Sonntag, Juli 31, 2011

Erstligist

Heute beginnt die Saison 2011/2012 mit dem ersten Pflichtspiel von Hertha BSC als (neuer, alter) Erstligist. Die ersten beiden Tage der Pokalrunde haben ja schon gezeigt, was möglich ist - in Dresden gab es eines jener denkwürdigen Spiele, die immer wieder einmal in Erinnerung rufen, dass 3:0 nicht notwendige eine sichere Führung ist (Leverkusen verlor gegen Dynamo in der Verlängerung noch 3:4). Hertha tritt im Altenburger Land gegen Meuselwitz an, ich werde vor dem Fernseher dabei sein. Zum Auftakt der Saison hier drei Fragen, um das Interesse ein wenig zu strukturieren:

1) Was für ein Trainer ist Markus Babbel? Das ist ja bisher immer noch ein wenig unklar geblieben, in den Interviews und Stellungnahmen ist kaum etwas zu erkennen, was auf eingehendere taktische Auseinandersetzung oder überhaupt ein Interesse für die Entwicklung des Spiels als solches schließen lässt. Er kommt eher so herüber, als würde er seine Stärken vor allem in der (psychologischen) Personalführung haben. Die Frage ist sowieso nur dann wirklich von Interesse, wenn man erwartet, dass er in Berlin einen längeren Zeitraum definieren kann - der Hintergrund ist dabei eben immer, dass alle Clubs nach Trainern suchen, die ihnen ein Modell vermitteln können. Viele Modelle gibt es ohnehin nicht, umso wichtiger ist, dass die Identität des Clubs mit seinem Modell gut zusammenpasst. Das hat im Vorjahr in Liga eins wahrscheinlich H96 am besten geschafft, die einen diskreteren Kloppismus gespielt haben, ähnlich arbeitsintensiv, aber weniger glamourös.

2) Welches Modell passt für Hertha? Der Zukauf von Ottl und eine Reihe von Aussagen aus dem Leitungsstab deuten darauf hin, dass Babbel sein Team nicht in erster Linie als "spielendes" sieht, also nicht an ausgedehntem Ballbesitz interessiert ist. Das würde darauf hindeuten, dass Druck auf den Ball erst in der eigenen Hälfte ausgeübt wird, man also einen früher so genannten Konterfußball bevorzugen würde, wofür Ramos, Torun, Ebert, Rukavytsya und auch Lustenberger gut geeignet erscheinen. Dem steht die ungelöste Frage der Integration Raffaels gegenüber, der das Spiel selten schneller macht, und die meiner Meinung nach mäßige Qualität der Außendecker. Hertha hat, glaube ich, ein Problem der Abstimmung der Mannschaftsteile, es wäre schon modellhaft genug, wenn sich dafür Perspektiven entwickeln würde - das wird aber ganz wesentlich davon abhängen, wie Babbel mit seiner Personalmassierung im zentralen Mittelfeld umgeht.

3) Wie gut gelingt die Integration des Nachwuchses? Die Saison in Liga zwee hat einige junge Talente sichtbar werden lassen, für die heuer ein ganz wichtiges Jahr sein wird. Und für Hertha ist es auch von großer Bedeutung, ob es endlich einmal wieder gelingt, einen Nachwuchsspieler wirklich in den Bereich der Stammformation zu holen. Das ist seit Patrick Ebert nicht mehr wirklich gelungen, stattdessen wurden interessante (Schmiedebach) bis exzellente (Boateng 1 + 2) Ausgebildete verloren. Aus der Reihe Neumann, Morales, Perdedaj, Schulz, Djuricin sollte zumindest einer es schaffen, hier zu einem regelmäßigen Erstligaspieler zu werden. Dabei haben es vor allem die beiden auffälligen Begabungen Schulz und Djuricin in ihren Bereichen besonders schwer. Die Leistung von Markus Babbel wird auch an dieser (noch) Nebensache zu messen sein, denn es wird auf Dauer nicht genügen, die Jungen nur als Füllmaterial in einem Diskontkader zu beschäftigen.

In diesem Sinne bin ich gespannt, mit welcher Mannschaft es losgeht - denn in Meuselwitz beginnt auch eine Spielzeit der Selbstfindung. Hertha beginnt, in Berlin anzukommen, spielt wieder in Liga eins - nun kann sie darangehen, auch sportlich eine Identität auszubilden.

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