Nicht einmal 40000 Zuschauer waren gestern zum Start der Rückrunde ins Olympiastadion gekommen. Pünktlich zum Anpiff war die Sonne untergegangen, der Wind pfiff mit neuer Kraft durch die Gemäuer, sogar ein paar Schneeflocken trudelten durch das Oval. Die Hertha aber ließ sich den Nachmittag nicht verderben: Sie schlug Eintracht Frankfurt mit ein bisschen Glück, aber auch sehr überzeugend mit 2:1 und deutete an, dass sie für die zweite Halbserie gerüstet ist.
Coach Favre wartete mit einer überraschenden Aufstellung auf. Er verzichtete auf einen frühzeitigen Einsatz der noch nicht integrierten Neuen Babic und Cufré. Des Puzzles Lösung lag darin, dass er Nicu auf die Sechserposition neben Cicero stellte. Er ist eigentlich ein Flügelspieler, gestern zeigte er exemplarisch, was Favre sich unter einem "polyvalenten" Fußballer vorstellt. Gelassen, mit viel Übersicht (ausgenommen die ersten fünf Minuten nach der Pause) und gut dosierten offensiven Interventionen, zeigte Nicu, wie sich ein Einzelner in ein funktionierendes Kollektiv auch an unerprobter Stelle einfügen kann.
Der (auch defensiv) starke Raffael links und der ein paar Mal unkonzentrierte, aber auch gute Ebert rechts ergänzten ein elastisches Mittelfeld, vor dem Voronin meist eher unglücklich und Pantelic durchweg überzeugend arbeiteten. Das erste Tor nach zwanzig Minuten, der verschossene Elfmeter von Cicero nach einer halben Stunde und das zweite Tor nach fünfzig Minuten waren Resultate konsequenter Laufarbeit und individueller Klasse von Pantelic, der vor dem ersten Tor Friedrich mit einem tollen Pass auf dem rechten Flügel an die Grundlinie schickte und gleich darauf selbst in der Mitte von dessen, durch Voronins missglückten Fallrückzieher abgelenkter Flanke profitieren konnte.
Fußball ist ein System der Raumbeherrschung, das nichtsdestoweniger auf unerwartetes Auftauchen hinausläuft. Die Hertha kann das jetzt schon ganz gut. Sie wird sich daran zu bewähren haben, dass auch ihre Serie (knappe Siege wiegen die Liga in Sicherheit) irgendwann abreißen wird. Ralf Rangnick spricht statt Serie von "Flow", ein Wort, das auch gut auf die Hertha passt, die nahezu unsichtbar Druck macht und sich "fließend" nach vorn schleicht.
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