung. Von der ersten Minute an war zu spüren, dass dieses Spiel anders war als die in den letzten Wochen. Die hohen Erwartungen (ein Sieg schien gegen die zuletzt wankende Eintracht möglich und musste sowieso um jeden Preis her) waren zuviel für ein Team, das auch heute noch versucht hat, mit (halbherzigem) Kombinationsfußball zu einem technischen Erfolg zu kommen.

Die Eintracht machte das so deutlich besser, dass ich phasenweise fast erstaunt war: Wie Skibbes Team heute die Pässe geduldig erst dann setzte, wenn jemand in Position gelaufen war, das hatte Stil und Präzision, und ging natürlich auch auf eine Laufleistung zurück, zu der sich bei der Hertha niemand aufraffen wollte - vielfach schien es aber auch Ratlosigkeit zu sein. Sie wussten gar nicht mehr, was ein Raum ist, in den man gehen kann.

Das Unglück kam schließlich über die linke Seite: Pejcinovic war sowohl beim frühen Gegentreffer wie auch beim entscheidenden zweiten Frankfurter Tor der Hauptschuldige. Ein 22jähriger Serbe, der im Sommer mehr oder weniger aus Verlegenheit halt aus dem Trainingslager mit nach Berlin genommen worden war, der sich schon ein wenig in die Bundesliga hineingearbeitet zu haben schien, der aber heute wie nahezu alle anderen versagte.

Als das Match nach einem späten Ehrentreffer durch Ramos zu Ende war, brachte das Publikum im Olympiastadion nicht einmal mehr ein Pfeifkonzert zustande. Es war, als wären die Spieler da unten schon keine Herthaner mehr. Und auch ich selbst ertappte mich dabei, wie ich aus dem Häuflein das Gerüst einer Zweitligamannschaft herauszukristallisieren versuchte: von Bergen, Lustenberger, Ramos - mehr fallen mir nicht ein.

Aber das ist ohnehin eine Übersprungshandlung, ein Versuch, geistig aus einer Saison auszusteigen, die irgendwie ja noch zu Ende gespielt werden muss - und irgendwie ja auch noch mit dem Glauben an die theoretische Chance, den ich aber im Moment nicht aufbringen kann.

In unserem Zweipersonenhaushalt gibt es eine eingespielte Formulierung für tragische Umschläge - "flying to close to the sun on wings of Pastrami". Das ist aus Seinfeld und bezieht sich auf Höhenflüge, denen ein harter Absturz folgt. Die Hertha war letztes Jahr hoch oben, seither ist viel geschehen, und niemand kann mir erzählen, dass er genau wüsste, an welcher Stelle der größte Fehler passiert ist, wo der Pastramiflügel zu weich wurde. Was wir hier sehen, ist eine der Kausalketten, die der Fußball erzeugt - sie ist verworren und lang, aber das Ende ist klar und deutlich: Hertha hat fünf Punkte aus 14 Spielen und eine Tordifferenz von minus 21. Am Montag ist Mitgliederversammlung.

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