Die Mitgliederversammlung von Hertha BSC ist am Dienstag ohne besondere Vorkommnisse zu Ende gegangen. Dass Manager Preetz den Aufstieg versprochen hat, fällt unter Politik und muss uns nicht weiter beschäftigen, denn schließlich geht es dabei nicht um Absichten, sondern um Leistung.
Die Frage spitzt sich im Moment ja darauf zu, ob Coach Babbel der richtige Mann ist, um die taktisch zunehmend versierten Kollegen in Liga zwee auch auf dieser Ebene herauszufordern. Die Berliner Tabloiden rufen jetzt für das Wochenende schon einmal gewohnt gelassen eine "Taktik-Revolution" aus, dazu aber näher zum Termin des Spiels gegen die Sechz'ger mehr.
Mich beschäftigt wieder einmal ein Sager von Geschäftsführer Schiller. Er hat die aktuelle Verschuldungslage von Hertha präsentiert, und dabei unter anderem auch einen hohen Jahresverlust aus der abgelaufenen Saison einräumen müssen. Er hat versucht, diesem die Brisanz nehmen, indem er sagte: "Wir haben keinen Cash-Verlust erlitten." Damit hat er wie immer recht, und trotzdem handelt es sich bei diesem Satz wie sehr oft um eine Vernebelung.
Bilanzen sind komplizierte Texte, worauf er vermutlich hinauswollte, ist eine Korrektur der Bewertung des Spielerkaders, insofern die daraus erzielbaren Einkünfte (bei Verkauf etwa von Raffael oder Ramos) ja ein Kapital für Hertha darstellen. Erstens verträgt sich Schillers Satz nicht ganz mit der Darstellung, dass der Jahresverlust von 5,9 Millionen Euro auch 3,1 Millionen faktisch getätigte Ausgaben für Transfers im Winter 2009/2010 enthält, das ist Geld, das sich in der Bilanzierung nicht einfach mit irgendwas gegenrechnen ließ und jetzt einfach fehlt.
Zweitens ist es so, dass sich ein gesunkener Kaderwert (der tatsächlich keinen Cash-Verlust darstellt, aber in der Bilanz negativ aufscheint) natürlich auch wieder kompensieren lässt, sodass daraus irgendwann sogar ein "Cash-Gewinn" erzielbar ist - dazu bedarf es aber eben einer faktischen Steigerung der Marktwerte einer ganzen Reihe von Spielern.
Die Politik von Coach Babbel, manchmal fast schon im Übermaß auf junge Kräfte zu setzen, stellt sich nach den Neuigkeiten der letzten Wochen nun in einem etwas anderen Licht dar: Das ist nicht einfach die Philosophie eines Trainers, der Lasogga, Schulz, Djuricin, Neumann, Perdedaj und demnächst anscheinend auch Morales und Knoll viel zutraut - das ist auch eine aus Perspektive des Unternehmens Hertha BSC nahezu alternativlose (fast schon letzte) Möglichkeit, Eigenkapital zu bilden.
Die Jungen müssen spielen, weil sie nur so ihren Marktwert steigern können. Sie sind noch keine Cashkühe, aber sie sollen es irgendwann werden. Paradoxerweise könnte das aber gleichzeitig das Projekt Wiederaufstieg gefährden, wenn nämlich die Balance im Mannschaftsgefüge dadurch verloren geht. Das ist nur eine weitere Facette des Drahtseilakts, in dem Hertha heuer begriffen ist.
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