Sonntag, März 11, 2007

Sportdirektor

Seit einigen Tagen ist der gebürtige Berliner Christian Ziege neuer Sportdirektor in Mönchengladbach. Es sagt viel über das Niveau der deutschen Fußballberichterstattung, dass der Reporter von Arena nach dem 3:1 der Borussia über Hertha BSC Berlin vor allem wissen wollte, ob Ziege für diesen Erfolg schon verantwortlich zu machen sei. Dabei war es ein Sieg, der sich einfach so ergab, weil die Hertha ihn nicht wollte. Drei groteske Gegentore stellen dem Team von Falko Götz (und damit auch seiner Einstellungsleistung als Coach) ein übles Zeugnis aus. In der ersten Halbzeit gab es einen öffnenden Pass in unsere Hintermannschaft, bei dem ich in allen Zeitlupen vergeblich nach der Viererkette der Hertha gesucht habe. Letzter Mann war Dardai, außerdem lief dann noch Mineiro gemächlich nach hinten - als der Ball nur an den Pfosten ging, entstand neue Zeit zum Eingreifen, die aber nicht genutzt wurde, und so konnte Nando Rafael einen schönen, weil unbehinderten Flugkopfball setzen. Danach war das Spiel immer noch leicht zu gewinnen, dazu hätte es aber einer taktisch inspirierten Leistung bedurft, und ein wenig Flügelspiel hätte nicht geschadet. Gimenez ist ein guter Kopfballspieler, wie er beim Ausgleich bewies, den er nach weiter Flanke von Gilberto souverän ins lange Eck setzte. Gimenez ist aber weniger gut für das seltsame Spiel der Hertha geeignet, die gern mit scharfen, vertikalen Pässen in die Spitze - definitionsgemäß müsste sich der Passgeber oder ein Kollege im selben Moment auf einen Laufweg begeben, in den hinein ihm der Ball "abgetropft" wird. Das Konzept scheitert zum Beispiel an der Technik von Gimenez, dem der Ball immer fünf Meter wegspringt. Dadurch schafft er sich kleine, persönliche Ballrückeroberungs- und Ballbehauptungsprobleme, die bei Ballbesitz der eigenen Mannschaft ein zerstörerischer Luxus sind. Außerdem ist diese Methode der ansatzweise eleganten Kombinatorik wegen ihrer hohen Fehleranfälligkeit ein schlechtes Mittel gegen Mannschaften, die sich wehren. Man braucht sehr viele Versuche, wenn man den Ball am Gegner vorbeischwindeln will. Die Hertha übt sich also taktisch in Illusionismus, ihre Tricks sind aber durchschaubar. Wenn dann ein "Führungsspieler" wie Gilberto, der die ganze Saison schon sehr schwach ist, einen sicheren Ball am eigenen Sechzehner an Kluge verschlampt, ist der erneute Gegentreffer eine fast logische Konsequenz (Schütze war wieder Nando Rafael, einst Sturmhoffnung bei Hertha, hier nicht glücklich geworden, weil auch schlecht aufgestellt und angespielt - auch seine Ballbehandlung hatte häufig Mängel). Vor der endgültigen Entscheidung zeigte dann Ashkan Dejagah, dass das technische Spiel der Hertha auch die eigenen Spieler frustriert: Er ging an der Mittellinie in ein aussichtsloses Dribbling, daraus wurde ein Konter, den Delura locker abschloss. Abends kam dann noch Marcel Jansen in das Aktuelle Sportstudio und verbreitete gute Stimmung. Drei Mannschaften muß Gladbach noch überholen, um nicht abzusteigen. Welche sollen denn das sein?, fragte Poschmann, und der junge Nationalspieler gab eine kassandrische Antwort: Das könnten auch Teams sein, die jetzt noch gar nicht daran denken, dass sie mit dem Abstiegskampf zu tun haben könnten. Das war sicher nur eine Floskel, das Sportdirektorium der Hertha sollte aber aufgehorcht haben. Sie hat aber gar keines, und Manager Hoeneß und Coach Götz werden einander so lange die Treue halten, bis der Hauptstadtclub in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sein wird.

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